Decimus Iulius Antipater
Antipater hob mit einem fragenden Blick ganz nach iulischer Manier eine Braue und betrachtete Caesoninus so als ob er sich gerade selbst die Frage stellte, ob diese Frage gerade ernst gemeint gewesen war. Dann blickte er wieder mit der Miene eines Hausherrn nach vorne zum Wasserspiel des Atriums und antwortete: "Ich bin Decimus Iulius Antipater, ältester Sohn des Ritters Tiberius Iulius Numerianuns... also wirklich Bursche, bringt man euch jungen Leuten nicht mehr unsere Familiengeschichte bei?" Caesoninus kassierte einen tadelnden Blick ganz so als ob es seine Schuld wäre, dass er den alten Iulier nicht kannte! "Doch doch, nur.. man erwartet ja nicht jeden Tag von einem Relikt seiner eigenen Vergangenheit überrascht zu werden." Caesoninus hielt seine Spur von Frechheit durchaus für angemessen, angesichts der Tollheiten die sich Antipater bereits geleistet hatte seit seinem ersten Schritt über die Türschwelle der Domus Iulia vor wenigen Momenten. Antipater schnaubte. "Pah, Relikt! Dass ich nicht lache. Ich war schon ein wichtiger Mann in Rom, als du noch gar nicht mal geboren worden warst, Junge! Aber was geb ich mich weiter mit dir ab, ich bin aus einem viel wichtigeren Grund gekommen, als den Babysitter zu spielen. Ist denn niemand von den Erwachsenen hier mit dem ich reden kann?"
"Ich BIN erwachsen!" fuhr da Caesoninus auf. Was erlaubte sich dieses Fossil! "Ich bin amtierender Vigintivir, also sieh dich vor, alter Mann!"
Desinteressiert wedelte Antipater mit der Hand, so als ob er eine lästige Fliege verscheuchen wollte. "Ja ja, ganz nett für dich, also gibt es wen? Moment wer war denn früher hier hmm...Tiberius Iulius Maxentius? Iulia Helena? Aulus Iulius Antoninus? Oder gar der alte Marcus Iulius Licinus?"
"Alle entweder tot, oder abwesend. Du wirst mit mir sprechen müssen, alter Mann." knurrte Caesoninus. Antipater wurde ihm mit jeder Sekunde unsympathischer. Wäre er ein Fremder (was er jedoch irgendwo doch auch war) und kein älteres (und damit möglichst zu ehrendes) Familienmitglied, Caesoninus hätte ihn sofort aus dem Haus geworfen.
Das gefiel Antipater nicht was man ihm auch ansah. Er brummte nur und überlegte, ob er sich diese Kinderei wirklich antun sollte, als da die Nubierin mit den beiden Weinen zurückkam. "Ich entschuldige mich, Dominus. Ich habe nicht gleich die Küche gefunden."
Sie übergab ihrem Herrn und Caesoninus einen Wein und zog sich dann zu den anderen zurück. Antipater hatte sie die ganze Zeit über vollkommen ignoriert und so getan, als wäre es das natürlichste auf der Welt, dass plötzlich ein Kelch Wein in seine Hand geschwebt kam.
Er betrachtete seinen jüngeren Verwandten und nahm dabei einen Schluck des Rebennektars.
"Nun gut, wenn du meinst schon für die Familie als ganzes sprechen zu können."
"Das kann ich." antwortete Caesoninus und machte sich in seiner Sitzhaltung noch etwas größer um zu zeigen, dass er sich Antipaters Verunglimpfungen nicht gefallen ließ und durchaus dazu im Stande war seinen Mann zu stehen. Antipater glaubte ihm das immer noch nicht, wie seinem Gesichtsaudruck zu entnehmen war, doch wollte er auch schön langsam mal zum Punkt kommen. "Schön, also die Sache ist die, ich habe vor kurzem gehört, dass meine Brüder allesamt verstorben sind, jedoch Töchter hinterlassen haben. Ich bin daher gekommen, um nachzusehen, ob es ihnen gut geht und ich mich vielleicht ein wenig einbringen könnte."
Ach, jetzt auf einmal du altes Fossil, dachte sich Caesoninus im stillen. Da war ja der Tattergreis auf einem sehr aktuellen Stand was Familienneuigkeiten anging...was auch schon daran zu merken gewesen war, dass er vorher nur Namen aufgezählt gehabt hatte von Leuten, die vor Urzeiten vielleicht mal hier gelebt haben mochten, oder teils die Eltern der jetzigen Bewohner der Domus Iulia gewesen waren. Den Namen von Centhos Vater z.B. hatte er wiedererkannt, oder auch den seines eigenen Vaters, obwohl der ja gar nicht hier, sondern auf dem Aventin gewohnt hatte.
"Warum jetzt so plötzlich? Vorher haben dich deine.. Nichten auch keinen Sesterz interessiert." fragte er mit kalter Stimme.
"Ich wusste ja nichts von ihrer Existenz! Erst seit kurzem und danach bin ich gleich sofort aufgebrochen, um nach ihrem Wohl zu sehen."
"Trotzdem habe ich dich auch davor noch nie gesehen, bzw. hast du dich je in Rom blicken lassen, denn sonst hättest du schon seit Jahren von ihnen gewusst."
Wieder machte Antipater eine unwirsche Geste, wie um Caesoninus' Worte von sich zu scheuchen.
"Das hat seine Gründe, doch die sind nicht deine Sache. Alles was ich will ist mich jetzt endlich vom Wohl meiner Nichten zu überzeugen, also wenn du bitte so höflich wärst sie zu uns zu rufen..."
Was dachte der eigentlich was sie mit den Mädchen machten? Sie hungern lassen und im Keller an die Wand schnallen? Natürlich ging es ihnen gut!
Caesoninus winkte einem der eigenen Haussklaven. "Hole Iulia Stella, Iulia Phoebe und Iulia Graecina herbei! Sag ihnen ein.. "Besuch" will sie sehen." Der Sklave nickte und lief los um die genannten zu holen, während Caesoninus sich bei einem anderen Sklaven einen neuen Kelch Wein bestellte.
Onkel Antipater würde seiner Nüchternheit noch sehr viel Alkohol kosten, das spürte er schon..