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Marcus Iulius Dives
Villa Iuliana Divitis
Bollivae
Salve, Vetter!
Verzeih mir mein Ungemach, dir seit Ewigkeiten nicht geschrieben zu haben, doch insbesonders in letzter Zeit hatte ich durch meinen Wahlkampf viel um die Ohren. Jetzt jedoch ist alles vorbei und ich nutze diese kurzzeitige Atempause, um dich auf den neuesten Stand in der Heimat zu bringen.
Viel, sehr viel hat sich seit unserem letzten Kontakt in Roma getan, so bin ich ordentlicher Aedituus am Tempel der Venus Genetrix und zudem den Luperci und der Societas Claudiana et Iuliana beigetreten. Von letzterem weißt du natürlich schon, wie ich zwischenzeitlich auf einem von mir veranstalteten großen Fest im Hortus der Domus Iulia von Decimus Casca erfahren habe, als er mir von seiner Beförderung zu deinem Vize erzählte. Auch bin ich im Rennsport für die Factio Praesina tätig, wo ich bislang sehr wohlwollende Beziehungen zu Senator Claudius Menecrates aufbauen konnte. Ja der Senator war von meinen Organisationsfähigkeiten im Austragen von Pferderennen sogar so einnehmend gestimmt, dass er mich in seiner Funktion als Praefectus Urbi in eine Baukommission berief, deren Verantwortungsbereich der Bau einer neuen Station der Urbaner in der Subura ist. Weißt du etwas über dieses Bauprojekt? Falls nicht setze ich dich auch hierüber gerne auf den neuesten Stand.
Du siehst also ich hatte viele Aktivitäten zu verfolgen, doch kommen wir zu Themen der jüngeren Vergangenheit. Ich hörte im Nachhinein, du und Lucius hattet beide euren Einfluss für mich geltend gemacht, dafür spreche ich dir meinen verbindlichsten Dank aus. Es bedeutet mir viel derart auf den Rückhalt der Familie zählen zu können, sei versichert, dass auch ich dir jederzeit zur Verfügung stehe, solltest du einmal meiner Hilfe hier in Roma bedürfen!
Jedenfalls kann ich mit Stolz berichten, dass ich in den ordo senatorius aufgenommen wurde! Zweifellos eine große Ehre. Zudem danach noch der Wahlkampf, doch näheres dazu jetzt. Ich kandidierte bei der letzten Wahl als Vigintivir. Um mich darin zu behaupten, vollführte ich die üblichen Winkelzüge, wie Brotspenden, Grafittis und Reden von der Rostra herab. Den großen Moment des Triumphs erlebte ich jedoch während meiner Rede vor dem Senat. Gleich drei namhafte und ehrwürdige eingeschriebene Väter hatten sich während dieser Sitzung von ihren Plätzen erhoben und sich vor allen Versammelten für mich ausgesprochen! Im Detail waren es die ehrenwerten Konsularen Spurius Purgitius Macer, Herius Claudius Menecrates und Manius Flavius Gracchus. Ich wurde mit einer Rate von 99% gewählt. Meine Amtseinsetzung selbst erfolgt am PRIDIE NON AUG DCCCLXIX A.U.C. (4.8.2019/116 n.Chr.).
Dann beginnt auch für mich der Ernst des Politikerlebens und ich werde wohl meine Stelle als Aedituus am Tempel der iulischen Stammmutter aufgeben müssen. Dieser Gedanke bereitet mir durchaus auch wehmütige Regungen, denn es war schön in den Diensten der lieblichsten aller Göttinnen zu stehen. Und was ich erst in dieser Funktion alles erlebte! So flüchtete sich z.B. einmal ein Verfolgter vor der Prätorianergarde in den Tempel. Ich stellte mich schützend vor ihm und bot dem Anführer dieser Rüpel die Stirn, doch dieser ignorierte meine Widerworte und besudelte die Heiligkeit des Tempels durch Entfernung des Geflüchteten daraus. Ich vollzog danach ein Sühneopfer an Venus und rief sie dabei an Rache an dem Gotteslästerer zu nehmen und wie es der Wille der Unsterblichen so will, hörte ich vor Monaten dann tatsächlich von seinem Tod in einem Gespräch mit einem Tempelbesucher. Venus‘ Rache hatte also ihr Ziel gefunden. Der Name des Rädelführers soll Aulus Tiberius Verus gewesen sein. Tja, solche Dinge wird man wohl als Politiker nicht mehr erleben, doch ich bewahre mir meinen Zugang zum Cultus deorum durch Kontakt mit Pontifex Flavius Gracchus.
Doch lassen wir nun meine Karriere und die Politik, Zeit, dass ich dir auch von zuhause berichte! Ich weiß leider nicht, inwieweit du darüber durch Lucius informiert bist, doch erzähle ich einmal alles in der Annahme, dass ich es bin, der dir die jüngsten Neuigkeiten zuzutragen hat. Aktuell wohnen in der Domus Iulia neben Lucius und seinen Kindern auch noch Licinus mit seiner Tochter, Iulia Phoebe mit ihrer Mutter Servilia Gemina, Phoebes Cousinen Iulia Stella und Iulia Graecina und jetzt ganz neu eine junge Frau namens Iulia Triaria. Ich glaube, sie ist auch eine nähere Verwandte der drei anderen Iulias, näheres habe ich jedoch aktuell nicht im Kopf. Jedenfalls bahnt sich eine mögliche Verbindung an. Der (überaus erfolgreich!) gewesene Vigintivir und derzeitige Tribun Annaeus Florus Minor hat auf dem bereits erwähnten Fest im Hortus überdeutliche Anzeichen gezeigt, dass er Iulia Stella in näherer oder weiterer Zukunft ehelichen möchte. Mir selbst wäre dies eine Freude, da ich gut mit ihm befreundet bin. Für Iulia Phoebe zeigt sich derzeit kein Bewerber am Horizont. Was mich anbelangt, so bin ich seit einer Weile besonders an einer bestimmten Octavierin interessiert. Auch freue ich mich sehr über mein neues Officium hier im Haus, jetzt, wo mir, nach meiner gewonnenen Wahl, von der Familientradition her eines zusteht. Keine Angst, es sind nicht deine Räume, wenn du mir diesen Scherz erlaubst. Auch gab es eine Aufstockung im Sklavenbestand. Ich habe nämlich drei Sklaven für mich hinzugekauft, welche jetzt tatkräftig mithelfen. Zum einen wäre da die Germanin Clarissa, eine neue Küchenhilfe für die alte Locusta. Das Mütterchen wird ja auch nicht jünger. Dann eine Gesellschafterin, die auf den Namen Aesara hört und ein Ägypter namens Maahes, der als mein Cursor fungiert. Phocylides ist bislang sehr zufrieden mit ihm, da Maahes abseits meiner verfügten Botengänge von ihm Arbeiten im Haus bekommt. Gleiches berichtet Locusta über Clarissa. Gleich an ihrem ersten Tag hat sie eine völlig neue Sauce für uns kreiert, die sensationell war! Genauer, eine Rosinen-Honigsauce. Der Maior Domus lässt dich im übrigen herzlich grüßen!
Vibilius liegt mit einem Schnupfen im Bett, weshalb derzeit Wonga wieder provisorisch Tordienst versieht, bis es ihm wieder besser geht.
Soweit also für dich von mir aus der Heimat.
Mach es gut und mögen die Götter dich schützen!
Vale Bene
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G. IULIUS CAESONINUS
AEDITUUS VENERIS GENETRICIS
Domus Iulia | Collis Esquilinus | Roma