Re: Ein Mimus für Mantua vom Magistraten Tiberius.
Lucilla machte wie gewohnt eine gute Mine zu alldem, denn so war sie erzogen worden. Die Familie und dem Erfolg der Männer war alles unterzuordnen und natürlich war das auch nicht immer das Schlechteste für die Frauen. Lucilla verstand, dass sie ihrem Mann helfen musste, diese Leute auf seine Seite zu ziehen aber sie konnte nicht viel tun. Ihre Aufgabe bestand in der Repräsentation und dem Umgarnen der Stadtoberen, so wie ihre Mutter es mit den Senatoren und unzähligen Frauen vor ihr getan hatte. Es wäre sicher schön, auch etwas für sich zu erreichen aber das sah das Leben für Frauen ihres Standes nicht vor. So fügte sich Lucilla in ihre Rolle und spielte die vollendete Dame. Sie lächelte den Zuschauern im Theater zu, als ihr Mann das Wort an diese richtete, und als er geendet hatte, legte er ihre Hand auf seine und schritt mit ihr nach draußen.
Hier war gerade vor dem Ausgang des Theaters alles hell erleuchtet, was wirklich auch für Rom nicht alltäglich war. Natürlich waren die Illuminationen in Rom prächtiger, denn als Lucilla die Straßen, die vom Theater wegführten, entlang sah, bemerkte man schon die Lichter, aber es war nicht so hell erleuchtet wie bei den letzten Illuminationen in Rom. Trotzdem musste sie ihrem Mann schon für die Idee Respekt zollen. In Rom wurden solche Specktakel vom Augustus ausgerichtet, und auch das hier war sicher sehr teuer gewesen. All das Öl, die Vorbereitung. Wenn man ihrem Mann dafür nicht Anerkennung in Mantua zollte, dann wusste sie auch nicht.
Um den Leuten noch ein bisschen heile Welt vorzuspielen, bat sie ihren Mann, der eigentlich in die Sänfte einsteigen wollte, noch ein bisschen mit ihr durch die abendlich erleuchtete Stadt zu spazieren. Es ging ja keine Gefahr aus, die Leute waren in den Straßen unterwegs und genossen das Bild von der durch Öllampen erhellten Stadt. Mit ihrem Mann am Arm schritt Lucilla durch die Straßen und sprach mit den Frauen der Decurionen, den Decurionen selbst und Bürgern, oder eher den Frauen dieser Bürger. Lucilla wusste genau, wie man Sympathiepunkte einsammelte, denn das war das Geschäft der Frauen der Valerii. Auch wenn sie noch sehr jung war, aber das war ihr Mann im Grunde auch, hatte sie das anders als er durch jahrelanges Beobachten gelernt. Und schon als Kind war sie von ihrer Mutter herausgeputzt und in die Spur geschickt worden, um ein hübsches Kind zu sein, das alle liebten. Nur dass sie sich das mit ihrer Liebe und schließlich mit ihrer Schwangerschaft alles verbaut hatte. Sie hätte einen Senator heiraten sollen und Macht in Rom haben sollen, nun aber hockte sie in der Provinz. Es war wie es war. Lucilla führte ihren Mann jetzt, nachdem dieser seinen Auftritt im Theater gehabt hatte, eher als er sie führte. Geschickt fädelte sie Gespräche mit den Frauen ein, so dass deren Männer gezwungen waren, mit ihrem Mann zu sprechen.
Erst als es schon weit nach Mitternacht war und die Straßen sich gelehrt hatten und viele der Öllampen heruntergebrannt waren, beendeten sie ihre Runde durch die Stadt und stiegen in ihre Sänfte.