Nachdem die Sklaven endlich gegangen waren und Graecina mit Sula und dem kleinen Mädchen, dass sie gerettet hatte, alleine war, fiel der ganze Druck, der ihre Fassade von der starken und selbstsicheren Römerin aufrecht erhalten hatte, von ihr ab. Sie beugte sich über die Hebräerin und fing fürchterlich an zu weinen. Was hatte man ihrer Freundin nur angetan? Was ging in einem Menschen vor, der so etwas getan hatte? Sula war der liebenswerteste und friedfertigste Mensch, den sie bis dahin getroffen hatte. Sie hatte sich voll und ganz für dieses Kind dort geopfert, dessen Leben für die meisten Menschen nicht mal ein Quadrans wert gewesen war. Graecina wusste, dass sie niemals eine solche Stärke hätte aufbringen können. Sie bewunderte Sulamith dafür. Doch sie so daliegen zu sehen, schmerzte sie ungemein.
Liebevoll stich sie das verschwitzte Haar aus Sulas Gesicht. Vielleicht konnte ihre sanfte Berührung bis zu ihr vordringen, denn sie hatte scheinbar einen Schutzpanzer um sich herumgebaut, um nicht noch mehr verletzt zu werden.
Die Iulia hatte kurze Zeit später einen Bottich mit Wasser und einen Waschlappen geholt, um Sulas Körper notdürftig damit zu reinigen. Die sichtbaren Spuren der Vergewaltigung ließen sie erschaudern. Sie fragte sich, wie Sula nur diese Kraft und diesen Mut aufbringen konnte, um sich auf diese Weise für einen anderen Menschen aufzuopfern. Es musste ihr Glaube sein, schlussfolgerte Graecina irgendwann, als sie auf keine andere Antwort kam. Ob sie jemals einen solch starken Glauben aufbringen konnte?
Den Rest der Nacht hatte die Iulia über Sula gewacht, bis ihr irgendwann die Augen zugefallen waren und sie fest einschlief. Erst einige Stunden später, als die Sonnenstrahlen bereits in ihr Cubiculum hineinfielen, wachte sie langsam auf. Ancilla, das kleine Mädchen schlief noch immer ganz fest. Sollte das Kind sich gesund schlafen und alle Zeit der Welt haben, um sich wieder voll und ganz zu erholen.
Als sie sich langsam umdrehte, erkannte sie Sulas Silhouette. Sie saß auf der Bettkante. Das machte ihr wieder ein wenig Hoffnung. „“Sula,“ wisperte sie ihr zu. „Geht es dir gut Sula? Wie fühlst du dich?“