Beiträge von Hephitios

    Hephitios war erstaunt, dass Tiberios seine Herkunft allein seiner Sprache wegen erkannt haben mochte. Er hatte da noch nie groß auf Unterschiede geachtet, für ihn war Griechisch immer bloß Griechisch gewesen. Aber jetzt erzählte er ja auch, dass er wirklich ein gelehrter Kopf war. Ein Bibliothekar und dazu noch ein Scriba! "Ich denke meine Kyria, Octavia Flora, hätte ihre helle Freude an dir, sie liebt nämlich Bücher! Du stehst nicht zufällig zum Verkauf?" scherzte Hephitios und lachte. Ein typischer Sklavenwitz, den er damals bei seinem Verkauf bestimmt noch nicht gemacht hätte und heute nur umso deutlicher zeigte, wie sehr er sich inzwischen an seine Rolle gewöhnt hatte, ohne es selbst richtig zu merken. "Ich selbst bin da noch sehr ungeschickt und ein absoluter Anfänger, was Lesen und Schreiben angeht. Meine Kyria war so freundlich und hat begonnen es mir beizubringen, aber noch bin ich ein wesentlich besserer Fischer, als dass ich problemlos eine Seite Text entziffern könnte." Vor einem Bibliothekar und Scriba das zugeben zu müssen war ihm ein wenig peinlich.
    Hoffentlich würde er ihn deswegen nicht verurteilen.


    Als er dann wegen der Tunika seine neue Bekanntschaft um Rat fragte, bekam er eine fast schon unglaubwürdige Antwort. "Danke für deine Hilfe, aber.. es gibt Leute die mit Urin ihre Kleider waschen?? Wirklich? Wie ekelhaft ist das denn!" Hephitios war ein klein wenig entsetzt und gleichzeitig bewunderte er solche Leute. Ihre Gewänder mussten ja ganz schlimm nach menschliche Ausscheidungen flüssiger Art stinken, wenn sie sie darin wuschen! Bestimmt hatte seine Mutter das nie so gemacht. Oder... etwa doch? Wenn er ehrlich war hatte er überhaupt gar keine Ahnung was das anging. Seine Mutter hatte seine schmutzigen Sachen einfach gewaschen und viel war das sowieso nie gewesen, wo er ja als Fischer meist oberkörperfrei beim Meer gearbeitet hatte. Da hatte es nicht viel Stoff gegeben der dreckig hätte werden können.


    Endlich war er fertig.
    Seufzend streckte er sich erst Mal und wrang so gut es ging den nassen Stoff aus, ehe er ihn in die Sonne zum trocknen legte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte sich zu Tiberios' linker Seite hin selbst auf den Brunnenrand. "Jeden Tag wollte ich das nicht machen, zum Glück bin ich Leibwächter und kein Putzsklave. Ob es auch ja nicht mehr nach Urin stinkt hinterher? Diese Tunika ist mir nämlich sehr wichtig und es wäre unendlich schade, wenn sie entgültig hinüber wäre." Da Hephitios auf diese Weise seine Arbeit kurz angeschnitten hatte, kam jetzt auch Tiberios auf das Thema zu sprechen und fragte daher nach Einzelheiten. "Ich lebe, um meine Kyria zu beschützen und ja es gab schon einmal einen tätlichen Angriff auf sie und ich bin damals leider gescheitert in meiner Aufgabe sie zu retten." Schatten legten sich über Hephitios' Blick. "Ich kann sie erzählen, doch sei gewarnt es könnte vielleicht eine längere Geschichte werden."

    Immer noch neugierig wie ein junger Welpe folgte Hephitios Flora hinterher und blickte sich nach allen Seiten um. Teils, um seine Sicherheitsarbeit zu erledigen und teils, weil er so viele Eindrücke wie möglich von dem Geschehen rund um ihm einfangen wollte.
    Auch wenn es inzwischen oft geschehen war, jeder Marktbesuch war immer wieder ein neues Abenteuer für den Jungen!
    All die Menschen, all die Ware, es war einfach berauschend, vor allem, wenn man sowieso noch so wie er in einer Art Hochgefühl steckte. Wenn das noch länger so anhielt, würde er sich wohl schön langsam selbst fragen müssen woher das kam, aber noch schob er es auf den schönen Tag, ohne Lernarbeiten.


    Sein Einsatz als Leibwächter ließ nicht allzu lange auf sich warten. Einer der Händler ergriff die Hand seiner Kyria, was dieser überhaupt nicht gefiel. Nachdem Flora sich entwunden hatte versuchte es der Händler mit Süßholzraspelei bei ihr.
    Hephitios indessen tat seine Pflicht und schob sich zwischen den beiden, den Händler dabei unverwandt böse anstarrend, um ihm stumm zu signalisieren, dass er es mit ihm zu tun bekommen würde, wenn er nochmal Hand an seine Herrin legen wollte.

    Hephitios warf sich in Pose und versuchte besonders groß und kräftig zu wirken auf dem Weg durch die Ewige Stadt, um jedes Gesindel gleich von Anfang an einzuschüchtern.


    Nicht dass das nötig gewesen wäre angesichts von Floras ansehnlicher Eskorte, aber eben für den Fall der Fälle.


    Doch zum Glück passierte nichts und sie erreichten wohlbehalten ihr Ziel.


    Flora gab ihnen allen quasi frei was die Sklavenbelegschaft wirklich freute, nur er selbst sollte mit ihr kommen. "Ich komme!" rief er ihr zu und setzte sich schon in Bewegung.


    Drei Mann blieben bei der Sänfte zurück, um sie zu bewachen, die hohe Herrin sollte ja nicht zu Fuß nachhause laufen, weil irgendjemand ihr Vehikel gestohlen hatte.

    Zu seiner Freude erfuhr Hephitios, dass sein Gegenüber ebenfalls Grieche war. Ein Landsmann, der ihm geholfen hatte, wenn das mal kein Zufall war! Sofort wechselte er für den Rest des Gesprächs ins Griechische, viel zu selten konnte er seine heimatliche Zunge gebrauchen.
    "Angenehm! Ich bin der custos corporis der Octavia Flora", stellte er auch jetzt seine Funktion näher klar, da auch Tiberios seinen Herrn genannt hatte. Erst jetzt hatte Hephitios jene Bronzetafel an ihm entdeckt, nachdem er schon extra darauf hingedeutet hatte, sonst hätte er dieses kleine Detail erst sehr viel später, oder auch gar nicht bemerkt. Hephitios selbst hatte zum Glück nie etwas ähnliches tragen müssen, wo ihn seine liebe Kyria ihn ja fast schon direkt nach seinem Kauf hatte freilassen wollen der Art nach wie sie mit ihm geredet gehabt hatte. Er hatte wirklich ein Glück mit Flora.


    Doch nicht nur das, Tiberios schien auch ein Zauberer zu sein! Er konnte Hephitios' Herkunftsort gleich fast richtig eingrenzen! "Rhodos stimmt, ich stamme von Rhodos! Doch woher wusstest du das nur?" Er sah noch einmal an sich kurz hinunter im gehen. Kein noch so kleines Detail seiner Kleidung verriet seine Abstammung, besonders wo er ja nur Dinge am Leib trug die von römischer Art waren. Die Tunika, seine Sandalen, einfach alles. "Woher kommst du denn? Du scheinst sehr intelligent zu sein, vielleicht aus Athen?" Recht viel näher konnte Hephitios das aber nicht bestimmen, wo er ja nicht so viel bislang sehen hatte können von der griechischen Welt außerhalb seines rhodischen Fischerdorfes und der Inselhauptstadt selbst.


    Beim Brunnen dann hatte Tiberios einen freundlichen Einfall. Er wollte ihm seinen Chlamys-Mantel borgen für die Dauer der Reinigung seines beschmutzten Kleidungsstücks. "Vielen Dank, Tiberios, dafür hast du etwas gut bei mir!" sagte er glücklich darüber, wenigstens nicht ganz nackt am Brunnen arbeiten zu müssen. Geschickt fing er das Bündel auf und entfaltete es wieder. Die Chlamys war ein makedonisch-nordgriechischer Reit- und Reisemantel und bestand aus einem kurzen rechteckigen Tuchstück, das über die linke Schulter geworfen und auf der rechten Schulter mit einer Spange zusammengehalten wurde. Klar dabei, dass selbst mit dem Mantel Hephitios immer noch mehr von sich preis gab, als der Stoff im Stande war zu verhüllen, aber besser als nichts.
    So legte er Tiberios' Mantel zuerst einmal auf den Brunnenrand und schlüpfte dann aus seiner Tunika. Für die Momente wo er die Tunika jetzt auf den Brunnen legte und nach dem Mantel griff war Hephitios abgesehen von seinen Sandalen vollkommen nackt, doch als Grieche störte ihn das nicht so sehr, vor allem da er ja wusste, dass dieser Umstand gleich wieder behoben wäre. Trotzdem reichte der kurze Augenblick des Kleiderwechsels, dass ein vorbeigehendes junges Mädchen in Lumpen ihre Freundin neben sich anstieß und kichernd auf Hephitios Gemächt deutete und beide mit großen Augen kurz stehen blieben.
    Er ließ sich davon jedoch nicht beirren. Behände warf er die Chlamys um seine linke Schulter und verschloß rechts die Spange und schon war er wieder bekleidet. Also ja, mehr oder weniger. Die Mädchen kicherten und kieksten immer noch, denn sie standen auf der offenen Seite des Mantels und konnten Hephitios' Körper daher immer noch praktisch unverhüllt sehen. Unter der Chlamys lugte auch hin und wieder eine Art Köpfchen hervor, wenn er sich vorbeugte, um die Tunika ins Wasser zu tauchen. So ein Reisemantel war eben wirklich sehr kurz.


    Eine Weile tauchte Hephitios seine Tunika immer wieder ins Wasser ein und rieb an der beschmutzten Stelle mit seinen Händen, doch ob das den gewünschten Effekt brachte konnte er wirklich nicht sagen. Als er meinte es gut sein zu lassen richtete er sich wieder auf und hielt die nasse Tunika fragend in Richtung Tiberios.
    "Meinst du das bisschen Wasser und Gereibe reicht aus, um die Tunika wieder ganz sauber zu kriegen? Oder könnte man sonst noch irgendetwas machen? Ich kenne mich damit leider überhaupt nicht aus!" Bei der Artikulation seiner Worte versuchte er nicht allzu verzweifelt zu klingen.

    Hephitios zerrte immer noch schimpfend an seinem Kleidungsstück herum, nachdem der Hund schon längst geflüchtet war. Gerade diese Tunika hatte es sein müssen! Denn heute trug er jene dunkelgrüne Tunika aus Baumwolle, die ihm einst Octavia Flora gleich als aller erstes geschenkt hatte, noch direkt am Sklavenmarkt nach seinem Kauf. Deshalb verband er etwas besonderes mit diesem Kleidungsstück und war sein teuerstes Kleinod. Zumindest war es das gewesen, denn jetzt war die Tunika besudelt worden. Geschändet von einem räudigen Straßenköter! Ein wenig wütend knurrte Hephitios über den Verlust. Wie sollte er das jetzt auf die Schnelle nachhause bringen, ohne dass es unterwegs eintrocknete und damit für immer ruiniert wäre?


    Die Götter schienen seinen Zwist mitangesehen zu haben, denn sie schickten Hephitios einen Retter in der Not. Ein freundlicher Junge von mittlerer Größe, lockigem Haar und ungefähr in seinem Alter hatte sich unbemerkt genähert und ihn jetzt angesprochen. Er wusste anscheinend wo er hier seine Lieblingstunika waschen konnte? "Ein Brunnen? Ja, bitte! Du würdest mir das Leben damit retten!" Ganz so schlimm war es natürlich nicht, aber Hephitios selbst hatte seine verbale Übertreibung gar nicht richtig mitbekommen, so sehr bangte er das erste Geschenk zu verlieren, dass er je von Flora bekommen hatte und wenn es auch nur eine normale Tunika von dunkelgrüner Farbe war. Unterwegs fragte er ihn: "Ich bin übrigens Hephitios, Sklave bei den Octaviern und wer bist du, mein Retter?"
    Gut, das letzte fand auch er jetzt schön langsam zu dick aufgetragen, doch Gesagtes war nun einmal nicht mehr zurückzuholen, vor allem, wenn es schon gehört worden war.


    Beim Brunnen angekommen zögerte Hephitios dann noch einmal. "Wie soll ich das mit dem Waschen machen? Ich habe ja sonst nichts an?"
    Nackt würde er eher ungern hier in der Subura seine Kleider waschen, auch wenn die Mädchen dann ordentlich etwas zu schauen gehabt hätten wegen seines muskulösen Körpers.

    Hephitios hatte seinen Blick von den Leuten hoch in den Himmel erhoben, um tiefer seinen Gedanken nachhängen zu können. Warum dachte er nur immer wieder dabei an Flora? Was zog ihn so derart an? Mochte das Liebe sein? Hephitios wollte das gar nicht glauben, aber abstreiten ließ es sich auch nicht völlig. Vielleicht war es ein Mittelding aus beidem.


    Fest stand, dass er gerne in ihrer Nähe war und sein größter Lebensinhalt inzwischen nur noch darin bestand sie zu beschützen. Vermutlich fühlte er sich auch deshalb jetzt so leer, weil eben dieser Teilbereich seines Lebens gerade ruhte.


    Ach Flora..
    Immer wurde ihm ganz warm beim Gedanken an seine Kyria und heute ganz besonders wie es schien und nicht nur im Herzen, sondern auch an seiner linken Seite. Seiner linken Seite? Fragend blickte Hephitios an sich herunter. Ein Hund stand da und benutzte ihn als Latrine! "He du Töle!" rief er empört und sprang mit den Armen fuchtelnd auf. Na toll, seine schöne Tunika voller Hundeurin!


    Zitat

    Hephitios hat es wohl wirklich nicht mit Hunden -> Hundeunfall Nr. 1 :D

    Hephitios folgte als stummer Schatten seiner Herrin den beiden ins Atrium der Casa Octavia, dabei immer noch einen Kampf mit sich selbst in seinem Inneren ausfechtend.


    Sollte er Flora später einmal fragen was mit ihm geschehen würde, wenn die Hochzeitsvorbereitungen erst weit genug vorangeschritten sein sollten?

    Hephitios stand die ganze Zeit dienstbeflissen neben seinem Kollegen in der Erwartung von eventuellen Wünschen seiner Kyria, oder deren Gastes.


    Eigentlich hatte er nichts von dieser kleinen Begegnung erwartet, außer einem üblichen Höflichkeitsbesuch. Zusammensitzen, ein paar kleine Geschenkchen und schmachtende Worte austauschen und dann jeder wieder seiner Wege gehen, doch weit gefehlt!


    Was sich da vor Hephitios entfaltete war eine kleine Lawine an Ereignissen, urplötzlich und Schlag auf Schlag was in einem.. Heiratsantrag(!) endete!


    Der Junge bekam ganz große Augen beim verfolgen von Floras und Caesoninus‘ Tätigkeiten.


    Flora würde heiraten? Seine Flora? Iulius Caesoninus? Hephitios wusste nicht, ob ihm das gefiel, hieß das doch, dass es wohl entgültig aus und vorbei mit seiner trauten Zweisamkeit mit seiner Herrin wäre. Sie würde ihn heiraten und dann in die Domus Iulia umziehen. Er als ihr Leibsklave käme vermutlich mit ihr, oder würde sie ihn verkaufen vor dem Umzug, weil er jetzt nicht mehr benötigt wurde angesichts eines neuen iulischen Sklavenheers, das bald auch sie schon „Domina“ nennen würde?


    Sorge um seine eigene Zukunft machte sich in Hephitios breit und er wünschte sich weg von diesem Ort wo die beiden sich küssend am Boden wälzten. Am besten fort nach Rhodos in seine Heimat, doch er wusste, dass er nie wieder zurück konnte.

    "Trajansmärkte für Duftöle, jawohl!" wiederholte Hephitios und flitzte los, um auch den Rest der Belegschaft aufzuscheuchen. "Marsch, marsch, die Kyria wünscht auszugehen! Richtet eure Tuniken, holt die Sänfte aus dem Stall und sagt es auch Vorrenus und Gnaeus, dass sie als Leibwächter mit müssen!" Dirigierte Hephitios ein paar überraschte Sklaven, die erst noch am Verstehen waren, was eigentlich grade passierte und in welchem Ton der Kerl zu ihnen sprach, aber ihm selbst war das egal. Er sprach mit der Autorität von Octavia Flora, also konnte er sich seiner Meinung nach durchaus diesen Tonfall erlauben, außerdem wollte er ja nichts sehnlicher, als endlich hinaus!
    Hinaus in die Welt, wo die Sonne scheinte, die Vögel sangen und der Himmel weit war.
    Weg von Hausdecken und blöden Buchstaben, die man immer wieder stupide in eine Reihe malen musste und lieber hinein in ein Abenteuer! Bestenfalls natürlich...man konnte ja nie wissen.


    Als dann die Sklaveneskorte und die Sänftenträger bereit waren, trat Hephitios heran, ergriff Floras Hand und fügte ihr mit einer Verbeugung einen sanften Kuss hinzu, als er ihr mitteilte: "Die Sänfte steht bereit, Flora, wir können aufbrechen."

    Ganz so wie es die Herrin befohlen hatte, eilte Hephitios zusammen mit einem weiteren octavischen Sklaven in die Küche, um für die Erfrischungen zu sorgen. Der andere kümmmerte sich um das Essen, während Hephitios die Getränke vorbereitete.


    Dann marschierten sie im Duett in den Hortus und stellten alles auf einem runden kleinen weißen Marmortisch ab, der bei Floras Lieblingsbank stand. Auf dem Tisch war jetzt eine Schüssel mit Weintrauben, sowie zwei leere Kelche zu finden. Daneben standen drei Krüge.


    "Wir haben Wasser, Fruchtsaft und Wein", erklärte Hephitios und deutete mit der flachen Hand bei der Erwähnung der Trinkoptionen auf die einzelnen Krüge.
    "Was darf ich einschenken, dominus und domina?" Der andere Sklave blieb ebenfalls bei der Gruppe, bereit für jeden weiteren Wunsch, den die Herrin, oder ihr Besuch vielleicht noch verspüren könnten.

    Nach wenigen, viel zu kurzen Wochen der Freude und des Lichts war es wieder einmal passiert, die Bewohner der Casa Octavia waren verreist und Hephitios war ein weiteres Mal alleine bei der Minimalbelegschaft des Haushalts zurückgeblieben, weshalb der Junge bald wieder seine alten Angewohnheiten des ständigen Herumstreifens und des Krafttrainings aufgenommen hatte, um den allzu schnell zurückkehrenden Frust über seine Lebenslage abzubauen. Wieso war er nicht mitgenommen worden? Hatte er sich in seiner Zeit in Ostia auf dem octavischen Landgut nicht glänzend bewiesen, dass er auch abseits seines Personenschutzes für Octavia Flora ein fleißiger Arbeiter war? Ja, war es nicht sogar er es gewesen, der wider aller Befehle alles stehen und liegen hatte lassen und nach Rom geeilt war, um Flora vor dem bösen alten Rabastos zu retten, nachdem er entdeckt gehabt hatte, dass dieser sich in schädlicher Absicht für die Octavierin dorthin aufgemacht hatte? Und wie wurde es ihm gedankt? Mit tödlicher Langeweile ganz alleine hier in Rom...


    So also wanderte Hephitios wieder den größten Teil des Tages quer durch Rom, stemmte Floras Lieblingsbank im Hortus der Casa Octavia, oder saß stundenlang auf einem der öffentlichen Plätze der Ewigen Stadt, oder an einer Straßenkreuzung, um die Leute rund um sich zu beobachten.


    Heute war es wieder einmal soweit, Hephitios saß auf einer kaputten kleinen Kiste an einer kleinen, schäbigen Straßenkreuzung mitten in der Subura. Er hatte gerade wieder einen Lupanarbesuch hinter sich, der erste den er sich seit der erneuten Abreise seiner Herrn geleistet hatte. Solche Besuche waren immer ein Höhepunkt für ihn, denn mit seinem kargen Skalvengehalt konnte er sich eine derartige Freude nicht oft leisten, wo aber gerade diese doch ihm am besten tat, um seine Frustration ein wenig zu lindern. Jetzt saß er also dort an seinem Platz an die Hauswand hinter ihm gelehnt und die Augen auf die Leute vor sich gerichtet, um sie eigentlich zu beobachten, aber Hephitios‘ Gedanken waren weit weg bei Flora.


    Sim-Off:

    Jeder der will kann sich gerne hier einbauen! :) Was genau in einem Augenblick geschieht ist offen und wird sich hoffentlich durch das gemeinsame Spiel ergeben. :D

    Hephitios hatte richtig vermutet, dass Caesoninus zu Octavia Flora wollte.


    "Einen Moment, ich gehe sie sofort holen."

    Hephitios saß über einer seiner Übungswachstafeln, die er von seiner Herrin bekommen hatte, um endlich auch das Schreiben zu erlernen. Was das Lesen anging hatte er ja schon einige wackelige Gehversuche unternommen. Gerade war er dabei eine ganze Zeile lang den Buchstaben „G“ immer und immer wieder ins Wachs zu ritzen und so war er heute auch schon mit allen zuvor folgenden Buchstaben vor „G“ verfahren. Schön langsam hatte er von diesem ganzen Geschreibsel genug für heute.


    Umso mehr freute es ihn, als da die errettende Anfrage seiner kyria kam. Natürlich wollte Hephitios mit! Hätte er einen Hundeschwanz gehabt (also hinten...), dann würde dieser jetzt stark herumwedeln vor Freude. „Ja sehr gerne! Mir raucht schon der Schädel vor lauter Buchstaben und Schreibgriffeln! Ich lasse gleich die Sänfte herrichten, wohin willst du denn Flora? Zum Argiletum ein paar neue Bücher besorgen? Zu den Trajansmärkten? Zum Markt am Forum Boarium? Zum Sklavenmarkt? Oder ganz woandershin?


    Bloß weg von Griffel und Wachstafel! Hephitios freute es ja, dass er schön langsam jetzt Lesen und Schreiben erlernte (als Fischer zuhause in Rhodos hatte er es bis dato ja nicht gebraucht), aber Bewegung an der frischen Luft war ihm doch nochmal um ein paar Ecken lieber.

    Heute hatte Hephitios Dienst an der Porta, falls ihn seine Domina nicht gerade benötigte. Entsprechend gelangweilt saß er auf seinem Schemel neben der Tür und wartete darauf, dass irgendwelche Klienten des octavischen Senators, Lieferanten für die Culina, Freunde und Freundinnen der Familie, oder ganz Fremde mit irgendeinem Begehr an die Porta klopften. Heute war jedoch ein eher mauer Tag und die Stunden zogen sich wie zähflüssiger Honig....


    Da klopfte es plötzlich an der Tür! Endlich etwas zu tun. Gleich sprang Hephitios dienstbeflissen auf und öffnete die Tür. Sonnenlicht flutete herein und das Zwitschern der Vögel wurde lauter, als auch schon der Gast in Sicht kam. Es war Gaius Iulius Caesoninus!
    Hephitios sah ihn freundlich an. „Salve Dominus, wem darf ich deine Ankunft melden? Dominus Octavius Maro, oder meiner guten Domina?
    So oder so, einer von beiden würde sich bestimmt freuen diesen guten Bekannten wiederzusehen. Der Schriftrollenbehälter unter dem Arm des Iuliers ließ ihn jedoch schon vermuten zu wem er wollte.

    Eine ganze Weile lag Hephitios einfach nur dar auf seinem Rücken und erfreute sich seines Lebens. Das Leben durchströmte seinen Körper, als wäre es erst vor kurzem in ihn gefahren, jeden Zeh und jeden Finger spürte er pulsieren. Und sein Herz, jeden einzelnen Schlag seines Herzens fühlte er gegen das Innere seines Brustkorbs hämmern. Offenbar musste man beinahe zerfleischt worden sein, um erst wieder einmal das wahre Leben in sich fühlen zu können.


    Endlich schlug der Junge seine Augen wieder auf und blickte Grian an. „Ich denke mir geht es gut aber gegen einen Schluck Cervisia würd ich jetzt nicht Nein sagen.“ meinte er. So kurz zuvor noch Charon aus dem Boot gesprungen, überkam ihm jetzt ein Funken Übermut, wo das Adrenalin noch durch alle seine Adern schoß, ähnlich dem Zustande, wenn man betrunken war und so betrachtete Hephitios unverhohlen neugierig Grians Erscheinung, besonders ihre Rundungen.

    Es war aus mit ihm, er war tot.
    Hephitios sah es schon vor sich, die Tore der Unterwelt hatten sich schon weit für ihn geöffnet, der Fährmann erwartete ihn schon, bereit Hephitios über den Styx überzusetzen. Nicht mehr lange und...


    Irgendwie dauerte das aber schon ein wenig lange dieses Sterben. Er fühlte immer noch seine fleischliche Hülle um sich rum. War das normal? Oder war er...
    Hephitios öffnete die Augen.
    Er lag am Bauch im stoppeligen Gras der Ebenen vor der Stadt Rom. Neben ihm brav aufgereiht drei Bären von Hunden sabbernd und schwanzwedelnd. Er keuchte und wälzte sich herum, um sich aufzusetzen. „Ich... ich lebe noch?
    Wie um sich zu vergewissern blickte er auf seine Handflächen hinab und drehte sie prüfend herum.
    Ich lebe ja noch!
    Hephitios brach in erleichtertes Gelächter aus und ließ sich wieder zurück ins Gras sinken. Ach war das schön!

    Genau wie Grian erkannt hatte war es eine besonders gute Laufmotivation, wenn einem ein zentnerschwerer Koloss von einem Hund hinterherhetzte. Dazu dann auch noch ein Tier wo man fragen konnte; "Ist das noch ein großer Hund, oder schon ein kleiner Bär?"
    Ob Hund oder Bär, von der Masse her machte es wohl auch keinen Unterschied mehr.
    So oder so, Hephitios raste weiter stur geradeaus. Gut, dass sie sich auf offenem Land und nicht in der Stadt befanden, oder konnte ihm das doch noch zum Nachteil gereichen?
    Wäre ein verwinkeltes Areal voller Ecken und Abbiegungen vielleicht besser? Oder könnten die Hunde selbst dort mit ihren vier Pfoten schneller am Absatz kehrt machen und ihn so einholen?
    Naja, herauszufinden war das wohl nicht mehr, denn wenn ihn der Hund erwischte war es sowieso mit ihm aus. Doch was war das? Das Hecheln hatte sich plötzlich hinter ihm verdoppelt!
    Hephitios wagte es nicht sich umzudrehen, denn das würde den Verlust von Geschwindigkeit bedeuten, doch nach dem, was ihm seine Sinne und sein Gefühl sagten, musste ihm nun ein zweiter Riesenhund hinterherjagen. Das wurde ja immer besser mit den Kötern.
    Hephitios sandte ein Stoßgebet gen Himmel, wenn ich das hier überlebe, opfere ich der göttlichen Trinität ein Lamm!
    Ob die Götter dies gefiel, oder nicht mochte sich jetzt in den nächsten Sekunden zeigen, denn plötzlich die Hunde zum Sprung an, genau auf den Sklavenjungen zu!
    Eine gewaltige Wucht und Kraft rammte Hephitios da mitten ins Kreuz, ihm blieb direkt die Luft weg. Wie ein Strohhalm wurde er zu Boden geworfen, wo er völlig fertig liegen blieb, während die Hunde über ihm waren...

    Die Casa Octavia war verwaist und er, Hephitios, ganz alleine in Rom.
    Gut ok nicht gaaanz alleine, denn eine Minimalbelegschaft gab es ja immer noch in der Casa, damit das Haus bei der Rückkehr der Herrschaft nicht einer verstaubten Ruine glich, aber die meisten Sklaven und die Familie selbst weilte derzeit außerhalb Roms auf irgendeinem Landgut. Hephitios war unendlich traurig, dass er nicht mitgenommen worden war, er vermisste Floras Anwesenheit Tag um Tag mehr, doch da war nun einmal nichts zu machen.
    Er war in Rom und seine Domina nicht, daran war nicht zu rütteln. Was sollte er schon tun in dem verdammten Haus! Staubwischen und Fußboden kehren erledigten die anderen, so blieb Hephitios nichts anderes übrig als Trübsal zu blasen.
    Anfangs hatte er sich noch damit beschäftigt alleine weiter lesen zu üben, aber das hatte ihn ständig an Flora erinnert, weshalb er es bald wieder aufgegeben hatte und die Schriftrollen mit den Abenteuern des Odysseus lagen vergessen in einem Winkel seines Cubiculums.
    Das nervenaufzehrendste war auch, dass er nicht einmal wusste wann die Familie wieder zurückkehren würde. So verbrachte er schon nach wenigen Wochen mehr Zeit außerhalb der Casa, auf den Straßen und Gassen der Ewigen Stadt. Er streunte von einer Ecke zur anderen, gehobenes wie verufenes Viertel, da machte er keinen Unterschied. Er war ein junger kräftiger Sklave, der nichts besaß, welcher Vollidiot würde ihm schon was zu Leide tun wollen?


    Worin sich Hephitios auch vermehrt übte war Ausdauer- und Krafttraining. Die seiner Meinung nach beste Art, um seinen angestauten Frust über das viele Nichtstun loszuwerden. So stemmte er immer wieder den einen oder anderen Felsbrocken, wenn er vor den Stadtmauern über die weite Flur einen kleinen Dauelauf machte, oder betrieb im Hof der octavischen Casa Übungen mit dem eigenen Körpergewicht wie Liegestütze, Kniebeugen und dergleichen mehr. Jeden Tag dann auch mindestens ein oder zwei Stunden vor den Mauern laufen gehen.
    Verbunden mit der kargen Sklavenkost bewirkte es schon bald, dass Hephitios noch muskulöser und stärker wurde, als er es zuvor sowieso schon gewesen war, doch der Frust blieb und so investierte er die zusätzliche Kraft in noch intensiveren Übungen. Bald waren es schon drei Stunden Laufen jeden Tag und nicht mehr nur Felsbrocken, sondern ganze Steinbänke stemmte der Junge. Am liebsten die auf der Flora früher immer im Hortus gesessen und ihm Lesen beigebracht hatte. Auch den einen oder anderen Besuch in einem Lupanar hatte er inzwischen mit seinem Erspartem gewagt. Schnell hatte er die Erfahrung gemacht, dass DAS ein besonders gutes und befriedigendes Ventil für seine Gefühle war, aber es war teuer, also nichts für den Alltag.
    Diese Leere in ihm war so unendlich nagend, wieso ging sie nicht einfach weg? Wieso nur quälte sie ihn so sehr jeden Tag? War das alles wirklich nur wegen dem Fehlen seiner Herrin? Es war echt zum Mäusemelken...


    Diese und ähnliche Gedanken gingen ihm durch den Kopf, als er nach ein paar Übungen mit der Steinbank wieder hinaus aufs Land gekommen war um ein wenig zu laufen. Wie immer trug er dabei nur seine Laufsandalen und einen Lendenschurz. Eine Oberbekleidung hielt er für unnötig, wo er doch sowieso schwitzen würde. Hephitios war sich sicher, könnte er sich auf diesem Wege nicht täglich körperlich zumindest ein wenig verausgaben, er würde sehr schnell überschnappen. Es glich schon fast einer Manie dieser Bewegungsdrang. Komisch, früher hatte er das nicht gekannt, als er noch nicht im Dienste der Octavier gestanden und Flora gekannt hatte, da... was war das?
    Ihm war, als ob er plötzlich nicht mehr alleine wäre. Irgendetwas hörte er hinter sich herhecheln und grunzen. Ohne stehen zu bleiben wandte Hephitios den Kopf. Ein gewaltiger Bär von einem Hund [Stumpfnase] hetzte hinter ihm her!
    Hephitios' Augen weiteten sich schreckerfüllt, als diese Bestie langsam aber immer mehr aufholte und alle Anstalten machte ihn einfach niederzumähen, sollte sie ihn erst mal erwischen! "AAAAAAAHHHHHHHHRR!!!!!!!!"
    Gut dass er nicht stehengeblieben war! Hephitios beschleunigte noch einmal ordentlich und rannte (wie er meinte) um sein Leben.