Beiträge von Titus Quintilius Canus

    Allein am Blick des Optio war es für Canus nur zu deutlich, dass er an diesem Punkt wohl doch übertrieben hatte. Allerdings hatte der Octavier wohl kein allzu großes Interesse daran, ihn dafür nun rund zu machen und beließ es einigermaßen dabei.


    Schließlich aber befolgten die Tirones Maros Befehle, sie schafften es sogar tatsächlich recht fix - zumindest schneller als bisher - eine Formation zu bilden, um sich schließlich im Laufschritt drei Mal um den Exerzierplatz zu bewegen. Natürlich gab es dabei wieder den ein oder anderen, dem es schwer fiel mitzuhalten - aber in Formation war es deutlich einfacher, die schwächeren Kameraden mitzuziehen.


    Das Problem war dann doch wieder das Bilden der gewünschten Schildkröte. So recht schien niemand der Tirones zu wissen, wo er sich eigentlich aufzustellen hatte, was Canus' Geduld und die anderer, etwas lebenserfahrener, Tirones abermals strapazierte. Noch bevor der Quintilier das Wort erheben konnte, bölkte aber auch schon einer seiner Kameraden rum und verlangte erst einmal, dass alle ihre angestammte Position einnahmen, welche sie auch das letzte Mal inne hatten. Es lief nicht reibungslos, aber mit etwas Führung lief es am Ende doch und die gewünschte Formation stand für den Moment.

    Canus wartete seelenruhig ab... nun, nicht ganz so seelenruhig. Zwar strahlte er Gelassenheit, Ordnung und Disziplin aus - doch es war für ihn das erste Mal, dass er an einem derart wichtigen Ritual teilnahm, welches eine gleichermaßen wichtige militärische wie auch religiöse Bedeutung hatte. Nur im Augenwinkel beobachtete der Quintilier dabei, wie der Tribun die Opfertiere weihte. Oft genug, ein paar Mal, hatte er solche Rituale beobachten dürfen - doch selbst ein fester Bestandteil eine solchen sein? Bisher nie.


    Schlussendlich begab sich der Tribun zurück zum Altar, wo der Quintilier bereits mit dem Schälchen und einer Kanne, gefüllt mit Wasser, auf jenen wartete. Canus wandte sich dem Tribun zu und blickte ihm kurz in die Augen, ein Moment voller Ehrfurcht - zumindest für den Tiro - hatte er doch nicht oft mit derart hochrangigen Personen so eng etwas zu schaffen. Schließlich aber senkte er seinen Blick wieder, um seine Aufgabe gewissenhaft zu verrichten.


    Mit der einen Hand hielt er die Schale unter die Hände des Tribun, ehe er mit der anderen Hand die Kanne hob und das Wasser über die Hände des Petroniers vergoss - langsam und bedächtig. Wenngleich er einen recht niedrigen Dienstgrad hatte, so war das rituelle Vollziehen der Händewaschung doch eine ehrenvolle und wichtige Aufgabe, derer sich der Quintilier auch keinesfalls schämte. Dennoch achtete er darauf, jeden Schritt dieses Rituals peinlichst genau zu vollziehen.

    Canus hatte einfach nicht die Geduld für Potinus' Versagen, was dem Optio natürlich nicht gefiel. Canus brummte auf dessen Worte hin leise und verstimmt, doch er war mehr sauer auf sich selbst als auf den Octavier: Im Endeffekt hatte er ja Recht, nicht zuletzt aufgrund seiner Stellung dem Tiro gegenüber.


    Der Befehl des Optios gefiel dem Quintilier ganz und gar nicht, doch er musste diesem natürlich Folge leisten. Während die anderen Tirones schließlich begannen Kniebeuge zu machen, seufzte der Quintilier leise und überlegte kurz, ehe er seinen Blick vom Optio aus wieder geradeaus richtete. Mythen, Religion - das waren nicht gerade seine Stärken.


    "Nun, da fällt mir als erstes der Mythos vom Tiro ein, der jede seiner Entscheidungen bereut. Zu blöd für irgendeine andere Karriere, entschied er sich in jungen Jahren den Kohorten beizutreten, jedoch ohne irgendeine Art von Vorbereitung zu treffen, sei es körperlich oder geistig. Mit der Zeit bemerkt er, dass er zwar für seine Fehler und Dummheit des öfteren bestraft wird, viel öfter jedoch auch seine Kameraden, was das Ganze für ihn erträglicher macht. Und aus irgendeinem Grunde schafft er es doch seine Grundausbildung zu bestehen, nur um dann für die niedrigsten Aufgaben herangezogen zu werden - bis sein erbärmliches Leben irgendwann ein Ende findet."


    Dies war sicher nicht im Sinne des Optio und Canus war sich sicher, dass ihn dafür irgendeine Art von Strafe erwarten würde. Dies war auch keine Selbstkritik, absolut nicht - viel mehr eine Kritik in Richtung der Kameraden, die es bisher einfach nicht geschafft hatten, ihr Verhalten und ihren Ehrgeiz endlich auf die Reihe zu bekommen. Vermutlich hatten sie diesen subtilen Ansatz an Kritik vermutlich aber auch nicht bemerkt.

    Der Quintilier marschierte hinter der Kolonne des Tribun hinterher, bereit seine Aufgabe zu erfüllen. War sie kompliziert? In seinen Augen eher nicht. War sie ehrenvoll? Das allemal, immerhin ging es hier um die Entlassung der Veteranen sowie um ein Opfer - Canus konnte sich also etwas schlimmeres vorstellen, als den Opferherrn die Hände zu waschen.


    Schließlich war die Aufstellung angetreten, ebenso wie die zu Entlassenden, welche auf den Befehl des Tribun Haltung annahmen. Auch wenn es den Quintilier nicht direkt betraf, so lauschte er doch den Worten des Vorgesetzten und versuchte sie zu verinnerlichen - schließlich würde er im Idealfall auch irgendwann diesen Tag erleben, an welchem er aus dem Militärdienst der Cohortes Urbanae entlassen werden würde.


    Relativ schnell war auch die Rede des Tribun beendet und die Namen der zu Entlassenden wurden verlesen, ehe diese offiziell aus dem Militärdienst entlassen wurde. Canus wahrte dabei seine Haltung, wenngleich er sich innerlich voll und ganz auf die Zeremonie einließ. Im Anschluss daran sollten die entsprechenden, nun ehemaligen, Soldaten von der Einheitliste gestrichen werden und ihr Militärdiplom überreicht bekommen, was bedeutete dass der religiöse Teil des Rituals und damit auch Canus' Aufgabe nicht mehr allzu weit bevorstanden. Seine Augen bewegten sich, versuchte er doch die ganze Zeremonie mit seinem Blick möglichst aufzufangen. Doch sein Kopf blieb starr geradeaus, musste er doch Haltung bewahren.

    Canus behielt den Tiro im Blick, welcher beim Laufen seinen Helm wieder anlegte - während die anderen Liegestütze machen mussten. Zunächst schien es so, als ob sie es fast hinter sich gebracht hätten doch gerade als der lose Helm keine Ausstellung mehr darstellte, fiel dem Optio bei den Liegestützen der Tiro Potinus auf, welcher seinen Harnisch viel zu locker angelegt hatte. Mussten Canus und die anderen, wenigen, älteren Tirones, etwa jeden einzelnen kontrollieren?


    Also hieß es weiter Liegestütze machen, was für Canus kein großes Problem war - immerhin wusste er seine Kräfte einzuschätzen und einzuteilen. Doch für einige der Jüngeren war dies eher ein Problem, vor allem in voller Ausrüstung.


    "Beeil' dich, Potinus!"


    Zu dieser Aussage ließ sich der Quintilier hinreißen, was er direkt im Nachhinein bereute. Ob der Octavier ihn dafür bestrafen würde?

    Die Strafe des Befehlsverweigerers am Tiber - und die Aussicht auf weitere Strafen für diesen - hatte auf die Tirones, auch die jüngeren, verwöhnteren, einen bleibenden Eindruck hinterlassen.


    Zwar hatten sie es geschafft die Zeit zu halten, doch selbstverständlich fand Maro etwas, das er bemängeln konnte. Canus verdrehte kurz die Augen, wie konnte nur jemand den Riemen seines Helms zu locker gelassen haben?! Schließlich aber begaben sich die Tirones in die Ausgangsposition für die Liegestütze, während besagter Titus zu rennen begann und dabei alle Mühe hatte, seinen Helm wieder vernünftig aufzusetzen.


    Sport in voller Montur war dann doch etwas anderes, deutlich anstrengender zumindest. Grund genug für Canus seine Kräfte vernünftig zu portionieren, doch der ein oder andere konnte dies doch nicht allzu lange durchhalten.

    Schließlich standen die Tirones wieder auf dem Exerzierplatz der Castra angetreten, nachdem sie vom Tiber zurückgekehrt waren.


    Die Befehle des Optio zum weiteren Vorgehen waren unmissverständlich. Ausrüstung (natürlich in bestem Zustand) anlegen und wieder auf dem Exerzierplatz antreten, bevor der Octavier zurückkam.


    Nachdem Maro den Befehl zum Abmarsch gab, begaben sich die Tirones schnellen Schrittes zu ihren Barracken, um ihre Ausrüstung anzulegen. Innerhalb der Barracken gab das dabei die ein oder andere Diskussion, was denn nun genau an Ausrüstung mitzunehmen sei - immerhin war der Optio nicht allzu sehr ins Detail gegangen. Doch Canus versuchte - früher oder später mit Erfolg - die Diskussion zu unterbinden, schließlich war der Optio seiner Meinung nach unmissverständlich gewesen: Alles. Man verständigte sich lediglich darauf, mehrfach empfangene Ausrüstungsgegenstände in den Baracken zu lassen.


    Möglichst gesammelt begaben sich die Tirones schließlich mit angelegter Ausrüstung wieder auf den Exerzierplatz, der ein oder andere hatte dabei die Hilfe eines Kameraden benötigt. Die Ausrüstung war schwer, doch das kannten sie inzwischen. Canus atmete tief durch und auch den anderen Rekruten erging es so, während sich der ein oder andere tatsächlich dazu durchrang den Blick nach dem Octavier schweifen zu lassen. Ob sie schnell genug gewesen waren?

    Sicher würde all dies noch ein Nachspiel haben, dessen waren sich die Tirones sicher, während sie wieder aufgereiht da standen und dem Optio den Befehlsverweigerer dargebracht hatten. Canus war in diesem Moment relativ egal was mit Plotius passieren würde, was selbst ihm etwas kalt erschien und auch für ihn selbst von wenig Kameradschaft zeugte - aber es war eben auch sehr unkameradschaftlich von Plotius gewesen, die Einheit überhaupt erst in solch eine Situation zu bringen.


    Neben all den Drohungen erkannte Canus - der ein oder andere Tiro jedoch auch - die beinahe versteckte Lektion des Octaviers - sie hätten eben gleich nach ihren Kameraden schauen und ihn nicht einfach stehen lassen sollen. Der Quintilier hatte dies für sich aufgenommen und würde zu einem passenden Zeitpunkt sicherstellen, dass es die anderen Tirones auch tun würden.


    Schließlich gab Maro aber den Befehl zum Abmarsch mit einer netten Aufsicht auf noch mehr Exerzieren, aber damit hatten sie schon rechnen können. Als zwei der Kameraden den Befehlsverweigerer greifen sollten wehrte sich dieser und kassierte dafür einen heftigen Schlag mit dem Stock des Optios, was dafür sorgte dass Plotius sich nicht mehr regte.


    Nun konnten sie mit dem Sträfling abmarschieren, zurück in Richtung Castra... ein schöner Resttag erwartete sie noch.


    Sim-Off:

    Gerne, wie du möchtest.
    Und Verzeihung, war eine merkwürdige Woche, ging alles drunter und drüber.

    Erst als er am anderen Ufer angekommen war bemerkte Canus, dass sich tatsächlich einer der Tirones dem Befehl verweigert hatte und am anderen Ufer des Tiber verblieben war. Aber statt sich wenigstens zur nächsten Brücke zu bewegen... blieb der Kerl einfach stehen, das konnte doch nicht sein Ernst sein?! Der Quintilier konnte es kaum fassen und dabei konnte er die Reaktion des Optio absolut nachvollziehen, auch wenn es ihn natürlich auch traf - und das absolut im negativen Sinne.


    Die Ansage des Optio war dabei nicht mal unfair, sondern entsprach wohl absolut der Wahrheit. Sicher, dies war nun eine lächerliche Situation, aber diese fehlende Kameradschaft war, auf eine ernstere Situation gemünzt, zumindest für Plotius sicherlich tödlich. Dies war definitiv eine Lektion für die gesamte Einheit, nicht nur für den Befehlsverweigerer.


    Eigentlich hatte sich Canus schon einige der Kameraden ausgesucht, mit denen er möglichst flott den Kameraden vom anderen Ufer geholt hätte... doch der Befehl des Optio war unmissverständlich: Alle. Mit reichlich Murren begaben sich die Tirones wieder in's Wasser und die Wut auf Plotius sorgte dabei dafür, dass sie sich ziemlich beeilten an's andere Ufer zu kommen, wo der ängstliche Rekrut bereits wartete. Plotius wusste dabei nicht so recht was er tun sollte. Warten? Das würde Ärger geben. Wegrennen? Das würde noch mehr Ärger geben. Er schien mehr oder minder wie erstarrt.


    Am anderen Ufer angekommen 'kümmerten' sich seine Kameraden jedoch um ihn. Es wurde nicht großartig gezögert, einige der Tirones packten sich Plotius und zerrten ihn in Richtung des Wassers. Die Aussicht darauf wieder in diese Brühe steigen zu müssen und das mit seinen minderwertigen Schwimmkünsten, ließ den Rekruten wieder etwas mehr in Panik verfallen, er versuchte sich zu wehren. Doch es half nichts. Zwar riss Plotius sich von einem der Rekruten los, doch den nun freien Arm packte dafür Canus. Es war schwierig diesen widerwilligen Mann in's Wasser zu bekommen, geschweige denn ihn durch's Wasser zu bewegen - doch mit vereinten Kräften schafften es die Tirones, vor allem indem sie sich bei diesem kräftezehrenden Ringen mit Plotius abwechselten.


    Am anderen Ufer angekommen zerrten Canus und einige andere Tirones den widerwilligen Rekruten zum Optio und schmissen ihn vor diesem zu Boden, ehe sie Haltung annahmen und abwarteten. Keiner wagte sich das Wort zu erheben. Plotius hingegen blickte zu Maro auf - voller Angst und vermutlich auch voller Selbsthass.


    Sim-Off:

    Hab' ich mir doch gedacht, dass dir das gefällt und du damit etwas anfangen kannst ;)

    Schon als sie ankamen fiel Canus auf, dass die Tirones von den anderen Menschen in der Umgebung beäugt wurden. Gut, sie waren natürlich nur nicht unbedingt hier, um in diesem Fluss zu schwimmen.


    Am Tiber angekommen blickten sich einige der Rekruten auf des Optio Worte hin kurz an, anscheinend gab es doch den ein oder anderen, der sich seiner Schwimmkünste nicht allzu sicher war. Doch das Wort zu erheben, das traute sich wohl niemand. Schließlich kamen alle dem Befehl des Optio nach, legten ihre Rüstung mehr oder minder säuberlich ab, wobei Canus schon darauf achtete dass er seine Ausrüstung möglichst geordnet ablegte. Schließlich bewegte er sich in Richtung des Flusses, blickte die anderen Tirones an. Dabei war kaum ersichtlich ob die unbegeisterten Gesichtsausdrücke daher kamen, dass der ein oder andere tatsächlich nicht so gut schwimmen konnte, oder eher daher dass es doch eher eine unangenehme Brühe war, in die sie sich begeben sollten.


    Das Wasser war von der Temperatur her absolut zu ertragen, doch der Geruch war tatsächlich nicht der angenehmste und zumindest der Anblick der Konsistenz war auch nicht gerade schön - doch Befehl war Befehl. Tief genug im Wasser angekommen begann Canus schließlich mit selbstständigen Schwimmbewegungen, ebenso wie die anderen Tirones - bis auf einen. Professionelle Schwimmer schienen hier keine vorhanden, doch einer der Rekruten hatte sichtliche Mühe damit, sich überhaupt über Wasser zu halten - es war der Tiro ganz links außen. Glücklicherweise hatte Maro gesagt, dass jeder für die anderen verantwortlich war, weshalb dem Kameraden auch geholfen wurde - wofür Canus jedoch zu weit weg war.


    Mehr oder minder erfolgreich schafften es alle trotz der Begebenheit des Wassers und der Strömung an's andere Ufer und mit der Zeit auch wieder zurück. Canus stieg mit dem ersten Drittel wieder aus dem Wasser, es war schon recht widerlich, doch er versuchte seine Konzentration einfach auf die Tirones zu lenken, welche noch im Wasser waren. Alle schafften es dabei zurück, bis auf den einen Rekruten, welcher kaum hatte schwimmen können - er war am anderen Ufer geblieben und hatte sich geweigert, den Fluss wieder in die entgegengesetzte Richtung zu überqueren.

    Canus war jetzt schon gespannt, ob er für seine kurze autoritäre Anwandlung, ohne welche das Bilden der Formation sicher viel mehr Zeit in Anspruch genommen hätte, später noch ein paar dumme Sprüche kassieren würde - da war er sich eigentlich sicher. Doch glücklicherweise scherte er sich nicht allzu sehr darum.


    Wenigstens war die Gruppe um den Quintilier nicht die letzte, welche es geschafft hatte eine Testudo zu bilden. Und zum Glück für einige der körperlich nicht derart trainierten Tirones befahl der Optio schließlich, die Formationen wieder aufzulösen und noch zwei Runden um den Exerzierplatz zu marschieren. Der Ausblick auf den morgigen Tag war dabei... eher unschön. Canus hasste das Schwimmen. Zwar beherrschte er es, doch eher schlecht als recht und der Tiber war tatsächlich nicht für seine gute Wasserqualität bekannt. Doch ihnen blieb wohl nichts anderes übrig.


    Schließlich lösten sich die Formationen auf und die Rekruten machten sich daran, wie befohlen, noch die zwei Runden um den Exerzierplatz zu drehen. Zwar war der Tag nicht unbedingt körperlich anstrengend, da würde sicherlich noch viel mehr folgen, doch er war von recht viel theoretischem Inhalt geprägt gewesen - da war selbst für die weniger fitten Tirones die körperliche Ertüchtigung ein angenehmer Ausgleich zum Abschluss dieses Tages.

    Nein, Canus hätte seine Schwester niemals für das verurteilt, was sie ihm gerade erzählt hatte. Niemals hätte er ihr vorgeworfen noch keinen Mann für's Leben gefunden zu haben, niemals hätte er ihr die schlechte Situation der Familie vorgeworfen, für sie die sicher nichts konnte - gegen welche sie viel mehr mit aller Kraft anzukämpfen versuchte. Er kannte seine Schwester, auch wenn sie sich lange nicht gesehen hatten und er war sich absolut sicher, dass sie ihr bestes tat und das erst zuletzt für sich selbst.


    Kurz nickte er auf ihre Worte hin und versuchte ihr Lächeln zu erwidern, was jedoch nach all den schlechten Nachrichten eher gequält als alles andere wirkte. "Ja, das ist alles was zählt," kam es leise über seine Lippen und er hatte inständig gehofft, dass es Valentina besser ergangen war.


    Doch ihm war schließlich die Frau aufgefallen, die sich noch als seine Nichte herausstellen sollte. Für eine Sklavin, irgendeine Bedienstete, schien sie allerdings viel zu neugierig und glücklicherweise klärte seine Schwester die Situation auch gleich auf. Er lauschte zunächst den Worten von Pina, deren Namen Canus gerade durch seine Schwester erfahren hatte, und musterte sie für einen Moment. Ein leichtes Lächeln lag dabei auf seinen Lippen, er wollte einen einigermaßen vernünftigen Eindruck machen und durch die Worte seiner Nichte erkannte er, dass es wohl wirklich schlecht um die Familie stand, wenn Valentina mit ihren beiden Nichten alleine über die Runden hatte kommen müssen.


    "Jetzt nicht mehr," erwiderte Canus auf die Worte seiner Nichte hin als diese meinte dass sie dachte, dass sie allein zu dritt hier in Roma gewesen wären. Dabei wusste er gar nicht um all die negativen, misstrauischen Gedanken seiner Nichte, die er ansonsten beiseite zu wischen versucht hätte. "Ich... weiß nicht was Valentina dir alles erzählt hat, aber ich bin nun wieder da um sie endlich wieder zu unterstützen. Hätte ich gewusst, wie es um die Familie steht, wäre ich wesentlich früher wiedergekommen," versuchte er sich gleich zu rechtfertigen, denn dass es schlecht um die Quintilier stand war sicherlich auch seiner Nichte bewusst. Langsam richtete er seinen Blick wieder auf seine Schwester und blickte ihr in die Augen. "Haben wir etwas Wein?" fragte er leise, denn den konnte er gerade tatsächlich ein wenig gebrauchen. All diese Eindrücke, dazu gleich die neue Bekanntschaft eines bisher eher unbekannten Familienmitgliedes... das war doch alles etwas viel, selbst für ihn, der auch viel hatte durchmachen müssen.

    An sich schien der Optio mit Canus' Antwort für's Erste zufrieden, der ein oder andere Tiro ergänzte noch Kleinigkeiten und der Octavier verlor noch ein paar Worte zu den verschiedenen, grundlegenden Formationen, sodass man sich darunter auch besser etwas vorstellen konnte.


    Schließlich verlangte der Optio eine Testudo auszuprobieren, nachdem er diese nochmal kurz erklärt hatte. Zunächst mussten 16-köpfige Gruppen gebildet werden, was beinahe schon scheiterte. Ohne Führung fiel es den Tirones schwer sich abzusprechen, das war eindeutig zu erkennen - sie waren eben noch nicht aufeinander eingespielt. Als sich dann aber in der ersten Reihe auch gleich fünf Leute nebeneinander stellte, verdrehte der Quintilier kurz die Augen - die paar Jahre mehr Lebenserfahrung unterschieden ihn dann doch ein wenig von den anderen Kerlen.


    "So, du da jetzt weg aus der ersten Reihe... ihr vier, dahinter."


    Er versuchte ein wenig das Kommando in seiner Gruppe zu übernehmen, was ihm aber auch tatsächlich in diesem Moment noch keiner übel nahm - er war gespannt, ob es dabei bleiben würde. Doch vermutlich hatten auch seine Kameraden bemerkt, dass irgendjemand einfach irgendwie das Kommando übernehmen musste. So schaffte es die Gruppe tatsächlich die Formation zu bilden und Canus reihte sich hinten ein, hob langsam das Scutum an, um es wie befohlen nach oben zu halten. Tatsächlich fehlte dem ein oder anderen noch die körperliche Ertüchtigung, allzu lange konnten die meisten solch eine Formation noch nicht aufrecht erhalten. Aber zumindest das Prinzip hatten die allermeisten verstanden.

    Canus musste innerlich lachen, als der Optio vor allem den einzigen Linkshänder unter den Tirones zurechtwies. Jedoch versuchte er sich darin, dies bloß nicht nach außen hin zu zeigen, so wie die anderen Rekruten - immerhin wollten sie mit dem nötigen Ernst an die Sache herangehen und bloß nicht zu viel Spaß aufkommen lassen.


    Dann allerdings wurde wieder der Quintilier dazu aufgerufen, sein theoretisches Wissen preiszugeben... über Formationen. Sicherlich eine seiner Schwächen, denn mit militärischen Taktiken und Strategien hatte er sich in seinem bisherigen Leben nicht allzu sehr beschäftigen müssen.


    "Zum Einen fällt mir spontan die Phalanx ein, in der die Hastae eine große Rolle spielen, den Gegner etwas auf Distanz zu halten, während Kavallerieeinheiten den Gegner flankieren können. Als nächstes fällt mir natürlich die Formation Testudo ein, welche zwar sicherlich viel an Flexibilität nimmt, dafür größtmöglichen Schutz für die Formation bietet."


    Viel mehr wusste er dazu nicht beizutragen, was ihm einigermaßen peinlich war. Jedoch hoffte er, dass der Optio damit einigermaßen zufriedengestellt sein würde - immerhin ließ er recht locker offen, dass die übrigen Tirones diese Frage auch beantworten sollten.

    Hier und da korrigierte der Optio die Tirones, glücklicherweise erhielt Canus dabei keine allzu harsche Kritik - es war eben reine Übungssache und sie würden sicherlich noch mehr als genügend Gelegenheiten haben, um den Umgang mit dem Pilum zu trainieren.


    Glücklicherweise war der Quintilier nicht derjenige, der die wenigsten Treffer hatte, am längsten gebraucht hatte, und somit nicht die Pila einsammeln musste. An sich war dies auch keine großartige oder anstrengende Sache, aber es war eben mit ein wenig Scham durch das Versagen verbunden - etwas, was keiner der Tirones unbedingt verspüren wollte.


    Schließlich aber ging es auch zum nächsten Ausbildungsabschnitt über - Formationen. Die Tirones bekamen den Befehl wieder ihr Scutum aufzunehmen und sich in einer Reihe aufzustellen und dies möglichst lückenlos. Das klappte auch mehr oder minder, die Lücken zu schließen war da schon etwas schwerer - war eine Lücke nach links geschlossen, tat sich wieder eine nach rechts auf und es fiel den Rekruten schwer, sich aufeinander einzustellen. Doch mit den zunehmenden Worten des Optio schaffte es die Schar an Rekruten tatsächlich eine lückenlose Schildreihe zu bilden, die Blicke abschließend auf den Octavier gerichtet.

    Canus' Antwort wurde schließlich recht zufrieden vom Optio abgenickt und quittiert, damit konnte er nur allzu gut leben - aber eine Gefühlsregung seinerseits? Seine Mundwinkel zuckten kurz, für alles andere war auch kein Platz und keine Zeit. Nein, stattdessen war er mit dem Kopf schon wieder bei der nächsten Übung, die der Octavier ankündigte. Bei all den Worten fragte er sich, wieso der Optio von solch einer mangelhaften Intelligenz unter den Rekruten ausging - anscheinend hatte der Vorgesetzte in dieser Hinsicht schon einige negative Erfahrungen machen dürfen. Ob seine eigenen Kameraden dazu zählen würden, darauf war Canus nun tatsächlich schon gespannt.


    Canus und die anderen Tirones verfolgten Maro mit ihren Blicken und besahen das Pilum, lauschten wieder den Worten des Optio - der eine mehr, der andere weniger. Kaum aber hatte der Optio die finalen Anweisungen gegeben, machten sich der Quintilier und die übrigen Rekruten auch schon über die Pila her, um sich jeweils fünf zu schnappen und anschließend wie befohlen hinter der angesagten Linie aufzustellen.


    Ein Pilum hatte er tatsächlich noch nicht in der Hand gehabt, die Handhabung war ihm noch ungewohnt - dementsprechend war sein erster Wurf nicht gerade ein großer Erfolg. Auch beim zweiten Mal streckte er seinen linken Arm aus, holte mit dem rechten aus und warf das zweite Pilum - es verfehlte den gedachten das Ziel knapp, wenngleich auch in einer Region, welche er eigentlich gar nicht hatte treffen wollen. Das dritte Pilum traf, ein Glückstreffer? Er wusste es nicht, denn auch das vierte traf, das fünfte wiederum nicht. Zwei von drei, im Gegensatz zu den meisten anderen Tirones war dies eine recht solide Quote, wenngleich einer der Rekruten dadurch hervorstach, dass er tatsächlich das Ziel fünf Mal getroffen hatte. Canus blickte kurz zu dem Kameraden, erkannte dabei seinen Ringgegner vom heutigen Tage.

    Nur nebenbei bemerkte der Quintilier, wie der Optio die einzelnen Tirones bei den Übungsabläufen abschritt und hier und da einen bissigen Kommentar fallen ließ, um auf die jeweiligen Fehler hinzuweisen. Diese Hinweise wurden meist mehr schlecht als recht angenommen, bei dem ein oder anderen bedurfte es doch eines gewissen, intensiverne Feinschliffs. Wenigstens hatte er bei Canus nichts zu beanstanden, jedenfalls schien es so, jedoch wurde der Quintilier für eine weitere kleine Theoriestunde herangezogen. Die Tirones beendeten ihre Übung, wandten sich dem Optio zu, wobei der ein oder andere Blick auch Canus traf. Dieser hatte sich dem Optio zugewandt und Haltung angenommen.


    "Die Cohortes Urbanae sind in mehrere Cohorten aufgeteilt welche von Tribunen geführt und in jeweils sechs Centurien aufgeteilt werden - geführt von einem Centurio, welchem mehrere Optiones zur Ausbildung von Tirones oder für andere Führungsaufgaben unterstehen. Eine Cohors besteht dabei aus zirka 500 Mann. Insgesamt geführt werden die Cohortes Urbanae dabei vom Praefectus Urbi."


    Dabei hoffte Canus nun, dass diese Antwort so prägnant wie nötig, aber so knapp wie möglich formuliert war - eben jenes, was der Optio beim Quintilier zuvor bemängelt hatte. Gespannt wartete der Quintilier ab.

    Canus bemerkte nur zu deutlich dass seine Schwester die Berührungen wohl genoss und auch wenn er es in jüngeren Jahren wohl nie zugegeben, nie gedacht hätte, so genoss auch er ihre Nähe... vor allem nach all der Zeit. Er wollte endlich wieder für sie da sein, ihr Kraft geben und sie schien dies auch bitter nötig zu haben. In Ruhe ließ der Quintilier seine Schwester ihre Geschichte erzählen und als eine einsame Träne ihre Wange hinablief, strich er diese mit seiner Hand vorsichtig beiseite, hörte ihr weiter zu und allein an seinem Gesicht konnte man erkennen wie sehr auch ihn all dies traf. Allein die Nachricht, dass Valerian wohl verschollen schien... was wohl noch die günstigere aller Möglichkeiten war, verstimmte Canus sichtlich. Auch der aktuelle Stand um die Gens schien tatsächlich sehr besorgniserregend und allerlei Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Tief atmete er durch, erwiderte den Blick seiner Schwester.


    "Ich... natürlich denke ich nicht schlecht von dir, Valentina," erwiderte Canus zunächst leise. "Es... es ist doch nicht deine Schuld, mach dir darum jetzt bitte keine Gedanken, ja?" versuchte er sie ein wenig zu beruhigen und nahm sie wieder für einen Moment in den Arm, drückte sie fest an sich, ehe er sich nach einer kleinen, gefühlten Ewigkeit wieder von ihr löste und seine Hände auf ihrer Hüfte liegen blieben. "Unsere ganze Familie hat eine Menge Schicksalsschläge durchmachen müssen... jeder einzelne von uns. Und ich habe sicherlich nicht gerade etwas positives zu dieser Situation beigetragen, jedenfalls bisher nicht. Du müsstest diejenige sein, die sauer auf mich sein müsste. Aber sag, Valerian... gibt es wirklich keinen Anhaltspunkt?" Canus schien tatsächlich davon getroffen, damit hätte er nach seiner Rückkehr hierher absolut nicht gerechnet. "Wenn ich doch nur gewusst hätte was du hier durchmachen musst, ich wäre schon viel früher zurück gekehrt. Es tut mir leid, Schwester. Ich... ich will dir, der Familie, so gut helfen wie ich nur kann, das schwöre ich bei den Göttern," fügte er leise, sichtlich beschämt hinzu und er senkte kurz seinen Blick.


    Schließlich aber erregte eine Bewegung in seinem Augenwinkel seine Aufmerksamkeit und er blickte auf. Canus erkannte eine ihm fremde Frau, einigermaßen fremd jedenfalls. Sein Gefühl sagte ihm, dass er sie irgendwie kennen müsste, dass sie irgendwie mit der Umgebung hier vertraut schien. Doch er wusste absolut nicht wer sie war, in welchem Verhältnis sie zu ihm stand und vor allem was sie hier gerade tat. Es war nicht so, dass er misstrauisch war - viel mehr neugierig. Fragend blickte er Valentina an, deutete mit einem kurzen Nicken in die Richtung der jungen Frau - zu getroffen war er noch von der ganzen Situation, als dass er die junge Frau vernünftig hätte begrüßen können.

    Als auch die letzten Tirones mit ihren Ringkämpfen abgeschlossen hatten, erhob der Optio direkt wieder das Wort und ließ den Rekruten keine Pause, was Canus aber auch recht war - alles andere hätte ihn eindeutig verwundert. Er deutete auf die Übungswaffen, erklärte sie gleichzeitig und befahl auch, was als nächster Ausbildungsabschnitt zu absolvieren war. Dem ein oder anderen kam dies sicherlich etwas eintönig vor, doch der Quintilier wusste um die Notwendigkeit einer guten und vor allem oft wiederholten Ausbildung von bestimmten Bewegungsabläufen.


    Schließlich begaben sich die Tirones zu den Übungswaffen, nahmen alle je ein Gladius und ein Scutum auf und begaben sich zu den aufgestellten Holzpfählen. Canus betrachtete Gladius und Scutum kurz, versuchte sich zunächst einen Moment auf die Handhabung zu gewöhnen, ehe er den Übungsablauf begann. Mit dem Gladius in der rechten Hand stach er auf den Holzpfahl ein, ehe er es zurückzog und sich dabei hinter das Scutum duckte. Zunächst führte er diesen Ablauf recht langsam durch, um sich daran zu gewöhnen. Doch mit zunehmender Zeit wurde Canus dabei schneller, das Gewicht war durchaus zu ertragen. Andere Tirones stellten sich ebenfalls ähnlich geschickt und besonnen an, wieder andere kamen mit dem Gewicht und der Handlichkeit der Ausrüstung nicht ganz zurecht, stachen daneben oder mussten immer wieder Gladius und Scutum anders greifen.

    Schließlich fanden sich die Tirones zu ihrem Ringpaaren zusammen und blickten den Optio an, welcher in aller Kürze ein paar Worte zum Ringen verlor. Keine Regeln? Ungewohnt für Canus, aber sicherlich auch kein allzu großes Problem. Anschließend richtete er seinen Blick, nachdem Maro mit seiner Ansprache fertig war, wieder auf seinen Ringpartner. Er war kleiner als Canus, was auch nicht allzu schwierig war, doch ebenso recht kräftig. Das würde sicherlich nicht zu einfach werden.


    Die Kraft seines Gegners bekam er auch alsbald deutlich zu spüren, da sein Gegenüber den Quintilier recht schnell ein wenig in's Wanken brachte, damit hatte er nicht gerechnet. Und tatsächlich schaffte es sein Gegner ihn auch recht schnell zu Boden zu befördern... gut, Canus hatte ihn eindeutig unterschätzt. Als er wieder stand atmete er kurz durch, signalisierte mit einem Nicken dass er bereit war und packte seinen Gegenüber mit einer Hand an der Schulter, mit der anderen an der Hüfte. Aufgrund der Stärke seines Gegners war es ein deutlicher Kraftakt, doch er schaffte es ihn kurz zu drehen, damit für einen Moment kurz aus der Fassung zu bringen und ihm so mit einem beherzten Tritt die Beine wegzuziehen, wobei Canus mit seinem Körper nachfolgte, um ihn kurz unten zu behalten. Mit einem Grinsen auf den Lippen richtete er sich wieder auf, so wie auch sein Gegner. Keine Regeln? Umso besser.


    In der nächsten Runde unterlag Canus' Gegner wieder, es stand zwei zu eins, bis sein Gegenüber im nächsten Anlauf wieder den Ausgleich schaffte. Es war lange her dass er es mit einem derart ebenbürtigen Gegner zu tun hatte und es war wohl einfach Pech gewesen, dass Canus neben eben diesem Mann gestanden hatte. Wie weit die anderen Tirones dabei waren, konnte er absolut nicht überblicken, viel zu konzentriert war er gerade darauf, auch die letzte Runde zu meistern. Beide waren im Griff des jeweils anderen gefangen. Doch der Quintilier lockerte seinen Griff etwas, ließ sich einen Schritt nach hinten treiben und trat mit einem Ausfallschritt zur Seite weg, um seinen Gegner wieder in's Wanken zu bringen und ihn anschließend mit voller Wucht, ganzem Körpereinsatz zu Boden zu befördern. Vielleicht war es etwas viel gewesen, schien seinem Gegenüber kurz die Luft weggeblieben zu sein, doch er reichte dem Kameraden schließlich die Hand um diesem aufzuhelfen. Der lehnte ab, sichtlich angepisst. Canus zuckte mit den Schultern, atmete durch und ließ seinen Blick schweifen. Immerhin war er nicht hier, um neue Freunde zu finden.