Ich beobachtet sie genau und wusste, dass es in ihr arbeitete. Und sie tat was ich wollte, auch wenn sie ihre Frage wohl etwas schnippisch und provozierend formulierte, ließ ich sie reden. Meine Mine blieb jedoch unbewegt. Ich lehnte mich zurück als sie geendet hatte, nahm einen Schluck Wein und betrachtete Adria mit dieser von ihr wohl so verhassten undurchdringlichen Mine.
„Nach dem Tod meines Vaters brach ich aus. Ich brach aus dem was mir anerzogen wurde aus. Ich war nicht gewillt zu erfüllen, was er von mir verlangt hatte. Ich tat es Titus einem meiner älteren Brüder gleich und reiste umher. Ich fand mal bei Verwandten Unterschlupf. Mal hielt ich mich bei den Griechen auf um dort ihre Philosophen und Redner zu studieren. Ich tat eigentlich alles nur nicht das, was mein Vater von mir verlangt hatte. Alles hier erinnert mich daran. Wäre ich hiergeblieben, dann wäre ich wohl schon seit 4 Jahren auf eben jenem Kurs auf welchem ich nun bin. Mein Bruder Aulus war es, der mich daran erinnert und quasi genötigt hat mein mir zugedachten Zweck für die Familie endlich zu erfüllen.“ Ruhig und vollkommen frei von Emotionen sprach ich und nahm nun einen weiteren Schluck des Weines. „Natürlich wissen sie es. Sklaven eines Haushalts wissen immer alles was im Haushalt vorgeht. Viele von ihnen waren wohl auch mitunter Zeugen dessen. Natürlich wusste es Nana und ja sie war es, die sich neben Corvina um mich gekümmert hat.“ Sagte ich und nun ging mein Blick an Adria vorbei in den Garten des Hauses. „Ja ich habe wohl als ich kleiner war auch in ihren Armen geweint, sie war mir die Mutter die ich in meiner Leiblichen Mutter nie hatte.“
Nun blickte ich zu ihr. „Das Landgut hat einen Verwalter, der sich um alles kümmert. Die meisten der Sklaven wären mit dem Tod meines Vaters frei, so was es verfügt. Doch sie baten mich, dass sie weiter hier als Sklaven leben dürfen. Ich glaube du verkennst da auch etwas. Jeder Sklave und Angestellte hier auf dem Landgut gehört zu diesem Haushalt und untersteht damit mir. Damit gehen nicht nur Pflichten für sie einher, sondern auch Rechte. Sie bekommen hier Obdach, Essen und den Schutz des Hauses. Ich würde niemals zulassen, dass ihnen was passiert. Wenn sie frei währen wären sie zwar gewissermaßen als Klienten immer noch an die Familie gebunden, aber sie müssten ihren gesamten Lebensunterhalt selbst bestreiten. Hier auf dem Landgut leben einige Veteranen der Legion mit ihren Familien. Sie sorgen für den nötigen Schutz. So lang also keine ganze Armee anrückt, ist das Gut bestmöglich geschützt.“ Erklärte ich ihr. Nahm sie wirklich an, dass die Sklaven hier mehr oder minder sich selbst überlassen wurden? „Das Landgut trägt sich dank der Felder und des Gestütes auch selbst. So das immer ausreichend Mittel für alles Nötige vorhanden sind.“ Ja hier musste keiner Hunger oder um seine Existenz bangen.
Bei der nächsten Antwort blitze ein kleines Grinsen im meinem Gesicht auf. „Was wenn ich sage mit jeder hier?“ Fragte ich fast schon provokant. „Aber nein hatte ich nicht. Ich war gerade mal fünfzehn als ich hier wegging und nicht gerade ein vor Selbstbewusstsein strotzender Junge.“ Ja die Selbstsicherheit hatte ich erst gewonnen, als ich all das hinter mir gelassen hatte.
„Früher ja das hat es mir widerstrebt, keine zehn Pferde hätte mich hier freiwillig hergebracht. Nicht wegen dem was er getan hat sondern wegen dem Was ich nicht getan habe. Aber jetzt… es ist anders. Ich kann damit umgehen.“ Sagte ich und zuckte mit den Achseln. Es war einfach so. Seit ich nun meinen Weg ging, war es wirklich so, dass ich hier herkonnte ohne, dass mit der Ort mir ein schlechtes Gewissen machte.
Ich sah sie nun lange an, nahm wieder einen Schluck Wein und sah in den Becher, als wäre da die Antworten auf ihren letzten Fragen. „Ich bin weder wütend noch traurig. Eher nachdenklich würde ich sagen. Ich grüble ob es gut war mich zu widersetzen und ob es nicht besser gewesen wäre früher den mit bestimmten Weg einzuschlagen, so wie mein Vater es verlangt hat.“ Nun nahm ich ihr Kinn in meine Hand und beugte mich zu ihr. „Gefühle sind wie Tränen. Weißt du noch was ich dir über Tränen gesagt habe?“ Mein Blick ruhte auf ihr und sagte nichts darüber aus, was ich gerade dachte und fühlte.