Der Kampf um den Adler
[Blockierte Grafik: http://img524.imageshack.us/img524/3310/krieger3lc5.jpg] | Kashtarith, Sardar der Kataphraktoi
Besiegt, zu Boden getreten und den Tod vor Augen, vermochte der schwerverletzte General die makabere Ironie der Situation nicht so recht zu schätzen. 'Den Adler oder den Tod' hatte er befohlen, und nun würde der Adler sein Tod sein. Er biss die Zähne zusammen, als der Miles die Standarte hob, um sie ihm in den Leib zu rammen, und blickte starr in den Himmel hinauf.
Sein Gesicht war reglos. Der Feind sollte nicht die Genugtuung haben, ihn wanken zu sehen. So endete es also. Er hatte gekämpft bis zum letzten, er war seinem Herrscher treu gewesen, er hatte im großen und ganzen ein gottesfürchtiges Leben geführt, und gleich würde er erfahren, ob das, was er den gepressten Bauern von der Richterbrücke und der Stätte der Seelen erzählt hatte, wirklich so war. Tapfer erwartete er den tödlichen Stoß. Doch der blieb aus. Die Standarte bohrte sich wenig neben ihm in den Boden.
Nein... - Erschrocken erkannte er, dass man ihn scheinbar gefangennehmen wollte. Kein sauberer Tod, statt dessen harrten seiner, falls er nicht von alleine starb, wohl Verhöre und Folter. Es graute ihm bei der Vorstellung, dass die Römer womöglich was aus ihm rausbekommen könnten, über die Verteidigung der Stadt, oder gar darüber wie man unbemerkt reinkam - seine Familie war dort, und wenn die Schlacht verloren sein sollte, dann schützten nur die Mauern von Edessa sie noch vor den für ihre Greueltaten berüchtigten Invasoren.
Verbissen klammerte er die Finger um den Griff seines Schwertes. Sie waren eiskalt, und die Waffe so schwer geworden. Ständig wollte sie ihm entgleiten, als er mühsam versuchte, sie anzuheben, und die Spitze gegen seine Kehle zu richten, festentschlossen, sich selbst ein Ende zu bereiten.
Doch ein verschwommener Schemen beugte sich über ihn, und eine kräftige Hand entriss ihm das Schwert.
"Schönes Stück", murmelte der Capsarius, der auf den Befehl hin herbeigeeilt war, und warf kurz einen begehrlichen Blick auf die feinziselierte Klinge mit dem Opal im Knauf. Dann machte er sich ans Werk, und versuchte die Blutung des Gefangenen zu stillen, fuhrwerkte unsanft am Hals des Parthers herum, der darüber wachsbleich wurde und das Bewusstsein verlor. Mit einer Nadel umstach der Capsarius an Ort und Stelle die blutenden Gefäße, sah, dass keines der großen verletzt war, und tatsächlich brachte er die Blutung erfolgreich zum Stillstand. Für die Mühe, die er mit dem Feind gehabt hatte, erlaubte der Capsarius es sich noch, verstohlen einen schweren goldenen Ring vom Finger des Parthers abzustreifen und mitgehen zu lassen. Dann wischte er sich das Blut von den Händen und wandte sich wieder den Kameraden zu. Da gab es wahrlich genug, die seiner Hilfe bedurften.
Das "letzte Gefecht" um den Adler herum, wandelte nun schlagartig sein Gesicht, als die bedrängten Centurien von so vielen Seiten Unterstützung bekamen. Die Übermacht der Römer drängte die Parther Stück für Stück zurück. Die baktrischen Sölder begannen schon sich langsam zurückzuziehen, die Panzerreiter dagegen fochten weiter tapfer und beharrlich, suchten Rache zu nehmen für den Fall ihres Generals, und erwiesen sich auch gegenüber der angreifenden Legionsreiterei noch immer als furchterregender Gegner.
Rückzug der Parther
[Blockierte Grafik: http://img516.imageshack.us/img516/5176/satrap1iw7.jpg] | Narseh Abgar, Satrap von Osroëne
Es gab Momente im Leben, da musste man umdenken. Da musste man erkennen, dass es Zeit war zu gehen. So ein Moment war für den Satrapen Narseh Abgar gekommen, als er aus den eintreffenden Meldungen ersehen konnte, dass die Attacke auf den Adler fehlgeschlagen war, dass die Römer einfach zu viele waren, dass ihre Flanken seine Armee zu umgreifen versuchten, und dass er diese Schlacht verlieren würde. Müde sanken seine Schultern herab, als die Last seiner Jahre doppelt schwer zurückkehrte.
"Gortazes!"
Der angesprochene - ein junger Nachwuchs-Heerführer von edlem Geblüt - neigte höflich sein Haupt. Mit klammheimlicher Freude hatte er die Niederlage des Kashtarith gesehen, denn er hatte bisher stets in dessen Schatten gestanden. Nur den kleinen nächtlichen Überfall hatte er anführen dürfen, und er brannte vor Tatendrang. Allerdings erwartete ihn eine undankbare Aufgabe.
"Gortazes - lass zum allgemeinen Rückzug blasen. Die Schützen sollen unsere Leute soweit möglich decken. Du hast das Kommado. Enttäusche mich nicht, mein Sohn. Wir sehen uns in Edessa."
Einen tristen Blick warf der Satrap noch auf das blutige Feld seiner Niederlage, und bekümmert schüttelte er den Kopf. Dann wendete er sein Pferd, und begab sich, umgeben von seiner Leibgarde und einer starken Abteilung Reiterei, auf den Heimweg. So wie er auf den Weg zum Schlachtfeld stolz vorneweg geritten war, so flink führte er jetzt den Rückzug an. In solchen Fragen war der alte Abgaride ganz pragmatisch.
Alsbald verstummte das Grollen der Kriegstrommeln, und laut hallten die Signale und leiteten den allgemeinen Rückzug ein. An den Flanken ließ Gortazes die leichten Reiter zur Entlastung noch einige schnelle Angriffe reiten, um das "Umfassungs-Manöver" der Römer zu vereiteln. Im Großen und Ganzen ging der Rückzug geordnet vonstatten.