Bald verstummte das Flötenspiel, der Flamen Dialis ergriff die beiden Kannen mit neuem und altem Wein und wandte sich an die Götter.
"Oh Iove hochgelobter, Iove höchster und größter! Oh Meditrina hochgelobte, Meditrina um unser Wohl bemühte! Ihr, die ihr die Führung der Meditrinalia inne habt, wie es Euch gebührt euch heute eine Libatio zu reichen aus neuem und altem Wein, für Euer Heil, so geben wir Euch zu Ehren den neuen ... und alten Wein!"
Je als er das Wort neuen und alten aussprach, goss der Priester aus je einer der Kannen eine großzügige Menge in die goldfarbene Schale. Schließlich hob er jene an und goss vorsichtig einen Teil davon in die Feuerschale, um das Feuer herum.
"Ihr unsere Götter, die Ihr die Führung der Meditrinalia inne habt, um Euer Wohl sollt Ihr geehrt werden durch diesen Wein, den alten und neuen, welcher vergossen wird, zu Euren Ehren in der Libatio!"
Noch einmal fand ein kleiner Teil des Weines seinen Weg in die Feuerschale, wobei der Flamen Dialis sorgfältig darauf achtete, das Feuer, welches auf einer Erhöhung mittig der Schale ruhte, nicht damit zu berühren und womöglich zu löschen. Dies war auch der Zeitpunkt, an welchem die Zuschauer des Opfers ihre Becher kippten und einen Teil des Weines für die Götter auf den Boden vor ihnen gossen.
"Novum vetus vinum bibo, novo veteri morbo medeor - Wir trinken neuen und alten Wein, um von neuer und alter Krankheit geheilt zu werden."
Der Priester setzte die Schale an seine Lippen und trank einen Schluck des gemischten Weines. Überall aus der Menge erklang der Meditrinaliaspruch und Menschen hoben ihre Becher, um davon zu trinken und so für ihr Wohl und ihre Gesundheit Sorge zu tragen.
Beiträge von Narrator
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Durch die ihm vorangehenden Camilli kündigte sich das Herannahen des Flamen Dialis an. Ob seine Tracht - coditie feriatus - dafür sorgte, dass er tatsächlich täglich festlich erschien, oder nicht eher dafür, dass sie aufgrund der Alltäglichkeit eben in jene überging, darüber ließ sich sicherlich streiten. Doch der zeremonielle Auftritt, begleitet vom Spiel der Tibicines, flankiert von Weihrauchkästchen tragenden Knaben, welche die hochgewachsene Gestalt säumten, tat sein übriges. Die Stimmen verstummten, als der Flamen hinter den Altartisch trat, sich seine Hände in einer gereichten Schüssel mit klarem Wasser wusch und schließlich die ersten Reihen der Zuschauer mit Wasser besprengte um sie für die kommende Zeremonie zu reinigen. Während all dies geschah, eilten sich die Diener des Cultus Deorum ihrer Aufgabe nachzukommen und unter den am Opfer Teilnehmenden Wein auszuteilen. Sie balancierten ihre mit kleinen Weinbechern gefüllten Tabletts und boten jedem Zuschauer einen Becher an. Darin war alter Wein aus dem Vorjahr, gemischt mit neuem Wein, welcher noch eher an Traubensaft erinnerte, denn an das leicht säuerliche Getränk, welches aus der übrigen Lese gewonnen werden würde. Auf dem Altar brannten derweil die Räucherkästchen, aus denen süßlicher Duft empor stieg. Zudem wurde das Opferfeuer in einer goldfarbenen Schale entzündet, eine weitere goldglänzende Schale wurde für die Libatio bereit gestellt.
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Passend zu dem Fest, welches auch ihn ehren sollte, hatte Iuppiter für einen angenehmen Herbsttag gesorgt. Die Sonne schien mild auf die ewige Hauptstadt herab und nur ein leichter Windhauch sorgte ab und an dafür, dass die grünen Weinranken erzitterten. Rund um den Platz auf dem Capitol herum waren sie mit Schnüren befestigt worden, auch über die bereitstehenden Tische zogen sie sich und sorgten mit den dazwischenhängenden Weintrauben für ein passendes Festambiente.
Die Meditrinalia waren ein äußerst wichtiger Feiertag, denn auch wenn militärische Stärke das Imperium vergrößerte und zusammenhielt, die Landwirtschaft war noch immer einer der Grundpfeiler, auf welchen die Macht des römischen Reiches ruhte - und der Weinanbau bildete neben dem Getreide sozusagen das Fundament dieses Pfeilers. Die Meditrinalia repräsentierten das Ende der Weinlese, sorgten für den Dank an die gnädigen Götter und das Wohlergehen des Staates und seiner Bürger. Daneben kennzeichnete nicht nur dieser überaus traditionelle und religiöse Aspekt den Feiertag, sondern vor allem und in besonderem Maße auch das der Zeremonie anschließnde Fest, an welchem große Mengen Wein flossen, was die Bürger von Krankheit heilen sollte und somit der Gesundheit diente. Sich einmal im Jahr zugunsten des körperlichen Wohlergehens betrinken zu können, diese Gelegenheit nahmen die Bürger gewohnheitsgemäß recht zahlreich wahr.
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Ein Bote erreichte ich die Örtlichkeiten der tylusischen Vertretung wie soviele in diesen Tagen ein- und ausgingen. Mühsam plagte er sich mit einem Packet, dessen Adressat ein gewisser Ioshua Hraluch, Inhaber der Schneiderei 'Sarcinator Madinat Hamad', war. Dem Packet war ein kurzer Brief beigelegt und so gab der Bote alles zusammen im praetorium zu Händen eines vertrauenswürdigen Beamten ab.
Ioshua Hraluch
praetorium regni tyli, ostiamSalve Ioshua,
deinem Wunsch bin ich nachgekommen und entsende dir meine besten Stücke.
vale
Rahmon
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Nach langer Reise und über mehrere Umwege hatte der Brief schließlich auch sein Ziel erreicht, die Leder- und Gürtelschmiede von Rahmon, der ohne Frage ein Meister seines Fachs war.
Beherzt nahm er den Brief an sich, brach das Siegel, mit dem dieser verschweißt war, und las die Zeilen, die man ihm schrieb. Die Tatsache, daß sein alter Freund, Ioshua Hraluch, der in Ostia einen Schneidereibetrieb verwaltete, ihm geschrieben hatte, und die Aussicht auf einen lukrativen Auftrag erhellten sein Gesicht. Rahmon wußte natürlich sofort, welche Stücke er seinem langjährigen Geschäftspartner schicken würde und was dieser von ihm erwartete. Persönlich begab er sich sofort zu einem kleinen Holzschränkchen, in dem einige seiner schönsten Exemplare hingen. Da Ioshua in seinem Brief nicht ausdrücklich erwähnt hatte, für wen die Gürtel bestimmt waren und nur etwas von einem Senator erwähnte, wählte er zwei Gürtel, die von Form und Aussehen einem Mann ohne Zweifel gut standen, sowie einen, der vermehrt den Geschmack der holden Weiblichkeit treffen würde.
Dies alles legte er in ein Packet und fügte außerdem noch einige selbstgeschriebene Worte hinbei, bevor er es persönlich zur nahegelegenen Mansio brachte, um den Inhalt zu seinem Bestimmungsort Ostia zu schicken. -
Der Flamen Dialis bedarf keines Blicks, denn ebenso wie er immer genau dann kommt, wann er beabsichtigt, ist auch sonst immer genau dann die rechte Zeit gekommen, wenn der Falmen Dialis beschließt, dass nun die rechte Zeit gekommen ist. Doch nun ist tatsächlich die rechte Zeit gekommen, darum winkt er den jüngsten Camillus heran, der schon die Platte mit dem Speltkuchen in den Händen hält. Der kleine Kerl versucht feierlich und mit ernster Mine bis zum Flamen zu schreiten, aber als Zuschauer kann man genau sehen, dass seine ganze Konzentration dem Kuchen und dem Umstand, dass dieser nicht zu Boden fällt, gilt und er darüber angestrengt die Stirn runzelt, was nicht mehr ganz so feierlich aussieht. Der Flamen Dialis sieht jedoch gütig lächelnd darüber hinweg, nimmt den Kuchen und teilt ihn vor den Augen des frisch vermählten Paares. "Wie diesen Kuchen vor den Augen der anwesenden Gäste, so sollt ihr von nun an euer gemeinsames Leben vor den Augen der Götter teilen, zwei Stücke von einem einzigen."
Während die Brautleute den Kuchen verspeisen, tritt der Flamen an den Altar und stellt dort eine alles überragende Statue des Iuppiter hinzu. Anschließend folgt das unblutige Opfer aus Früchten des Herbstes und weiteren Speltkuchen und als der Flamen Dialis das Opfergebet spricht, umschreiten Antonia und Gracchus den Altar rechtsherum und tun somit den letzten Schritt, der ihre Ehe besiegelt. "Iuppiter Optimus Maximus, ich bitte Dich, durch diese Dir zustehenden Gaben, mit guten Bitten, dass Du wohlgesonnen, gnädig seiest diesem Paar, ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft, dass du dieses Paar segnest und ihnen und ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft Deinen Schutz gewährst, dass Du den Treueschwur dieser beiden mit Deinem Segen bindest und ihn ewig währen lässt."
Mit der letzten Bitte ist die geschlossene Hochzeit nicht nur vor den imperialen Gerichten rechtskräftig, sondern auch vor den Göttern und in confarreatischer Art und Weise geschlossen. "Feliciter!" lässt sich der Flamen Dialis nicht den ersten Glückwunsch nehmen und auch die Flaminica schließt sich sogleich mit einem feliciter! an.
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Freudestrahlend blickt die Flaminica die Brautleute an. "Litatio." Fast scheint es ihr, als wird die Luft im Atrium mit diesem Ausspruch spürbar leichter zu atmen. Zwei Camilli tragen vorsichtig die Feuerschale heran und entfachen mit einer kleinen Öllampe geübt das Feuer darin. Die Flaminica bringt die Opfergaben der Iuno dar und streut gleich darauf weitere Kräuter in die Flammen und kurz darauf auch auf die noch immer glühenden Kohlen im Kohlebecken, damit der Geruch des brennenden Fleisches etwas überdeckt wird. "Für deinen Segen, göttliche Iuno, unser Dank. Mögest du deine schützende Hand über die Eheleute halten und ihnen eine große Familie und immerwährendes Glück bescheren."
Die Flaminica nickt dem Brautpaar lächelnd zu. Nun würde es Ernst werden, der consensus steht kurz bevor und aus ihrer reichhaltigen Erfahrung weiß die Gattin des Flamen, dass dies, gefolgt von dem confarreatischen Ritual, immer der schönste Moment für die beiden Beteiligten ist.
FLAMINICA - EHEFRAU DES
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Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen löst sich die Flaminica vom Arm ihres Gatten und tritt an den kleinen foculus heran. Es bereitet ihr sichtlich Freude, ihren Beitrag zur Verbindung zweier junger Leute beizutragen und so lässt sie es sich nicht nehmen, bei den durch ihren Gemahl geschlossenen Ehen das Opfer für die Götter der Ehe durchzuführen. In völliger Hingabe an ihr Amt stellt sie die kleinen Statuen, welche Iuno, Tellus, Ceres, Pilumnus und Picumnus darstellen auf den Altar und beobachtet beinahe liebevoll, wie einer der Camilli die Kohlen im Feuerbecken entzündet. Von dem jüngsten Camillus, er mag kaum sechs Sommer gesehen haben, nimmt sie die Kräuter entgegen und streut diese über die Kohlen, so dass heller Rauch aufsteigt, unter der Decke des Atriums aufgefangen wird und schließlich mit wogenden Bewegungen durch die Dachöffnung in den blauen Himmel hinausweht. Die Flaminica nimmt den ersten Opferkuchen von einem Tablett und wendet sich den Götterstatuen zu.
"Mutter Iuno, ich bitte Dich, durch diesen Dir vorzusetzenden Kuchen, mit guten Bitten, dass Du wohlgesonnen, gnädig seiest diesem Paar, ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft, dass Du dieses Paar segnest und ihnen und ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft Deinen Schutz gewährst."
Sie legt den Kuchen auf dem foculus ab und nimmt den zweiten Opferkuchen auf."Mutter Tellus, ich bitte Dich, durch diesen Dir vorzusetzenden Opferkuchen, mit guten Bitten, dass Du wohlgesonnen, gnädig seiest diesem Paar, ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft, dass Du ihnen und ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft Deine nährende Kraft und Fruchtbarkeit gewährst."
Auch dieser Kuchen findet seinen Platz auf dem foculus, ein weiterer folgt."Mutter Ceres, ich bitte Dich, durch diesen Dir vorzusetzenden Opferkuchen, mit guten Bitten, dass Du wohlgesonnen, gnädig seiest diesem Paar, ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft, dass Du ihnen und ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft Deine reifende Kraft und Wachstum gewährst."
Nachdem der Ceres ihr Opferkuchen offeriert wurde, nimmt die Flaminica zwei kleinere Kuchen in die Hand.Pilumnus und Picumnus, ich bitte Euch, durch diese Euch vorzusetzenden Opferkuchen, mit guten Bitten, dass Ihr wohlgesonnen, gnädig seid diesem Paar, ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft, dass Ihr ihnen und ihren Kindern, ihrem Haus und ihrer Sklavenschaft Eure nährende und schützende Kraft gewährt."
Die Flaminica bringt die beiden Kuchen dar und wendet sich dann nach rechts zum aufgestellten Opferaltar.Ein Camillus führt ein blasses, mit Kalk geweißtes Schwein herbei um dessen Kopf rote und weiße Binden gelegt, jedoch nicht geknotet sind. Über den Rücken des Tieres zieht sich ein breites Wollband. Nachdem die rituelle Darbringungsformel für Iuno gesprochen ist, reinigt die Flaminica ihre Hände und trocknet sie mit dem mallium latum. Das Schwein wird von seinem Schmuck befreit, mit der mola salsa bestrichen und mit etwas Wein besprengt. Nachdem sie das Opfermesser von dem ältesten Camillus entegen genommen hat, streicht die Flaminica dem Tier mit der stumpfen Seite des Messers über den Rücken und gibt es anschließend wieder an den Camillus. Das Opfergebet wird verlesen, dann fragt der junge Mann das obligatorische "Agone?" und die Flaminica antwortet mit einem Lächeln im Gesicht und einem "Age!" auf den Lippen. Ein schneller Stich in die Halsschlagader des Schweines und das rote Blut schießt aus dem Hals des Tieres. Bald ist eine Opferschale gefüllt, das restliche Blut fließt reichlich über den Boden der Villa Claudia, fast scheint es, als strebe es dem Felsbrocken des Atriums entgegen.
Als das Tier ausgeblutet ist, kniet sich der Camillus nieder und trennt den Bauch des Schweines auf. Sorgsam schneidet er die Eingeweide aus dem Körper heraus und legt eine nach der anderen in eine Patera. Wenig später steht die Flaminica über die Schalen gebeugt und beschaut die Eingeweide auf den Willen Iunos.
FLAMINICA - EHEFRAU DES
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Der Haruspex Sethre Velathri war bereits früh am Morgen in der Villa erschienen. Die beste Zeit zur Begutachtung des göttlichen Willens ist in der Morgendämmerung, wenn zwischen den Grashalmen noch Nebel zieht und der Dunst der aufgehenden Sonne schwer über dem Land liegt. Doch er hat selten eine Hochzeit erlebt, bei welcher die Zeremonie in aller Frühe statt fand. Viel eher ist es wie auch hier, die Gäste kommen und kommen, sie gratulieren, wo es längst nichts zu gratulieren gibt, sie plaudern und scherzen und der Tag zieht unweigerlich dahin, so dass längst alle Hähne ihre Pflicht getan haben und schon wieder den Hennen nachsteigen, bevor der Haruspex zum Einsatz kommt. Doch Velathri ist geduldig, gönnt den Lämmern den letzten Rest ihres Lebens und ist jederzeit bereit, wenn sich die Brautleute denn endlich dazu entscheiden, die Hochzeit unter Dach und Fach zu bringen.
Als das Lamm hereingeführt wird, zieht er sein Messer und legt es auf den mit einem edlen Tuch abgedeckten Tisch. Die beiden Sklaven stellen das Lamm auf den Tisch und einer der beiden zieht ihm mit einem Knüppel über den Schädel, so dass es das Bewusstsein verliert. Der Haruspex legt das Tier zurecht und greift zu seinem Messer. Für die Leberschau ist es wichtig, dass das Organ frisch ist, daher erübrigt sich das Töten des Tieres durch den Kehlschnitt und das anschließende Ausbluten. Velathri zieht einen raschen Schnitt über den Bauch des Lammes und öffnet die Bauchdecke. Mit geübtem Auge sondiert er die Lage der Leber und die Umgebung der restlichen Organe. Aus dem Sitz der Leber lässt sich bereits eine fruchtbare Beziehung herauslesen. So greift der Haruspex sie mit der Linken, trennt sie mit der Rechten aus dem Inneren des Tieres heraus und kümmert sich nicht um das fließende Blut.
Er begutachtet das nordöstliche Viertel der himmlischen Götter, findet dort nur eine glatte Oberlfäche vor. Im rechten südlichen Viertel der Götter der Natur findet sich eine Kerbe der Zustimmung, erneut ein Zeichen für außergewöhnliche Fruchtbarkeit, während das linke südliche Viertel der Erdgötter wiederum ohne Aussage ist. So geht sein Blick in das nordwestliche Viertel, den gefürchteten Wohnort der dunklen Götter der Unterwelt. Doch auch hier zeigt sich kein Zeichen der Ablehnung und so wendet sich der Haruspex Sethre Velathri schließlich an die Brautleute. "Die Göttersitze sind von Ruhe und Glanz umgeben, aus ihnen spiegelt sich Wohlwollen und Zustimmung, doch keinerlei Ablehnung für die Zukunft."
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Der Flamen Dialis kommt nicht zu spät. Denn ein Flamen kommt niemals zu spät. Ebensowenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wann er es beabsichtigt. Für den Flamen Dialis ist dieser Zeitpunkt genau jetzt. Er ist ein ehrfurchtsgebietender Mann, ziemlich groß für einen Römer, mit gerader, aufrechter Haltung, in eine weiße, doppelt gefaltete Toga gekleidet. Da sein Haar wie sein Bart abrasiert ist, kann man nicht erkennen, wie grau es ist, doch die Falten in seinem Gesicht lassen sein Alter erahnen. Auf seinem Kopf ruht felsenfest die traditionelle Filzkappe, der pileus, und der apex daran wippt bei jedem Schritt. An seiner Seite schreitet seine Gattin, die Flaminica, in ein rotes Wollgewand gehüllt und mit der rica auf dem Kopf.
Flamen und Flaminica warten nicht, bis sie bei den Gratulanten an der Reihe sind, die sie begleitenden Liktoren schlagen eine Schneise durch die Gäste, welche nur vor dem Kaiser halt machen würde. "Salvete Flavius Gracchus und Claudia Antonia. Wir beglückwünschen euch zu dem Schritt, der vor euch liegt und zu dem Entschluss, welchen ihr gefasst habt. Wenn ihr bereit seid, so lasst die Zeremonie beginnen."
Die dem Flamen folgenden Camilli schwärmen unterdessen aus, um die für die Eheschließung notwendigen Vorbereitungen zu treffen.
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"Nein, es war völlig unversehrt, zumindest äußerlich." antwortet Fadilla schüchtern. Sie hatte noch das herrlich weiße Fell des Tieres bewundert und bei sich gedacht, dass es ein wirklich gutes Iuno-Opfer abgegeben hätte.
Auch Patros erhebt gleich wieder seine Stimme. "Ganz recht, es gab keine Verletzungen, der Schädelknochen hatte keinen Schaden. Wir haben das Schaf noch ausgenommen und verwertet, auch das Hirn natürlich, dabei hätte man das sicher bemerkt." Er nickt, sich selbst bestätigend, mit dem Kopf.
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"Natürlich wurde das Schaf getränkt und gefüttert!" ereifert sich Patros Menidokolos sogleich und schiebt sich wieder in den Vordergrund. "Meine Tiere leben besser als so mancher Sklave, da könnt ihr sicher sein, werte Senatoren! Der Platz im Schatten galt nicht nur für mich, auch den größten Teil des Viehs hatte ich aus der Sonner herausgehalten und ich bin ganz sicher, das wilde Schaf war eines davon! Natürlich lief es auf dem Weg zum Tempel auch durch die Sonne, aber die meiste Zeit rannte es zwischen den Füßen der Einkäufer herum. Auf der Weide rennt es weitere Strecken in voller Hitze!"
Fadilla hebt ein wenig ihren Kopf und schaut über den Griechen hinüber, was bei seiner geringen Größe nicht schwer ist. "Es war nicht ganz so heiß wie heute an diesem Tag. Aber heiß genug, als dass ein durstiges Tier zusammenbrechen könnte, so etwas kann sicher immer passieren."
"Aber doch nicht bei einem gesunden Tier!" Patros schüttelt den Kopf. "Ein quicklebendiges, fideles junges Ding! Das fällt nicht einfach um, weil ihm ein bisschen Sonne auf den Schädel scheint!"
Die Popa zieht den Kopf wieder ein und blickt betreten auf die Füße der Senatoren in der ersten Reihe. Sie versteht nichts von Schafzucht, versteht nichts von lebenden Tieren, sie versteht sich nur darauf die Tiere in die Gefilde der Götter zu überführen.
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Ein wenig schüchtern tritt Fadilla aus dem Schatten des Griechen, der sich nur schwer in den Hintergrund drängen lässt, heraus. "Salvete Senatores, mein Name ist Ambrosiana Fadilla, ich bin Popa des Cultus Deorum, und an jenem Tag war ich im Tempel der Iuno Sospita zugegen. Ich trat gerade aus dem Aedes hinaus um in die Räumlichkeiten unter dem Tempelpodest zu gehen, um eine Opferschale zu holen, als das Lamm über die Straße lief und der Händler hinterher. Er rief laut, man solle das Tier halten, doch bis die Menschen erblickten, was er meinte, war das Schaf schon an ihnen vorbei. Es kam direkt auf den Tempel zu. Ich weiß, ich hätte hinabgehen sollen um das Tier einzufangen, doch ich stand einfach nur am Ende der Treppen und beobachtete fasziniert das Geschehen. Beinahe erwartungsvoll rechnete ich damit, dass das Tier weiterlaufen würde, sobald der gute Mann nur nahe genug heran war. Doch es blieb nur stehen, ohne Angst und ohne Hast und der Händler war schon zum Greifen nah." Fadilla blickt mit großen Augen durch das Halbrund des Senates.
"Ein lautes, beinahe protestierendes Määähh erklang." In ihrem Blick liegt Verzweiflung. "Und dann begann es. Das Schweigen der Lämmer!" Fadilla schweigt einen Moment, bis sie ihren letzten Satz selbst realisiert. Sie reißt die Augen erschrocken auf. "Ich meine natürlich, das Schweigen des Lammes! Es kippte einfach um, bumm. Tot." Verlegen lässt sie ihren Blick auf den Boden der Curia gleiten. "Es war noch ganz jung und es wäre ein wunderbares Opferlamm für Iuno gewesen. Doch dies war kein Opfer. Wenn man einem Tier die Kehle durchschneidet, so bricht es nicht von einem Moment auf den nächsten zusammen. Mit dem herausrinnenden Blut rinnt auch das Leben aus ihm heraus. Manchmal scheint es beinahe, als fließe die Zeit langsamer dahin, wenn das Opfertier zur Erde kippt. Doch in diesem Fall schien es eher, als wäre die Zeit zwischen dem im Leben Stehen und dem tot auf dem Boden liegen des Schafes verloren gegangen." Zaghaft sucht sie den Blick des Princeps Senatus. Der letzte Satz hört sich selbst in ihren eigenen Ohren merkwürdig an, doch bessere Worte kann sie nicht finden.
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Ohne Zögern tritt Patros nach vorn und verneigt sich leicht vor dem Princeps Senatus. "Ehrwürdige Senatoren, ich möchte gleich zu Beginn erwähnen, dass ich ein ehrlicher, rechtschaffener und götterfürchtiger Mann bin. Mein Vieh ist gesund und von bester Qualität. Die Schafe weiden auf den besten Wiesen mit dem saftigsten Grad vor den Toren Roms und noch nie hat sich meine Herde eine Krankheit zugezogen! Auch vor und nach dem Vorfall zeigte keins meiner anderen Tiere auch nur irgendwelche Anzeichen von Krankheit." Das sollte alle von seiner Unschuld überzeugt haben. Der kleine Grieche kratzt sich am Bart und überlegt, wo er anfangen soll.
Am besten am Anfang. "Der Tag des toten Schafs war bis zu diesem Vorfall ein recht angenehmer Tag. Ich hatte einen guten Platz im Schatten auf dem Markt erwischt und das Geschäft lief recht gut. Meine Tiere leben natürlich alle noch, wenn ich sie verkaufe, die Hühner sitzen in Käfigen, die Schafe und Ziegen sind angebunden, ebenso wie die Schweine, wenn ich welche dabei habe. Ich hatte gerade einen Gockel verkauft, als mein Standnachbar rief: Vorsicht, dein Schaf!" Auch Patros ruft das nun durch den Senat und duckt sich gleich darauf auf die beeindruckende Akustik hin.
Peinlich berührt zieht er den Kopf ein und fährt fort. "Das Schaf hatte sich losgerissen und als hätte es eine Verabredung sauste es zwischen den Beinen der Marktbesucher davon. Ich lief natürlich sofort hinterher! Ihr müsst wissen, in so einem Fall halten wir Händler zusammen, ich kannte den Mann vom Nachbarstand auch ganz gut, das war der alte Durus, so dass ich mir keine Sorge um meine Waren machen musste. Wohl aber um mein Schaf! Es hielt mich beim Narren, immer, wenn ich ihm näher kam rannte es weiter. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie mir der Schweiß lief! Dann rannte es auch noch zum Palatin. Ich war schon kurz davor, aufzugeben und den Verlust einfach abzuschreiben, da blieb es auf den Stufen zum Tempel der Iuno stehen. Das war doch ein gutes Zeichen, dachte ich mir, und ging mit beruhigenden Worten auf das Tier zu, um das verlorene Schaf zurück in die Herde zu holen. Doch bevor ich es berühren konnte blökte es einmal laut auf und kippte vor meinen Augen einfach zur Seite und blieb tot liegen! Völlig ohne Grund! Ich war natürlich sehr erschrocken und bestürzt, doch es half nichts, das Tier war verendet. Soetwas ist mir in meinem Leben noch nicht passiert."
Bevor jemand etwas sagen kann, fährt Patros eilig fort. "Ein Schaf ist für mich ein sehr kostspieliger Verlust, edle Senatoren, ich bin nur ein einfacher Händler. Wenn ihr also entscheidet, dass dieses Zeichen dem römischen Volk galt, und wie könnt es schon anders sein, bin ich doch ein ehrlicher, rechtschaffener und götterfürchtiger Mann, dann
wäre es äußerst gnädig von euch, wenn das römische Volk für meinen Schaden aufkommen könnte und nicht ein armer Peregrinus wie ich die Last des Götterzornes tragen muss, wo ich ihn doch sicherlich nicht auf mich gezogen habe, denn ich bin ein ehrlicher, rechtschaffener und götterfürchtiger Mann." Er hofft, dass die Senatoren diese Bitte nicht als unverschämt ansehen. Die meisten von ihnen würden kaum nachvollziehen können, wie groß der Verlust für ihn ist, doch womöglich waren sie gerade aus diesem Grund vielleicht spendabel. Was ist schon ein Schaf im Vergleich zum Reichtum Roms... -
Von einem Scriba des Cultus Deorum begleitet erreichen Patros Menidokolos und Ambrosiana Fadilla die Curia Iulia. Patros Menidokolos ist ein einfacher Mann, der seine Heimat Griechenland verlassen hat, um in Rom reich zu werden. So ganz klappt das mit der Viehzucht zwar nicht, doch er kann nicht klagen. Die römischen Götter sind auch die seinen und obwohl er mehr dem Merkur opfert, so kann er es nicht verstehen, wieso ausgerechnet sein Schaf Teil eines göttlichen Zorneszeichens der Iuno sein muss. Dass es aber ein Zorneszeichen war, daran besteht für ihn kein Zweifel.
Die Popa Ambrosiana Fadilla ist eine junge Frau, wohl kaum dem zweiten Jahrzehnt ihres Lebens entwachsen. Dennoch hat sie schon viele Opferdienste hinter sich gebracht, mit dem Messer weiß sie geschickt umzugehen. Sie hat auch schon viel gesehen, was in und um die Tempel herum passiert ist. Göttliche Zeichen, natürliche Trugbilder, menschliche Einbildung, das Spektrum solcher Dinge im Alltag einer Popa ist groß. Im Senat jedoch war sie noch nie und ein bisschen schlottern ihr die Knie, wenn sie daran denkt, vor all den wichtigen Frauen und Männern sprechen zu müssen.
Der Scriba des Cultus Deorum gibt einem Scriba des Senats Bescheid und dieser benachrichtigt den Princeps Senatus über das Eintreffen der beiden Zeugen.
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Nach einer Zeit endlosen Wartens tauchte am Himmel plötzlich eine Krähe auf und machte sich durch drei Schreie bemerkbar. Sie zog direkt über das Templum Richtung Westen, Richtung Kurie Ostias, dann vernahm man einen weiteren Ruf von ihr, es mag über dem Gebäude der Kurie gewesen sein.
Der Augur nahm seinen Stab und blickte zu den Umstehenden.Die Götter gaben ihre Antwort! Sie sagen "Nein".
Der Augur zuckte mit den Schultern. Es ist oftmals schwer den Willen der Götter zu akzeptieren, doch sollte man ihm trotzdem folgen.
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Nein, der Augur beachtete die kleine Wachtel überhaupt nicht und durchschritt sein mit dem Augurenstab gezogenes Areal, das nach den vier Himmelsrichtungen ausgelegt war. Er beobachtete weiter den Himmel über seinem Templum und es verging eine lange Zeit. Doch jede Sekunde könnte der Schrei eines Vogels ertönen, könnte ein Vogel oder gar eine Schar am Himmel ihre Bahn ziehen, was den Willen der Götter offenbaren würde.
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Der Augur machte sich sogleich ans Werk. Er betrachtete jedoch zunächst nicht - wie die anderen - den Himmel, sondern konzentrierte sich sogar noch auf den Boden. Er steckte nun genau bei der Porta Romana einen Bereich ab. Dieses Tor mit dem wegweisenden Namen sollte also zum Templum werden, zum sakralen Bereich, der aus dem Profanen nun emporgehoben war, und der zur Deutung des Vogelfluges nun entscheidend wurde.
Decimus Artorius Corvinus, der du kandidiert hast um in die Curia Italica einzuziehen, begib dich nun unter des Tores Bogen!
Nach dieser Zeremonie schaute nun auch der Augur in den Himmel und betrachtete ihn lange, ihn nach Vögeln absuchend. Da! Eine Wachtel! Doch flog diese zickzack.... War das schon das Zeichen?
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Zitat
Original von Medicus Germanicus Avarus
Avarus betrat als erster die Planke und half dann Lucilla beim Aussteigen. Der Hafen war wie immer geschäftig und wild, trotzdem organisiert durch und durch. So wurden sie sogleich von einem Pierbeamten empfangen, der die Daten ihrerseits auf einem Wachstäfelchen notierte.Kaum waren die Herrschaften verschwunden trat ein Praetorianer
http://www.imperiumromanum.net…alerie/Praetorianer14.jpg
zu dem Pierbeamten heran und lugte über dessen Schulter auf die Wachstafel. Ein Senator also war in Ostia angekommen. Senator Germanicus Avarus, nebst reizender Begleitung. Er hatte doch gleich gewusst, dass der Riesenpulk keine normalen Reisenden waren. Er klopfte dem Pierbeamten kurz auf die Schulter und verzog sich dann wieder auf seinen sicheren Posten, von welchem man einen guten Überblick über den Hafen hatte...
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Tief in der Nacht, wenn der Mond an höchster Stelle steht und selbst Rom dieser nie endenwollende Quell an Trubel, Hektik und Geräuschen zum Erliegen kommt, und sich keine Maus auf die finsteren Gassen der Urbs traut, ist die Hochsaison für kriminelle Gestalten, subversive Objekte, die im Schatten der Dunkelheit versuchen ihr Geschäft zu machen.
Am Circus Flaminius sind dieser Nacht zwei ganz eifrige Gestalten dabei, die Casa eines reichen Mannes Roms auszunehmen. Der Hausherr ist auf Reisen - schon seit Monaten - und die übrige Wohngemeinschaft schlummert den Schlaf der Gerechten.
Mit schweren Gerät brechen sie Fenster und Türen auf und bahnen sich ihren Weg ins Allerheiligste des Hauses. Der Weg scheint ihnen gut bekannt. Im Arbeitszimmer des Hausherrn stapeln sich in den Regalen allerlei Schriftrollen, Karten, Pläne und Abhandlungen architektonischer Art.
Behutsam durchsuchen sie das Mobilar. Und sie lassen es sich nicht nehmen, einige wertvolle Kostbarkeiten mitgehen zu lassen, einige Ringe, eine kostbare Fibel und ein paar Denare, sowie ein paar wertvoll anmutende Schriftrollen. Es soll den Anschein eines gewöhnlichen Einbruchs haben.Und so wie sie gekommen, so verschwinden sie wieder in die tiefe Nacht. Unbemerkt und ungesehen.