Beiträge von Iulia Graecina

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/user/180226/pamr4zji.jpg| Phocylides
    ...
    "Vielleicht sollte man den Dominus Iulius Antipater bitten, bis zu euren Eheschließungen diese Domus seinem Landsitz vorzuziehen.", schlug der Maiordomus den beiden Dominae im Anschluss an Stellas Worte vor. "Und für eine baldige Abberufung deines Verlobten bittet man vielleicht den Patron deines Verlobten", wer auch immer dies war, "oder auch einen der beiden Senatoren der Familie darum, dem Augustus zu schreiben.", zeigte der Grieche mögliche Wege auf, das Intendierte zu erreichen. Denn zwar mochte selbstredend auch das Wort einer Frau, die gerade einen Cousin und eine Cousine verloren hatte, das Herz des Imperators erweichen können. Doch ein Brief mit ritterlichem oder senatorischem Gewicht wäre - zumindest aus Sicht des männlichen Maiordomus - vermutlich dennoch Erfolg versprechender.


    Vielleicht war es einfach besser, sich zu beschäftigen. Dann schwangen die Gedanken nicht ständig um das Unfassbare, das an diesem Tag geschehen war. Graecina war sich bewusst, dass es noch sehr viel zu tun gab. Vor allem mussten sie und das ganze Haus geschützt werden. Stellas Verlobter war weit weg in Germania. Sollte er tatsächlich abberufen werden, würde es Tage oder sogar Wochen dauern, bis er wieder hier in Rom war. Onkel Antipater könnte binnen weniger Stunden hier sein. Bis dahin waren sie schutzlos. Es sei denn… Für einen Moment dachte sie darüber nach, Decimus Serapio eine Nachricht zukommen zu lassen. Jedoch hatte er sich seit der Werkschau nicht mehr gemeldet, geschweige denn hatte er um ihre Hand angehalten.
    „Ich werde sofort einen Brief an Onkel Antipater schreiben und ihn bitten, so schnell wie möglich nach Rom zu kommen. Ein Bote soll sich noch heute auf den Weg Villa Iulia Latinae machen!“ Vielleicht konnte Stella dann den Patron ihres Verlobten benachrichtigen oder sich gleich an den Kaiser wenden. Schließlich war dies eine Notsituation.
    „Ich werde mich dann zurückziehen und mich sofort an die Arbeit machen!“, sagte Graecina und verließ daraufhin das Atrium.

    Graecina hatte Trauerkleidung angelegt. Eine einfache schwarze Tunika. Dazu trug sie ihr Haar offen. Ihre Augen waren von den vielen Tränen, die sie vergossen hatte, gerötet.
    Seitdem sie sich zurückgezogen hatte, war sie in ihrem Cubiculum auf und abgegangen. Sie war so sehr aufgewühlt, als dass sie hätte Ruhe finden können. Die Sorge, wie nun alles weitergehen sollte und die Fragen, die sich durch die neue Situation ergeben hatten, lasteten schwer auf ihren Schultern. Eine solch schwere Last konnte sie unmöglich alleine stemmen. Stella und sie waren nun praktisch schutzlos. Noch immer weilte Stellas Verlobter in Germanien. Ihre Verwandten waren zwar inzwischen zwar benachrichtigt worden, doch es konnten noch Tage vergehen, bis einer ihrer Verwandten hier in Rom ankam, wenn überhaupt.


    Als ein Sklave ihr die Ankunft des Decimus Serapio meldete, eilte sie hinunter ins Atrium, gefolgt von ihrer Leibsklavin und Freundin, die ihr in diesen dunklen Stunden beistand.
    Da stand er. Als er sie sah, kam er auf sie zu. Dies konnte nicht nur eine einfache Beileidsbekundung sein. Nicht zu dieser Stunde!
    Auch wenn es sich nicht geziemte und gegen jede Konvention verstieß, lief sie auf Serapio zu, streckte ihre Arme nach ihm aus und schmiegte sich an ihn. Bittere Tränen begann sie wieder zu vergießen. „Ich bin so froh, dass du da bist!“, schluchzte sie. „Alles ist so schrecklich. So furchtbar!“ Endlich war sie nicht mehr allein, in einem Haus voller Sklaven. „Bitte bleib bei mir! bitte!“ Endlich wog sie sich in Sicherheit.

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    | Breda


    Die arme Breda weinte nun bitterlich, während sie warten mussten. Existenzielle Fragen eröffneten sich ihr, über die sie bis dahin nach gar nicht nachgedacht hatte, weil alles so furchtbar war und alles so schnell passiert war. Vor wenigen Stunden waren die Domina und der Dominus das blühende Leben gewesen und nun lagen sie auf einer Straße auf dem Esquilin. Was würde nun aus ihnen werden?


    Dann wurde plötzlich das Tor geöffnet, so dass die beiden Sklaven eintreten konnten. Breda hatte sich die Tränen weggewischt. Schniefend stand sie nun da und wartete geduldig, was nun passierte. Ein wenig mulmig im Bauch war ihr schon, denn schließlich kam man ja nicht jeden Tag hier her in die Castra.

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    | Breda


    Die junge Sklavin musste mit ihren Tränen kämpfen. Sie war völlig durch den Wind, so wie wahrscheinlich alle Hausbewohner der Domus Iulia


    "Salve, Dominus! Mein Name ist Breda. Ich bin Sklavin der Gens Iulia. Etwas schreckliches ist passiert...!" Ehe sie weiter sprechen konnte, begann sie wieder zu schluchzen. "Unser Dominus, Iulius Caesoninus und seine Cousine die Domina Phoebe sind tot! Sie wurden umgebracht! Auf offener Straße, nicht weit weg von der Domus."


    Der Sklave, der sie begleitete, sah bedrückt zu Boden, um seine Tränen zu verbergen.

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    | Breda


    Natürlich war die Schreckensnachricht vom Mord an den beiden Iuliern auch nicht ganz spurlos an ihren Sklaven vorbeigegangen. Breda, die keltische Haussklavin, hatte bitterlich geheult, als sie vom Tod des Dominus und der Domina gehört hatte. Um dem Wunsch der Domina Graecina zu entsprechen, hatte Procylides, der iulische Maiordomus, sie und einen weiteren Sklaven losgeschickt, um die Cohortes über die gemeinen Morde zu melden.
    Sie trat an das Haupttor der Castra. Zum Glück war sie nicht allein, denn sie war schrecklich aufgewühlt.


    So klopfte sie einmal kräftig am Tor und wartete.

    Glücklicherweise erschien dann auch Stella im Atrium. Sie schien nicht minder von der Schreckensnachricht geschockt zu sein, als es Graecina gewesen war.


    „Ich habe Procylides beauftragt, einen Sklaven zu schicken, um die Cohortes zu benachrichtigen. Die Mörder unserer Verwandten müssten unbedingt dingfest gemacht werden! Niemand vergreift sich ungestraft an Mitgliedern unserer Gens!“ Graecina war über sich selbst erstaunt, wie sehr sie sich in die Sache hineinsteigern konnte.
    „Außerdem sollen alle Familienmitglieder benachrichtig werden, die derzeit nicht in Rom weilen. Wir müssen Antipater darum bitten, deine und eventuell auch meine Hochzeitsverhandlungen voranzutreiben. Außerdem habe ich Iduna soeben losgeschickt, um Octavia Flora zu unterrichten. Und natürlich müssen wir auch schon an das Begräbnis denken und alles was damit einhergeht.“ Dadurch das der Tod ihres eigenen Vater erst wenige Jahre zurücklag, wusste sie, was in solchen Fällen zu tun war.


    ***


    Einige Zeit später, Graecina wollte sich eigentlich schon wieder zurückziehen, erschien Iduna wieder. Leider hatte sie bei den Octaviern nichts erreicht. So musste wohl oder übel auch hier zunächst eine schriftliche Nachricht geschickt werden. obgleich es die Iulia lieber gesehen hätte, wenn man Caesoninus‘ Verlobten die Todesnachricht persönlich überbracht hätte.
    „Nun gut, Iduna. Du darfst dann gehen. Es sei denn, Procylides hat noch eine Aufgabe für dich.“
    Dann zog sich Graecina, gefolgt von ihrer Leibsklavin, zurück.

    Kurz bevor sich der Tag seinem Ende entgegen neigte, klopfe eine junge Sklavin an Graecinas Tür. Die Iulia öffnete selbst und nahm die decimische Lieferung an. So fanden die Blumen, das Geschenk und der Brief des Decimus doch noch seine Adressatin – ebenso der Brief an Graecina´s Cousin…


    Trotz ihrer unermesslichen Trauer, konnten die herrlichen Blumen das Herz der jungen Iulia ein wenig erwärmen. Sie bekamen einen Ehrenplatz auf einer Kommode. So lange hatte sie auf diesen Moment gewartet! Ausgerechnet in diesen dunklen Stunden musste nun der langersehnte Brief des Decimus eintreffen.
    Zunächst besah sie sich das edle Kästchen aus Rosenholz. Ihre Finger strichen sanft über die kleine Amorette, die darauf abgebildet war. Obwohl es offensichtlich war, wie sich der Decimus entschieden hatte, liefen ihr die Tränen über die Wangen. Vorsichtig öffnete sie das Kästchen und fand das liebevoll zusammengestellte Konfekt vor. Bei diesem Anblick begann sie jämmerlich zu Schluchzen – aus Trauer um ihre toten Verwandten und auch vor Glück.


    Als sie ihre Tränen weggewischt hatte, widmete sie sich dem Brief, der eigentlich an Caesoninus adressiert gewesen war. Sie brach das Siegel und öffnete ihn.


    An den Vigintivir G. Iulius Caesonius




    Gardetribun F. Decimus Serapio grüßt den Vigintivir G. Iulius Caesonius.


    Die Schönheit der Damen Deiner Gens ist sprichwörtlich.
    Und so wird es Dich wohl kaum verwundern, dass Dein Mündel, welches ich vor kurzem die Freude hatte kennenzulernen, einen starken Eindruck hinterlassen hat. Ihr Liebreiz und ihr angenehmes Wesen finden nicht ihresgleichen, und haben in mir den Wunsch erweckt, sie als die Meinige heimzuführen.
    Ich möchte in aller Form um die Hand der holden Iulia Graecina anhalten, und bitte Dich um ein Treffen, um gegebenenfalls die Konditionen der Ehe zu besprechen.


    Vale bene



    Graecina hatte den Brief mehrmals gelesen, bis sie schließlich das Papyrus beiseite legte und überlegte, was nun zu tun war. Schließlich griff sie zu einem Blatt Papyrus, einer Schreibfeder und einem Tintenfass und begann zu schreiben.




    An
    Gardetribun
    Faustus Decimus Serapio
    Casa Decima Mercator
    Roma




    Salve Decimus,


    Deine wunderbaren Blumen und die köstlichen Süßigkeiten, über die ich mich sehr gefreut habe, haben mich in einem Moment der tiefsten Trauer erreicht.
    Unglücklicherweise muss ich Dir mitteilen, dass heute meine beiden Verwandten Iulius Caesoninus und Iulia Phoebe Opfer eines gemeinen und niederträchtigen Mordanschlages geworden sind. Ich bin untröstlich über diesen großen Verlust.


    Vale bene


    Iulia Graecina


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    Nachdem sie den Brief mit einem iulischen Siegel versehen hatte, bat sie Sulamith, den Brief zu den Decimern zu bringen.

    | Vibilius


    Ausgerechnet an jenem schicksalhaften Tag, an dem der Hausherr samt seiner Cousine einem gemeinem Mordanschlag zum Opfer fallen würde, war der langersehnte Brief des Gardetribuns Decimus Serapios angekommen. Vibilius hatte den Brief samt Geschenken für die Domina Graecina entgegengenommen und sie einer jungen unbedarften Sklavin anvertraut, auf dass diese den Brief ins Officium des Dominus geben sollte und das Geschenk und die Blumen an Domina Graecina weiterleiten sollte.


    Doch unglücklicherweise hatte da das Schicksal bereits seinen Lauf genommen. Nachdem die Kunde vom Tod der beiden Iulier die Domus erreichte, brach ein großes Durcheinander aus. Fassungslosigkeit, Trauer und Angst erfüllten alle Hausbewohner, ganz gleich ob sie nun frei oder unfrei waren. Daher erreichten die Geschenke und letztendlich auch die Nachricht erst Stunden später Iulia Graecina.



    Sim-Off:

    Tut mir leid, hab´s total verpeilt!

    Die Sklavin gehorchte sofort und sie teilte ihr Wissen mit der Iulia, der es mit jedem weiteren Wort schwerer fiel, sich auf das was sie da hörte, einzulassen. Fassungslos starrte sie Iduna an. Sie brauchte einen Moment bis sie die Sprache wieder fand. „Tot?“, fragte sie gequält. „Mein Cousin und meine Cousine? Sie sind beide tot?“ Ungläubig begann sie den Kopf zu schütteln und schlug sich ihre Hände vors Gesicht, denn diese Neuigkeiten waren so grausam und unfassbar.
    Im gleichen Moment fiel dann auch der Maiordomus ein und erklärte ihr sachlich und ohne Umschweife, was genau geschehen war. Doch Graecina nahm nur noch einen Teil dieser Worte wahr. Zu entsetzlich war das alles. Carsoninus und Phoebe waren heimtückisch gemeuchelt worden. Sie begann zu schluchzen und nahm die Anwesenheit Sulamiths wahr, als sie einen Schritt zurück machte. Doch ihre Gravitas und Pietas mahnten sie dazu, sich nun nicht gehen zu lassen und sich der unermesslichen Trauer hinzugeben oder gar darin zu versinken. Es mussten Anweisungen gegeben und Aufgaben delegiert werden, die keinen Aufschub duldeten. Was zu tun war, hatte der Maiordomus bereits schon angedeutet. Nun lag es nur noch an ihr und Stella, alles in die Wege zu leiten.


    Als sie sich nach einer Weile wieder gefangen hatte und ihre Tränen weggewischt hatte, wandte sie sich dem Maiordomus zu. Sie bemühte sich, nicht von ihrer Trauer übermannen zu lassen, sondern versuchte gefasst und rational an die Sache heranzugehen.
    „Danke für dein weitsichtiges Handeln, Phocylides. Bitte schicke einen Sklaven, der die Stadtkohorten von dieser entsetzlichen Freveltat unterrichtet. Dominus Caesoninus und Domina Phoebe waren ehrbare Bürger dieser Stadt! Der oder die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden! Gewiss wird das auch in Domina Stellas Sinne sein.“, fügte sie noch hinzu.
    Selbstredend mussten auch alle anderen Familienmitglieder, die derzeit nicht in Rom weilten, benachrichtigt werden. Dives, Centho und Antipater mussten sofort davon unterrichtet werden. Letzterer würde noch die anstehenden Hochzeitsverhandlungen von Stella und ihr zu Ende führen müssen. „Ja, es müssen alle Familienmitglieder benachrichtigt werden und natürlich auch Flora!“ Es war nur zu hoffen, dass die Ärmsten die Nachricht vom Verlust ihres Verlobten einigermaßen gefasst aufnehmen würde. Diese schwere Aufgabe wollte sie Iduna aufbürden. Daher wandte sie sich noch einmal an die rothaarige Sklavin, denn sie war schließlich Caesoninus' Leibsklavin gewesen. „Iduna, ich möchte dass du dich zur Casa Octavia begibst und Domina Flora benachrichtigst. Sage ihr das, was du mir gesagt hast!“ Wieder begann sie zu schluchzen. Doch es gab noch vieles mehr, was erledigt werden musste. Also riss sie sich noch einmal zusammen. „Die beiden Leichname müssen nach Hause geholt und vorbereitet werden, für ihre letzte Reise. Klageweiber müssen bestellt werden und ein Zypressenzweig über die Porta gehängt werden.“ Das ganze Haus musste vorbereitet werden!

    Die junge Iulia hatte den Nachmittag genutzt, um ein wenig zu entspannen und dabei ein spannendes Buch zu lesen. Es war nichts Hochgeistiges gewesen, eher etwas Triviales. Herz-Schmerz hatte es ihre Sklavin grinsend genannt. Aber Graecina war es einfach im Augenblick danach, sich mit solcher Literatur zu beschäftigen. Wenn sie doch nur endlich eine Nachricht von ‚ihrem‘ Decimus hätte!


    Der plötzliche Tumult im Erdgeschoss war bis zu Graecinas Cubiculum hinaufgedrungen. Normalerweise herrschte um diese Zeit doch gemächliche Ruhe in der Domus. Da sie sich so nicht auf ihr Buch konzentrieren konnte, erhob sie sich von ihrem Bett, um nach dem Rechten zu sehen. „Komm mit, Sula!“, rief sie der Hebräerin zu als sie an ihr vorbeischritt.


    Von weitem hörte sie die Stimme des Maiordomus und die einer Sklavin. Iduna? Konnte dies vielleicht Iduna sein? Hatte es etwa schon wieder mit dieser Sklavin Probleme gegeben? Ihr war so, als hätte sie aus Phocylides‘ Mund ihren und den Namen der Sklavin gehört.


    Als sie das Atrium erreichte, erblickte sie den Maiordomus, einen Haussklaven, dessen Name ihr gerade nicht einfallen wollte und Iduna, die scheinbar völlig aufgelöst war und ein verheultes Gesicht hatte. „Was ist denn hier los? Warum schreit ihr hier so herum? Weshalb sollte ich zu was irgendwelche Fragen haben?“ Die Iulia ließ verständnislos ihren Blick zu jedem der Sklaven wandern. „Und warum siehst du so verheult aus, Iduna? Sprich, was ist passiert?!“

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    | Sulamith


    Ein offenes Ohr für Gottes Wort? Hatte die Hebräerin gerade recht gehört? Graecina schwärmte in den höchsten Tönen von jenem Mann, der gegen ihre Glaubensbrüder und Schwestern vorging. Wie man hörte, war er vor wenigen Tagen in Binahs Haus mit seinen Männern eingedrungen, um Philotima zu suchen. Und genau diesen Mann wollte sie am liebsten von der Stelle wegheiraten. Erkannte sie denn nicht die Gefahr? War sie blind oder war das die Naivität eines Kindes, das sie der Wahrheit nicht ins Auge schauen wollte? Sulamith kannte ihre Herrin gut genug, um zu wissen, dass sie nicht so dumm war und die Risiken dieser Verbindung außer Acht lassen würde. Also musste es schlicht und ergreifend ihre Verliebtheit sein, die sie so reden ließ.
    „Du bist verliebt, Graecina! Ich sehe es in deinen strahlenden Augen, wenn du von ihm sprichst und ich höre es auch in deinen Worten. Aber bitte denke immer daran, dass eine Verbindung mit ihm stets auch eine Gefahr birgt. Du musst immer vorsichtig sein. Wir müssen vorsichtig sein!“, mahnte Sulamith.


    ~~~***~~~


    Graecinas Wangen röteten sich. Doch ihre Sklavin hatte nicht so unrecht mit dem was sie sagte. Vielleicht war es nicht die richtig große Liebe, die sie für den Decimus empfand. Dass würde sicher irgendwann später kommen. Doch mit Sicherheit konnte man von einer Liebelei sprechen. Ein Abenteuer in dem der Decimus ihr Held war. Der genau das darstellte, was sie sich immer erhofft hatte. Wenn sie schon heiraten sollte, dann sollte es einer wie er sein!
    Aber gewiss lag Sulamith auch damit richtig, dass sie beide auf der Hut sein mussten. Denn so wunderbar wie Decimus war, so gefährlich konnte er auch sein. Doch lag nicht gerade darin die Chance, ihn beeinflussen zu können, damit er in Zukunft Gnade walten lassen konnte?
    „Ich weiß sehr wohl, was er ist und was er tut. Und ich weiß auch, dass wir beide nicht leichtsinnig sein dürfen. Doch wie würde denn eine Alternative aussehen?“ Die Leichtigkeit war nun aus Graecinas Stimme gänzlich verschwunden und sie schaute die Hebräerin mit festem Blick an. „Nein Sulamith, ich bin mir sicher! Er ist der Richtige! Und genau das werde ich jetzt auch Caesoninus sagen.“
    Mit einem Satz stand sie auf ihren Füßen. Die kleine Ancilla wurde dadurch aus ihrem Spiel gerissen und sah überrascht an der Iulia empor. Als Graecina dann zurück zum Haus lief, erhob auch Sulamith sich. Vorsichtig nahm sie Idunas Kind in die Arme, um es seiner Mutter zurückzubringen.
    Der Nachmittag im Grünen hatte damit abrupt ein Ende gefunden.

    Iduna hatte ihr kleines Töchterchen der Hebräerin anvertraut. Graecina sah der germanischen Sklavin noch nach. Ihr Kind schlief tief und fest. Sein Atem ging ganz ruhig. Endlich konnte sie sich non dem Thema widmen, das ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge gelegen hatte. Natürlich war ihr der geöffnete Brief, den Sulamith zuvor auf der Decke abgelegt hatte, nicht entgangen. Die Tatsache, dass er offen war irritierte sie ein wenig. Für gewöhnlich öffnete oder las die Hebräerin nicht die Post der jungen Iulia.
    „Der Brief… ist der… von ihm?“ Es juckte sie in den Fingerspitzen, den Brief zu nehmen und zu lesen. Der Besuch der Werkschau kam ihr wie eine Ewigkeit vor, obwohl nur wenige Tage vergangen waren. Tagtäglich hoffte sie auf eine Antwort des Decimers. Doch nichts war bisher geschehen. Tante Calvena hätte sie wahrscheinlich zur Geduld ermahnt. Was lange währt, wird endlich gut! Doch wie lange dauerte das? Und wurde es wirklich gut?


    ~~~***~~~




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    | Sulamith

    „Welcher Brief?“, fragte die Hebräerin verwundert. Aufgrund des Tohuwabohus, das die Germanin und der Kelte soeben angerichtet hatten, hatte sie Tiberios‘ Brief ganz vergessen. Doch dann warf sie einen Blick auf die geöffnete Papyrusrolle. „Ach der! Nein, der ist nicht von ihm. Der ist von Tiberios! Du weißt doch noch, der junge Grieche auf der Werkschau und…“ Sulamith beendete nicht ihren Satz, denn die Iulia wusste genau, was vor einigen Monaten geschehen war. Sie versuchte, diese Erinnerung ganz weit von sich wegzuschieben. Glücklicherweise bot sich da der Decimer als Gesprächsthema an.


    „Bist du dir ganz sicher, dass er der Richtige ist?“, fragte sie, denn Graecina war seit einigen Tagen kaum mehr wieder zu erkennen. Sie war ganz aufgekratzt, fast schon nervös. Genauso wie sich ein junges Mädchen verhielt, das glaubte, sich zum ersten Mal verliebt zu haben. Dabei kannte sie den Decimus so gut wie gar nicht. Sicher, er war nett und zuvorkommend gewesen, so wie es sich eben geziemte, wenn man auf Brautschau war. Aber wer garantierte ihr, dass er dass später auch noch war? Ein weiterer Aspekt, den Sulamith ein wenig zögern ließ, war die Tatsache, dass es sich bei ihm um einen Tribunus Cohortis Praetoriae handelte. Wenn er herausfand, dass Graecina und sie Christen waren, dann waren sie beide geliefert! So viel stand fest. Doch die Iulia schien das völlig außer Acht zu lassen.



    ~~~***~~~



    „Ach Sulamith, er war so aufgeschlossen und er liebt die Kunst. Mit ihm könnte ich mir noch hundert weitere Werkschauen anschauen. Sicher kann man sich mit ihm auch ganz hervorragend über Literatur unterhalten. Vielleicht hat er sogar ein offenes Ohr für Gottes Wort.“ Letzteres war sicher nur ein Wunschgedanke. Doch selbst wenn er sich im Augenblick noch nicht für den neuen Glauben begeistern konnte, schien er doch recht tolerant zu sein. Zumindest hatte er seinen Sklaven freigelassen, obwohl dieser noch jung und kräftig war. Doch in Sulamiths Stimme hatte auch ein gewisser Zweifel mitgeschwungen. War ihr an ihm etwas aufgefallen, was ihr entgangen war? Sulamiths Meinung war ihr wichtig. „Findest du denn nicht auch, dass er eine gute Wahl wäre?“

    In kürzester Zeit war das Zusammentreffen der beiden Sklaven eskaliert. Graecina verstand auf einmal gar nichts mehr. Sie konnte dem Geschehen nur noch sprachlos zusehen. Sie hatte offenbar in ein Wespennest gestochen und nun drohten die Gemüter überzuschwappen.
    Der Sklave verschwand einfach wieder und die Germanin beteuerte ihr vielmals, dass sie keine Ahnung gehabt hätte, dass der Kelte immer noch in der Domus war.


    Letztendlich zog es Iduna dann auch vor, mit ihrer Arbeit vorzufahren. Dem hatte die Iulia nicht entgegenzusetzen. „Ja, natürlich! Ich möchte dich nicht weiter von deinen Pflichten abhalten. Geh nur, die Kleine kannst du hier bei uns lassen.“ Solange das Kind schlief, stellte das sicher kein Problem dar. Nur wenn es aufwachen sollte und merkte, dass seine Mutter nicht mehr anwesend war, würde das Geschrei sicher groß werden.

    Hach, wie romantisch, diese Sklavenliebe! Graecina versuchte sich vorzustellen, wie es wohl sein mochte, als unfreier Mensch einen anderen unfreien Menschen zu lieben und romantisierte ihre Vorstellung. Wie es tatsächlich war, sich als Sklave zu verlieben, konnte sie nicht erfassen.
    Als Angus dann erschienen war und seine Beziehung zu Iduna aus einem ganz anderen Blickwinkel darstellte, staunte die Iulia nicht schlecht. Wenn sie seinen Worten Glauben schenken sollte, dann gab es so etwas wie Liebe nicht mehr zwischen den beiden Sklaven. Offensichtlich hatte er sogar keinerlei Interesse mehr an seiner kleinen Tochter. Das war doch irgendwie seltsam. „Was ist geschehen?“, fragte die Iulia den Sklaven und sah dann auch fragend die Germanin an.


    Der Sklave gab einen kaum hörbaren Seufzer von sich. Was sollte das alles hier. Musste er sich nun auch noch vor Domina Graecina rechtfertigen, was geschehen war? Und Iduna!? Als sie ihm Vorwürfe machte, weil er ihre Gegenwart gemieden hatte sah er wieder kurz zu ihr auf. „Du weiß ganz genau, wieso!“, gab er zurück. Dann wandte er sich wieder an die Iulia und deutete auf die Germanin. „Frag sie, Domina! Sie weiß was passiert ist! Ich muss jetzt wieder zurück, sonst bekomme ich Ärger.“
    Dann blickte er noch einmal in Idunas Richtung. „An deiner Stelle solltest du auch wieder an deine Arbeit gehen! Du weiß doch, was auf dem Spiel steht, oder?“, zischte er ihr entgegen. Danach verbeugte er sich knapp vor Graecina und ging einfach, ohne ihre Erlaubnis abzuwarten.

    Aha, so war das also. Graecina verfolgte aufmerksam Idunas Antworten und nickte. Es war also der Wille ihres alten Dominus gewesen, dass sich die beiden Sklaven miteinander vereinten. Weshalb nur? Doch die Antwort lag klar auf der Hand: Um weitere Sklaven zu produzieren. Manche Familien unterhielten regelrechte Sklavenzuchten. Angeblich sollten diese Vernae wesentlich treuer und zuverlässiger sein, als all jene, die erst später zum Beispiel aufgrund von Krieg in die Sklaverei geraten waren. Ihre Sulamith war ja ebenfalls eine hausgeborene Unfreie, so wie ihre Eltern davor. Die Hebräerin war mit ihr aufgewachsen, wie eine Schwester, die sie niemals hatte. Ein kurzer Blick zu ihr verriet Graecina, dass sie es wohl nicht sehr gut hieß, die Germanin auf diese Weise auszufragen. Doch was diese zu erzählen hatte, war sehr interessant!
    In gewisser Weise nahm Iduna ihr auch die Ängste, die sie unterschwellig hegte. Dein zukünftiger Mann wird sanft zu dir sein, hatte sie gesagt. Das klang doch sehr hoffnungsvoll. „So sanft und zärtlich, wie Angus?“ fragte sie lächelnd.


    Kurze Zeit später stand dann tatsächlich der Kelte in voller Pracht vor ihr. Diesmal allerdings nur spärlich bekleidet und recht schmutzig. Idunas Reaktion ließ Graecina darauf schließen, dass sie tatsächlich geglaubt hatte, er wäre nicht mehr mit in der Domus.
    „Deine Frau hat anscheinend geglaubt, du seist fort. Wo hast du denn gesteckt?“ fragte die Iulia den Sklaven und sah dabei abwechseln ihn und die Germanin an.


    Angus sah wieder zu ihr auf und wirkte etwas verwirrt dabei. War das der Grund, weshalb man ihn gerufen hatte? Was hatte die Iulia denn diesmal vor? Hatte sich Iduna etwa bei Domina Graecina ausgeheult, so dass diese sich nun veranlasst fühlte, die beiden wieder zusammenzuführen? Wenn das der Fall sein sollte, dann würde er den beiden Frauen eine Absage erteilen!
    „Iduna ist nicht meine Frau, Domina! Unsere frühere Domina hat mir damals befohlen, sie zu schwängern. Wie man sieht, habe ich das getan. Und ja Domina, ich bin fort. Ich gehöre nicht mehr zu ihr. Wenn du erlaubst, kehre ich nun wieder zu meiner Arbeit an den Hypokaustum-Öfen zurück.“ Der Kelte vermied es, Iduna auch nur anzuschauen. Ebenso kaltschnäuzig ignorierte er seine Tochter. Tief in seinem Inneren aber hasste er sich dafür, denn da war immer noch Liebe für seine Tochter und auch Iduna.


    [SIZE=7]Gastauftritt Angus mit freundlicher Genehmigung des Spielers[/SIZE]

    „Ich wusste es!“, entfuhr es Graecina. Natürlich gab es einen Haken an der Sache. Lediglich durch Zuneigung konnte doch kein Kind entstehen! Es gehörte noch weit mehr als das dazu. Der Austausch von Zärtlichkeiten und die Vereinigung der Körper waren nötig. Sie hatte vage Vorstellungen, wie dies von statten ging. Als Sulamith Gewalt angetan worden war, hatte man sie gezwungen sich zu vereinigen. Seither war sie nicht mehr die 'Alte'. Sie hatte lange gebraucht, um dieses Erlebnis einigermaßen zu verarbeiten und noch immer wurde sie von Alpträumen heimgesucht. Es stand natürlich außer Frage, dass sie die Hebräerin in dieser Sache um Rat fragte. Dafür war Iduna ja nun da!


    „Du hast ihn lieben gelernt? Und das hat funktioniert? Wie hast du das gemacht?“ Wenn das so einfach war, jemanden lieben zu lernen, ähnlich wie man zum Beispiel Lesen lernte, dann war das ja einfach. Dann konnte sie sicher jeden Mann lieben lernen. Selbst dann, wenn sich der Decimus gegen sie entscheiden sollte und sie doch noch einen Greis mit Mundgeruch heiraten müsste.
    Aber nicht nur diese Fragen quälten sie, sondern noch tausend andere. „Wie ist das eigentlich, wenn man sich vereinigt? Tut das weh? Hast du Schmerzen verspürt? Und bei der Geburt? Wie war es da bei der Geburt?“
    Die Iulia hätte der Germanin sicher noch unendlich viele Fragen stellen können, ohne dabei zu merken, wie unangenehm ihr das war. Im Augenblick war sie einfach nur fürchterlich aufgeregt, endlich jemanden vor sich zu haben, der 'Ahnung hatte' .Wäre da nicht Breda wieder zurückgekehrt. Wenige Schritte hinter ihr erschien ein blonder muskulöser Sklave von großer Statur, der lediglich mit einem Subligarium bekleidet war. Sein Körper war verschmiert vom Schmutz und glänzte vom Schweiß der harten Arbeit an den Öfen des Hypocaustums. Wenige Schritte vor Graecina blieb er stehen hob seinen Blick und sah sie an. „Womit kann ich dir dienen, Domina?“ Dann schweifte sein Blick kurz zur Seite und er erblickte Iduna, die Aislin im Arm hielt. Bei diesem Anblick verkrampfte sein Inneres. Schnell senkte er wieder seinen Blick und erwartete die Befehle der Römerin.


    „Ach!“, rief Graecina aus. „Na siehst du, da ist er doch!“

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    | Sulamith


    Endlich öffnete sich die Germanin und begnn zu reden. Sie erzählte Sulamith, was sie bedrückte. Es war die Sorge um die Zukunft ihres Kindes. Im Grunde etwas ganz Normales, was jede Mutter beschäftigte. Nur hatte scheinbar Idunas Verhalten dazu beigetragen, dass die Zukunft der Kleinen als Libertina verbaut worden war. Gerne hätte sie ihr Trost gespendet und ihr gesagt, dass es immer noch Hoffnung gab, doch dann erschien Graecina. Womöglich war es Iduna peinlich, in ihrer Gegenwart über diese sehr persönlichen Dinge zu sprechen. Also ließ sie es dabei bewenden.



    ~~~***~~~



    Graecina bemerkte das Zusammenzucken der Sklavin, nachdem sie Breda losgeschickt hatte, um nach Angus zu suchen. Sicher würde es noch eine Weile dauern, bis sie zurück war. Umso besser. So konnte sie die Germanin noch etwas mit ihren Fragen löchern, denn diese gab es reichlich!


    „Aha, das ist ja interessant! Aus der Zuneigung entsteht das Kind? Das heißt, ich muss einfach meinen lieben und dann bekomme ich ein Kind? Einfach so?“ So recht konnte sich das die Iulia nicht vorstellen. Sicher war das Schwierigste dabei, erst einmal etwas für den zukünftigen Ehemann zu empfinden. Aber was machten die, die rein gar nichts für ihren Gatten empfanden? Wie kamen die zu ihrem Kind? „Also dann liebst du Angus und deshalb hast du dein Kind bekommen,“ stellte sie nachdenklich fest.