Beiträge von Viniciana Thula

    Äh ja, ich war jetzt nicht wirklich schlauer geworden. Er hatte einfach meine Frage ignoriert. Obwohl mich das jetzt brennend interessiert hätte. Stattdessen erzählte er mir irgendwas von einem freien Leben hinter dem Limes. Also mitten in der Wildnis! Nein danke! Davon träumte ich nicht mal in meinen schlimmsten Alpträumen! Ich empfand das hier in diesem Wald schon als Zumutung! Da blieb ich doch lieber Sklavin und genoss die Annehmlichkeiten meines bisherigen Lebens. Denn mal ganz ehrlich, es ging mir doch gut! Und seitdem ich bei Massa war, ging es mir sogar richtig gut! Naja, einen Kommentar verkniff ich mir dann. Schließlich wollte ich ihm nicht die Illusion nehmen. Ich merkte sowieso, dass er mich los werden wollte. Das konnte mir nur recht sein! Allerdings fragte ich mich, von welchen kleinen Wunden er sprach? Besser ich fand es schnell selbst heraus und ersuchte dann von hier fortzukommen!
    „Ja klar, ich werde nicht abhauen. Ehrlich nicht! Ich habe ja keinen blassen Schimmer, wo ich überhaupt bin.“ Solange war ich ja nun noch nicht hier und von den örtlichen Verhältnissen hatte ich keine Ahnung. Ich erhob mich, zog meine Paenula wieder über und verließ die Hütte.


    Draußen wurde ich erst mal von allen ziemlich skeptisch beäugt. Die meisten von denen verstanden mich nicht und ich verstand nicht, was sie sagten. Also nicht die besten Voraussetzungen für eine gelungene Kommunikation.
    Sobald ich an den Rand des Lagers kam, trat mir einer von Arwids Männern entgegen und ließen mich mit eindeutigen Gesten wissen, dass ich keinen Schritt weiter tun sollte. Also entschied ich mich, einigen Frauen beim Bau einer Hütte zu helfen. Schließlich wollte ich in der kommenden Nacht nicht unter freiem Himmel kampieren.

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    Amir


    Genau das hatte sich Amir auch die ganze Zeit gefragt! Genauso wie sein Herr hoffte er nun auch eine Antwort darauf zu bekommen. „Na los, rede schon weiter!“, drängte ihn Amir.
    Der Bettler kratze sich am Kopf. „Naja, also das habe ich leider nicht gesehen. Ich war kurz abgelenkt, weil mir eine Frau ein paar Münzen zugesteckt hat. Aber als ich dann später wieder hinschaute, sah ich nur noch die Germanen. Von der Frau war nichts mehr zu sehen. Aber halt, der eine trug plötzlich einen ziemlich großen Sack über der Schulter. Könnte sein, dass sie da drin war. Aber genau weiß ich das nicht.“ Amir war die Anspannung zu sehen, die ihn nun durchfuhr. Noch immer war nicht eindeutig bewiesen, was mit Thula geschehen war. Vielleicht war sie ja mit diesen Germanen gegangen. Aber hatte sie das auch freiwillig getan?

    „Ach echt?“ Na das war ja jetzt mal eine Neuigkeit! Daher vielleicht auch das gepflegte Aussehen. Das war mein erster Gedanke. „Und hat man dich freigelassen?“ Allerdings vermutete ich eher das Gegenteil! Na toll! Und ich mittendrin! Tja, und das mit der Freiheit war auch nur so im übertragenen Sinne dahergeredet. Denn wenn ich wirklich frei gewesen wäre, hätte er mich ja auch gehen lassen können. Und wo wäre ich dann hingegangen? „Na klar, wohin denn sonst! Hör mal, ich weiß ja nicht ob du´s schon wusstest, aber die stellen schlimme Dinge an, mit Sklaven die einfach abhauen! Und ehrlich gesagt, hatte ich nicht vor, am nächsten Kreuz zu enden oder mit der Brandmarkung „fugitiva“ durch die Gegend zu laufen. Also gehe ich logischerweise wieder zurück und hoffe, dass er nicht ganz so arg sauer auf mich sein wird!“ Der Kerl konnte mir ja viel erzählen! Blöd war ich ja nun auch nicht.
    Natürlich war es mir so klar, dass er weiter bohren würde, um herauszubekommen, wer mein Dominus war. Ein einfaches ‚geht dich nichts an‘ reichte ja nicht! „Ja, kann schon sein,“ meinte ich gelangweilt. Echt, wieso wollte er das den wissen? Hing davon der Erfolg seiner irrwitzigen Mission ab, oder was? Aber was dann kam schlug dem Fass den Boden aus! „Was? NEIN! Ich bin nicht seine Hure, du unverschämter Kerl! Das mit Massa und mir ist was völlig anderes! Und überhaupt, das geht dich einen feuchten Kehricht an!“ Aber was wusste der schon davon! Ehrlich, ich war mit meinem Leben zufrieden, so wie es gerade lief. Und ich hatte keine Lust, von irgend so einem dahergelaufenen Pseudo-Erlöser befreit zu werden.
    „Mannomann, Respekt! Mit ner Handvoll Leuten gegen ein ganzes Imperium! Dazu gehört schon Mut! Ihr seid sicher alle lebensmüde.“ Jetzt begriff ich, dass ich so richtig in der Scheiße gelandet war. Fanatiker waren ja die Schlimmsten! Ich musste hier weg! Irgendwie. So schnell, wie möglich...

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    Amir


    Amir hatte den Bettler, den er auf dem Forum gefunden hatte, gebeten, ihn zur Castra zu begleiten. Er hatte ihm Essen und Trinken und vielleicht auch eine Belohnung in Aussicht gestellt. Unter diesen Umständen war er dann gerne mitgekommen.


    Als sie im Haus des Tribuns angekommen waren, hatte ihn der Syrer in die Culina gebracht, wo ihm Nelia etwas zu Essen und eine Kanne Posca gebracht hatte. Von der gestrigen Cena war kaum etwas angerührt worden. Lediglich die beiden Sklaven hatten sich etwas davon genommen.
    Der Bettler schien richtig ausgehungert zu sein und schlang alles hinunter, was die Köchin ihm vorgesetzt hatte.


    Als der Vinicier nach Hause kam, konnte Amir zwar nicht mit der verschwundenen Sklavin aufwarten. Jedoch hatte er jemand gefunden, der vielleicht über den Verbleib der Sklavin etwas sagen konnte. Er schob den Bettler, der in Lumpen gehüllt war, vor sich ins Atrium und begrüßte seinen Herrn. „Dominus, dieser Mann hier hat sie gestern gesehen!“, rief er fast schon überschwänglich.„Erzähl dem Tribun, was du gesehen hast!“, wies er den Bettler an.
    Der Bettler räusperte sich bevor er zu sprechen begann. „Ja, ich habe die Frau, die ihr sucht, gestern gesehen. Sie hat mit zwei Männern gesprochen. Das müssen Germanen gewesen sein. Die waren angezogen, wie Germanen. Und dann kam noch einer dazu. So ein großer Blonder. Der hatte noch eine Frau dabei. Noch eine ganz junge mit roten Haaren. Aber irgendwas war komisch an der. Die trug eine römische Tunkia, aber die war garantiert nicht von hier!“

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    Amir



    Gleich am nächsten Tag begab sich Amir wieder in die Stadt. Er klapperte alle Stände und Läden in und in der Nähe der Markthalle ab. Ebenso fragte er die Händler und sogar auch einige Passanten, die ihm unterwegs begegneten, ob sie am Vortag eine schlanke großgewachsene junge Frau mit rotbraunem Haar gesehen hatten, die eine türkisfarbene Tunika unter einer blauen Paenula getragen hatte. Niemand konnte sich aber erinnern, Thula gesehen zu haben.
    Als nächstes nahm er sich die Tabernae der Stadt vor. Darunter waren wirklich üble Kaschemmen, die er niemals freiwillig betreten hätte. Aber auch hier hatte er keinen Erfolg.
    Missmutig erreichte er wieder das Forum. Seufzend schaute er sich noch einmal um. Thula war wie vom Erdboden verschluckt. Aber ein Mensch konnte doch unmöglich so einfach spurlos verschwinden!
    Da fiel ihm der Bettler auf, der am Straßenrand vor einer Häusernische saß und seinem täglichen Geschäften nachging. Er fragte sich, ob er auch gestern dort gesessen hatte. Wenn dem so war, dann hatte ihm Amir keinerlei Beachtung geschenkt. Also ging er zu ihm und sprach ihn an. Der Bettler überlegte einen Moment. Und tatsächlich, er konnte sich erinnern...

    [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/180327/wtxhbjfw.jpgAmir


    [Blockierte Grafik: https://img2.picload.org/thumbnail/dogaiipr/nelia.jpgNelia


    Stunde um Stunde verging. Im Haus herrschte eine düstere Stimmung. Die beiden Sklaven hatten sich in der Culina verschanzt und mutmaßten weiter, was der Grund für Thulas Verschwinden sein konnte. Aber je länger sie auch darüber nachdachten, kamen sie zu keiner einleuchtenden Erklärung.
    „Ich hätte noch weitersuchen und herumfragen müssen, ob sie jemand gesehen hat!“ Amir machte sich große Vorwürfe, dass er die Sklavin allein zurückgelassen hatte. „Du kannst jetzt nichts mehr daran ändern. Es wird schon dunkel draußen. Morgen kannst du dich noch einmal in der Stadt umhören.“ Der Syrer nickte bedrückt, dann begann er damit die Lampen im Haus zu entzünden. Als er die Culina verließ und zum Atrium kam, fand er seinen Herrn dort noch immer sitzend vor. Zunächst blieb er abrupt stehen, dann trat er näher. Er hatte ihn noch nie so hilflos erlebt, seitdem er zu seinem Haushalt gehörte.„Kann ich dir noch etwas bringen, Dominus? Die Cena wäre bereit.“ Die Cena war schon seit Stunden bereit, jedoch hatte niemand gewagt, den Vinicier anzusprechen. „Dominus, ich befürchte, sie wird heute Abend nicht mehr kommen. Wir müssen sie morgen suchen gehen!“, fügte der junger Syrer noch mit leiser Stimme an.

    Ich wusste echt nicht, was es da zu grinsen gab! Dieser verdammte Dreckskerl, jetzt starrte er mich auch noch an. „Hey, was glotzt du so? Noch nie ne Frau gesehen, oder was!“ Aus meiner Verzweiflung war richtige Wut geworden. Erst recht, als er weiterhin schwieg und dabei nicht seine verdammten Augen von mir lassen konnte. „Na, was ist jetzt, hä!“, grummelte ich weiter.


    Endlich kamen dann doch ein paar Worte. Allerdings nicht unbedingt das, was ich hören wollte. Naja, auf jeden Fall stand fest, dass er eins und eins zusammenzählen konnte, als er schlussfolgerte, ich müsse eine Sklavin sein. „Schlaues Bürschchen! Na und? Hast du ‘n Problem damit?“ Kaum hatte ich das gesagt, machte er sich an meinem Armreif zu schaffen und nahm ihn sich einfach. Das ging so schnell, so dass ich kaum angemessen darauf reagieren konnte. „Hey, gib mir den sofort wieder! Hörst du! Der gehört mir!“ Aber darauf konnte ich lange warten. Er beachtete gar nicht meinen Protest, sondern schaute sich den Schmuck in aller Ruhe an. Ich war dann doch sehr überrascht, als er die Gravur vorlas. Dass der Kerl lesen konnte, hätte ich ihm nicht zugetraut!


    Aber das Beste kam dann noch! Allen Ernstes wollte er mir weis machen, er und seine Kumpane wollten mir nicht Böses und ich sei ja jetzt sowieso frei. In welcher Welt lebte der eigentlich? „Na prima! Dann kann ich ja jetzt auch wieder gehen!“, rief ich. Ich wollte schon aufstehen, als dann der Haken kam. Ein Gefallen? Aushorchen wollte mich! Wozu sollte das denn gut sein? Sah ich etwa aus, als ob ich was Besonderes wäre und total viel wüsste? Und wenn ja, worüber? Wie man einen Haushalt führte oder die Bude auf Vordermann brachte? Aber dann begriff ich, wohin der Hase lief! „Mein Dominus? Das geht dich überhaupt nichts an!“ Wenigstens gab er mir meinen Armreif wieder zurück, den ich dann auch gleich wieder an meinen Arm zog. „Was macht ihr hier überhaupt? Ihr seid doch nicht von hier, oder?“ , wollte ich dann mal zur Abwechslung wissen. Wobei sich Arwid schon ein wenig von den anderen Männern da draußen unterschied. Zwar trug er auch eine ähnliche Kleidung, aber er machte einen wesentlich gepflegteren Eindruck.

    Ich hatte Todesängste ausgestanden. Wenn ich etwas mehr Mut gehabt hätte, dann hätte ich lauthals um Hilfe geschrien. Aber dann wäre ich sicher schon längst tot gewesen. Innerhalb von wenigen Stunden hatte sich alles geändert. Diese Mistkerle hatten mich entführt. Sie hatte mich einfach aus meinem Leben herausgerissen und je länger ich darüber nachdachte, wurde mir immer klarer, dass man in Mogontiacum glauben musste, dass ich abgehauen war. Na klar, ich hatte Amir zurückgeschickt und wenn es dumm lief, hatte auch niemand beobachtet, wie sie mir diesen Sack über den Kopf gezogen hatten. War nur die Frage, wie schnell sie mein Verschwinden bemerkten!


    Als sie mich endlich nach einer gefühlten Ewigkeit aus dem Sack herausließen, taten mir alle Knochen weh. Mein Kopf fühlte sich an, als ob er gleich platzen müsste. Ich blinzelte. Meine Augen brauchten einen Moment, bis sie sich an die Helligkeit wieder gewöhnt hatten. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Hier gab es nur Wildnis und es roch modrig. Sofort begann ich lautstark zu protestieren, was mir allerdings nicht viel nützte. Drei gegen eine, ich hatte keine Chance gegen die. Außerdem hatten die Drei Messer. Sie trieben mich zum Wasser und dabei musste ich auch noch einen von ihren Säcken schleppen. Mit einem Kahn überquerten wir den Fluss. Auf der anderen Flussseite waren noch mehr von der Sorte, wie die, die mich entführt hatten. Einer von ihnen, ein Hüne mit blonden zottligen Haaren packte mich und brachte mich zu dem Kerl, der mich in Mogontiacum entführt hatte und der anscheinend auch so eine Art Anführer war. Alle nannten ihn Arwid, das musste sein Name sein. „Hey, was soll das? Was wollt ihr von mir? Lasst mich sofort wieder frei!“, schrie ich wieder und schnaubte vor Wut. Ich musste auf dem schnellsten Weg wieder zurück! Arwid beeindruckte das aber recht wenig. Stattdessen meinte er, ich sollte mich setzten. Aber wohin? Auf den Boden etwa? Ich zog mein Mantel aus und breitete ihn vor mir aus, damit ich mich setzen konnte. Dann strich ich über meine Tunika und über den Armreif, den mir Massa am Abend zuvor geschenkt hatte. Verdammter Mist, dachte ich verzweifelt. Was wird er nur von mir denken? Ich hätte heulen können, aber ich tat es nicht. Verbittert presste ich meine Lippen aufeinander. „Thula ist mein Name. Und möchtest du mir jetzt verraten, warum ihr mich entführt habt?“ Ich war weitaus weniger gelassen, als mein Gegenüber.

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    Amir


    Dem jungen Syrer fiel ein Stein vom Herzen, als er gehen durfte. Schnell verschwand er zu Nelia in die Culina, wo die beiden sich ihre ganz eigenen Gedanken darüber machten, was tatsächlich passiert sein konnte.
    Flucht, dieses heikle Wort schwebte im Raum, doch niemand wagte es auszusprechen, obschon Vieles dafürsprach. Aber warum sollte ausgerechnet sie davonlaufen, wo sie doch so viele Vergünstigungen genoss. Thula hatte nie viel Worte darüber gemacht, wie sie zu dem Vinicier stand. Es war ein offenes Geheimnis, dass da mehr war, als es sonst üblich war. Sollte das alles nur gespielt und gelogen gewesen sein?
    „Und wenn sie jetzt doch abgehauen ist?“Nelia zucke mit den Schultern. „Dann will ich nicht in ihrer Haut stecken, wenn man sie irgendwo aufgreift und wieder hierher zurück bringt.“

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    Amir


    Das ließ sich Amir nicht zweimal sagen. Sofort eilte er davon. Auch Nelia verzog sich vorsichtshalber in die Culina zurück. Man konnte nie wissen. Im Falle eines Wutanfalls war es besser, Land zu gewinnen. Der Syrer kehrte mit einem Tablett zurück, das mit den gewünschten Getränken und einem Becher bestückt war. Eilig mischte er den Wein mit dem Wasser und reichte Massa den Becher. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch verharrte er wohl oder übel im Atrium.

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    Amir


    Amir schluckte. „Sie ist nicht vom Markt zurückgekommen,“ antwortete er eingeschüchtert.


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    Nelia


    In der Zwischenzeit hatte sich auch Nelia aus der Küche herausgeschoben, um zu horchen, was gesprochen wurde. Der arme Junge konnte einem leidtun. Ausgerechnet er sollte nun die „frohe Botschaft“ von Thulas Verschwinden verkünden. Natürlich fragte sie sich selbst, wo die Sklavin steckte. Etwas musste passiert sein, warum sie nun weg war. Ob sie geflohen war? Das hätte sie ihr nicht zugetraut, allerdings konnte man sich auch in den Menschen täuschen.
    Nelia gesellte sich nun auch zu dem jungen Syrer, um ihn zu unterstützen. „Die beiden sind heute Vormittag zusammen zur Markthalle gegangen. Dann hat sie Amir mit den Einkäufen zurückgeschickt, da sie angeblich noch zu der Kräuterfrau in der Canabae gehen wollte. Amir ist gegen Mittag noch mal los gegangen, um sie zu suchen…“
    Amir war heilfroh, als sich Nelia eingemischt hatte und für ihn das Reden übernommen hatte. „Ja, ich war noch einmal in der Stadt, beim Gemüsehändler und auch noch bei anderen Händlern. Allerdings da war sie nicht. Ich war auch bei der Kräuterfrau. Aber auch da ist sie nie gewesen,“
    fügte er noch hinzu.

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    Amir


    Nachdem Thula den jungen Syrer mit den Einkäufen zurück zur Castra geschickt hatte, war ihm ihre Abwesenheit zunächst nicht aufgefallen. Er war wieder seinen alltäglichen Aufgaben nachgegangen. Erst einige Zeit später hatte ihn Nelia angesprochen, da sie wissen wollte, wo Thula denn nur blieb. Bereits da überkam ihn ein erster Schauer der Furcht. Was, wenn ihr etwas passiert war? Sofort hatte er sich aufgemacht und war zurück zur Markthalle gelaufen. Dorthin, wo sie am Vormittag ihre Wege getrennt hatten. Zuerst hatte er den Gemüsehändler aufgesucht, der ihm vielmals beteuerte, dass Thula nie bei ihm gewesen war. Dann hatte er noch einige andere Gemüsehändler abgeklappert, um sicher zu gehen, dass sie auch bei keinem anderen gewesen war. Doch auch hier konnte ihm niemand weiterhelfen. Richtige Bauchschmerzen bekam er jedoch, als er auch herausgefunden hatte, dass sie auch nicht bei der Kräuterfrau gewesen war. Mit einem sehr beklommenen Bauchgefühl kehrte er in die Castra zurück. Was nur sollte er dem Dominus sagen, wenn der zurückkam. Es war seine Schuld! Er hätte besser auf sie aufpassen müssen. Nunn war sie fort, verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt und niemand hatte sie gesehen!
    Da hörte er, wie sich die Tür öffnete. Ein letzter kleiner Hoffnungsschimmer, der sich doch in sekundenschnelle wieder in Luft auflöste. Nein, es war nicht Thula, es war der Dominus, der nach Hause kam. Das Herz des sonst so wortkargen jungen Mannes begann zu rasen, verlegen presste er seine Lippen aufeinander. Dann fasste er sich ein Herz und trat dem Vinicier entgegen. „Dominus, es ist etwas passiert. Thula ist weg!“

    Mein letztes Bild, was meine Augen einfangen konnten, war dieses rothaarige Mädchen, welches Maroboduus mitgebracht hatte. Dann, in einem Moment der Unachtsamkeit geschah es dann. Etwas braunes, grobgewebtes wurde über meinem Kopf und dann weiter über meinen Körper gezogen. Bevor es dann endgültig um mich herum dunkel wurde, hörte ich noch einmal die Stimme des vermeintlichen Händlers, die nun ganz anders klang. Weniger freundlich, eher gehetzt hörte sie sich an, als er jemandem (wahrscheinlich dem Kerl, der mir den Sack über den Kopf gezogen hatte) etwas zu zischte.


    Viel später erwachte ich ganz langsam wieder und hatte dröhnende Kopfschmerzen. Leise stöhnte ich und versuchte herauszubekommen, wo ich war. Aber ich konnte mich kaum bewegen. Irgendetwas schweres lag auf und neben mir. Ich versuchte die Augen zu öffnen, sah aber nicht viel, bis ich realisierte, dass ich offensichtlich in einem Sack gefangen war. Mist verdammter, war mein erster Gedanke. Aber zu mehr kam ich nicht mehr, denn mein Kopf drohte auseinanderzubrechen. So fühlte es sich jedenfalls an. Hatte ich noch mehr Verletzungen? Was war denn überhaupt passiert? Ich konnte mich an nichts mehr erinnern. Wie sollte ich nur hier wieder herauskommen? Zunächst aber blieb ich einfach liegen, denn zu mehr war ich nicht imstande. Wenn wenigstens das Dröhnen ein bisschen nachgelassen hätte.

    Die beiden wurden jetzt wirklich langsam lästig! Ausgerechnet jetzt, wo ich allein war! Mannomann, hier gab es doch tausende von anderen Frauen, die garantiert auch noch hübscher waren, als ich. Warum hatte ich mal wieder das große Los gezogen, verdammt noch mal? „Das ist ja echt nett, aber wisst ihr, ich muss nur noch zum Gemüsemann und geht´s ab nach Hause. Und ehrlich, ich hab´s nicht weit! Nur hoch zur Castra und dann…“


    Dann kam noch einer von der Sorte! Er hatte eine Frau im Schlepptau, die schon ein wenig eigenartig aussah. Die Klamotten und ihre Haare, das wollte irgendwie nicht zusammenpassen. Naja, vielleicht trug man das ja so, wo sie herkam. „Salve,“ entgegnete ich ihm, schließlich wollte ich ja noch freundlich bleiben.
    „Ach nein, nicht direkt belästigt.“ Oder vielleicht doch? Womöglich war es ja doch nur ein Zufall gewesen, dass die beiden mir über den Weg gelaufen, beziehungsweise gefallen waren. Und was sprach dagegen, dass sie einfach nur freundlich sein wollten?


    Dieser Maroboduus bestätigte im Prinzip das, was die beiden mir vorher schon erzählt hatten. Von hinter der Grenze kam sie also gerade, aha. Ich fragte mich, was es da so tolles gab.„Ach echt, wie interessant, Und womit handelst du?“ Mein Blick fiel noch einmal auf die Frau, oder war sie eher noch ein Mädchen? Ich nahm nun an, sie kam auch aus Germania magna. Daher das seltsame Aussehen. War sie vielleicht die Handelsware?

    Schnell hatte ich gemerkt, dass der Mann, der sich vor mich hingeworfen hatte, nicht ernsthaft verletzt hatte. In Nullkommanichts war er wieder auf den Beinen und plapperte dann ohne Punkt und Komma drauf los. Sollte das nur so eine blöde Anmache sein, oder was? Der andere, er war schon etwas älter, war da ein wenig anders. Wenigstens versuchte er freundlich zu sein. Aber auch das konnte nur eine plumpe Masche sein.
    Diese beiden Typen verwirrten mich! Und überhaupt, was wollte ‚Otti‘ mir den zeigen? Wobei eben dieser ‚Otti‘ mir doch noch als der besonnenere von den Beiden vorkam. Auf der Durchreise waren die beiden also, aha. Eigentlich interessierte mich das nicht die Bohne! Außerdem kannte ich solche Typen nur zu gut, die auf der Straße irgendwelche wildfremden Frauen anquatschten. Meistens hatten die doch einen Hintergedanken dabei. Sah ich etwa so aus, als ob ich eine voAm besten ich wimmelte die beiden so schnell wie möglich ab, denn ich hatte echt Besseres zu tun! n denen war, die sich von solchen Kerlen etwa auch noch beeindrucken ließen? Am besten ich wimmelte die beiden so schnell wie möglich ab, denn ich hatte echt Besseres zu tun! „Ach echt? Das ist ja total interessant! Ähm, ich will ja nicht unhöflich sein, aber ich muss dann mal wieder! Hab noch viel zu tun heute!“ Eigentlich wollte ich schon weitergehen, aber die beiden standen mir noch immer im Weg.

    „Huch!“ Vorsicht, tiefliegende Männer! Wo kamen die denn her? Plötzlich stand einer direkt vor mir der andere warf sich vor mich hin. Gerade noch so konnte ich stehen bleiben, damit ich nicht auf den Mann trat. „Entschuldigung! Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt!“ Schon ein bisschen besorgt beugte ich mich über ihn, um mich zu vergewissern, dass es ihm gut ging. „Kann ich dir irgendwie helfen? Tut dir was weh?“
    Die beiden Männer sahen anders aus, als die meisten Leute, die hier in der Stadt lebten. Sie trugen Hosen und machten auch sonst einen etwas wirren Eindruck. „Ihr seid nicht von hier, oder?“ Wahrscheinlich waren die beiden aus dem freien Germanien. Komisch, dachte ich, warum starrte mich der eine nur so an. Naja, vielleicht verstanden sie mich ja auch nicht. Sollte ja vorkommen, dass nicht alle Welt Latein sprach.

    „Garum! Wir müssen noch Garum kaufen!“, rief ich Amir zu, der schon ordentlich bepackt war. Wir hatten schon fast komplett meine gedankliche Liste abgearbeitet. Da ich ja weder lesen noch schreiben konnte, musste ich mich eben anders behelfen. Zielstrebig steuerte ich den Stand an, an dem ich das letzte Mal eine handliche kleine Amphore mit der Fischsauce erstanden hatte. Wie immer beschwor der Handler die Qualität seiner Ware und beteuerte mir, nur das Beste zu einem lukrativen Preis verkaufen zu wollen. Als er mir anbot, einmal zu probieren, lehnte ich dankend ab. Garum auf nüchternen Magen, das war nichts für mich. Ich zahlte dem Händler die gewünschte Summe und Amir musste zu allem Überfluss nun auch noch das kleine Tongefäß mit sich herumschleppen. Aber er nahm es gelassen hin.
    „Nun brauchen wir nur noch etwas Gemüse. Möhren, ein paar Bohnen, Pastinaken und Sellerie.“ Kaum hatte ich die letzte Silbe ausgesprochen, da hatte ich bereits die Richtung gewechselt und lief zum Gemüsehändler meines Vertrauens. Amir blieb nichts anderes übrig, als mir brav hinterherzutrotteln. „Ach ja, und noch Knoblauch!“, rief ich noch. Als ich mich dann zu Amir umdrehte und ich sein Gesicht sah, das mehr aussagte als es tausend Worte vermochten, hatte ich Mitleid mit ihm. „Ach Amir, eigentlich könntest du schon zurück zur Castra laufen. Das Gemüse bringe ich dann mit!“ Der Syrer konnte sein Glück kaum glauben. Ein kleines Lächeln verirrte sich auf dem Gesicht des schüchternen jungen Mannes der nur sprach, wenn er es unbedingt musste. „Meinst du wirklich?“, fragte er, worauf ich ihm zunickte. „Na klar! Ich kaufe noch das Gemüse ein und auf dem Nachhauseweg mache ich noch einen kleinen Abstecher zu der Kräuterfrau in der Canabae.“ Damit konnte sich Amir arrangieren. Er verabschiedete sich kurz von mir und ging dann. Ich sah ihm noch kurz nach, dann wandte ich mich wieder um. Bis zum Stand des Gemüsehändlers war es nur noch ein Katzensprung.

    Währenddessen öffnete sich erneut das Tor für zwei geschäftig wirkende Gestalten - ein junger orientalisch wirkender Mann, der in eine einfache Tunika gekleidet war und eine junge Frau mit hochgestecktem rotbraunen Haar, die eine blau Paenula über einer türkisfarbenen Tunika trug. Die beiden machten sich auf den Weg zur Markthalle...





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