Beiträge von Gaius Iulius Caesoninus

    Bisher war es für Caesoninus ein herrlicher Vormittag gewesen. Er hatte ein wenig in seinem Cubiculum in der Domus Iulia gelesen, anschließend Vorbereitungen für einen kleinen Streich für seine liebe Verwandte, Iulia Phoebe, getroffen und dann zu Mittag hatte er in einer kleinen Taberna in einer der Seitengassen Roms den wohl besten Braten der ganzen Stadt entdeckt. Dabei war er in geselliger Runde von zwei alten Freunden gewesen. Er hatte beide schon länger nicht mehr gesehen und das treffen war für alle drei zufällig passiert. So trennten sich die Drei dann nach einem leckeren Mahl, viel Gelächter und dem festen Versprechen, sich irgendwann einmal in näherer Zukunft wieder treffen zu wollen.


    Caesoninus war also bester Laune, als er beim hinaustreten aus der Taberna überlegte, was er wohl mit dem Rest des Tages anfangen wollte. Nachhause wollte er nicht und nach einem Lupanar war ihm im Moment auch nicht. Doch die flirrende Hitze legte ihm schnell nahe, dass ein kleiner Thermenbesuch wohl eine nette Abwechslung wäre. So eilte er rasch zu den Thermae Agrippae und entkleidete sich. Dann ging es auch schon ins erste Becken. Dort saßen schon zwei fremde Männer, weshalb er zu ihnen ins Becken stieg und sie fröhlich grüßte: "Salve die Herren! Aaahh tut das gut. Nach der Hitze draußen ist so ein warmes Bad genau das was ich gebraucht habe." sagte er und lachte.

    Nach Iulias "Aufstand" hatte Caesoninus wie schon erzählt seiner Cousine einen Gefallen getan und hatte zugestimmt, die Alte in der Sänfte mitzunhemen. Danach war er seinerseits direkt zu dieser zurückgegangen, um sich wieder auf seinem bequemen Platz mit den Polstern niederzulassen. Caesoninus wollte einfach nur noch nachhause und seine Ruhe haben. Luden sie eben noch schnell die Alte irgendwo ab, na gut. Aber dann sollte wirklich Schluss sein!


    Das Mütterlein war bereits in der Sänfte und strich sich wieder ihre Wunden mit beiden Händen. Wo bei allen Göttern blieb nur Iulia?! Caesoninus sah hinaus und bemerkte, dass seine Verwandte offenbar mit dieser komischen Fremden sprach, die vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls einen "Aufstand" versucht hatte. Diesen hatte Caesoninus, männlich wie er war, natürlich niedergerungen. Ihr Glück, dass seine Cousine zufällig das gleiche Ziel wie sie gehabt hatte, ansonsten würde das Mütterlein jetzt immer noch dort drüben am Brunnen sitzen. Zumindest wenn es nach Caesoninus gegangen wäre, wäre sie ja dann Werkzeug für seinen Plan gewesen, der anderen Fremden eine Lektion zu erteilen. Wo blieb nur Iulia? Er wollte zurück zum Esquilin, ehe die Sonne weg war!


    Endlich kam sie, doch als ob die Alte in der Sänfte nicht schon fremder Ballast genug wäre, schleppte Iulia jetzt auch noch tatsächlich diese andere Fremde heran, die, die so aufmüpfig war, obwohl ihr Stand das überhaupt nicht geziemte. Caesoninus wollte schon aufstehen und ihr den Weg versperren. Doch die Anwesenheit Iulias hielt ihn aus unerfindlichen Gründen dort wo er war. Er konnte es sich beim besten Willen nicht selbst erklären, aber sie hatte etwas an sich, dem er nicht widerstehen konnte. Und damit war mit Sicherheit KEIN sexueller Hintergrund gemeint. Nein, der hatte sich für Caesoninus in jenem Moment erledigt, in dem er damals erfahren hatte, dass sie Verwandte waren. Es war viel mehr eine Art des Gefühls eines großen Bruders, der eine süße, kleine Schwester hat, auf die er aufpassen und sie beschützen muss. Außerdem bereitete es Caesoninus Freude, Iulia Phoebe eine Freude zu bereiten ("SimOff: Cooles Wortspiel, oder?"). Laut hätte er es natürlich nicht ausgesprochen, oder sogar noch abgestritten, aber tief in seinem Herzen hatte er Iulia sehr lieb gewonnen, gemessen an der kurzen Zeit die sie sich erst kannten. Sie war die Art von kleiner Schwester, die er nie gehabt hatte, obwohl das gerade in seiner frühen Knabenzeit ja ein sehr großer Wunsch von ihm gewesen war. An all das dachte er also, als er die beiden Frauen beim Näherkommen beobachtete. Sein anfänglicher Unmut war Gleichgültigkeit gewichen, als die Frauen sich nun auch in die Sänfte begaben. Den giftigen Blick Iulias registrierend, verzog Caesoninus keine Miene, während er sie beobachtete, innerlich musste er aber trotzdem schmunzeln. Bestimmt war sie darauf aus, dass Caesoninus Einwände erheben würde dafür, dass auch die junge Fremde mitgenommen wurde. Doch dem war ja nicht so. So besah er sich seine Verwandte, während er den Sklaven das Zeichen gab sich in Bewegung zu setzen. "Wo wohnst du?" fragte Caesoninus die Alte, damit er den Sklaven sagen konnte, wohin es gehen würde. Die Blicke oder Gesten der jungen fremden Frau bemerkte Caesoninus nicht, genauso wie er sie auch sonst völlig ignorierte. Langsam setzte sich der Zug der Sänfte wieder in Bewegung. Caesoninus warf noch einmal einen stirnrunzelnden Blick zu diesem mysteriösen iulischen Tribun dort an der Brücke, ehe er aus seinem Blickfeld glitt und die Sklaven mitsamt der Sänfte die Tiberbrücke hinter sich ließen.


    Sim-Off:

    Nicht mehr ausgespielter Part der Geschichte: Die Sklaven tragen die Sänfte zum Haus der Alten. Während dieses Weges herrscht tiefes Schweigen in der Sänfte, ehe das Mütterlein und Claudia Silana bei dem ärmlichen Haus aussteigen und die beiden Iulier zurück nachhause auf den Esquilin gebracht werden.


    - So wurde dieses Ende, abseits der Tiberbrücke, mit Claudia Silana und Iulia Phoebe abgesprochen und diese Geschichte kann als abgeschlossen betrachtet werden. -

    Caesoninus stand teilnahmslos in der Menge und ließ die Worte des Redner kalt wie Wasser über sich plätschern. Sie hatten nur zweitrangige Bedeutung für ihn. Wichtig waren jedoch der Kern dieser wirren Aussagen. Hatte Rom vielleicht wirklich sein wichtigstes Element, das Volk, zu sehr aus den Augen verloren? Wie kam es, dass aus dem Volk wirklich niemand mehr gegen diese mittlerweile auch schon politisch zementierte Mundtotmacherei aufbegehrte, wieso...


    Plötzlich wurde Caesoninus aus seinen Gedanken gerissen. Jemand hatte ihn angesprochen. Mit dem Kopf nach Links sah er, dass da vor ihm ein junger Mann mit eher maskulinem Gesicht vor ihm stand. "Tut mir leid ich war in Gedanken. Um was geht es? Worüber der Gockel da vorne spricht? Nun, ähm, ich habe mitbekommen, wie er etwas davon faselte, dass Roms Kaiser einem gekrönten Herrscher gleichkommt und wieso wir Bürger seine Herrschaft tolerieren, wo wir ja früher so stolz auf die Vertreibung unserer alten Könige und auf unsere Freiheit waren. Und..." Caesoninus unterbrach sich.
    Freiheit, das war ein richtiger Begriff! Kein Aufbegehren gegen die Herrschaft des Augustus, doch politische Freiheit für das Volk. Gerade wollte er seine weiteren Gedankengänge mit seinem neuen Gesprächspartner mitteilen -außerdem kannte dieser ja auch seinen eigenen Namen noch nicht- als ihnen Sisyphus Simplicissimus in die Quere kam.


    Diesem waren nämlich schön langsam die Ideen ausgegangen, über was und wen er sich in seiner geschliffenen Rhetorik noch so aller mokieren könnte. Dann war sein Blick auf Caesoninus und Mamercus in der Zuschauermenge gefallen. Er hatte nur mehr schlechte Augen, dafür aber noch sehr gute Ohren. Er sah, dass die beiden die Köpfe zusammensteckten und nach kurzem innehalten hörte er auch, dass offensichtlich über seine Themen gesprochen wurde.
    So schritt er zu den beiden.



    Sisyphus Simplicissimus


    "Freunde! Seht, ähm, seht nur! Hier sind noch...hm, noch zwei junge und, hmm, starke Männer, die s-sicher meiner Ansicht sind! Wollen wir, äh, also ihr, uns doch einmal an-anhören, was sie zu dieser...dieser Sache zu sagen haben!"


    Und mit diesen Worten schnappte er sich aufs Geratewohl einen der beiden und schleifte ihn zu seinem vorigen Rednerplatz. Dort richteten sich alle Augen und Ohren der kleinen Menschenmenge jetzt auf den armen Tropf, der da vor ihnen über seine Gedanken eine Art Rede zum Thema halten sollte.
    Sisyphus Simplicissimus hatte nicht darauf geachtet, wer von den beiden vorher der Wortführer gewesen war. Er hatte sich einfach einen geschnappt und es hatte ausgerechnet Caius Verginius Mamercus erwischt.

    Caesoninus war der Meinung, dass er ein sehr traditionsverbundener Römer war. Als so ein traditionsverbundener Römer ehrte man die Ahnen, bekämpfte man Roms Feinde, strebte eine Karriere im Senat an und ehrte regelmäßig die Götter. Letzter Punkt beschäftigte den Jungen in letzter Zeit besonders. Kürzlich erst hatte er sich bei den vestalischen Jungfrauen auf Spurensuche nach den Luperci begeben. Heute würde er einen ähnlichen Schritt versuchen, nur betraf es dieses Mal den staatlichen Götterkult.


    So trat Caesoninus also an die Pforte der altehrwürdigen Regia und klopfte. Als ihm aufgemacht wurde fragte er: "Salve, mein Name ist Gaius Iulius Caesoninus. Ich habe Fragen zu einem oder zwei Ämtern des Cultus Deorum, an wen kann ich mich dabei wenden?"

    An diesem Tage war nur mäßig etwas am Forum Romanum los. In der nahe gelegenen Curia Iulia hielt der Senat heute keine Sitzung ab, was auch die Chance erheblich reduzierte, dass noch etwas spannendes geschehen mochte. So z.B. dass einer der Senatoren aufgebracht, ob eines abgelehnten Antrags, hinaus und direkt zur Rostra lief, um von dort dann dem Volke Roms sein Vorhaben zu verkünden.
    In den alten repulikanischen Zeiten hatte das durchaus noch einen beträchtlichen Machtfaktor dargestellt. War ein ehrgeiziger Römer mit seinen Gesetzen vor dem Senat gescheitert, so hatte er von der Rostra aus kurzerhand die Volksversammlung einberufen und eben dort seine Vorhaben durchgebracht. Auch heutzutage lief noch der eine oder andere beleidigte Senator auf die Rostra, um seine Ideen dann dem Volke vorzutragen. Doch natürlich verlief das immer dann im Sande, denn das Volk wusste, dass es keine Macht mehr hatte und erfreute sich dann lieber der Clownsfigur da oben auf der Rostra, die dachte, die Zeit sei auf über hundert Jahre zurückgedreht und diese Aktion würde noch etwas gelten. Deshalb waren Sitzungstage des Senats auch immer Tage, an dem besonders viel Volk das Forum bevölkerte, in der Hoffnung, dass es wieder so ein Spaßvogel versuchte.


    Doch da das heute nicht der Fall war und auch die Rostra verwaist bleiben würde, hielt sich das tagesaktuelle Foreninteresse eher in Grenzen. Natürlich bedeutete eine große leere Rednertribüne am anderen Ende des Platzes nicht, dass es keine kleineren Redner gab! Als Caesoninus nämlich das Forum erreichte, sah er, dass sich überall wieder einmal kleinere und größere Gruppen rund um selbsternannte "Meinungsmacher" gebildet hatten, die von ihren verschiedenen Plätzen an den Platzrändern aus dem Volke klarzumachen versuchten, was ihrer Meinung nach falsch in Rom lief.


    Da kam Caesoninus an einem vorbei, der meinte, dass der kürzlich stattgefundene Sklavenaufstand in Wahrheit von den Frauen ausgelöst worden sei. In einer anderen Ecke meinte ein Redner zum gleichen Thema die wahren Schuldigen unter den makedonischen Zwiebelbauern ausgemacht zu haben, die angeblich kurz davor stünden, in Rom die Macht zu übernehmen. Amüsiert ging Caesoninus nach kurzem Zuhören weiter.


    Da vor ihm, in der Nähe der Curia Iulia, stand noch so ein Held. Er erweckte Caesoninus Interesse durch seinen Bart und seinem Turban. So mischte sich Caesoninus unter das Grüppchen, um zu lauschen, was diesen alten Burschen denn an Rom stören mochte.



    Sisyphus Simplicissimus


    "Äähm.. also versteht mich nicht falsch, aber, hmm.. dieser Kaiser, ja? Also dieser Kaiser da oben am Palatin, wenn ihr wisst wen ich meine. Dieser Kaiser.. äh, was TUT dieser Mann eigentlich für uns? Weiß das jemand? Wieso sollten, oder tuten, oder.. ach was rede ich, wieso füttern wir ihn durch?!"


    Belustigt hob Caesoninus eine Augenbraue. Da war wohl jemand mit dem amtierenden Augustus unzufrieden. Doch natürlich sagte er nichts und lauschte weiter den wirren Worten des Redners. Denn welche Unterhaltung war besser, als einem völlig Irren zu lauschen?


    "...bin ich der Meinung, dass wir, also ihr uns.. hmm, ja darum kümmern sollten! Ich finde es nicht richtig, arme, hart arbeitende Bürger Tag für Tag auszu... ähm, auszunutzen, bloß dass er gefüllte Gänsehälse und so essen kann! Versteht ihr, was ich meine? Warum, ähm.. WARUM haben wir einen Kaiser? Kann mir das bitte jemand erklären? Ich mein ja nur, aber wenn ihr mal so denkt, dass..."


    Je länger Caesoninus den Worten des Alten lauschte, desto mehr und mehr wich die Belustigung von ihm und das rationale Denken setzte ein. Natürlich, das was der Mann dort vor ihm von sich gab war in einer grässlichen Rhetorik vorgetragen, die jedem Berufsredner die Zehennägel abfallen ließ, aber der Kern seiner Gedanken waren interessant. Wieso hechelte Rom wirklich einem Kaiser, also einem Alleinherrscher, hinterher, wo es vor nicht allzu langer Zeit noch so sehr stolz auf seine Freiheit und Unabhängigkeit gewesen war und darauf, die alten Könige der Altvorderenzeit vertrieben zu haben?


    "Und meine Freunde! Dieses, dieses, ja... POMERIUM ist ja wohl ein Witz! Der ägyptische König von Gallo-Parthien darf nicht darüber, aber, aber dieser Kaiser schon? Was ist das bitte für ein Witz? Volksrömer und so weiter! Schläft ihr?! Wieso kümmert sich da, ähm, da denn keiner darum?! Wieso schläft das Volk?! Wo doch..."


    Wieder glitten Caesoninus' Gedanken von den wirren Reden vor ihm ab. Diese Frage blieb in Caesoninus hängen; "Wieso schläft das Volk". Tat es das nicht wirklich? Zu ruhen, während Kaiser und Senat ihnen allen eine lange Nase zeigten und ihnen dann die Steuer diktierten? Hatte es da nicht einmal eine Zeit gegeben, wo es noch SPQR geheißen hatte? "Der Senat und das Volk von Rom"? Jetzt wo Caesoninus so darüber nachdachte, kam er darauf, dass es auch heute noch SPQR (= Senatus Populusque Romanus) hieß, doch war das "P" darin (populusque = und das Volk) seit Kaiser Augustus ziehmlich rasant abgeschafft worden. Oder anders gefragt; wann hatte z.B. das letzte Mal einer der Volkstribune von sich Reden gemacht? Wo sie doch angeblich das Volk vertreten sollten?


    Gedanken über Gedanken begannen sich in Caesoninus aufzutürmen, sich einander zu überrollen und sich zu vermischen, während er weiterhin den Redner da vorne ansah, ohne ihm noch wirklich zuzuhören.

    Caesoninus war schon halb zurück bei der Sänfte, also da plötzlich auch schon Iulia heraussprang und sich gegen seine Brust warf. Was haben die Weiber heute nur alle, dachte er sich verwundert.


    Mit hochgezogenen Augenbrauen hörte er sich an, was seine Verwandte zu sagen hatte. Dafür, dass sie erst seit kurzem in Rom lebte, war sie ja schon um einiges selbstsicherer geworden! Sie hatte sich also auch auf die Seite der Alten geschlagen. Nunja...wenn es allen hier Versammelten unbedingt so wichtig erschien...


    "Gut, meinetwegen..." sagte er gedehnt "Wenn es dein Wunsch ist Cousinchen, dann soll es mir Recht sein. Du da, und du! Holt sie in die Sänfte und dann nichts wie weg von hier!" Caesoninus kommandierte zwei Sklaven ab, die die Sänfte als Wachen begleitet hatten. Sie liefen los und halfen der Alten auf, damit sie sich in die Sänfte setzen konnte.


    Der Frau von vorhin hatte Caesoninus seit Ende ihres Gesprächs keine Beachtung mehr geschenkt. Warum auch, sie war unwichtig.

    Bildete sich Caesoninus das bloß ein, oder machte diese kleine Frau da gerade ernsthaft einen Aufstand? Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen. "Wer denkst du, dass du bist, dass du es wagst so mit Gaius Iulius Caesoninus zu spechen? Diese Frau braucht Hilfe. Schön. Es gibt hier wie gesagt auch noch mehr Menschen, wie es zurzeit auch in ganz Rom Verletzte gibt. Doch Helfer sind hier und ich sehe nicht ein, wieso ich jemandem wie dir helfen sollte, die sich hier aufspielt, als wäre SIE die Herrin? Weib, lerne künftig etwas Respekt zu üben. Dann siehst du, dass man auch geneigt sein wird, deinen Bitten zu entsprechen. Und nun geh, dieses Gespräch ist beendet." Und mit einem kalten Blick wandte er sich um und ging der iulischen Sänfte entgegen.


    Caesoninus war kein kaltherziger Mensch, doch die Art, wie diese einfache Frau mit ihm gerdet hatte, hatte ihm überhaupt nicht gefallen. Wenn es noch etwas gab, dass er neben der Familie als höchstes Gut schätzte, dann waren das Ehre und Anstand. Beides Dinge, die er bei dieser keifenden Furie vermisste. Es tat ihm Leid um die verletzte Frau, er wäre gern bereit dazu gewesen ihr zu helfen, doch das hatte ihr die andere "Dame" verdorben. Außerdem war sie alt. Ob sie heute an Verletzungen, oder morgen an Altersschwäche starb, was machte das schon? Sie hatte ihr Leben gelebt, Caesoninus sah darin keinen Grund, sentimental zu werden.

    Diese Frau hatte offensichtlich heute ihren hilfsbereiten Tag, wie Caesoninus fand. Sah sie doch selbst aus, als ob sie Hilfe bräuchte, bemühte sie sich doch um andere. Andererseits, wie kam er, Gaius Iulius Caesoninus, dazu ihr zu helfen? Wenn er ihr helfen würde, müsste er dann nicht gleich die ganze Gruppe mitnehmen? Was ihm auch aufgefallen war war, dass es der Fremden offenbar gestört hatte, wie er sie angesprochen hatte. Seltsam, war sie doch eine einfache Bürgerin, die so etwas bestimmt jedes Mal zu hören bekam, wenn sie überhaupt Umgang mit Bessergestellten pflegte. Doch es blieb dabei. Caesoninus überlegte für sich, warum sich diese fremde Frau so sehr von den anderen unterschied, dass nur ihr alleine Hilfe angedeiht werden sollte, den anderen jedoch nicht? "Du willst also, dass wir unsere Sänfte räumen, damit dieses Mütterchen nachhause kann? Wie kommst du darauf, dass sie wertvoller ist, als die anderen Verletzten dort am Brunnen die Hilfe brauchen? Ich sehe auch Männer dort drüben stehen. Wieso also gerade diese Frau?"


    Er wusste nicht sorecht, was er von dieser Situation halten sollte. Irgendwie kam er sich auch unwohl vor. Während er seine Worte ausgesprochen hatte, begannen in Caesoninus intensive Überlegungen ihren Lauf zu nehmen. Einerseits gehörte er einer wohlhabenden Familie an, was kümmerte ihn da also die Not der Armen? Gleichzeitig war er Plebejer und damit Teil eben jenes Volkes, auf das die Patrizier so hochnäsig herabblickten. Für einen Flavier oder Cornelier war Caesoninus selbst nicht besser als diese verletzte Frau, oder die Bittstellerin vor ihm, weshalb also selbst eine hohe Nase tragen? Andererseits blieb es aber auch dabei, dass ihn interessierte, was denn gerade diese eine alte Frau zu so etwas Besonderem machte. War sie von der Bittstellerin aufs Geratewohl einfach so ausgewählt worden und nichts anderes als Glück und Zufall hatten sich zu ihren Gunsten entschieden? Was sollte er nur tun? Iulia Phoebe hinter ihm in der Sänfte konnte er nicht um Rat fragen, das hätte schwach und unmännlich ausgesehen. Die Soldaten wiederum hatten mit dem ganzen nichts zu Schaffen, die waren eher damit beschäftigt unter Leitung dieses mysteriösen iulischen Tribuns dort drüben die Trümmer von der Brücke zu räumen. Es lag also in der Hand von Caesoninus ein Urteil zu fällen.


    Bestimmt würde er sich mehr Klarheit über die Sache verschaffen können, wenn er erst die Antwort dieser Frau da vor ihm erhalten hätte. Sie sah ganz zierlich aus. Für eine einfache Bürgerin, die vermutlich im elterlichen Betrieb mithelfen musste, hatte sie verdächtig zarte Hände und auch das Haar glänzte mehr, als er das von einfachen Frauen der Unterschicht her kannte. Und wo war bei ihr nur die unreine Haut abgeblieben?

    Ich bin prinzipiell dagegen, doch wenn das wirklich so gemacht werden sollte, schlage ich zwar verlängerte Amtszeiten, dafür aber trotzdem noch 3-monatige Pausen wie bisher vor.


    Aber eigentlich will ich nicht noch länger warten müssen, bis ich auf üblichem Weg Senator werden kann.

    Die Gruppe erwies sich als harmlos. Sie hatten doch nicht (so wie Caesoninus vermutet hatte) die Absicht die Gruppen am Brunnen abzuschlachten, sondern sie zu behandeln.
    Caesoninus atmete auf. Glück gehabt. Doch schon folgte auf dieses das nächste Ereignis. Eine Patrouille der Urbaner erschien. Der Zug blieb in der Nähe der blockierten Tiberbrücke, unweit des Brunnens stehen. Aus dieser Gruppe löste sich jetzt eine einfache Frau und lief zu ihnen rufend und winkend herbei.


    Caesoninus bemerkte das schon vor Iulia und zog nur fragend eine Braue hoch, als das Weib aus dem einfachen Volk heransprang. Der Tribun, der die Patrouille anführte, reagierte sofort und bellte sofort einen Befehl, damit zwei Wachen ihre Sänfte vor dieser neuen "Gefahr" schützen sollten. Der Befehl ließ Caesoninus seinen Blick auf den Tribun fallen und, bei allen Göttern!


    Zierte da nicht eine Taube dessen Panzer? Genauso eine, wie sie das Symbol der Iulii Caepiones darstellte? Er war wie vom Blitz getroffen. Aber das Gesicht unter dem Helm kam ihm fremd vor, er war seit seinem Einzug in Iulius Centhos' Haus bestimmt noch nicht in der Domus Iulia gewesen, er hätte das nämlich sofort gemerkt.
    Doch der Tribun war jetzt nicht das drängendste Problem. Zuerst galt es sich um das Weibsstück zu kümmern, das da von den Urbanern aufgehalten wurde.


    Iulia schien Anteilnahme an ihr zu nehmen, ein Grund für Caesoninus, sich wenigstens einmal persönlich anzuhören, was diese Frau wollte. Caesoninus stieg aus, zog sich etwas seine Toga zurecht und trat zwischen die Urbaner, direkt vor die Frau und fragte: "Wer bist du Weib und was für Hilfe begehrst du von uns? Sei versichert, dass dir nichts geschieht. Du sprichst mit Gaius Iulius Caesoninus aus dem Hause Iulii Caepiones. Ich bürge für deine Sicherheit, solange wir sprechen."


    Das Letztgesagte sollte auch ein dezenter Hinweis an die beiden anwesenden Urbaner sein, sich nicht einzumischen und z.B. die Frau wegzudrängen, solange er mit ihr sprach. Er wusste, dass er als privatus diesen Soldaten nichts befehlen konnte, doch offiziell hatte er das ja auch nicht und hoffte, dass ihnen der Name seiner Familie bekannt genug wäre durch die beiden iulischen Senatoren Dives und Centho, damit sie wussten, welchen Rang der Wortführer dieses kleinen Gesprächs hatte und seinen Wunsch respektierten.

    Interessant, das war immerhin schon Mal ein Anfang. "Nein, danke für diese freundliche Auskunft! Ich verspreche, dass ich wiederkommen werde und bis dahin mögen die Götter dir und deinen Kolleginnen wohlgesonnen sein!" Mit diesen Worten drehte sich Caesoninus um und schlenderte in Richtung Forum davon.

    Freunde konnte man sich aussuchen, seine Verwandtschaft nicht. An diesen Satz musste Caesoninus den ganzen Tag lang genervt denken, als er so seiner neuen Verwandten aus Misenum, Iulia Phoebe, in der Sänfte gegenüber saß und sie beide von Sklaven langsam durch Rom getragen wurden in Richtung ihrer komischen Freundin irgendwo südlich beim Circus Maximus. Tausend Dinge fielen ihm ein, die er jetzt lieber getan hätte, Reiten, Kämpfen, Frauen beglücken... andererseits waren das unruhige Zeiten und das konnte Caesoninus dann doch nicht verantworten, dass eine Blutsverwandte seiner Familie zu schaden kam, bloß weil er sich zu fein dazu gewesen war bei einem Mädelstreffen den Aufpasser zu spielen. "Familie" war ein hochheiliges Gut für Caesoninus und wer sich mit einem Mitglied der gens iulia anlegte, legte sich auch mit ihm an. Das mochte jedoch wahrscheinlich auch noch ein wenig dabei mitwirken, dass sich Caesoninus noch ein wenig unwohl in Iulias Gegenwart fühlte, hatte er sie doch damals bei ihrem ersten Aufeinandertreffen vor der Bibliothek der Domus Iulia schamlos angemacht, im Glauben es sei eine Fremde aus einer anderen Familie und nur zu Besuch bei Iulius Dives. Wer konnte denn ahnen, dass es noch mehr iulisches Blut in Italia gab?!


    Doch seine Bedenken zählten heute nicht. Seine Verwandte wollte ausgehen (nach den derzeitigen Zuständen zuhause konnte es ihr Caesoninus nicht einmal verdenken) und ihm fiel die Aufgabe zu sie zu beschützen. Also Caesoninus, Zähne zusammenbeissen und die Sache durchstehen.
    Als sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich bei dieser Freundin angekommen waren (ihm war die ganze Sache so dermaßen egal, dass es ihn nicht einmal kümmerte, wie diese mysteriöse Freundin hieß oder aus welcher Familie sie kam), dauerte der Besuch selbst wiederum eine gefühlte Ewigkeit und als sie ENDLICH wieder daran waren in die Sänfte zu steigen, würde der Heimweg bestimmt ebenfalls eine gefühlte Ewigkeit andauern. Ein vergeudeter, uninteressanter Tag.
    Doch Fortuna mochte ihn erhört haben, denn schon bald sollte dieser Nachmittag sehr viel interessanter als gedacht werden. Kurze Zeit nachdem sich die Sklaven mitsamt der Sänfte in Bewegung gesetzt hatten, ließ Iulia auch schon wieder ungefähr auf Höhe der Tiberbrücke stoppen. Die blockierenden Trümmer auf der Brücke und die paar Menschengrüppchen davor hatten ihre Aufmerksamkeit erregt.
    Caesoninus ließ die Szene kalt. Es herrschten Unruhen in Rom, da gehörten solche Bilder nunmal zum Stadtbild dazu. Nichts, was wirklich neu gewesen wäre in den letzten Jahren. So lehnte er sich seufzend etwas bequemer zurück und wartete, dass es weiter ging. Nach einer Weile fragte auch Iulias Leibsklavin, ob es nicht besser wäre weiterzugehen, doch Iulia wimmelte sie wirsch ab. Als Caesoninus das kurze Gespräch zwischen ihnen mitbekam, öffnete er wieder die Augen und sah ebenfalls noch einmal zur Sänfte hinaus. Dabei bemerkten seine aufmerksamen Augen sofort, dass sich eine kleine Gruppe Männer aus einer Seitengasse heraus kommend auf den Platz wo sie alle waren zusteuerte. Sein Instinkt hieß ihn, dass die wohl nichts gutes im Schilde führten. "Ich denke auch, dass wir jetzt weiter sollten." sprach er leise und ließ die Fremden keine Sekunde aus den Augen, die immer noch zielstrebig genau auf die Menschen beim Brunnen zusteuerten.

    Das schreckt mich nicht, ich kann mir ja auch andere Dinge unterm Jahr ausdenken wie Kulthandlungen für den Hirtengott Faunus in dessen heiliger Grotte, dem Lupercal am Fuße des Palatin, Beschaffung der mola salsa bei den Vestalinnen, Vereinstreffen in einer der römischen Tavernen, die Vorbereitungen für die Lupercalia und am 15 Februar dann die öffentliche Feier des Festes, Renovierungen am Sitz des/der Kollegiums/Kollegien etc. :D
    Weitere Inspiration hole ich mir aus Colleen McCulloughs Roman "Das Erbe Caesars", da werden die Feierlichkeiten der Lupercalia auch ausführlich beschrieben.


    Was mich aber noch beschäftigen würde, die Luperci-Kollegien bestanden aus drei einzelnen Kollegien, bei uns gibt es im Tabularium nur ein allgemeines Luperci-Kollegium. Bestehen im IR-Forum sim-on also alle drei Kollegien, oder nur ein einziges?