Hephitios war erstaunt, dass Tiberios seine Herkunft allein seiner Sprache wegen erkannt haben mochte. Er hatte da noch nie groß auf Unterschiede geachtet, für ihn war Griechisch immer bloß Griechisch gewesen. Aber jetzt erzählte er ja auch, dass er wirklich ein gelehrter Kopf war. Ein Bibliothekar und dazu noch ein Scriba! "Ich denke meine Kyria, Octavia Flora, hätte ihre helle Freude an dir, sie liebt nämlich Bücher! Du stehst nicht zufällig zum Verkauf?" scherzte Hephitios und lachte. Ein typischer Sklavenwitz, den er damals bei seinem Verkauf bestimmt noch nicht gemacht hätte und heute nur umso deutlicher zeigte, wie sehr er sich inzwischen an seine Rolle gewöhnt hatte, ohne es selbst richtig zu merken. "Ich selbst bin da noch sehr ungeschickt und ein absoluter Anfänger, was Lesen und Schreiben angeht. Meine Kyria war so freundlich und hat begonnen es mir beizubringen, aber noch bin ich ein wesentlich besserer Fischer, als dass ich problemlos eine Seite Text entziffern könnte." Vor einem Bibliothekar und Scriba das zugeben zu müssen war ihm ein wenig peinlich.
Hoffentlich würde er ihn deswegen nicht verurteilen.
Als er dann wegen der Tunika seine neue Bekanntschaft um Rat fragte, bekam er eine fast schon unglaubwürdige Antwort. "Danke für deine Hilfe, aber.. es gibt Leute die mit Urin ihre Kleider waschen?? Wirklich? Wie ekelhaft ist das denn!" Hephitios war ein klein wenig entsetzt und gleichzeitig bewunderte er solche Leute. Ihre Gewänder mussten ja ganz schlimm nach menschliche Ausscheidungen flüssiger Art stinken, wenn sie sie darin wuschen! Bestimmt hatte seine Mutter das nie so gemacht. Oder... etwa doch? Wenn er ehrlich war hatte er überhaupt gar keine Ahnung was das anging. Seine Mutter hatte seine schmutzigen Sachen einfach gewaschen und viel war das sowieso nie gewesen, wo er ja als Fischer meist oberkörperfrei beim Meer gearbeitet hatte. Da hatte es nicht viel Stoff gegeben der dreckig hätte werden können.
Endlich war er fertig.
Seufzend streckte er sich erst Mal und wrang so gut es ging den nassen Stoff aus, ehe er ihn in die Sonne zum trocknen legte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte sich zu Tiberios' linker Seite hin selbst auf den Brunnenrand. "Jeden Tag wollte ich das nicht machen, zum Glück bin ich Leibwächter und kein Putzsklave. Ob es auch ja nicht mehr nach Urin stinkt hinterher? Diese Tunika ist mir nämlich sehr wichtig und es wäre unendlich schade, wenn sie entgültig hinüber wäre." Da Hephitios auf diese Weise seine Arbeit kurz angeschnitten hatte, kam jetzt auch Tiberios auf das Thema zu sprechen und fragte daher nach Einzelheiten. "Ich lebe, um meine Kyria zu beschützen und ja es gab schon einmal einen tätlichen Angriff auf sie und ich bin damals leider gescheitert in meiner Aufgabe sie zu retten." Schatten legten sich über Hephitios' Blick. "Ich kann sie erzählen, doch sei gewarnt es könnte vielleicht eine längere Geschichte werden."