Beiträge von Iulia Stella

    Leicht brüskiert von dem Anfall der jungen Dame, oder zumindest äusserst erstaunt, auf eine solche Art und Weise einfach stehen gelassen zu werden, brachte ich zuerst einige Sekunden gar nichts heraus.


    Dann jedoch zuckte ich mit den Achseln und drehte mich wieder denjenigen Frauen zu, welche ein Interesse hatten sich mit mir zu unterhalten und nicht gleich bei der ersten Meinungsverschiedenheit davonliefen.

    Meine kurze Ausführung hatte die junge Frau offensichtlich bewegt, denn nun begann sie, zuvor noch so scheu und zurückhaltend, beinahe zu sprudeln.


    Nun ja, also so weit gehen wir hier nicht. Es geht um kleine Schritte, Dinge die jede von uns tun kann. Das Militär ist Sache der Männer. Da mischen wir uns nicht ein. Auch politisch vertreten wir keine Meinungen und begehen keinerlei politische Handlungen. Wir handeln nur dort wo und so wie es die Göttin von uns verlangt, jede für sich oder als Gemeinschaft, so gut es jeder von uns möglich ist.


    Irgendwie hatte ich das Gefühl, bei der jungen Frau schwinge noch eine andere Ebene mit, aber um dies zu beurteilen oder gar abschliessend festzustellen, musste ich natürlich mehr erfahren. Dies wiederum war nur in einem Gespräch möglich.

    Die junge Frau wirkte sehr unsicher. Ob dies von ihrer Fremdheit in Rom kam oder einen anderen Ursprung hatte, konnte ich nicht wissen. Hilfsbereit wie ich war, konnte ich bloss ehrliche Antworten geben und ich fühlte mich umgeben von derart vielen Menschen gleicher Gesinnung auch sehr wohl.


    Die Societas Veneris dient der Göttin Venus. Sie steht für die Liebe zwischen Menschen. Unsere Aufgabe als Societas ist es, die Menschenliebe zu fördern, Gutes zu tun und dazu natürlich auch die Tempel und Feste der Göttin unterhalten zu helfen.


    Die Antwort erschien mir logisch und klar. Doch ob jemand der nicht aus Rom kam dies ähnlich sah, konnte ich nicht wissen. Daher sah ich die junge Frau erwartungsvoll an.

    Trotz des Kommens und Gehens um mich herum war ich dennoch ziemlich aufmerksam und konnte mir manchmal gut merken, wenn eine Person länger blieb. Das war auch hier so. Eine junge Frau fiel mir auf, welche schon länger in den hinteren Reihen stand und ab und zu scheinbar eine Frage an andere stellte.


    Entschuldigung, du! Ja, du da. Mein Name ist Iulia Stella, Magistra der Societas Veneris. Du stehst nun schon lange in den hinteren Reihen und siehst zu. Hast du eine Frage, mit welcher ich dir helfen könnte? fragte ich sie freundlich.

    Die Gruppe Frauen um mich herum war etwas grösser heute als sonst. Ich hatte keine Ahnung warum, doch selbst wenn, dann würde es mich nicht stören. Rund um die Tempel war immer viel Platz, so dass jemand, der zu den Tempeln wollte dies auch konnte. Trotzdem kamen immer wieder neue Frauen dazu. Es wurde geredet und getrascht, gelacht und diskutiert. Das Hauptthema heute schienen Ehen zu sein, die aus welchen Gründen auch immer, nicht so vollzogen wurden, wie es oft gewünscht oder erwartet wurde. Dies konnte viele Gründe haben.


    Eine Ehe wurde meist nicht aus Liebe geschlossen, sondern weil sie beiden Familien Vorteile brachte. Entsprechend wurden viele Ehen nicht gelebt und sowohl Ehemann wie Ehefrau lebten ihre Liebe oder Sexualität anderweitig aus. Zum Schutze der Frauen hatte schon Kaiser Augustus ein Gesetz erlassen, welches es den Ehemännern verbot, ihre Frauen ohne deren Zustimmung vor der Mittagsstunde in deren Gemächern aufzusuchen. Schlief man also in getrennten Zimmern, so war es sowohl dem Mann, wie auch der Frau möglich, "Gäste" zu empfangen. Da der Mann üblicherweise vor der Mittagsstunde das Haus für die Arbeit verlassen musste, war es der Frau möglich, ihren "Gast" entlassen zu können, ohne erwischt zu werden. So konnte der pater familias sie nicht wegen Untreue bestrafen.1


    Es konnte auch sein, dass ein Mann gar kein Interesse an Frauen hatte, oder dass die Ehe bloss geschlossen wurde, um dem Gesetz Genüge zu tun, was am Ende dasselbe Resultat hervorbrachte. Oder, oder, oder.

    Am Ende stand immer eine Ehe, welche nicht gelebt wurde und sehr oft eine Frau, die gerne Kinder hätte, um ihren Mann glücklich zu machen und die Familie zu sichern.


    Ich sprach den betroffenen Frauen Mut zu und versuchte sie zu verstehen, auch wenn ich selbst in einer glücklicheren Ehe lebte.


    Sim-Off:

    1) Ein winziger und oft übersehener Teil der augusteischen Ehegesetze, welcher weniger die Frauen schützen sollte, als die Zahl der Verfahren wegen "Ehebruchs" niedrig halten sollte. Ehebruch meinte damals nicht Sex mit einem anderen Partner, sondern ganz konkret Sex mit einem anderen VERHEIRATETEN Mann. In einer Zeit, in welcher es weder effektive Verhütungsmethoden noch Vaterschaftstests gab, war die Treue der Frau die einzige "Garantie" für die legitime Abstammung eines Kindes, auch wenn diese Treue bloss Illusion war.

    Immer wieder traf man Iulia Stella als Magistra der Societas Veneris auch um die verschiedenen Tempel der Venus an. Dort half sie immer, wenn es ihr möglich war, beriet junge Frauen und half mit Arbeiten aus, welche gerade nötig waren.


    Auch heute war ich wieder da und ich hatte wieder eine ganze Gruppe junger Frauen um mich, welche entweder echtes Interesse an der Societas hatten, oder irgend etwas sonst wissen wollten und froh waren, nicht einen Mann fragen zu müssen.

    Es war in Rom nicht einfach für eine Frau, in der Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten. Meistens taten dies die Männer auf Grund ihrer Arbeit und die Frauen waren zu Hause, leiteten die Firma, welche man "Familie" nannte und kümmerten sich um die Bediensteten, welche man "Sklaven" nannte. Doch immer wieder gab es auch Frauen der Öffentlichkeit. Porcia, Ehefrau des Porcius Cato, Agrippina, Mutter des Caligula, Tullia, Ciceros Tochter waren da nur einige wenige Namen, welche mir in den Sinn kamen, als ich mit einer Heerschar an Sklaven und bewaffnet mit Körben voller Äpfel und Brote auf das Forum Romanum schritt.


    Als Magistra der Societas Veneris war es meine Aufgabe, Liebe in Rom zu verbreiten und da ich mich nicht traute in der Subura tätig zu werden, so war das Forum Romanum der zweitbeste Ort dafür. Jeder und jede, die sich in Rom auf die Strassen trauen konnte, kam auch auf das Forum.


    Schon bald kamen die ersten Armen und erfreuten sich an Brot und Äpfeln. Vielfach fiel der Name meines Mannes, wie es üblich war, aber das trübte meine Stimmung nicht. Ich war im Dienst an Venus und verbreitete die Liebe der Göttin durch ihre Frucht, den Apfel. Dass unter den diversen Leuten sicherlich auch Christen sein würden war mir ebenfalls egal. Ich verbreitete die Worte meiner Göttin und die war römisch, selbst wenn ein Christ vielleicht Ähnlichkeiten erkennen würde.


    Sim-Off:

    Offen für alle, die einfach mal ohne Plan etwas anderes spielen wollen.

    Faustus, oder wie wir ihn nannten, Primus, machte prächtige Fortschritte. Er war ein richtiger Lausebengel geworden seit seiner Geburt. Die Zeit, in welcher er bloss schreien konnte, wenn ihm etwas nicht passte, war scheinbar vorüber. Er hatte angefangen in der Domus umher zu krabbeln. Nun musste man aufpassen, dass er nicht plötzlich verschwunden war, wenn ihm etwas nicht passte oder ihn die Neugierde wieder einmal packte. Die Amme war natürlich auch noch da und ich hatte mir fest vorgenommen, mich auch um meinen Sohn zu kümmern und ihn nicht von einer Fremden erziehen zu lassen, auch wenn dies in der gehobenen Gesellschaft Roms durchaus üblich war.


    Zum Glück waren Stufen noch ein Hindernis und somit waren einige gefährliche Orte in der Domus noch kein Thema. Trotzdem hielt uns der Kleine immer auf Trab. Kleine Püppchen und Tierchen waren im Moment seine Spielsachen und seine alltäglichen Sorgen schienen sich im Moment noch um das Essen zu drehen.

    Noch immer war die Domus Annaea für alle Bürger geöffnet, da der Dominus noch immer als Tribunus Plebis amtierte. Daher öffnete der Ianitor Ursus auch gleich die Tür, nachdem ein kurzer Blick durch den Sehschlitz keine Gefahr erkennen liess.


    Salve Bürger, ah, Purgitius Lurco. Willkommen schon wieder in der Domus Annaea. Ich nehme an, du möchtest den Dominus sprechen?


    Ursus kannte die Klienten seines Herrn in der Zwischenzeit ziemlich gut und begrüsste sie immer freundlich.

    Ich war ebenfalls froh, dass die Urbaner hier alles gefunden hatten, was für die Aufklärung des Mordes an meinen Familienmitgliedern nötig war. Natürlich war es nicht gut, dass sie von einer kriminellen Organisation getötet worden war, welche bereits ausgelöscht war. Doch es war noch immer besser, als dass ihr Tod ein Zufall war oder einfach bloss ein Raubmord.


    Ich danke euch ebenfalls für die Suche und die Aufklärung des Morden an meinen Familienmitgliedern! Florus und ich werden hier noch eine Weile bleiben, damit euer Besuch wirklich wie ein normaler Besuch aussieht und uns dann später zur Domus Annaea begeben.


    Ich begleitet die Herren noch zur Porta und verabschiedete mich dort wie eine Hausherrin von ihren Gästen. Danach kehrte ich zu Florus zurück, der in der Zwischenzeit im Atrium sass und organisierte über die Sklaven der Domus etwas zu essen. Erst nach dem Essen begaben wir uns zurück in die Domus Annaea.

    Von der Domus Annaea kommend gingen wir die wenigen Doppelschritte zur Domus Iulia. Unsere Gäste sahen aus wie normale Gäste und Florus stellte sicher, dass sein Auftritt als Volkstribun derart war, dass die Leute eher ihn als seine Begleiter sehen und bemerken würden.


    Der Pförtner der Domus erkannte mich und Florus sofort wieder und liess uns ein. Die Domus war ansonsten verlassen, keine Iulii waren anwesend.


    So meine Herren, da wären wir. Als Iulia und somit im Moment als Hausherrin, erwarte ich bei der Suche anwesend zu sein. Das Officium von Caesoninus befindet sich hier.

    Ich zeigte auf eine Tür und liess sie von einem Sklaven öffnen, der uns von der Porta her begleitet hatte. Florus hielt sich im Hintergrund, aber ich konnte sehen, dass er den beiden Urbani aufmerksam auf die Finger schaute.

    So soll es sein. Ich werde mich ebenfalls bereit machen.


    Und so stand ich auf, und verliess das Officium, um mich für den Ausflug zur Domus meiner früheren Familie vorzubereiten.

    Wenig später waren sowohl die Männer, als auch ich bereit und wir gingen die wenigen Doppelschritte der Strasse entlang.


    Sim-Off:

    Weiter in der Domus Iulia.

    Ich hörte aufmerksam zu, was der Urbaner erzählte. Als Frau war ich es mir nicht gewohnt, dass man mich fragte, also blickte ich zu Florus, der mir aufmunternd zunickte.


    Der Mord an meinem Cousin Caesoninus muss aufgeklärt werden, da sind wir uns einig. Ich werde euch gerne in die Domus Iulia begleiten und würde es sehr begrüssen, wenn ihr eure Ausrüstung mit einem Mantel bedecken würdet, damit der Zugang keine Aufmerksamkeit erregt. Da die Herren der Domus Iulia, die Senatoren Dives und Centho derzeit nicht in Rom weilen, würde mich ein Gerücht in grosse Bedrängnis bringen.

    Einige Zeit später, es war in der Zwischenzeit viel gelaufen, ich hatte mein erstes Kind zur Welt gebracht, Florus war zum Volkstribun gewählt worden und einige unglaubliche Dinge hatten Rom erschüttert, da suchte ich Crispina wieder auf. Es war nun definitiv an der Zeit, endlich eine weitere Sitzung der Societas Veneris abzuhalten und Crispina endlich in den Rang einer Soror zu berufen.

    Der persönliche Sklave meines Mannes, zuständig für sein Officium, hatte mich gesucht und gefunden. Er berichtete mir, dass mein Mann und 2 Soldaten der Cohortes Urbanae meine Anwesenheit im Officium benötigten. Ich fragte nicht nach um was es ging, das würde der Sklave nicht wissen sondern machte mich umgehend mit ihm auf den Weg.


    Wenig später betraten wir das Officium, er verliess es hinter mir wieder und schloss die Tür. Ich erkannte einen Mann, den ich öfter bei der Salutatio gesehen hatte. Einer der Soldaten war also vermutlich ein Klient von Florus


    Salvete die Herren. Du hast nach mir rufen lassen, Florus? Wie kann ich denn in deinen Geschäften behilflich sein?

    Es war ja nicht üblich, dass eine Frau den Männern in geschäftlichen Dingen helfen konnte.

    Von der Porta kommend brachte Ursus die beiden Urbaner zum Officium des Dominus, wo er anklopfte, auf den Befehl einzutreten wartete, und dann den Klienten entsprechend mit Namen und angekündetem Begehr anmeldete. Danach hielt er die Tür auf, damit die Herren eintreten konnten.


    Hinter den Herren verliess er das Officium wieder, schloss die Tür und begab sich zurück an seinen Platz an der Porta.

    Durch den Amtsantritt des Hausherrn als Tribunus Plebis hatte sich die Situation für die Domus Annaea insofern geändert, als dass die Port grundsätzlich für jeden Bürger offen zu stehen hatte. Daher öffnete der Ianitor Ursus auf dieses Klopfen hin auch nicht bloss den Sehschlitz, sondern gleich die ganze Tür. Er selbst positionierte sich dabei derart, dass sein riesiger Körper die Tür praktisch ausfüllte und jedem kleinen Tunichtgut vermutlich gleich das Herz in die Hose rutschte, wenn er den Riesen da stehen sah. Das sollte eigentlich auf Grund der sacrosanctitas des Volkstribunen nicht nötig sein, doch man wusste halt eben doch nie so genau.


    Domus des Tribunus Plebis Lucius Annaeus Florus Minor. Was kann ich für euch tun? Ah, guten Tag Purgitius Lurco.


    Der Klient des Hausherrn war von diversen Salutationes bereits bekannt. Dennoch war dem Ianitor sofort klar, dass der Klient heute nicht ausschliesslich privat hier war, denn er war in Ausrüstung da und nicht in normaler ziviler Kleidung eines Klienten.

    Nach der Arbeit der letzten Stunden war ich todmüde und wollte nur noch schlafen. Crispina war die ganze Zeit bei mir gewesen und hatte mich unterstützt, was ich jedoch kaum wahrgenommen hatte. Die Mischung aus Schmerzen, Pflichtgefühl und Versagensangst hatte mich derart auf Trab gehalten, dass ich mich nur auf die Hebamme konzentrieren konnte.


    Nun sicherte mir diese zu, dass sie mich wecken würde, wenn Florus nach Hause kam und dass das Kind bis dahin gewaschen und gut behütet sein würde. Wenig später war ich im Land der Träume angekommen, wobei ich zu erschöpft war, um zu träumen.