Das Fest sollte in unterschiedliche Teile unterteilt sein. Zuerst die öffentliche Feststellung meiner Volljährigkeit und den Erhalt der Männertoga. Danach die Weihe meiner Bulla und der Haarreste aus der Rasur zu Ehren der Laren und Penaten durch mich, und danach die grosse Feier mit Essen und allem was dazu gehört. Dieses Programm war zwar nicht riesig, aber als ich so in den Raum trat und sah wie viele Freunde und Bekannte der Familie anwesend waren, wurde mir schon ganz mulmig.
Ich nahm zwei tiefe Atemzüge und schickte eine kurze Bitte um Beistand zu Venus und Mars, meinen persönlichen Schutzgöttern. Ab heute sollten sie in meinem Leben einen noch wichtigeren Platz einnehmen. Bis zu diesem Moment konnte ich mir als Kind noch einige Freiheiten nehmen, doch dies endete nun. Gestärkt vom tiefen Atmen machte ich die Schritte zu meinem Vormund.
Dieser nickte mir zu und begrüsste danach die Anwesenden mit lauter und bestimmter Stimme:
Salvete omnes, ihr Gäste des Hauses Annaeus, an diesem einfachen und doch so bedeutenden Tage. Heute erlangt der Sohn des Lucius Annaeus Florus die Volljährigkeit und macht sich auf den Weg, seinem Vater und seiner ganzen Familie Ehre zu erweisen und in seine grossen Fussstapfen zu treten.
Vor vielen Jahren hat mir Lucius Annaeus Florus die grosse Ehre erwiesen, mich zu Erzieher seines Sohnes zu benennen. Nach seinem Tode habe ich gemäss unseren Gesetzen die Vormundschaft übernommen und seither unablässig auf genau diesen Tag hin gearbeitet. Nun da ich Annaeus Florus Minor hier vor mir sehe, darf ich sagen, dass ich stolz bin auf meine Arbeit.
Dann wandte er sich ein erstes Mal direkt an mich:
Du hast dich gut gemacht, Lucius Annaeus Florus Minor. Aus einem kleinen Knaben wurde ein junger Mann, geübt im Umgang mit Schwert und Schild, Pfeil und Bogen, aber auch Lanze und Stock. Deine Kenntnisse verschiedener Sprachen zeugen von der Liebe deines Vaters zum Land Tylus und von den Wurzeln deiner Familie in Germanien. Du kannst lesen und schreiben und hast die Philosophen und Dichter studiert. Deine Ausbildung war umfassend und gleichzeitig nicht oberflächlich.
Ich trete ab dem heutigen Tage von meinen Verpflichtungen zurück, doch wirst du für immer sein wie mein eigener Sohn. Komm nun und nimm den Platz in unserer Gesellschaft ein, der dir zusteht, als Oberhaupt deiner Familie und Nachfolger deines edlen Vaters.
Nun breitete er seine Arme aus und erwartete mich zu einer letzten innigen Umarmung. Wie oft hatte ich mich als kleiner Junge, wenn ich von den anderen wegen meiner verstorbenen Eltern gehänselt worden war, in diese Arme geflüchtet.
Ich ging so würdevoll ich konnte auf meinen alten Erzieher zu und nahm ihn kurz in den Arm. In der Zwischenzeit überragte ich ihn an Grösse, war ich doch mit 6 Fuss und 1 Handbreite grösser gewachsen als viele der Anwesenden.
Der Applaus der Anwesenden brandete über uns herein und verhalf mir zu einer kleinen Pause. Bis dieser abgeebt war konnte ich mich innerlich nochmals auf die kommende Aufgabe vorbereiten. 