[Blockierte Grafik: http://img836.imageshack.us/img836/1037/kil1.jpg] | Araxes
Der hadernde Skythe hatte sich an einen der Tische niedergelassen, der noch frei war. Dann begann er einen Becher nach dem anderen zu leeren. Dabei brummte er leise wüste Flüche vor sich her. Seine Wut loderte in ihm und je mehr er trank, umso eher drohte sie vollends auszubrechen.
Bisher hatte sich kaum einer der Gäste an dem Skythen gestört. Aber im Verlauf des Abends füllte sich die Taverne zusehends. Ein Mief aus Schweiß, Wein und dem Öl der Lampen herrschte in der Schankstube. Das laute Gekicher leichter Mädchen, die sich an den einen oder anderen der Gäste heranmachten ließen den Skythen kurz aufblicken, doch schnell gab er sich seinem Wein wieder hin. Dafür hatte er heute kein Interesse. Eines der Mädchen kam zu ihm herüber und setzte sich neben ihn auf seine Bank.
"Na, Süßer, bist du einsam?" Araxes sah noch einmal auf zu dem Mädchen und zog eine Grimasse. "Verschwinde, du elende Schlampe!" zischte er und schupste sie von der Bank, so dass sie strauchelte. "Hee, was soll das! Bist du bescheuert?" Keifend rappelte sie sich wieder auf.
"Verschwinde und lass den Mann in Ruhe!" Ein dunkelblonder Hüne trat aus der Menge hervor an den Tisch des Skythen und setzte sich. Das Mädchen verstummte augenblicklich und machte sich schnell davon. "Ich darf mich doch setzen?" Bevor Araxes etwas gegenteiliges sagen konnte, rief er bereits die Schankmaid herbei. "Bring meinem Freund hier und mir noch mehr Wein!"
Mit kritischem Blick beäugte Araxes den Fremden, der sich nun, kurz nachdem der Wein gebracht wurde, an ihn wandte. "Bist du der, den sie den Skythen nennen?"
"Wer will das wissen?", entgegnete Araxes, griff abermals zu seinem Becher, der frisch gefüllt war und leerte diesen in einem Zug.
"Namen tun nichts zur Sache. Ich hörte, du bist ein Mann fürs Grobe." Der Hüne grinste vielsagend und goss sich nun auch ein.
"Kann schon sein. Worum geht´s?" entgegnete der Skythe. Ein neuer Auftrag war immer gut. Wenn er gut bezahlt wurde, milderte das etwas seinen erlittenen Schaden und stimmte ihn wieder etwas friedlicher.
"Schön," grinste der Hüne und nahm einen Schluck. "Du sollst einem unserer Geschäftspartner auf endgültige Weise zeigen, was es heißt, seine Schulden nicht zu begleichen. Du verstehst, was ich meine." Der Hüne wischte sich den Wein mit dem Handrücken von seinen Lippen und machte dann eine unmissverständliche Geste, indem er mit dem Daumen quer über seine Kehle strich. Die Augen des Skythen blitzen auf. Die Wut stieg erneut in ihm auf. Mit Freuden würde er diesem "Geschäftspartner" den Garaus machen und wäre es nur um des Mordens willen. Zustimmend nickte er. Doch bevor er den Handel einging, gab es noch einiges zu klären.
"Einer, der seine Schulden nicht beglichen hat? Von denen gibt es viele. Was ist euch die Sache wert?" Der Hüne kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Genüsslich nippte er an seinem Wein. "Sagen wir dreihundert für deine Unkosten und fünfhundert, wenn der Kerl mit dem Kopf nach unten im Tiber schwimmt."
Araxes strich sich mit den Fingern übers Kinn. "Also achthundert? Das ist zu wenig! Ich habe in letzter Zeit etwas Pech gehabt. Für tausend würde ich es machen! Fünfhundert im Voraus und den Rest, nach getaner Arbeit."
Ob achthundert oder tausend waren dem Hünen letztlich egal. Nur diese klitzekleine Bemerkung am Rande ließ ihn hellhörig werden. Sein Grinsen war mit einem Mal aus seinem Gesicht gewichen. "Gut! Dann tausend. Du hattest Pech? Inwiefern?"
Araxes war mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem der Alkohol seine Sinne zu benebeln begann. Der Wein trieb ihn zu unüberlegtem handeln und machte seine Zunge locker, was für einen wie ihn gefährlich werden konnte, erreichte zufällig sein Gerede die falschen Ohren.
"Mein letzter Auftraggeber hat sich einfach aus dem Staub gemacht und schuldet mir noch die Hälfte der vereinbarten Summe! Dieser Dreckskerl! Dabei hatte ich nur Scherereien damit! Wenn ich den in die Finger kriege!" Vor Wut kippte er noch einen Becher Wein hinterher.
"Ach ja? Worum ging´s denn dabei?" , fragte er scheinbar ganz belanglos, jedoch begann er sich brennend dafür zu interessieren, nichtsahnend, wie brisant seine Frage war.
"Ach, nur um so ein Weibsbild von irgendeinem Geldsack, die ihrem Alten untreu war und es mit ihrem Sklaven trieb."
"Untreu war? Das heißt, du hast sie…?" fragte er lachend und stellte sich dabei vor, was man alles mit einer Frau machen konnte, bevor man sie ins Elysio schickte.
"Nein, sie nicht. Nur den verdammten Sklaven. Die Frau sollte ich nicht anrühren. Ich hab sie verfolgt, bis in die Albaner Berge zu diesem See, wohin kinderlose Weiber, Sklaven und anderes Gesocks hin pilgern. Dort haben sie´s getrieben, wie die Karnickel…"
Araxes war längst schon jenseits der Hemmschwelle, die ihn bisher davor bewahrt hatte, über sie Sache im heiligen Hain zu sprechen. Und dennoch, es war nicht nur dem Wein zuzuschreiben, auch seiner Frustration, die den Skythen nun nach und nach sein ganzes Geheimnis preisgeben ließ, ohne darüber mehr nachzudenken.