Beiträge von Narrator

    Die Wahl zum Cursus Honorum war abgeschlossen und die letzten Amtshandlungen der scheidenden magistrate konnten beginnen. Dazu gehörte es auch, dass der Consul nach der Bekanntgabe der Ergebnisse die Ämter zur Verteilung aufrief.


    "*blablabla* *viele Namen aufzähl* *blablabla* *noch mehr Namen aufzähl* ... und dann noch die Herren Marcus Aurelius Corvinus und Quintus Germanicus Sedulus, die zum Quästor gewählt wurden. Und das hier sind die gewählten Vigintiviri: *blablabla* *restliche Namen aufzähl*"


    Nach dieser endlosen Tirade rollte der Consul trockenen Mundes die Liste zusammen. "So. Vorschläge, wem wir welchen Posten geben?"

    Völlige Stille erfüllte den Raum. Dunkel und stickig war es zudem. Nur der eigene Atem verursachte hier eine Störung der Grabesstille. Es war kein großer Raum, gerade so, dass ein erwachsener Mann darin liegen konnte ohne sich den Kopf zu stoßen. Hätte man etwas Licht gehabt so hätte man die Spuren der anderen Gefangenen erkennen können, die diese in den Wänden hinterlassen hatten. In der Zelle stank es unangenehm nach den Hinterlassenschaften der vorherigen Bewohner. Die trockene Luft hatte sich die Nacht über etwas abgekühlt, doch bald würde die Sonne wieder genau auf dem Gefängnis stehen und es heiß werden lassen. Mit Bedacht hatte man es damals so angelegt, dass es Wind, Sandstürmen und der unbarmherzigen Sonne ausgeliefert war.


    Vor der Zelle hielt ein Soldat Wache. Gemütlich hockte er auf einem kleinen verdreckten Schemel und zeichnete mit einem kleinen Stab Figuren in den Dreck. Ein leises Geräusch kam näher und schnell konnte man es als Schritte identifizieren. Ein Schlüssel wurde in sein Schloß gesteckt, herumgedreht, die Tür geöffnet und wieder verschlossen nachdem ein anderer Soldat hindurch getreten war. Jemand anderes konnte es nicht sein. Nur diese kamen hierher.


    „Hier das Wasser. Frisch aus dem Brunnen. Trink es so lange es noch kühl ist. Es wird wieder ein heißer Tag."


    Er warf dem sitzenden Kollegen den Schlauch zu und schlug einmal gegen die Tür in der schon seit geraumer Zeit keine Geräusche des Gefangenen zu hören war. Die andere Wache grinste breit, öffnete den Schlauch und trank schließlich einen Schluck ehe er zusammenzuckte und wütend gegen seine Wade schlug.


    "Verdammte Viecher. Dass es hier immer nur so vor Flöhen wimmeln muss. Wenn ich mit meinem Dienst hier fertig bin, brauche ich wieder eine ganze Woche ehe ich sie los bin. Verdammte Blutsauger."
    „Nun hab dich doch nicht so und denke dran. Der da drinnen hat wesentlich mehr von ihnen als du. Geschieht ihm ganz recht."
    „Was meinst du? Ob er sich schon auf morgen freut? Das Volk wird sich freuen einen von ihnen so sehen zu können und der Sháh auch. Es wird ein Fest werden."
    „Oh ja...dann ist dieser Mann sogar noch zu etwas Nutze. Er wird morgen die Attraktion sein."
    „DU römisches Schwein! Hast du das gehört? Du wirst morgen eine Sehenswürdigkeit sein!"


    Schallend lachten die beiden nachdem sie es dem Gefangenen zu gerufen hatten.


    „Schließlich bekommt man ja nicht jeden Tag so einen zu sehen. Er soll ja ein ganz wichtiger Mann sein. Fast so wichtig wie der Kaiser. Wusstest du das?"
    „So wichtig sieht das Elend da drinnen aber nicht aus. Aber er hat sich allen Verhören bis jetzt widersetzt und angeblich sogar seinen Stolz noch behalten. Aber das wird morgen vorbei sein."


    Wieder lachten die beiden. Sie fanden es etwas ungerecht, dass sie bei den anderen Befragungen nicht dabei gewesen waren. Allerdings hatten sie sein verbeultes Gesicht gesehen als er hierher zurückgebracht wurde und auch einige Schnittwunden trug. Die Wunden waren inzwischen verschorft und durch die mangelnde Sauberkeit auch etwas entzündet. Es würden Narben zurückbleiben, aber das war ganz egal. Nur sterben durfte er nicht, noch nicht, dank der Anweisung des Sháhs, der ihn vorerst noch am Leben wissen wollte. Als Geisel, denn als Sklave war er wohl kaum zu gebrauchen.

    Der Blick des Consuls wandert zu Senator Decimus Meridius.


    "Senator, du würdest dich dieser Sache widmen wollen? Im Namen des ganzen Senates, versteht sich und mit den beiden Consuln an deiner Seite und jeder nötigen Unterstützung. Nicht wenige von uns standen selbst an der Spitze von Legionen. Gerade deswegen möchte ich die Angelegenheit nicht persönlich neben meinen übrigen Pflichten erledigen müssen."


    Ein strafender Blick trifft den Mann aus dem Palast. Die Kanzlei des Kaisers hatte zu deutlich gezeigt, was passiert, wenn man so eine Angelegenheit nur nebenbei behandelt.

    Ein neuer Tag begann am Himmel aufzuziehen. Er färbte sich bereits leicht rötlich und bald konnte man die Sonne über die Linie am Firmament aufgehen sehen. Es wurde Zeit für die Fischer in ihre Boote zu steigen und ihren Fang zu machen. Bald würden sie mit ihnen auf den Markt gehen und ihre Ware dort feil bieten. Die Geschäftigkeit nahm zu. Weitere Händler bevölkerten die Straßen um ihre Erzeugnisse und Güter zu verkaufen. Erste Sklaven mischten sich in die Reihen der Geschäftigen. Sie führten die Aufträge ihrer Herren aus. Stimmen, das Poltern der Wagen, Dinge, die kaputt gingen weil jemand unachtsam war. All dies ließ die Stadt langsam erwachen. Es war jenes Treiben einer großen Stadt am Hafen, in der viele Menschen zu Hause waren, eben jenes einer Hafenstadt.



    Vom Markt konnte man die Händler lautstark ihre Waren anpreisen hören, etwas ruhiger wurden die Verhandlungen um Menge und Preis geführt und noch ruhiger wurden jene Verhandlungen geführt, die nicht jeder mitbekomme sollte. Die vielen Gerüche verschiedener Speisen lagen in der Luft, erfüllten diese und so manch hungrige Nase wurde davon angelockt. Es war Antiochia wie man es seit langer Zeit kannte und sicher kennen würde. Ausgelassen, unruhig und groß.



    Für jeden Neuankömmling wirkte die Stadt so wie immer. Doch wer hier wohnte, wusste dass der Schein trog. Die Nachricht über den Tod des Kaisers hatte sie Menschen hier ebenso getroffen wie überall im Reich. Man war erschüttert. Sie traf die Menschen völlig unerwartet und in ihrer Ohnmacht ob dieses Ereignisses taten sie das was richtig war. Die Stadt pulsierte, lebte weiter und doch konnte man die Wolken, die diese Nachricht hatte aufziehen lassen nur all zu deutlich spüren.

    Rufus hatte sich tatsächlich gefreut und dem Anlass nicht ganz angemessen ein großes Gelage gegeben. Mancher Gast war zweifellos nur deswegen dabei, damit er allzu offene Intrigen gegen seine Person verhindern konnte, die auf einem Fest dieser Art gesponnen wurden. Wenn Rutilius Rufus ein Gelage gab, gab es wenig später nämlich immer irgendein gesellschaftliches Opfer und es gehört immer zum Kreis jener, die nicht gekommen waren. Letztlich gab es also immer zwei Arten von Gästen: diejenigen, die gekommen waren weil sie Angst hatten und diejenigen, die gekommen waren, um anderen Angst zu machen.


    Calpurnius Piso wusste, dass sein Günstling genau an dieser Konstellation seine Freude hatte und sie ausnutzte, um trotz seiner ansonsten unausstehlichen Art Macht über andere ausüben zu können. Und Calpurnius Piso hatte seinerseits genug Macht, um sich dieses Kalkül selber zunutze machen zu können. Argwöhnisch beäugte er also die anderen Gäste, während er die spärlichen Informationen weitergab, die er nach der Todesnachricht noch erhalten hatte. Wichtige Meldungen aus Parthia waren dabei und unwichtige von der Insel Cyprus und auch die Nachricht, von wem es noch keine Nachricht gab, war schon ein paar Gesprächsfetzen wert. Als Statthalter von Asia war sein Einfluss alles andere als gering in dieser Region - und der designierte Kaiser war nicht unter den Gästen.

    "Warum kann sich dieses elende Orakel nie deutlich ausdrücken?" Zeternd und aufgewühlt gab sich die Gattin des Statthalters nach dem Besuch der von ihr favorisierten Weissagungsstätte. Ihr Mann sah es nüchterner, denn das Orakel hatte sich an den Stellen, für die er wie üblich bezahlte, klar und deutlich ausgedrückt und mehr konnte man wirklich nicht erwarten. Er liebte dieses Achaia, aber an Vorhersagen glaubte er trotzdem noch lange nicht.


    "Schatz, nun sag schon! Sollte das heißen, dass du Kaiser wirst? Woher das Orakel das auch nur wissen will. Ich weiß doch gar nicht, was ich als Kaiserin machen müsste. Jetzt sag' doch auch mal was! Was meint das Orakel mit unerwarteten Kräften? Wird der kranke Caesar plötzlich gesund? Was treibt sich der Mann auch im Illyricum herum, da muss man ja krank werden!"

    Der Bote der Prätorianer aus Rom war längst nicht der einzige, der in diesen Tagen zum Caesar gelangte. Außer dem Boten der Legio I als Vertreter des in Parthia aktiven Südheeres hatte sich auch das Nordheer gemeldet, der Statthalter aus Syria, jener aus Asia sowie jene aus Achaia und Dacia ebenfalls. Alle versicherten ihre Treue und warteten aus Anweisungen, mal selbstbewusst, mal zöglich pflichterfüllend, mal abwartend. Die Schreiber im Hauptquartier des Legionslagers hatten alle Hände voll zu tun, die Nachrichten eilig zu ordnen und ihrem Herrn zuzutragen, um dessen erste stockenden Antworten zu erfahren, von denen er aber noch keine als sofortige Antwort zurück geschickt haben wollte. Die wartenden Statthalter würden sich noch gedulden müssen.

    Ein Liktor des Consuls erscheint an der Porta der Castra Praetoria und hinterlässt eine kurze Nachricht für Caecilius Crassus.


    Sei gegrüßt, Praefectus Praetorio Caecilius Crassus!


    Da die in Frage stehende Handlung keine Amtshandlung eines Magistrates der Stadt Rom ist, betrachtet sich der Consul bis auf Weiteres in der Frage der Inhaftierung des Marcus Tiberius Antoninus als nicht zuständig und bezieht daher keine Stellung zu dem ihm entgegen gebrachten Einsprüchen.

    Ein Liktor des Consuls erscheint an der Porta der Villa Tiberia und hinterlässt eine kurze Nachricht für Tiberius Durus.


    Sei gegrüßt, Praetor Urbanus Tiberius Durus!


    Da die in Frage stehende Handlung keine Amtshandlung eines Magistrates der Stadt Rom ist, betrachtet sich der Consul bis auf Weiteres in der Frage der Inhaftierung des Marcus Tiberius Antoninus als nicht zuständig und bezieht daher keine Stellung zu dem ihm entgegen gebrachten Einsprüchen.

    Missmutig betrachtete der Consul die Flut von Einsprüchen und Widersprüchen, die plötzlich sein Haus traf. "Wer ist dieser Marcus Tiberius Antoninus? Ist er es wert, dass sich ein Praetor, ein Praefectus Praetorio und auch noch ein Consul um ihn bemühen? Sollte er ein Zankapfel zwischen Männern unterschiedlicher Rechtsauffassung sein, die nur ihr Profil schärfen wollen, bin ich nicht der Schiedsrichter. Es geht hier nicht um die Handlung eines Magistrates, ich betrachte mich bis auf Weiteres als nicht zuständig."

    Die breite Zustimmung zur Sache ließ den Consul die Sache ruhig angehen. Er hätte ziemliches Herzrasen bekommen, hätte sich eine offen feindliche Haltung gegenüber dem Caesar gezeigt. Man wusste schließlich nie, welche verborgenen Kräfte im Senat lauerten. Aber so sah es nach einer reibungslosen Übergabe aus.


    "Dann scheint es Konsens zu sein, dem Caesar die Kaiserwürde anzutragen. Lasst uns dies in einem formellen Beschluss des Senates festhalten, bevor wir die Mitglieder einer möglichen Delegation bestimmen.


    Es möge jeder per Handzeichen angeben, ob er dafür oder dagegen stimmt, dem Caesar Gaius Ulpius Aelianus Valerianus die Würde des Imperator Caesar Augustus anzutragen."

    Der Consul erhob sich, um das Ende der Abstimmung zu signalisieren.


    "Quirites, damit ist es beschlossen. Der Satz 'Sollte kein Aedilis gewählt sein, oder dieser abwesend sein, so wird er durch den Praefectus Urbi vertreten.' wird per Decretum Senatus aus dem Codex Universalis, Pars Sexta, §53, Absatz 3 gestrichen."

    Zitat

    Original von Quintus Germanicus Sedulus
    Savle Consul! Ja dem ist so.


    Der Consul lächelte.


    "Ich war ja seinerzeit in Gallia stationiert... wunderschöne Gegend, ruhig war es damals, zumindest in meiner Ecke..." schwelgte der Consul in Erinnerungen. "Trotzdem war ich froh, als ich endlich wieder in Rom ankam. Nun, ich werde deine Kandidatur vermerken und dir eine Nachricht schicken, wann deine Vorstellung im Senat anberaumt ist."

    "Da unsere Männer nicht in einer zentralen Castra stationiert sind, wäre es wenig sinnvoll, jetzt alle Vigiles hierher zu zitieren. Ich möchte daher, dass ihr, meine Offiziere, das übernehmt."

    Der Praefectus atmete einmal tief durch, so als ob er noch darüber nachdenken müsste.


    "Die Männer sollen es erfahren. Besser so als es auf der Straße von irgendwelchen Besoffenen oder sonstigen Halunken zu hören."