Die Gespräche entwickelten sich wie für Frauen üblich in verschiedene Richtungen gleichzeitig. Die Tugend verschiedene Themen mit unterschiedlichen Personen beinahe gleichzeitig diskutieren zu können, war eine, welche Frauen deutlich besser beherrschten als Männer, weshalb sich Stella die Diskussionen im Senat oft als langwierig vorstellte.
Hier jedoch ging es schnell von einem zum anderen:
Natürlich öffnete Maesa das Kästchen sofort, sie war viel zu neugierig um es verschlossen zu lassen. „Oh, wie wunderschön. Ich danke dir sehr für deinen herzlichen Willkommensgruß.“ Sie nahm eine der Haarnadeln und besah sie sich genau. „Venus, wenn ich richtig sehe, das passt sehr gut. Ich würde mich sehr freuen, mich mit dir in Ruhe zu unterhalten. Ich verehre unsere „gute Göttin“ sehr. In Alexandria habe ich jahrelang an Ihren Festen teilgenommen und auch geholfen. Ich hoffe das auch hier in Rom weiter machen zu können.“
Dass das kleine aber feine Geschenk so viel Freude bereitete, machte mich glücklich. Auch solche Dinge waren ein Teil der Verbreitung des Willens der Göttin, denn kleine Geschenke erhalten die Freundschaft und Freundschaft konnte ebenfalls eine Form der Liebe sein.
Wir freuen uns immer, wenn neue Personen sich für unsere Societas interessieren. Feste ausrichten, das tun wir allerdings nicht. Dies überlassen wir den Priesterschaften. Doch bei diesen helfen, das ist durchaus möglich.
"Ich bin ebenfalls erfreut deine Bekanntschaft zu machen, Claudia. Magistra Iulia und ich kennen uns bereits von ihrer Hochzeit. Ich beglückwünsche dich zur Geburt eines gesunden Sohnes, Iulia. Dein Mann ist bestimmt hocherfreut." sagte ich freundlich lächelnd in Richtung von Claudia Sabina und Iulia Stella. Die Nachricht über die Geburt des Kindes hatte schnell die Runde gemacht, nachdem ihr Mann doch eine sehr bedeutende Persönlichkeit war.
Die Begrüssung und die Glückwünsche der Aemilia nahm ich mit einem freundlichen Kopfnicken entgegen: Danke für die Glückwünsche. Der kleine Primus macht sich wunderbar. Er hält alle auf Trab und verbreitet viel Freude. Man könnte beinahe meinen, er sei ein Mitglied der Societas Veneris.
Von dem Beinaheskandal mit der Aemilia hatte ich keine Ahnung. Ich war damals vermutlich noch nicht in der Stadt gewesen oder noch derart mit anderen Dingen beschäftigt, dass dies an mir vorbei gegangen war.
"Das Werk der Liebe unter den Menschen verbreiten klingt wie etwas, was auch mein bevorzugter Philosoph Gaius Musonius Rufus sehr gut heißen würde: Denn ein Gemeinwesen sollte von Menschenliebe, Güte, Gerechtigkeit und Sorge um das Wohl des anderen zusammen gehalten werden. Die Basis für das ideale Gemeinwesen ist jedoch die Gattenliebe" Sie hätte ja noch mehr über den von ihr tief verehrten Musonius sprechen können; stattdessen fragte sie:
"Dürfte ich denn auch in die Gesellschaft der Göttlichen Venus eintreten, wenn mein Tutor es erlaubt?"
Und schon ging das Gespräch wieder mit dem Thema der Societas Veneris weiter:
Jede Frau darf der Societas beitreten. Wenn dein Tutor es also erlaubt, darfst auch du uns sehr gerne besuchen und dann darüber entscheiden, ob die Societas ein Platz für dich ist oder nicht.
Bei der Bemerkung ihrer Gastgeberin horchte sie dann auf: "Alexandria? Dort habe auch ich meine Kindheit und Jugend verbracht. Sozusagen im Schatten des Tetragon Alexandris. Meine Mutter hatte nach dem Tod meines Vaters einen Ritter geheiratet, und da ich noch keine sieben Jahre alt war, hat sie mich dorthin mitgenommen"
Alexandria war also der Ort, an welchem diese beiden Damen vor Rom ihre Zeit verbrachten. Mit Sicherheit war dies eine andere Erziehung gewesen als die, welche Stella in Hispania erhalten hatte. Auch wenn ihre Familie der Iulii nicht dem patrizischen Teil angehörte und daher eigentlich wesentlich einfachere Wurzeln hatte, hatte ihre Grosstante grossen Wert darauf gelegt, sie auf den Umgang mit diesen Kreisen vorzubereiten. "Eine Iulia ist eine Iulia. Niemand kennt die Stammbäume aller Familien auswendig. Der Name ist massgebend." hatte sie immer zu sagen gepflegt. Und trotzdem war eine Erziehung in Alexandria ganz anders anders als die im ländlichen Hispania.
"Baut nicht dein Mann gerade das neue Aequaeduct, Iulia Stella? Wie hat er noch einmal die Quellen gefunden? Ich würde mir die Bauarbeiten sehr gerne einmal ansehen, möchte aber den Arbeitern nicht im Weg stehen"
Und wie üblich gelangte man natürlich auch zu den Themen, bei welchen eigentlich mein Mann im Vordergrund stand. Als Senator und momentaner Curator Aquarum war dies selbstverständlich nicht zu vermeiden. An diesen Ruhm musste ich mich zwar erst noch gewöhnen, war der Aufstieg meines Mannes doch vergleichsweise schnell vor sich gegangen, doch wir sprachen oft Abends über solche Dinge, so dass ich meine Handlungen und Haltungen mit ihm absprechen konnte.
Ja, der Kaiser hat den Bau eines neuen Aquäduktes angeordnet und als Curator Aquarum ist mein Mann für den Bau verantwortlich. Die Bauarbeiten stehen jedoch noch ganz am Anfang. Zuerst muss die Quelle gefasst und gesichert werden, damit der Bau der notwendigen Speichertürme und Pumpwerke überhaupt beginnen kann. Ein Besuch wird sicherlich möglich sein, sobald der Aquädukt etwas näher an der Stadt angekommen ist. Die Baustelle am Ende, also hier in der Stadt, ist soweit ich weiss noch nicht in Angriff genommen worden.
Den Anspielung auf den Fund der Quelle überhörte ich grosszügig, da ich vor den mir noch nicht lange bekannten Damen der patrizischen Gesellschaft nicht riskieren wollte die Würde meines Mannes zu schädigen.
“Von mir natürlich auch meinen Glückwunsch von ganzem Herzen, möge die Götter immer Ihre segnende Hände über dein Kind und dich halten.”
Auch diese Glückwünsche verdankte ich freundlich, liess das Thema jedoch so stehen.