Ich trat aus den Reihen der gewesenen Quaestoren hervor und begab mich in die Mitte der Halle. Meine Schuhe waren in der Zwischenzeit gut eingelaufen und quietschten nicht mehr. Die belustigten Gesichter von meiner ersten Rede als Senator hatte ich noch gut im Kopf. Zwar waren sie allesamt freundlich gewesen, aber es war trotzdem leicht unangenehm gewesen.
Patres Conscripti. Wieder stehe ich vor euch, diesmal um meine Kandidatur für ein weiteres Amt zu bekräftigen. Ich habe bei den Consuln meine Kandidatur für das Amt als Tribunus Plebis eingereicht. Mir ist voll bewusst, dass dieses Amt in der Zwischenzeit weniger prestigeträchtig ist, als es dies in der Republik noch war. Doch sollten Ämter im Cursus Honorum nicht nach Prestige, sondern nach Stärken der Kandidaten und nach Nutzen für die Res Publica ausgesucht und belegt werden. Der Dienst am Imperium sollte für uns Senatoren im Vordergrund stehen, nicht der persönliche Gewinn aus einer Amtszeit.
Ich ging zwar nicht davon aus, dass irgend eine Person im Saal seine Ämter auf Grund persönlichen Gewinns ausgeübt hatte, doch manchmal hörte man eben auch solche Vorwürfe und Gerüchte, also konnte man darauf eingehen. Je höher man auf der Leiter stieg, desto grösser war die Chance, dass man überhaupt einen persönlichen Gewinn aus einem Amt ziehen konnte. Ganz unten war es bloss Arbeit.
Ich habe meine Dienste bisher der Strassenreinigung und unserem Kaiser gewidmet. Nun empfinde ich es als wichtig, dem Volk direkt zu dienen. Dies kann ich am besten als Tribunus Plebis. Meine Domus wird für die Bürger offen stehen, wie es das Mos Maiorum verlangt. Ich werde zuhören und in den Senat tragen, wo es möglich ist. Gute Ideen sind nicht abhängig von Einfluss, Stand oder Ordo eines Menschen. Die Basis unseres Imperiums sind seine Bürger. Die Bürger leisten Militärdienst in den Legionen, die Bürger halten die Geschäfte am Laufen, die Bürger liefern den Nachwuchs, für welchen wir unser Imperium am Leben halten, damit auch die, welche heute Kinder sind, ihr Leben in der Sicherheit unserer Kultur verbringen können.
Naja, vielleicht dachte nicht mancher Senator an die Jugend da draussen, aber warum sollte man es als werdender Vater nicht tun?
Meine Stärke ist es, Verständnis für andere Menschen und ihre Sichtweisen zu haben oder zu entwickeln. Meine Stärke ist das Zuhören und das Entscheiden, was nach dem Zuhören gemacht werden kann. Meine Stärke ist es, alte Dinge zu nehmen und zu schauen, wie man daraus Neues machen kann, wenn man bemerkt, dass das Alte nicht mehr richtig funktioniert. Diese Stärken sind für das Amt eines Tribunus Plebis nützlich. Sie sind es nicht für das Amt eines Aedils. Aus diesem Grund, und um meinen Vater zu ehren, der dieses Amt ebenfalls innehatte, habe ich mich entschlossen als Tribun des Volkes zu kandidieren.
Nach der langen Einleitung war das nun die eigentliche Kernaussage. Alles Weiter war Schmuck, denn die Herren würden sowieso kritisch hinterfragen, falls sie das wollten, egal was ich nun noch sagte.
Einige von euch haben vielleicht meine Rede auf der Rostra gehört und die dort aufbrandenden Rufe nach Wiedereinsetzung der Republik vernommen. Wie ich dort dem Volk schon geantwortet habe, versichere ich auch euch, patres, dass dies NICHT in meinem Sinne ist. Ich werde keine Schritte in Richtung Vergangenheit machen sondern meinen Blick nach vorne, in die Zukunft richten. Die Vergangenheit hat genug Fehler aufgezeigt, dass wir diese nicht noch einmal erleben wollen. Sie hat genug Schlechtes gebracht, das wir ändern können und darauf möchte ich mein Augenmerk richten.
Gerüchte waren der Tod jedes Wahlkampfes und wenn die Senatoren das Gerücht glaubten, ich würde die Republik erneuern wollen, dann könnte ich schon heute den Wahlkampf abbrechen. Daher war es wichtig, diesem Gerücht gleich von Anfang an einen Riegel zu schieben, so wie ich dies auch auf dem Forum getan hatte.
Die Gens Annaea ist eine stolze plebejische Gens. Einige von euch patres werden mir mit Hochgenuss auch die Tatsache unter die Nase reiben, dass noch mein Vater sich von ganz unten emporarbeiten durfte. Als erster Annaeus seit Menschengedenken hatte er sich in den Senat empor gearbeitet. Seither darf die Gens Annaea auf verschiedene Senatoren zurückblicken und der Name ist nicht länger unbekannt, auch wenn es nicht jedem gelungen ist, auf der richtigen Seite zu stehen und Einzelne den Namen mehr beschmutzt haben, als ihm Ehre zu bringen.
Dabei ging mein Blick flüchtig in Richtung der flavischen Senatoren, denn diese hatten genau mit einem solchen Annaeus leider unangenehme Erfahrungen gemacht, was mir zu Beginn meines eigenen Weges doch auch einzelne Steine in den Weg gelegt hatte. Doch mit dieser Aussage hoffte ich eigentlich, dieses alte Problem zu meinen Gunsten aus dem Weg schaffen zu können.
Ehre ist es, was man im Cursus Honorum im besten Fall gewinnen kann, Ehre ist es, was es für den Cursus Honorum braucht. Ihr, hochgeschätzte Patres Conscripti, habt mich bereits kennen gelernt und wisst, wie viel Ehre es für mich bedeutet hier zu sitzen, hier zu stehen und wie viel Ehre ich mitbringe, um mein Amt so gut es mir möglich ist auszuüben, wenn ihr mich wählt.
Nun war es an den Senatoren auf die Rede zu reagieren oder Fragen zu stellen. Ich hoffte natürlich, dass der eine oder andere mich unterstützen würde, damit eine möglichst grosse Anzahl an Stimmen für mich zu Stande kommen würde, doch dies lag nun nur noch eingeschränkt in meiner Macht.
Sim-Off:Obwohl die Volkstribuni historisch nicht vom Senat gewählt wurden, schliesse ich die Rede so, weil wir im IR ja alle Ämter durch die SimON-Wahlsystem-Senatoren wählen lassen.