Beiträge von Iulia Stella

    Heute war ich nervös. Richtig nervös! Ich hatte eine Audienz beim Kaiser, ich, die kleine und stille Iulia. Natürlich hatte ich mich für den Tag schön machen lassen, aber nicht aufreizend sondern einer jungen, verlobten Frau entsprechend.


    Natürlich war ich nicht alleine unterwegs sondern mit Custos Corporis.


    Am Tor zum Palast angekommen, zeigte ich meine Einladung zur Audienz:

    Salve, ich bin vom Augustus zu einer Audienz geladen, hier das Schriftstück dazu.


    Iulia Stella

    Casa Iulia

    Roma, Italia



    T. Decimus Varenus Primicerius a rationibus

    Iuliae Stellae s.d.


    Mit Freude darf ich dir mitteilen, dass der Augustus dich zu einer Audienz zu deinem Anliegen am PRIDIE ID FEB DCCCLXXI A.U.C. (12.2.2021/118 n.Chr.) im Domus Flavia auf dem Palatium Augusti einlädt.


    Er bittet um ausreichende Argumente für die Wiedereinsetzung einer Magistra bzw. Reaktivierung des Kultvereines Societas Veneris.


    Im Auftrag


    T. Decimus Varenus

    ~~ Primicerius a libellis - Admistrationis Imperatoris ~~

    Siegel_Administratio_Impera.gif


    Lange hatte ich gewartet und mir überlegt, ob und wie ich dieses Vorhaben am ehesten in die Tat umsetzen konnte. Nun war ich mir sicher, dass ich es auf diesem Weg versuchen wollte und so hatte ich den folgenden Brief an den Kaiser verfasst:


    An den Imperator Caesar Tiberius Aquilius Severus Augustus, Pontifex Maximus


    Mein Kaiser, ich, Iulia Stella, schreibe dich heute an, weil ich das Reglementarium der Societas Veneris gelesen habe.


    Die Göttin Venus hat mich mit der Liebe zu einem ganz besonderen Mann gesegnet. Du kennst ihn, es ist dein Quaestor Principis, Lucius Annaeus Florus Minor. Kurz nach seiner Wahl zum Quaestor haben wir unsere Verlobung bekannt geben können und seither bin ich der Venus derart dankbar, dass ich mich mit dem Gedanken befasste, der Societas Veneris beizutreten.


    Leider haben meine Nachforschungen ergeben, dass bereits seit längerer Zeit niemand mehr dieser Societas angehört, so dass es mir unmöglich erschien einen Platz darin zu erhalten. Erst durch die genaue Lektüre des Reglementariums wurde mir klar, dass in einem solchen Fall vermutlich der Artikel 9 wieder zur Anwendung kommen würde und du als Pontifex Maximus die Ernennung einer neuen Magistra tätigen kannst.


    Ich möchte dich daher darum bitten, mir eine Audienz zu gewähren, damit ich dich davon überzeugen kann, mich zur neuen Magistra dieser ehrwürdigen Societas zu ernennen.


    Gesiegelt und gezeichnet, Iulia Stella


    Nun blieb mir nur noch zu hoffen, dass der Brief dem Kaiser auch gezeigt würde.

    Ich gab dem Mann, der ihn entgegen nahm einige Sesterzen mit auf den Weg, ja ganze Sesterzen, nicht bloss Asse, weil mir die Sache wirklich wichtig war, und hoffte auf das Beste.

    Die Zeremonie war vorbei, zumindest der besinnliche Teil, als die kleinen Mädchen laut johlend ihre Blüten verstreuten. Alle Gäste stimmen natürlich mit ein.

    Feliciter! rief daher auch ich fröhlich, als Furius Saturninus mich ansprach. Also drehte ich mich zu ihm und verschluckte mich fast am letzten "Feliciter" als ich hörte, was er sagte. Da er sogleich errötete, war mir klar, dass auch er wusste, was er da gerade versuchte von mir zu erfahren.


    Ich danke dir, aber auch wenn mir eine gemeinsame Zukunft mit Annaeus Florus möglich erscheint, so hat hier doch die Familie das letzte Wort und dieses ist noch nicht gesprochen. Ich bete aber zu den Göttern, dass sie meine Zukunft ebenso sicher lenken werden, wie die meiner Freundin.


    Damit war gleichzeitig sehr viel und doch auch wieder gar nichts gesagt. So würde es auch bleiben. Ich konnte ihm unmöglich mehr sagen. Welch ein Frevel wäre das, sollte mir etwas über die Lippen kommen! Dann wandte auch ich mich an den Sklaven.


    Für mich auch, bitte, aber schön mild.


    Diese bewusste Geste war alles, was ich anbieten konnte.

    Ergriffen hatte ich dem Spektakel beigewohnt. Es war kein Spektakel der Sinne oder der Handlungen, nein, es war eines der Symbole und Gefühle. Ich war es gewohnt zu opfern und am Hausaltar sicher zu stellen, dass die Geister uns wohlgesonnen waren, aber eine derartige Präsenz im Raum, eine so tiefgreifende Erfahrung hatte ich noch nie gemacht.


    Gemächlichen Schrittes verliessen die Zuschauer und auch ich das Atrium Vestae in gespenstischer Ruhe.

    Ich hatte lange geschwiegen und mich um die Belange der Gäste gekümmert, wie es sich für die Frau eines gehobenen Hauses gehörte. Nun aber, als die Gäste das Haus langsam verliessen, war ich wieder da, neben meinem Florus.


    Ich danke euch beiden für euren Besuch und die guten Wünsche. Mögen die Götter euch gewogen sein.

    Gebannt stand ich mit all den anderen Zuschauern und rührte mich nicht. Kein noch so leiser Ton entwich irgend einem Menschen in der Menge, während das heilige Ritual sich vor mir abspielte. Zum ersten Mal in meinem Leben, und vielleicht auch zum einzigen Mal, wurde ich Zeugin dieses Ereignisses.

    Als Maximilla begleitet von 2 Männern, von denen ich bloss erahnen konnte, dass es sich um äusserst nahe Verwandte handeln musste, das Atrium betrat, war ich äusserst erstaunt als sie sogleich zu mir huschte und mich umarmte. Ich war derart erstaunt, dass ich fast verpasste ihre Frage zu beantworten.

    Natürlich! Was sollte ich denn sonst tun, du bist doch meine Freundin! Er steht da drüben, bei den Amtsinhabern. Alles Gute, die Göttin liebt dich, ganz sicher!

    Dann war sie auch schon wieder weg und diese Unterhaltung würde vermutlich für lange Zeit die letzte mit ihr sein. Doch einen gewissen Stolz konnte ich nicht unterdrücken, dass die Auserwählte ausgerechnet mit mir noch sprechen wollte.

    Auch wenn die räumliche Distanz zwischen dem Bereich für die Angehörigen und Magistrate und jenem für das normale Volk nicht sehr gross war, so war sie dennoch vorhanden und das war äusserst schade, denn auch ich hätte diesen Tag gerne mit meinem Verlobten verbracht. Doch so war es nun halt einmal und es war wichtiger, heute bei meiner jungen Freundin zu sein, als bei meinem Florus.


    Daher hielt ich mich ganz weit vorne im Block des normalen Volkes auf, so dass Maximilla, falls ihr dies möglich war, mich hätte sehen können.

    ich vernahm gerne Berichte aus fernen Provinzen, und daher hörte ich bei dem gerne zu, was Florus Minor und die jungen Damen zu bereden hatten. Eine Sache war es, Tacitus zu lesen, eine andere, Informationen aus erster Hand zu bekommen. Überhaupt gefielen mir beide junge Frauen gut, und nun, da die anmutige Iulia Stella verlobt war, konzentrierte ich mich ein wenig mehr auf die Valeria. Trotz ihrer Jugend wirkte sie sehr sachlich, so gar nicht bemüht, der Männerwelt zu gefallen. Das erstaunte mich bei einem so jungen Mädchen. Als sie Germania erwähnten, fiel mir auch ein, wer sie sein musste, nämlich die Cousine von Tiberius Valerius Flaccus. Ich hatte sie bei meinen Besuchen nie zu Gesicht bekommen, doch natürlich gemerkt, dass neuerdings ein weibliches Wesen die Casa Valeria bewohnte: Deckchen und Kissen überall, ein Webstuhl im Peristyl und so weiter.


    Das das Mädchen eine Valeria war, machte die Sache interessant. Ob sie schon Heiratsanträge hatte? Ich lächelte ihr also jedesmal zu, wenn sie in meine Richtung blickte.

    Ich hatte mich in der Zwischenzeit ganz nahe zu meinem Florus gestellt. Zwar war die Verlobung noch nicht offiziell, aber ich wusste, dass er bereits Pläne hatte, meinen Vormund zu besuchen und danach die Frage in der Domus Iulia zu stellen. Ausserdem hörte ich ihm gerne zu, wenn er erzählte.


    Gleichzeitig bemerkte ich aber auch sehr wohl, dass Furius Saturninus immer wieder interessiert zu Maximilla blickte. Dies sorgte in meinem Inneren für ein erheitertes Lächeln. Je länger ich dem Spiel zusah, umso mehr musste ich mich bemühen, nicht laut zu lachen, denn natürlich wusste ich etwas, was der Gesprächspartner nicht wissen konnte.


    Also beobachtete ich einfach weiter.

    Guten Abend, Galeo Seius Ravilla, bitte nimm etwas Wein und Speis. Der Abend ist noch jung und bis die Patrouillen der Cohortes Urbanae das neue Jahr anzeigen, wird es noch einige Zeit dauern.

    So gab ich den Sklaven das entsprechende Zeichen und wandte mich dann dem zweiten Mann zu.


    Auch euch heissen wir herzlich willkommen. Ich bin Iulia Stella, die Verlobte des Gastgebers Lucius Annaeus Florus Minor. Wer bist du?

    Während ich nachfragte, nahm ich einen Beutel mit Münzen und hielt ihn dem anderen Mann hin.

    Natürlich war Iulia Stella schon am späten Abend in der Domus Annaea eingetroffen und hatte ihren Verlobten tatkräftig bei den Vorbereitungen unterstützt, respektive den Sklaven ihre Anweisungen gegeben. Nun stand sie neben Annaeus Florus im Atrium, welches taghell erleuchtet war mit bruzelnden Fackeln und hunderten Öllampen, und erwartete die Gäste.

    Ich trat mit Florus zusammen in das Officium ein und wartete, dass die Männer diesen geschäftlichen Teil zusammen erledigten. Sollte meine Bestätigung erforderliche sein, so würde man mich schon danach fragen.


    Innerlich bereitete ich mich schon auf das folgende Opfer an den Tempeln der Iuno und der Venus vor.

    "Ich freue mich sehr, ihn kennen zu lernen.", flüsterte Maximilla. Das tat sie wirklich, schon weil Florus ihre Freundin glücklich zu machen schien, was sie an ihren leuchtenden Augen und ihren rosigen Wangen erkannte.

    Zwei weitere Mundschenke kamen, der eine trug Wasser in einer gläsernen Karaffe, der andere Wein. Die Valeria wartete ab, ob Iulia Stella etwas davon nehmen würde.

    Der ihr gezeigte Annaeus Florus sah sehr gut und nobel aus und unterhielt sich mit einem anderen Mann, der dunkle Haare und Augen hatte.

    Valeria Maximilla ließ ihrer Freundin den Vortritt mit dem Reden.

    Genau in diesem Moment kamen zwei Mundschenke herbei und ich liess mir meinen Becher zu einem Viertel mit Wein und dann mit Wasser auffüllen.

    Das ist wunderbar, komm, gehen wir zu ihm herüber. Er wird sich bestimmt freuen, dich kennen zu lernen.

    Also gingen wir zusammen zu den beiden Herren, die noch immer in ein Gespräch vertieft waren.


    Salve Lucius Annaeus Florus Minor grüsste ich freundlich, als sich die Herren zu uns drehten und ihr Gespräch unterbrachen. Hätten sie weitergeredet, hätte ich gewartet, da es unhöflich gewesen wäre sie zu unterbrechen.


    Ich hoffe, wir stören nicht. Ich möchte dir gerne meine gute Freundin, Valeria Maximilla vorstellen.

    Dann wieder zu Maximilla: Maximilla, das ist Lucius Annaeus Florus Minor, der Mann von dem ich dir in den letzten Jahren so viel erzählt habe.

    Schon den ganzen Morgen hatte ich mich vorbereitet und kein Detail dem Zufall überlassen. Annaeus Florus hatte mir mitteilen lassen, dass er heute in offizieller Mission zu uns in die Domus Iulia kommen würde und ich glaubte ziemlich genau verstanden zu haben, was er damit meinte.


    Also hatte ich meine Ornatrix heute instruiert, mich speziell hübsch zu machen. Meine Haare wurden stundenlang kunstvoll gezöpfelt und geflochten, bis das Gesamtwerk hoch über meinem Kopf aufragte und mich kaum traute mich zu bewegen, da ich fürchtete, es würde gleich alles wieder verrutschen. Doch die Ornatrix versicherte mir, es sei alles gut mit Haarteilen und Haarnadeln gesichert und zusammengehängt, so dass nichts, aber auch wirklich gar nichts, verrutschen konnte.


    Als Tunika hatte ich bewusst das Geschenk des Florus von seiner Rückkehr aus Germania gewählt. Sie war aus feinster Wolle gesponnen und selbst bei genauer Überprüfung hatte ich keinen Gewebefehler finden können. Eine ausgezeichnete Arbeit einer überaus geschickten Weberin musste das also gewesen sein und daher sicher auch nicht günstig. Die Farbe, ein ganz dunkles blau, welches bei Tageslicht in ganz unterschiedlichen Tönen schimmerte, war genau was ich meine Lieblingsfarbe nennen würde, obwohl ich diese Florus nie direkt verraten hatte.

    Dazu wählte ich üppigen Goldschmuck, der auf dem dunklen Stoff natürlich noch einmal viel besser zur Geltung kam als sonst. Armreifen, Ringe, eine Halskette mit feuerroten Glasperlen, dazu Ohrringe und einen goldenen Haarreif, der die hochgesteckte Frisur noch einmal besonders betonte, oder vielleicht auch anders herum.


    Zuletzt wurde ich noch geschminkt. Das passierte immer zuletzt bei solchen Anlässen, damit auch nichts verschmierte, bis zum Gast hinunter. Ich liess es heute sogar zu, dass man mir die Wangen mit etwas weissem Puder überzog, damit ich auch schön blass wirkte, wie es Mode war. Sonst verzichtete ich normalerweise darauf.


    So zurecht gemacht musste ich zum Glück nicht lange warten, bis mich die extra dafür abgestellte Sklavin davon unterrichtete, dass Florus nun angekommen sei und die ganze Familie sich auf seinen Wunsch hin versammelt hatte und man mich erwarte.


    Ich ging also langsam und erhaben die Treppe hinunter ins Atrium, wo alle schon auf mich warteten. Ganz leise hörte ich, wie einige der Anwesenden hörbar die Luft einzogen, als ich so hübschgemacht erschien.


    Dann ergriff Florus das Wort und stellte die von mir soooooooo lange erwartete Frage. Mein Herz schlug mir im Hals, nein, fast schon im Kopf und ich musste mich wirklich beherrschen, um die Würde des Momentes und des Rituals nicht mit unangebrachter Hemmungslosigkeit zu zerstören.


    Ja, in Anwesenheit von Iuno, Venus, allen Vorfahren der Gens Iulia und allen heute hier Anwesenden, ich will die Verbindung der Gentes Iulia und Annaea wieder aufleben lassen und willige in die offizielle Verlobung ein, da es offensichtlich auch der Wille meine Vormundes Decimus Iulius Antipater ist.

    sprach ich danach deutlich und mit leicht gesenkten Kopf. Das war der wichtige Moment. Nun war die Reihe wieder an Florus und danach an meiner Familie.

    "Du hast recht, Stella, es ist einfach so auf dem Land, dass man selbst nachsieht, wenn es irgendwo scheppert, aber hier gibt es garantiert eine Menge Sklaven für so etwas.", sagte Valeria Maximilla. Auf die Frage der Freundin schüttelte sie den Kopf:
    "Nein, die Göttin ist mir nicht erschienen. Es ist eher so, dass ich die ganze Zeit voller Zweifel und Unruhe war, und als dann der Brief des Pontifex Maximus kam und Cousin Tiberius mich darüber informierte, da kam so eine Ruhe über mich, als würde ich in die klare weiße Flamme einer Kerze schauen und als würde sich ein dunkler Schleier lichten, und ich sähe direkt ins Tageslicht. Da wusste ich, dass ich Vesta dienen will."

    Sie nahm Stellas Hand:
    "Egal, wer oder was ich werde; ich werde lebenslang deine Freundin bleiben.", sagte sie. Sie mochte die ruhige, freundliche hübsche Iulia Stella sehr gerne.

    Ein reizender großäugiger Mundschenk mit einem Tablett voller Becher Rhodomeli kam vorbei, und die Valeria griff zu; den süßen Rosenhoniggeschmack mochte sie:

    "Du auch einen, Stella?", fragte sie.

    Oh, das ist ja aber fast als wäre dir die Göttin selbst erschienen, wenn sie dir ein so deutliches Zeichen gibt. antwortete ich auch die schöne Geschichte, wie die junge Valeria ihre Bestimmung scheinbar so deutlich gefunden hatte. Es freut mich wirklich, dass du schon so kurz nach unserem letzten Gespräch auch Klarheit über deine Zukunft erhalten hast. Das ist wirklich schön und als Vestalin wirst du deine Familie ganz bestimmt mehr als nur stolz machen. Das ist eine riesige Ehre!


    Als die junge Valeria darauf meine Hand nahm, drückte ich sie fast schon zärtlich. Die Frage nach einem Becher Rhodomeli verneinte ich freundlich, ich war eher der Typ für Wein mit viel Wasser. Das Honiggetränk war mir zu süss.

    Nein danke, Maximilla, ich nehme lieber einen Wein. Und schau, da drüben ist Annaeus Florus, ich möchte dich ihm gerne vorstellen.

    Es dauerte aussergewöhnlich lange, bis sich an der Porta heute etwas tat. Dreimal hatte ich den schweren Türklopfer in Form der iulischen Taube bereits betätigt, als sich beim vierten Mal der Sehschlitz in der Porta öffnete. Diese Augen! Ich würde sie nie vergessen. MEINE IULIA STELLA!


    Dann ging alles ganz schnell. Ich hörte noch, wie sich die Schlüssel in den Schlössern drehten und dann flog Stella durch die Porta direkt in meine Arme. Ich hielt sie ganz fest und machte mit ihr in meinen Armen ein paar wenige Schritte in die Domus Iulia hinein. Mit einem Fuss drückte ich die Porta hinter mir zu und dann galt meine ganze Aufmerksamkeit nur noch dem wunderbaren Wesen in meinen Armen.

    Endlich, endlich konnte ich meinen Annaeus Florus in die Arme schliessen und ihm den Kuss geben, von dem ich nun doch eine kleine Ewigkeit geträumt hatte. Je länger er fort war, desto älter und reifer wurde ich und entsprechend hatten sich auch meine Phantasien und Wünsche gewandelt. Nun war es endlich möglich, einen ersten Teil davon wahr werden zu lassen.


    Was danach alles noch geschah, daran sollte ich mich kaum mehr erinnern. Irgendwie gelangten wir in das Atrium, spazierten durch den Hortus, erzählten uns ewig lange Geschichten. Auf jeden Fall war am Ende klar, dass Florus meinem Onkel Antipater ausserhalb der Stadt auf seiner Villa einen Besuch abstatten musste und wollte. Dann verabschiedete er sich wieder, diesmal aber mit einem flüchtigen Kuss.

    So sehr mich auch interessierte, was da im Nebenraum gerade passiert war, so unangebracht erschien es mir, mich darum zu kümmern. Doch Maximilla war halt eben genau die Anzahl Jahre jünger als ich, welche hier einen Unterschied machten. Daher versuchte ich, über das soeben erfahrene Thema ihrer Captio, sie davon abzuhalten.

    Das war doch ganz bestimmt nur ein Sklave, der etwas fallen liess. Darum wird sich hier schon der Maiordomus kümmern und dann stehen wir nur im Weg. Erzähl mir lieber mehr über deine Absicht, dich den Vestalinnen anzuschliessen. Du sagtest ja gerade, du glaubest, das sei deine Bestimmung? Wie hast du das herausgefunden? Erschien dir vielleicht die Göttin selbst? Du hast da ja gewisse Fähigkeiten, wie du mir gezeigt hast. Erzähl, Maximilla, das ist unglaublich spannend. Bei den Göttern, eine echte Vestalin, welche Ehre!

    Ich sprudelte etwas, aber das war schon ganz in Ordnung, da ich ja erstens sehr wohl mehr darüber hören wollte und zweitens eben Maximilla von ihrer Neugierde dem Geschepper gegenüber abhalten wollte.

    Noch bevor Valeria Maximilla mir antworten konnten schepperte und klirrte es aus einem Nebenraum ganz gewaltig. Verdutzt und natürlich etwas beunruhigt, da wir Damen natürlich sofort am Geräusch erkannten, dass etwas in die Brüche gegangen war und nicht bloss eine Platte auf den Boden gedonnert war, blickten wir in die entsprechende Richtung. Florus Winken hatte ich gerade noch aus dem Augenwinkel wahrgenommen, doch nun war die Aufmerksamkeit ganz klar woanders.