Beiträge von Narrator

    Der Händler lachte nur über die Reaktion des Aureliers.


    "Nur zu, gebt euch wieder eurer Selbstherrlichkeit hin. Viel mehr ist euch nach dem bedauerlichen Verlust von Argumenten wohl nicht geblieben."


    Der Händler lachte erneut auf, bevor er sich an den jungen Mann wandte.


    "Wie ihr meint. Man kann jedoch nicht abtun, daß das Volk in 3 Lager gespalten ist, nicht nur in deren 2. Das dritte Lager, jenes welches die Debatte um das Thema der Frauen nicht mehr hören wollte, wurde offenbar unterschätzt.
    Wohlan, ich wünsche noch frohe Stunden bei der Analyse dieser Wahl, meine Meinung hab ich nun kundgetan."

    Der Mann, ein Händler aus Ostia, verschaffte sich Platz um gesehen zu werden.


    "Oh, ich hörte wohl zu. Ihr hörtet aber offenbar nicht mir zu. Ich sprach nicht davon, daß die Reden der beiden Kandidaten sich gleichen. Nein, ich sprach davon, daß beide immer wieder dasselbe predigten. Man mag es Festigung des eigenen Standpunktes nennen, die Wähler wurden dadurch aber offensichtlich genervt. Oder wie erklärt ihr euch den Fakt, daß kein Aedilis Curulis gewählt wurde?"

    Zitat

    Original von Manius Aurelius Eugenius
    Bruder, so mag die Popularität wieder einmal über Leistung, Sitte und Tradition gesiegt haben..."


    Aus den hinteren Reihen vernahm man deutlich die Stimme eines Mannes, der mit den Worten des Aureliers gar nicht einverstanden war.


    "Gewonnen? Gewonnen? Niemand hat gewonnen, beide Kandidaten sind in diesem Wahldurchgang gescheitert! Die Konservativen und Liberalen scheinen einen beträchtlichen Teil des Volkes durch ihre ständig gleichen Reden ermüdet zu haben. Keiner der Kandidaten hat überzeugt, das zeigt das Wahlergebnis."

    Inmitten der Menge vor der Rostra ertönte aufgeregtes Geschrei.
    "Ich kenne diesen Mann! Ich habe ihn schon mal gesehen!" rief ein sichtlich aufgebrauchter, feister Mann unablässig. Umstehende blickten ihn fragend an, die meisten waren sich nicht sicher, ob dieser Kerl nur Aufmerksamkeit erhaschen will oder tatsächlich über nützliches Wissen verfügte.
    Dem Mann versagte schließlich die Stimme, lediglich ein "An der Porta der Villa Flavia!" brachte er noch hervor.

    Die Antwort des Valeriers löste heftiges Gemurmel unter den Septemvir aus. Einhellig beklagten sie die Respektlosigkeit des Burschen.


    "Septemviri, mäßigt euch", gemahnte schließlich der Magister zur Ruhe.


    "Nun denn, Valerius Victor. Damit wäre meine Frage beantwortet und deine Anwesenheit nicht mehr länger erforderlich. Du weißt ohnehin, was du zu tun hast."


    Opimius Naso seufzte unmerklich. Er wusste, daß diesem kurzen Auftritt eine lange, hitzige aber dennoch sinnlose Diskussion folgen würde. Er war zu alt für dieses Dilemma.

    Opimius Naso musterte seinen neuen Kollegen. Er ließ sich viel Zeit dabei, erhob sich schließlich und grüßte den Valerier.


    "Ja, wir haben dich in unsere Reihen berufen. Dies geschah auf Wunsch des Pontifex Maximus.
    Vom heutigen Tage an bist du ein Mitglied dieses Collegiums, ein Septemvir. Dank deiner sicherlich fundierten Ausbildung wird es wohl kaum notwendig sein, dir zu erklären welche Rechte und Pflichten damit einhergehen."


    Die Worte des Magister Septemvires mußten wie blanker Hohn in den Ohren des Valeriers klingen. Doch nichts anderes hatte er vom Collegium zu erwarten.


    "Nun sag uns, als Kollege, wie kam es dazu, daß der Kaiser ausgerechnet dich vorschlug?"

    Es war früh am Morgen, als man den Mann fand. Eigentlich hatte er nur ein, zwei Becher Wein trinken wollen, wie es sich am Abend gebührte. Wie hatte er auch ahnen können, dass man ihn kurz darauf auch schon in eine Seitengasse ziehen und halb totschlagen wurde? Wäre rettende Hilfe rechtzeitig gekommen, so wäre er jetzt wohl noch am Leben. So aber war der rote Lebenssaft aus seinen Adern in den schmutzigen Rinnstein gesickert und mit ihm auch das Leben aus dem Körper des Mannes.
    Doch nun standen die zu spät gekommenen Retter vor einem neuen Problem: Wer war der Mann? Als einziges Indiz seiner Herkunft trug er einen Siegelring mit einer Art Vogel drauf. Janis, so hieß einer der Männer, kratzte sich ungeniert am dunklen Lockenkopf. "Ein Römer", sagte er. "Wir müssen herausfinden, welche römische Familie einen Vogel im Wappen trägt." Das war leichter gesagt als getan. Aber versuchen wollten sie es trotzdem - und so gingen am gleichen Tag noch mehrere Briefe an die verschiedensten römischen Familien raus. Alle hatten etwas gemeinsam: einen Vogel im Wappen. Doch welche Familie wusste einen Verwandten in Achaia?

    Mit einer komfortablen Führung ging der Spitzenfahrer in die letzte Runde, Spannung versprachen vor allem das Duell um Platz zwei sowie die Rangeleien am Ende des Hauptfeldes.


    "Der Pegasus kann wohl wirklich nicht mehr, der lässt seinen Kollegen da jetzt locker wegfahren. Aber der Helios holt auch noch einmal das letzte aus seinen Pferden raus, der will sich den Platz nicht noch wegnehmen lassen. Das wäre ja schon eine tolle Leistung, wenn der Helios den Vir fortis Orci hinter sich hält und beide Aurata-Gespanne vor den beiden von der Purpurea ins Ziel kommen. Dann hätten die purpurnen aber so gar nix zu feiern. Da muss ja sogar der Hermes nochmal aufpassen, nicht noch von dem Goldenen überholt zu werden."


    Gleich hinter der ersten Wende setzte der Fahrer der Praesina zum letzten Angriff auf den zweiten goldenen an.


    "Und jetzt da vorne Plinius, der will es nochmal wissen, da geht ihm wohl gegen sein Ehre, von einem weniger erfahrenen Mann geschlagen zu werden. Er kommt ran, aber ob das reicht? Das ist nur eine halbe Länge, die er da aufgeholt hat, da muss er in der Kurve nocheinmal seine Künste auspacken, dann ist da noch was drin. Vorne den Thrax den holen sie nicht mehr ein, der nimmt schon Fahrt raus, glaube ich. Sicher ankommen, bloss nicht in der letzten Kurve noch einen Achsbruch bekommen, das wäre zu schade."


    Es wurde noch einmal lauter auf den Tribünen, als es ohnehin schon war, als sich die Fahrer der letzten Kurve des Rennens näherten.


    "Thrax wird erster, keine Frage. Russata Victrix! Wir haben's ja immer gewusst! Aber dann, Patroklos oder Plinius, wer holt sich Platz zwei? Patroklos hat die besser Linie, endlich hängt er mal nicht zu weit innen, das muss er eigentlich durchbringen. Aber Plinius schiebt sich außen immer weiter rann. Das ist weniger als eine halbe Länge geworden und bisher hat er die Kurven fast immer meisterhaft genommen. Das versucht er jetzt auch, wird nicht mal spürbar langsamer. Was bleibt ihm auch anderes übrig, er muss es riskieren. Patroklos auf Linie, schaut sich kurz um, sieht den Grünen kommen, schaut wieder nach vorne, bleibt bei seinem Rennen. Jetzt muss Plinius kommen, wenn er das noch packen will. Aber er kommt nicht! Kommt nicht, kommt nicht rum, der Weg ist zu lang, zieht nicht vorbei."


    Mit aller Kraft ihrer Lungen versuchen die Männer an den Schalltrichtern nun den Zieleinlauf bekannt zu geben.


    "Als Sieger mit einem Vorsprung von zwei Längen kommt das Gespann Russata I mit Phillipus Thrax über die Linie. Dahinter Aurata I mit Patroklos, dicht gefolgt vom Praesina-Gespann mit Plinius. Mit einer Lücke von drei Längen dahinter Hermes von der Veneta, eine Länge vor Aurata II mit Helios. Dann Purpurea I mit Vir fortis Orci und Purpurea II mit Pegasus. Am Ende des Feldes mit einem Rückstand von zwei Längen Russata II mit Maximus Didius Metellus."


    In der vorletzten Runde mussten die Verfolger nun noch einmal alles geben, wenn sie versuchen wollten, den Spitzenfahrer noch abzufangen, während am Ende jeder darum kämpfte, nicht der Letzte zu sein.


    "Jetzt geht dem Hermes da aber so langsam die Kraft aus, glaube ich. Das hat ihm nicht gut getan, wie der Plinius ihn da aus der Kurve geschoben hat, jetzt ist er völlig aus dem Takt. Da ziehen ihm die beiden von der Aurata und Praesina auf der Geraden aber ganz locker weg. Der hat sich seine Kräfte wohl nicht richtig eingeteilt. Und da hinten beim Helios tut sich auch nicht mehr viel, der Vir fortis Orci und Pegasus holen da noch eine ganze Menge auf. Und Metellus lässt abreissen, ja muss das denn sein? Hier darf doch kein Roter als letzter über die Linie kommen. Quäl dich, du Sau!"


    Außnahmsweise etwas unspektakulär verlief die Umrundung der ersten Wende, weil sich bei den Spitzenfahrern nun doch einige Abstände ergeben hatten.


    "Das fährt der Thrax nach Hause, der Abstand nach hinten wird nicht kleiner, das hält er souverän. Und der Patroklos scheint den Plinius nun auch im Griff zu haben. Der traut sich in den Kurven auch nicht mehr ganz so viel zu, vielleicht ist ihm das Vertrauen in die Unverwüstlichkeit seines Wagens dann doch etwas abhanden gekommen."


    Auf der zweiten Geraden reihten sich die Gespanne nun fast schon hintereinander auf. Nur in der Gruppe vor dem einzelnen Schlußlicht wollte sich noch keiner mit seiner Position abfinden.


    "Jetzt attackiert der Vir fortis Orci nochmal den Pegasus. Die scheinen sich in der Purpurea untereinander aber auch gar nichts zu gönnen, die kämpfen da um jeden Fußbreit. Der Helios davor bremst sie ein wenig aus, wer holt sich da die bessere Linie? Vir fortis Orci, der kommt besser ran, der Pegasus hängt außen fest, der andere zieht innen vorbei. Tauschen die tatsächlich nochmal die Plätze, anstatt gemeinsam den Helios zu jagen."


    Ein Spitzenfahrer, zwei Verfolger, ein Hauptfeld aus vier Gespannen und ein trauriges Gespann am Schluß rasten noch einmal über die Ziellinie, um die letzte Runde zu bestreiten.


    Eine Spitzengruppe aus drei Gespannen, verfolgt von einem einzelnen Fahrer macht sich vor dem Hauptfeld aus den vier übrigen Gespannen auf die drittletzte Runde, für die schon so etwas wie eine Vorentscheidung zu erwarten war.


    "Jetzt lässt er schon wieder nach, der Pegasus, das war nur ein kurzer Sprint, da kommt ihm der Vir fortis Orci schon wieder ganz nahe ran. Da muss der Metellus sich jetzt dranhängen, nicht abreissen lassen, dann geht da noch was. Der wird hier nicht als letzter durchs Ziel kommen, ganz sicher nicht. Und der Helios da vor macht auch ganz schlechte Fahrt, der hat wohl auch schon keine Luft mehr. So kommen die nie mehr an den Hermes ran, das können sie vergessen."


    An der ersten Wende fand wieder der nun schon altbekannte Kampf der drei Spitzenfahrer seine Fortsetzung.


    "Der Patroklos scheint es satt zu haben, immer die Kurven zu knapp zu nehmen. Schau dir an, wie der nach innen drängt. Bald hat er den Thrax von der Ideallinie runter. Der versucht es jetzt wie Plinius, mit voller Kraft außen rum. Wenn er das schafft, dann ist er endgültig ein Held. Und wo bleibt der Plinius? Der hat es außen jetzt ganz schwer, das verliert er, jetzt muss er abreissen lassen, der Thrax holt eine Länge raus. Und der zieht weiter, Klasse, jetzt holt er alles aus seinen Pferden raus! Fährt von der Spitze weg und aus der Kurve raus den Angriff, da sind die beiden anderen aber total verblüfft. Das sind ja jetzt schon zwei Längen, die er da rausgefahren hat."


    Deutlich schneller als in den letzten Runden jagten die Gespanne nun wieder die zweite Gerade hinab und die beiden Verlierer der ersten Kurve müssen sich erst einmal neu orientieren.


    "Da kommt der Hermes noch heran geflogen, der schließt gleich zu den beiden Verfolgern auf. Der hat Schwung und die beiden da vorne kämpfen erstmal um die Linie. Das muss er nutzen, wenn er da die Kurve richtig erwischt, ist er endgültig vorne mit im Geschäft. Er versucht es außen, Patroklos wieder innen, Plinius in der Mitte. Und Patroklos zieht wieder zur Mitte, das hatte er eben bei Thrax schon erfolglos probiert. Aber jetzt klappt es, den Plinius hat er unter Kontrolle. Der muss weiter raus und schiebt den Hermes fast von der Bahn. Da hat er natürlich keine Chance mehr, da kommt er gegen den Plinius nicht an, der macht das viel zu routiniert."


    Ungestört von diesen Kämpfen rast der Spitzenfahrer zum drittletzten mal über die Ziellinie, gefolgt von der dicht beieinander liegenden Dreiergruppe und den vier verbleibenden Fahrern, die mit dem Ausgang des Rennen nichts mehr zu tun haben werden.


    Drei Spitzenfahrer, zwei Verfolger und eine Dreiergruppe am Ende begaben sich auf die mittlere der sieben Rennrunden und langsam sollte sich zeigen, wer das Rennen nur schnell angegangen war und wer sich die Kräfte gut eingeteilt hatte.


    "Dem Helios scheint da schon der Atem auszugehen, wenn ich das richtig sehe. Der Hermes fährt ihm da locker weg und er fällt immer weiter zurück. Da hat er bald den Vir fortis Orci im Nacken sitzen, wenn der nicht aufpasst. Der hat aber heute auch eine Ausdauer der Kerl von der Veneta, da bin ich ja mal gespannt, wie lange der das noch durchhält. Aber da vorne kommt er nicht ran, die sind schon zu weit weg."


    Als es nach der Geraden wieder auf die erste Wende zuging, blickten wieder alle Zuschauer gebannt auf den engen Dreikampf an der Spitze.


    "Der Plinius kommt ran, versucht den Thrax nach innen zu drängen. Das wird eng, wenn der weggeht rauscht der Patroklos endgültig gegen die Spina, so eng wie der die Kurven schon immer genommen hat. Jetzt nehmen die den Thrax aber richtig in die Zange, da muss er sich wehren. Ja, gut gemacht, schieß den Plinius ruhig ab, der kann nix. Doch der kann was, der fängt den Wagen schon wieder ab. Die haben dem heute aber ein ganz unzerstörbares Ding mitgegeben."


    Nachdem auch die Schlußgruppe die erste Wende umrundet hat, setzen auf der zweiten Geraden gleich zwei der drei Fahrer zu einem Spurt an.


    "Jetzt geht der Metellus endlich mal wieder, da holt er auf. Und den Pegasus im Schlepptau, der kommt aus dem Windschatten mit angerauscht. Jetzt bekommt es der Vir fortis Orci aber mit der Angst zu tun, der schaut sich schon um, ein ganz schlechtes Zeichen. Sein Leitpferd drängt nach links, dabei muss er doch nach rechts. Fahrfehler! Kann der denn nicht besser aufpassen? Jetzt drängt der den Metellus da weg, das darf doch nicht wahr sein. Und Pegasus zieht vorbei, auch das noch. Ganz locker zieht er da vorbei, holt sich auch noch den Vir fortis Orci vor der Kurve."


    Vorne immernoch unverändert eng und hinten in gänzlich neuer Reihenfolge überquerten die Fahrer erneut die Ziellinie und auf der Spina wurde das nächste Signal umgedreht, welches anzeigte, dass nun die fünfte Runde beginnen sollte.


    Aus einem Spitzenfahrer und zwei kleinen Gruppen waren eine Spitzengruppe mit drei Fahrern und ein großes, geschlossen fahrendes Hauptfeld geworden, als es auf dir dritte Runde ging. Nach den hektischen Startrunden erwarteten die erfahrenen Zuschauer nun den ruhigsten Teil des Rennens, bevor es zum Schluß noch einmal schnell und spannend werden sollte.


    "Die drei da vorne machen jetzt erstmal gemeinsame Sache, so wir das aussieht. Die wollen einfach nur wegkommen von den Verfolgern und sich dann in Ruhe ohne Blick nach hinten bekämpfen. Das Zeug dazu haben sie ohne Frage, bei den Pferden ziehen sie da locker weg. Da kann der Hermes noch so gut fahren und an der Spitze der Verfolger ziehen, so schnell kommt er da nicht ran. Der Helios kommt da ja auch noch ganz gut mit, aber dann sieht es schon wieder fast nach Lücke aus. Die wollen doch wohl nicht schon aufgeben dahinten."


    Immernoch fast auf gleicher Höhe näherte sich die Spitzengruppe der ersten Wende der Runde und jeder Fahrer versuchte, die beste Linie zu erwischen, um die Kurve optimal zu fahren. Was natürlich nur einem der drei gelingen konnte.


    "Jetzt darf der Thrax bloss nicht den Patroklos zu weit 'rüber kommen lassen, sonst drängt der ihn raus und zieht innen wieder weg. Aber nein, er hält gut dagegen, schön gemacht, der Patroklos muss früher abbremsen. Der Plinius versucht es wieder außen, was soll denn das werden, wieso ist der da so schnell? Wenn der das nochmal macht dann sehe ich hier aber die ersten Räder fliegen, das hält doch kein Wagen mehrmals aus, so um die Kurve zu donnern. Da sieht so aus, als wenn der jetzt vor dem Patroklos wäre, oder? Aber das ist noch immer alles ziemlich knapp."


    Etwas geordneter zog die Verfolgergruppe um die Kurve und nahm erst auf der Gerade wieder richtig Fahrt auf, um den Anschluß an die Spitzenfahrer nicht zu verlieren.


    "Metellus, was ist los mit dir, da kommt ja diese Runde gar nichts. Da muss er doch gegenhalten, der Vir fortis Orci holt ihn doch sonst noch vor der Kurve und schnappt ihm die Ideallinie weg. So darf man sich da doch nicht wegdrängen lassen. Junge, der muss aber noch viel lernen, wenn der mal ein Großer werden will. Immerhin, den Pegasus hält er da noch gut hinter sich, aber sowas darf er sich nicht zu oft erlauben, das geht sonst mächtig aus der Bahn."


    Die verbissenen Kämpfe am Ende des Feldes führten dazu, dass sich die beiden besten Fahrer der Gruppe an der zweiten Wende ein wenig absetzen konnten und eine nicht unbeachtliche Lücke entstanden war, als die Fahrer zum dritten Mal das Ziel durchquerten.


    Mit einem Gespann an der Spitze, vier Verfolgern dahinter und der Schlußgruppe mit drei Gespannen ging das Rennen in seine zweite Runde. Die beiden Rennfavoriten Phillipus Thrax und Plinius machten sich auf den Weg, den Ausreißer zu stellen.


    "Der Thrax und der Plinius machen da vorne aber ordentlich Fahrt, die wollen sich das von dem Aurata-Mann wohl gar nicht lange bieten lassen. Aber der hält das ja sicher sowieso nicht lange durch. Den fahren die noch an der ersten Wende wieder auf, wenn die so weitermachen. Und schau an, die Jungs dahinter können schon nicht mehr folgen, gleich in der zweiten Runde müssen die abreißen lassen."


    Während sich das Feld vorne auseinanderzog, wurde es hinten immer enger, denn die Fahrer am Schluß wollten das Rennen nicht jetzt schon verloren geben müssen.


    "Schau dir das dahinten an, der rast ja rum als hätte er acht Pferde dabei. Der Hermes ist das, dem haben sie wohl heute ein paar Siegerpferde davor gespannt. Wie kommt der sonst so locker am Metellus vorbei? Das gibt's doch nicht, den Vir fortis Orci holt er sich auch noch vor der Wende. Und ja, Metellus, super gemacht, drangehangen und in der Kurve einfach mit vorbei gezogen! Saubere Sache, da hat der gute Unterweltknabe aber mal gar nix zu melden diese Runde."


    Auf der Geraden setzte der Veneta-Fahrer seine Aufholjagt noch weiter fort und setzte sich gar an die Spitze der großen Verfolgergruppe. An der zweiten Wende richtete sich jedoch die Aufmerksamkeit der Zuschauer fast ausschließlich auf die Spitzengruppe, wo die drei Fahrer nun ganz eng zusammen gekommen waren.


    "Jetzt muss er Linie halten, dann klappt das. Nicht abdrängen lassen, Thrax, dann hat er keine Chance! Da hast er ihn doch schon fast, nein, doch nicht, wie hat er das denn gemacht? Oh, der Plinius versucht es von noch weiter außen. Das muss doch gehen, der Thrax hat doch die beste Linie, der Patroklos ist zu weit innen, der Plinius hat zu viel Strecke. Reicht das oder reicht das nicht? Warum staubt das denn so, ich sehe gar nix."


    Praktisch gleichauf jagten die beiden Spitzenfahrer der Russata und der Aurata zum zweiten Mal über die Ziellinie, nur knapp gefolgt vom Fahrer der Praesina. Dieser Kampf war sicher noch nicht entschieden.


    Als endlich alle Factiones ihre Gespanne in die Startpositionen geführt hatten, blickten die Zuschauer zu der kleinen Plattform in einer der beiden langen Tribünen, auf der Macer als Ausrichter der Ludi seinen Platz hatte. Er erhob sich und trat einen Schitt nach vorne an das hölzerne Geländer. Nach einem kurzen Augenblick, um es etwas spannender zu machen, gab er das Signal zum Start des Rennens. Der Startmechanismus funktionierte einwandfrei und gab für alle Gespanne gleichzeitig die Bahn frei. Augenblicklich entwickelte sich eine Staubwolke, als die Pferde sich in Bewegung setzten und auf den Rängen erhob sich das Geschrei der Zuschauer.


    Ganz oben auf der Tribüne kommentierten die Anhänger der Russata überflüssigerweise das Rennen, welches doch sowieso jeder mit eigenen Augen betrachten konnte:
    "Schöne Staubwolke, wer kommt das jetzt raus? Sieht nach einer Dreiergruppe an der Spitze aus, die den besten Start hatten. Plinius, Phillipus Thrax und Patroklos sind das, die rauschen da ja weg als wären sie bei den Vigiles. Aber dahinter reihen sich die anderen ja auch gleich ganz schön auf. Der Helios ist das da und dahinter der Vir fortis Orci, oder? Und dahinter der Hermes der Pegasus und Metellus. Mensch Junge, was machst Du dahinten, da gehörst Du nicht hin."


    Mit donnernden Hufen näherten sich die Gespanne der ersten Wende am hinteren Ende der Bahn, wo es zum ersten Mal eng und besonders spannend werden sollte.


    "Hast Du das gesehen? Hast Du das gesehen? Wie der da vorbeigezogen ist, das ist ja der helle Wahnsinn. Das hätte ich dem Patroklos gar nicht zugetraut, da zieht der total dreist innen an Thrax vorbei und schiebt noch locker den Plinius nach außen. Das gibt ja schon eine riesen Lücke da, holt gleich an der ersten Wende eine Länge Vorsprung raus."


    Der Rest des Feldes zog weniger spektakulär um die Kurve und jagte dann in die zweite Gerade hinunter.


    "Der Metellus, ich hab's doch gesagt, der holt heute was, der ist schneller als Pegasus, der zieht dran vorbei, jetzt muss er dranbleiben, der Hermes bremst bestimmt zu früh an der Kurve, dann packt der den noch. Wen haben wir davor? Immernoch einmal Purpurea und einmal Aurata, die haben den Plinius vor der Nase."


    Die Gespanne fuhren den zweiten Wendepunkt an und die erste Runde neigte sich damit dem Ende zu. An der Spitze hatten die Fahrer genug Abstand, um ungestört ihre Linie zu fahren, hinten wurde es enger.


    "Das wird knapp, das wird ganz knapp, aber den muss er packen. Ja, den packt er, Metellus ist auch noch am Hermes vorbei. Reife Leistung, das hat er prima gemacht. Aber das bleibt eine ganz spannende Sache dahinten, das sag' ich dir. Die werden sich noch sechs Runden lang das Leben schwer machen."


    Am Mittag war es dann soweit, das Rennen der Nachwuchsfahrer und Jungprofis zu Ehren des Mars konnte beginnen. Schon den ganzen Vormittag über waren die Factiones mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt und hatten das Opfer daher zum Teil nur mit wenig Aufmerksamkeit verfolgt. Ihr Augenmerk galt vielmehr den Pferden, den Wägen und den Lenkern. Die Räder wurden sorgsam geprüft, das Geschirr mehr als einmal untersucht und selbst für die korrekte Platzierung diverser Glücksbringer am Wagen, am Leitpferd oder an der Kleidung des Lenkers gab es zuweilen eigene Beauftragte innerhalb der Factio.


    Zwei Männer mit offensichtlich großem Lungenvolumen traten an die beiden Schalltrichter auf der Spina und begannen, die Namen der teilnehmenden Gespanne zu verlesen.


    "Bürger Roms, auf Einladung des Aedilis Plebis Purgitius Macer und zu Ehren des Kriegsgottes Mars, der unsere Soldaten überall auf der Welt zu ewigen Siegen führen wird, sind heute hier auf diesem Feld die besten jungen Fahrer zusammen gekommen, um ein großes Rennen auszutragen.


    Im Gespann Purpurea I sehen wir Vir fortis Orci, den Held der Unterwelt. Mit acht Rennen einer der erfahreneren Fahrer im Feld, der seinen großen Kollegen in wichtigen Rennen schon oft den Rücken frei gehalten hat. Fällt ihm ja auch nicht schwer mit seinen breiten Schultern."


    Ob den auf Tribüne kommentierten ein paar Veteranen, die weitläufig zum Umfeld der Russata gehörten, jedes Wort.


    "Held der Unterwelt - pah. So viel heldenhaftes gab es von ihm aber noch nicht zu sehen. Der holt hier nix, der hat bestenfalls Außenseiterchancen."


    "Im Gespann Purpurea II sehen wir Pegasus, einen ganz jungen Mann, der bisher erst viermal auf der Strecke unterwegs war. Wir dürfen gespannt sein, ob er dem geflügelten Pferd Ehre machen wird."


    "Nee, wie lächerlich. Wenn der hier fliegt, dann aus der Bahn."


    "Im Gespann der Veneta sehen wir Hermes, den Nachfuchsfahrer dieses erfolgreichen Rennstalls. Die geflügelten Schuhe des Götterboten werden ihm hier aber nicht weiterhelfen, vielleicht sollte er es mit dem geflügelten Pferd des Kollegen versuchen."


    "Mittelfeld, ganz klar Mittelfeld. Die machen ja schon gute Arbeit bei der Veneta, aber bei ihren drei Top-Fahrern muss ja der vierte irgendwie zu kurz kommen."


    "Im Gespann der Praesina sehen wir Plinius - weder den Jüngeren noch den Älteren, sondern den Erfahrenen, der mit 10 Rennen gerade noch zugelassen ist."


    "Der könnte was holen. Sicher einer der besten im Feld und bei dem Rennstall hat er natürlich prima Bedingungen."


    "Im Gespann Aurata I sehen wir Patroklos, der mit acht Rennen zwar noch Jungprofi ist, aber trotzdem der beste Fahrer der Aurata sein soll. Wenn das ein Zeichen guter Nachwuchsarbeit ist, dann dürfen wir von ihr in Zukunft einiges erwarten."


    "... und wenn es kein Zeichen guter Nachwuchsarbeit ist, dann sind sie halt nicht besser. Der hat hier doch auch nur Außenseiterchancen, die kommen doch nie an einem von uns oder der Praesina vorbei."


    "Im Gespann Aurata II sehen wir Helios, den Mann mit dem Sonnenwagen, der schon sechsmal auf der Rennbahn zu glänzen versuchte."


    "Auch einer für's Mittelfeld. Irgendwie hat die Aurata nur Leute für's Mittelfeld. Mal sehen, wer von den beiden nachher vorne ist."


    "Im Gespann Russata I sehen wir Phillipus Thrax, der ebenfalls mit dieser Veranstaltung seinen Abschied vom Jungprofidasein nehmen wird, weil er schon zehn Rennen zu Buche stehen hat."


    "Der macht es heute, der macht es heute! Der kommt heute danz groß raus! Der fährt sie alle in Grund und Boden!"


    "Im Gespann Russata II sehen wir Maximus Didius Metellus, der mit gerade einmal drei Rennen der unerfahrendste Teilnehmer in diesem Starterfeld ist."


    "Das macht nix, der räumt von hinten auf. Beste Taktik, beste Pferde, der landet locker im Mittelfeld."

    Am nächsten Tag konnten die Arbeiten planmäßig abgeschlossen werden und die ersten Factiovertreter nahmen die Bahn in Augenschein. Es überraschte nicht, dass sie von der Factio Russata kamen, der ja auch der ausrichtende Aedil nahe stand, und die daher natürlich bessere Kontakte zur Rennleitung hatten. Kritisch beäugten sie den Startmechanismus und umrundeten hoch konzentriert, fast wie in einer Prozession, zu Fuß die Spina. Hier und da gingen sie in die Hocke, fühlten den Boden und schienen im Geiste schon ein Rennen auf dieser Bahn zu fahren.


    Währenddessen errichteten Arbeiter auf der Spina noch den Altar, der für das Opfer zu Beginn der Spiele benötigt wurde sowie die Rampe, die nach dort oben hinauf führte und die vor dem Rennen wieder abgebaut werden müsste.

    Der Sklave stand noch immer im Raum, als wartete er auf eine Reaktion des Magisters. Schließlich blickte jener den Sklaven und schickte ihn fort.
    Der Sklave aber zog ein weiteres Schreiben hervor, reichte es dem Magister Septemvires und verabschiedete sich. Seine Arbeit war getan.


    Das zweite Schreiben beinhaltete einen Bericht über die Befragung der Götter durch einen Augur. Der Kandidat, den der Kaiser vorschlug, genoß offensichtlich das Wohlwollen der Götter.


    Nachdem sich die Spannung löste, begann die Diskussion über das eben Geschehene. Die älteren, traditionsbewussten Septemviri ereiferten sich über die herablassende Art und Weise wie ihnen hier ein neues Mitglied untergeschoben werde. Da sie sich in der Minderheit sahen, schlug ihr Unmut schnell in Resignation um. Sie würden am Ausgang der Abstimmung nichts ändern können.


    Das Collegium war sich schlußendlich einig, Vibius Valerius Victor wurde als Septemvir aufgenommen.

    An die Wand der Taberna brachte ein Mann mit einem Kohlestift eine Aufschrift an:


    Der Aedilis Plebis wird die Ludi Martiales ausrichten

    Einige Tage später und drei Straßenecken weiter stand an einer Wand eine andere Einladung:


    Kommt zu den Ludi Martiales am ANTE DIEM IV ID MAI DCCCLVI A.U.C.

    Fleissige Hände hatten es in Windeseile über die ganze Stadt verteilt - an vielen Wänden war es zu lesen:


    Zu den Ludi Martiales wird es ein Rennen geben