Beiträge von Iulia Stella

    Maximilla sah ihre liebe Freundin Iulia Stella und winkte ihr ganz leicht zu. Sie hatte Neuigkeiten zu berichten. Gleichzeitig schaute sie sich neugierig um.

    Ob Iulia Stella denn auch Neuigkeiten hatte? Ob ihr ersehnter Annaeus Florus heil und gesund in Roma angekommen war? Die Valeria hoffte das sehr, und gleichzeitig freute sie sich darauf, den jungen Herren, der ihre Freundin so glücklich zu machen schien, endlich selbst kennen zu lernen.

    Als ich nun sah, wie mir Valeria Maximilla zuwinkte, war ich plötzlich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite wollte ich mich unbedingt mit Annaeus Florus zeigen und ihm so die Chance geben, unsere Beziehung öffentlich zu zeigen. Auf der anderen Seite war er gerade in einem Gespräch und obwohl er offen zu mir herübersah, war ich nicht sicher, ob es jetzt richtig wäre, ihn bei diesem zu stören.

    Also machte ich mich zuerst auf in Richtung Maximilla. Sie war wunderbar gekleidet, geschminkt und frisiert und trug ausgewählten Schmuck über der bemerkenswerten Kleidung.

    Hallo, meine liebe Valeria Maximilla! Das ist aber schön, dass ich dich hier treffe! Bei all diesen Leuten ist das ja nicht gerade selbstverständlich! Wie geht es dir?

    Ich schüttelte eine Menge Hände, und horchte alarmiert auf, als mein Nomenclator mir 'Iulia Stella' ins Ohr raunte. Denn ich hatte noch immer ein schlechtes Gewissen, weil ich Iulia Graecina einen Korb gegeben hatte.
    "Salve Iulia Stella, willkommen in unserem Domus, und vielen Dank!" Dass Valentina und ich uns 'gefunden hatten', das traf die Wahrheit in der Tat ganz gut. Das Mädchen war sehr sittsam oder schüchtern, sah mich gar nicht an. "Es ist uns eine besondere Freude, dich zu Gast zu haben." antwortete ich besonders höflich. Hieß es doch (hoffentlich), dass ich zumindest nicht für alle Iulier persona non grata war. Ob Dives wohl kommen würde... wahrscheinlich war es besser, wenn er nicht käme aber ich konnte doch nicht anders, als mir zu wünschen, dass er doch käme. Jedenfalls warf ich Valentina einen auffordernden kleinen Seitenblick zu, als Wink ganz besonders nett zu Iulia zu sein.

    Natürlich war es nicht einfach gewesen sich zu entscheiden, ob man die Einladung zu genau dieser Hochzeit annehmen sollte, oder sich allein ob der Tatsache, dass man eine Iulia war, davon fernhalten musste. Ich hatte mich entschieden, dass meine Cousine mir mehr hätte anvertrauen müssen, um mich davon abzuhalten eine erhaltene Einladung auszuschlagen. Immerhin hatte Graecina ihr Leid nicht mit mir geteilt, so dass ich nur wusste, dass ihre so gewünschte Verbindung keine Erfüllung fand. Die Gründe kannte ich nicht und zwischen der Gens Decima oder der Gens Quintilia und mir gab es auch keinen Groll.

    Vielleicht war ich ja auch aus diesem Grund alleine hier?


    Mit einem freundlichen Nicken und einem Lächeln in den Augen und auf dem Gesicht verabschiedete ich mich vom Brautpaar. Ob das Lächeln dem Brautpaar galt oder der Tatsache geschuldet war, dass ich an einem reich gedeckten Buffettisch meinen geliebten Annaeus Florus erspäht hatte, das sollte mein Geheimnis bleiben.

    Gaaanz weit hinten in der Reihe stand auch ich und wartete geduldig, bis das Brautpaar sich der Reihe nach allen von mir gewidmet hatte. Das konnte etwas dauern, denn der Bräutigam war kein unbekannter Mann in Rom und auch die Braut, eine Quintilia, stammte nicht aus einer armen unbedeutenden Gens.


    Ich hatte mich schön gemacht, aber nicht zu dick aufgetragen, schliesslich sollte dies ja der Tag der Braut sein und es wäre sehr frech gewesen, wenn eine andere Frau ihr den Rang abgelaufen hätte.


    Begleitet von einem Sklaven und einer Sklavin, einem auf jeder Seite, da sonst kein Iulier mich gerade begleiten konnte oder alle selbständig hierher unterwegs waren und der Anstand, sowie die Sicherheit, trotzdem gewahrt werden mussten, durfte ich dann irgendwann das Brautpaar auch begrüssen.

    Salvete Fauste Decime Serapio und Quintilia Valentina. Ich freue mich sehr für euch, dass ihr euch gefunden habt! Herzlichen Glückwunsch!

    Den Bräutigam grüsste ich mit gesenktem Kopf, der Braut fasste ich beide Hände als ich mit ihr sprach. So war es Sitte bei einem Empfang.

    Vom Hortus kommend verabschiedeten Maximilla und ich uns nochmals im Vestibulum. Dann öffnete der Ianitor die Tür und rief Selenus und seine Männer wieder heran, welche in der Nähe, aber nicht gleich vor der Porta, auf mich gewartete hatten.


    Bis Maximilla und ich fertig waren, waren auch die Männer bereit und geleiteten mich sicher wieder in die Domus Iulia zurück.

    Ich erhob mich und verabschiedete mich von meiner Freundin.


    Alles wird gut, da bin ich mir ganz sicher! Mögen die Götter dich und deine Familia beschützen, liebe Maximilla.


    So machten wir uns auf den Weg zur Porta, wo eigentlich meine Begleiter wieder warten sollten.

    "Nach Hause, ja, nach Hause würde ich wohl müssen, sollte mich mein Florus tatsächlich bald aufsuchen wollen" schoss es mir durch den Kopf.


    Liebe Maximilla, ich danke dir, dass ich heute zu dir kommen durfte! Ich hoffe, dass wir diese gegenseitigen Besuche weiter aufrecht halten können und uns gute Freundinnen sein können, egal was unsere Zukunft noch bringt. Ich bin jetzt zwar nicht so die, welche jeden Tag auf dem Forum einkaufen geht, ich arbeite lieber zu Hause, aber das macht ja nichts. Da weisst du auf jeden Fall, wo du mich finden kannst!


    Ja, der Besuch hatte gut getan. Doch nun musste ich mich wirklich langsam wieder verabschieden. Nicht nur wegen Florus, sondern auch deswegen, weil es unhöflich war, jemanden einfach so für längere Zeit zu belegen und ihn so von seinen eigentlichen Aufgaben abzuhalten.

    An der Porta schien heute niemand zu sein, denn es klopfte und klopfte erneut und dann noch ein drittes Mal, ohne dass scheinbar jemand antwortete. Also begab ich mich aus dem Atrium in Richtung des Einganges und suchte zuerst noch nach dem Ianitor, jedoch ohne ihn zu finden.

    Als dann ein weiteres Mal der Türklopfer bedient wurde, öffnete ich vorsichtig den Sehschlitz in der Tür, um zu sehen, wer denn Einlass begehrte, ohne mich einer Gefahr auszusetzen.


    Mein Herz blieb beinahe stehen als ich Annaeus Florus Minor sah, MEINEN Florus!


    So schnell ich konnte knallte ich den Sehschlitz zu, drehte die Schlüssel in den verschiedenen Schlössern, riss die Tür auf und schmiss mich um seinen Hals. Alles ohne Worte. Schnell vergrub ich mein Gesicht in den Falten seines Mantels auf der Schulter.

    Die Nachrichten waren eindeutig und leider nicht nur gut, aber es blieben für mich im Moment keine Fragen offen, welche ich dem Centurio stellen wollte oder konnte. Daher schüttelte ich langsam und bedächtig den Kopf, als mich Iulius Dives fragend anschaute.

    Manchmal waren die Gedankensprünge jeder Frau ziemlich schwer nachzuvollziehen. Es half oft, wenn man selbst Frau war, aber nicht immer und so erwischte mich der erneute Gedankensprung schon etwas auf dem falschen Fuss.


    Ähm, ... natürlich wirst du deinen Platz finden. Wir alle tun das irgendwann. Bei einigen dauert etwas weniger lange und bei anderen etwas länger. Manchmal geht es ganz schnell und man fällt wie ein Würfel plötzlich auf die richtige Seite und alles wird gut. Manchmal würfelt man aber auch gefühlte hundert Mal hinter einander eine 1.


    Fieberhaft hatte ich derweil versucht, während ich redete und versuchte eine einigermassen sinnvolle Antwort zu geben, auch auf die vorhergehende Frage noch eine Antwort zu finden. Wo sah ich eine junge und hübsche römische Frau in der Zukunft? Eigentlich konnte es darauf nur eine Antwort geben.


    Als junge, attraktive, nein sogar schöne Römerin, sehe ich dich nur an einem Ort. Du wirst deinen Mann finden und deine Pflichten als Ehefrau wunderbar erfüllen. Deine Familie wird stolz sein auf dich, egal ob das schon morgen, oder erst in einigen Jahren geschehen wird. Davon ist der Stolz einer Familie nur ganz selten abhängig.

    Bei diesem Thema fühlte ich mich plötzlich wieder nicht so wohl. Der Gedanke mit einem Mann zusammen zu sein, war mir nur in Kombination mit der Person Lucius Annaeus Florus Minor angenehm. Daher war ich mir ja so sicher, dass er der Richtige sein würde.


    Ich weiss nicht, wie ich dir das sagen soll. Also auf dem Forum wird es sicher nicht passieren und ich kann mir auch nicht vorstellen, solche Dinge mit irgend einem anderen Mann zu machen. Aber mit Annaeus Florus fühle ich mich so wohl, so glücklich, so frei, dass ich gar nicht darüber nachdenke. Ich bin mir einfach sicher, dass es passieren wird und dass es wunderschön sein wird, wenn es passiert.

    Das Ulpianum. "Der Vater von diesem Annaeus Florus Minor, der war auch der Mann von Annaea Iuliana, oder?" Gnaeus war sich nicht ganz sicher. "Oder war das ein anderer Senator Annaeus, mit dem sie verheiratet war?" Es gab ja nicht nur einen Senator in dieser Gens. Genauso wie bei den Iuliern. "So ein Wiederaufleben dieser Verbindung wäre ja bestimmt auch im Interesse unserer beiden Senatoren, Iulius Centho und Iulius Dives." Die freuten sich bestimmt ebenfalls, wenn es zu dieser Ehe kam. Da war sich Gnaeus auch ohne weiteres Wissen sicher. Das hatte seine Nichte großartig gemacht! Bisher. (Noch war der Senatorensohn ja nicht ihr Mann...)

    Ja, ich glaube, das war sein Vater. Er hat da einmal so etwas gesagt, dass seine Mutter eine Iulia war.

    Aber erstens war ich mir da nicht mehr ganz sicher, und zweitens hatte er nie gesagt, dass er mich deswegen heiraten wolle, weil ihm diese alte Verbindung wichtig war. Nein, es war ihm immer um mich gegangen, nicht um seine Mutter.

    Ausserdem, wenn man den Namen seiner Mutter genau anschaute, dann war das damals noch eine Manus-Ehe gewesen und die Iulia hatte damit ihre alte Familie eigentlich verlassen und komplett in die neue Familie gewechselt. Deswegen hiess sie ja danach auch Annaea und nicht mehr Iulia. Also war es nur normal, dass ich über sie nicht viel wusste, zumal ich noch dazu in Hispania aufgewachsen war und nicht in Rom.

    Noch immer schniefend, stellte mich der neu gewonnene Onkel wieder vor sich hin. Eine Sklavin reichte mir ein Stofftuch, damit ich mir die Nase putzen konnte. Als ich mir die Tränen wegwischte, war auch gleich die Schminke um die Augen weggeputzt und das Stofftuch zeigte die entsprechenden Farbspuren.


    Dann fragte Iulius Cato nach erfreulicheren Anlässen. Hochzeiten wollte er eigentlich feiern und damit kehrte etwas Anderes als Schmerz in mein Herz zurück. Meine Augen leuchteten wieder anders als von Tränen und gerne gab ich Antwort.


    Also bei mir gibt es da einen Mann. Lucius Annaeus Florus Minor, der Sohn von Lucius Annaeus Florus, dem verstorbenen Senator mit einem Platz im Ulpianum. Er sollte bald von seinem Tribunat in Germania zurückkehren und dann will er um meine Hand anhalten. Ich habe ihn wirklich sehr gern.
    Bei diesen Worten senkte ich etwas verschämt meinen Blick, denn eigentlich war es ja nicht üblich, dass eine junge Dame über ihre Gefühle sprach. Meist heiratete man ja auch nicht deswegen.

    Die ganze Sache nahm nun doch ein gutes Ende und alle, inklusive Iulius Dives, waren scheinbar ziemlich mitgenommen. Graecina zog sich mit Iduna zurück und auch Iulius Dives entschied sich, den Tag nun ausklingen zu lassen.


    Natürlich. Hoffen wir, dass er bald zurück sein wird. antwortete ich Iulius Dives noch, bevor auch ich mich zurückzog.

    Ich setzte mich hin und Maximilla fächelte mir etwas Luft zu, was nicht nötig gewesen wäre, aber eine schöne Geste war.


    Ich griff zuerst nach dem heissen Mulsum und nahm vorsichtig einen Schluck, bevor ich mich im Stuhl entspannte und seufzte.


    Danke Maximilla, es geht schon wieder. Das war wohl etwas viel gerade.
    Dann überlegte ich kurz.
    Was werde ich als erstes tun? Ich glaube ganz ehrlich, ich werde mich in seine Arme werfen und ihn küssen. Hoffentlich passiert das in der Domus Iulia und nicht auf dem Forum irgendwo. Ich weiss nicht, ob ich mich so beherrschen könnte, wie es ein öffentliches Wiedersehen nötig macht.


    Ab dieser Vorstellung musste ich herzlich lachen und die Schwere des Momentes, nein die Schwere des ganzen Besuchen schien von mir abzufallen.

    Iulius Dives Dankbarkeit war mehr als nur verständlich, auch wenn der Ausgang der Untersuchung leider nicht so war, wie es vielleicht wünschenswert gewesen wäre. Trotzdem schien von dieser Bande keine weitere Gefahr auszugehen.


    Ein Opfer war sicher angebracht!

    Nach allem was ich in den letzten Minuten erlebt hatte, war mir in der Tat nicht ganz wohl. Es lag ganz bestimmt nicht daran, dass Maximilla von einem Thema zum anderen sprach, das konnte Phoebe manchmal auch.


    Ja, ein heisser Mulsum wäre ganz toll, und ein Stuhl. Mir ist etwas schummrig.


    Bevor ich fallen konnte, wenn ich gefallen wäre, stand ein Stuhl genau da, wo ich mich hinsetzen würde.

    Fast zeitgleich mit der Antwort Idunas aber dennoch ganz leicht danach antwortete ich fast hauchend: Sie kann nichts dafür. Sie hat keine Erlaubnis es zu sagen. Das ist Aufgabe der Familie.


    Dann öffnete der neue Onkel seine Arme und erleichtert endlich jemanden zu haben, bei dem ich wieder das kleine Mädchen sein durfte, und wenn es nur für einen Augenblick war, warf ich mich hinein und liess meiner Trauer freien Lauf.


    Heulend und schluchzend brachte ich knapp noch heraus: Wir wissen nicht warum und wer. Senator Iulius Dives hat beim Kaiser vorgesprochen um eine Aufklärung zu forcieren. Dann ging alles in einem Tränenmeer unter.

    Als der Kelte sich ungestüm vor Graecina aufbaute und diese versuchte nach hinten auszuweichen, machte ich einen Schritt auf Graecina zu und fasste ihren Arm, fast wie um sie weg zu ziehen.


    Gleichzeitig ging Phocylides dazwischen und verhinderte, dass der Kelte Graecina anfassen konnte. Eine weitere Gewalttat an einer Iulia sollte nicht geschehen.


    Für einen Moment wurde es ziemlich eng in dieser Ecke des Zimmers.

    Scheinbar war ich die Erste, die sich von der Überraschung erholte, dass dieser fremde Mann einer unserer Onkel sein sollte. Den Stammbaum der Iulier kannte ich noch immer nicht komplett auswendig, das erwartete irgendwie auch niemand, aber es war mir bewusst, dass es eine Verbindung zur Gens Decima gab. Also aus jener Ecke kam Iulius Cato.


    Als er dann aber noch eine weitere Iulia erwartete, welche zu Graecina und mir gehören sollte, da konnte er eigentlich bloss von Phoebe reden und ein Kloss machte sich in meinem Hals bemerkbar.


    Mit weinerlicher Stimme antwortete ich ihm: Salve Onkel Iulius Cato, es ist eine Freude, dich kennen zu lernen. Doch auf die dritte Grazie wirst du lange warten müssen. Iulia Phoebe wurde mit Iulius Caesoninus zusammen vor wenigen Tagen auf den Strassen der Urbs ermordet.


    Ein paar Tränen rollten meine Wange hinunter.