Tiberios war erstaunt, als die keltische Kriegerin plötzlich seine Hand ergriff und ihn führte, und fast wie fügsames Kind trottete er ihr, in dem er mit der anderen Hand sein Bündel trug, nach bis zum Hortus,
Dort ließ ihn Tusca alleine.
Er sah domina Duccia Clara mit geschlossenen Augen in einem Korbsessel unter einem Baum sitzen, sie schien zu schlafen oder vor sich hinzudösen.
Der furische Sklave wickelte die drei Schriftrollen aus seiner clamys und legte sie vorsichtig auf das Beistelltischchen, den Mantel zog er wieder an und befestigte seine Fibel über seiner rechten Schulter.
Dann blieb er in einigem Abstand, um die Römerin nicht zu erschrecken, stehen und wartete, bis sie Notiz von ihm nehmen würde.
Beiträge von Tiberios
-
-
Für den Alexandriner Tiberios waren Terpanders Worte Zeugnisse einer längst vergangenen Welt, wie Troia oder die Fahrten des Odysseus oder wie die Schlacht bei den Thermopylen. Groß gewiss, doch schon längst Geschichte.
Nun aber sprach ein Mann zu ihm, der noch im Geiste der glorreichen spartiatischen Vergangenheit gelebt und gestritten hatte.
Tiberios hielt dem Blick des alten Kriegers nicht stand, verlegen senkte er die Lider, und seine Hand, die an der Wange Terpanders ruhte, zitterte leicht.Du weißt, was mit unseren Neugeborenen geschieht?"
Was war fama, Gerücht? Was war Vergangenheit? Was Wirklichkeit?Tiberios schüttelte den Kopf:
„Genaues weiß ich nicht, sag du mir es.“, bat er. -
Zitat
Original von Valeria Maximilla
Tiberios blieb etwas verblüfft mit einem Sesterz in der Hand zurück, als ihn die kleine junge Römerin sehr herablassend behandelte. Vermutlich hatte sie ihm seine leichte Ironie übel genommen. Aber was sollte es, man konnte nicht erwarten,von Römern immer freundlich behandelt zu werden, darüber machte sich der junge Alexandriner keinen Kopf.
ZitatOriginal von Iulia Graecina
ZitatOriginal von Sulamith.
Tiberios spürte den Blick von domina Iulia Graecina auf sich, aber er würde sie weder grüßen, noch zu erkennen zu geben, dass er sie kannte, bevor sie das Wort an ihn richtete. Auch wenn der furische Sklave schon gemerkt hatte, dass die edle Iulia privat über solche Dinge etwas anders dachte, so war Sulamith wohl mehr ihre Freundin als ihre Dienerin - zumindest hatte er den Eindruck gewonnen - hielt er es für klüger, in der Öffentlichkeit den gebotenen Respekt zu wahren.
Das galt im Moment auch für ihre Begleiterin Sulamith. Tiberios hoffte sehr, dass er die Hebräerin später noch begrüßen und sprechen konnte. Was geschehen war, tat ihm sehr Leid. Eine Sklavin oder ein Sklave konnte freilich jederzeit zu sexuellen Handlungen gezwungen werden, wenn auch nur von den Eigentümern, keinesfalls von Fremden.
Für die zarte Sulamith musste Titus' Brutalität ein Schock gewesen sein. Oder vielleicht war das bei Mädchen im Allgemeinen und bei Sulamiths Volk im Besonderen noch schlimmer?
Tiberios zweifelte daran, ob die iulische Sklavin seine sehr sachliche Sicht auf diese Dinge verstehen würde.Als Sulamith kurz in seine Richtung blickte, lächelte er und hob unmerklich und scheu die Hand zum Gruß.
Der gutaussehende älteren Römer, der Iulia Graecina begleitete. (Der Mann, der Angus einen Blumenstrauß geschenkt hatte? Tiberios schüttelte den Kopf, vermutlich trug ihn der Custos nur für seine Domina, aber Angus in Gedanken etwas zu necken machte Spaß) war Tiberios völlig unbekannt, auch dass hielt ihn davon ab, sie anzusprechen.
Der Römer und die Iulia mit ihren Sklaven blieben nun vor der Statue "Kainis verwandelt sich in Kaineus" stehen.Tiberios, der von Valeria Maximilla aufgehalten worden war, wollte sich in den Garten begeben, um die Pieridenverwandlung zu betrachten, doch da kam er an dem wohl monumentalsten Werk der Werkschau vorbei, vor dem sich schon bereits viel Publikum drängte:
Die Kentaurenhochzeit, die Kentauromachie oder Lapithen gegen Kentauren, oder wie man die Szene sonst es nennen wollte.
Aber auch hier ging es wieder wie im Kaineus- Mythos um Gewalt gegen eine junge Frau. Die Lapithen luden die Kentauren zu der Hochzeit von Peirithoos und Hypodamaia ein, und die üblen Gäste versuchten, die Braut auf ihrer eigenen Hochzeit zu vergewaltigen.
Kaineus erscheint noch einmal in der Geschichte, denn er stirbt ganz am Ende des ausführlichst geschilderten Blutvergießen und wird in einen Vogel verwandelt, dachte Tiberios und anstatt Ovids Worte der grausigen Schlacht zu deklamieren, begann er mit dem Schluss:"...abnuit Ampycides medioque ex aggere fulvis
vidit avem pennis liquidas exire sub auras....,
Nicht so Ampyx' Sohn: der sah, wie hervor aus dem Haufen
Flog in die lautere Luft mit gelbem Gefieder ein Vogel,
Welchen zuerst damals und zuletzt damals ich erblickte.
Wie er den Vogel gewahrt, der kreisete um der Gefährten
Lager gemächlichen Flugs und mit schallendem Kreischen hinabrief,
Da sprach Mopsos, zugleich mit dem Geist und den Augen ihm folgend:
"Sei mir gegrüßt, du Ruhm und Stolz des lapithischen Volkes,
Trefflichster Mann vormals, nun einziger Vogel, o Kaineus!"Die Metamorphose in einen freien Vogel, der für immer der Erdenschwere davon fliegen kann, dachte Tiberios, vielleicht würde dieser Schluss Sulamith tröstlich sein.
-
„Salve, Tusca“, sagte Tiberios recht scheu, die blautätowierte Kriegerin flößte ihm Respekt ein. Aber da sie lächelte, lächelte er zurück.
Sie wies ihn an, in den hortus zu gehen . Die meisten römischen Häuser waren so aufgebaut, dass man immer einfach geradeaus gehen musste, so vermutlich auch die Casa Sergia . Dennoch erschien es dem furischen Sklaven unhöflich, in einer unbekannten Casa einfach alleine los zu marschieren:
„Danke, Tusca, zeigst du mir bitte den Weg?“ -
>> Azhars Bücher, Schriften und Schreibbedarf.
Tiberios hatte die Schriftrollen vorsichtig in seinen Mantel gewickelt bis zur Casa Sergia getragen und las nun an der Porta, dass Bettler und Boten den Seiteneingang benutzen sollten.
Nun, er war weder das eine noch das andere, aber trotzdem nur ein Sklave. Daher zögerte er, betätigte aber schließlich den Türklopfer.
Domina Duccia Clara hatte gesagt, er dürfe vorbei kommen, wenn er wieder einmal interessante Bücher zu verkaufen hätte. -
Tiberios nahm die vier Denare, die ihm vom Verkauf des Romans Chaireas und Kallirrhoë übrig geblieben waren, mit , um zu sehen, ob er vielleicht mit viel Glück ein neues Exemplar kaufen konnte.
Er ging auf dem Mercatus bei zwei Buchläden vorbei, die er kannte und landete schließlich bei Azhars Bücher, Schriften und Schreibbedarf. Im Eingang stand eine Kiste mit Schriftrollen, die entweder ältere Werke waren oder solche, die Stockflecken oder sonstige Beschädigungen aufwiesen, auf dem Boden, eine Wachstafel versprach einen Preisnachlass.
Tiberios kniete sich hin und sah die Bücher durch. Er wickelte sie sorgfältig auf, um den Stand der Beschädigungen zu prüfen, leider war Chariton von Aphrodisias nicht dabei.
Er fand schließlich vier interessante Bücher,die alle in hervorragendem Zustand, aber schon älteren Datums oder eher selten nachgefragt waren:
Pytheas von Massalia: Peri tou Okeanu – über die Ozeane. Mit diesem Buch verbanden Tiberios schöne Erinnerungen: Einst hatte er es bei Ezra Ben Abraham für seinen jungen kyrios Alexandros erworben, und da es auch eine Beschreibung von Britannien enthielt, hatte er es seiner domina Furia Stella empfehlen können.
Einen Teil des ersten Bandes der ersten Pentade Titi Livi Ab urbe condita libri , Titus Livius: Von der Gründung der Stadt, mit den Geschichten Romulus und Remus und Der Raub der Sabinerinnen
Einen Teil des Deuteronomium, das zur Septuaginta, der Übersetzung der hebräischen heiligen Schriften in Koine, gehörte. Tiberios hatte die Schriftrollen in Alexandria besessen, es aber wie alle seine persönlichen Dinge nicht mitnehmen dürfen, als er verkauft worden war.
und die Eidylla von Theokritos, die wunderschöne Hirtendichtung von Jünglingen und zarten Mädchen, deren Tätigkeit eher ein romantisches Spiel als harte Arbeit zu sein schien. Gleich zwei der vorkommenden Hirten hießen Daphnis; Tiberios lächelte in sich hinein, auch er war schon mit Daphnis verglichen worden.
Das letztere Lektüre schien dem furischen Bibliothekar so recht etwas zu sein, um sich daran in den Ferien zu erfreuen, und so kam ihm die freundliche domina Duccia Clara ins Gedächtnis.
Hatte sie ihm nicht gesagt, er könne jederzeit bei ihr zuhause vorbeikommen, wenn er lohnende Bücher hätte und ihm sogar ihre Adresse gegeben?
Tiberios erinnerte sich noch an das, was auf der Wachstafel geschrieben stand:
Duccia ClaraCasa Sergia,
Via Nomentana am Fuße des Quirinal.
Nun nahm er die vier Schriftrollen und betrat das Geschäft. Vier Denare besaß er, viel war das nicht für Literatur.
„Salve“, grüßte er einen der Gehilfen des Buchhändlers und fragte nach dem Preis. Alle vier Bücher konnte er nicht erwerben, aber weil der Mann ein Herz hatte, überließ er Tiberios schließlich drei davon.
„Die Schriftrollen werden auch nicht besser, wenn sie jahrelang in der Kiste liegen.“, sagte der.Tiberios entschied sich dafür, das Deuteronomium zurück zu lassen, nicht weil er es nicht schätzte, sondern weil er hoffte, dass es nicht verkauft werden würde, bis er wieder kam.
Dennoch, er hatte gerade ein sagenhaft gutes Geschäft gemacht, und er strahlte den Gehilfen an. Der lächelte zurück:
„Viel Spaß damit. Schriftrollenhüllen kann ich dir leider nicht dazu geben, doch das kannst du für den Preis auch nicht erwarten.“Tiberios löste die Fibel von seiner Schulter, zog seine Chlamys aus und wickelte die Schriftrollen darin ein:
„Ich danke dir! Vale Bene!“, rief er aus , und der Mann nickte ihm zu.
Tiberios sah hoch zur Sonne und prüfte ihren Stand.
Für einen Besuch in der Casa Sergia war es noch nicht zu spät, und sie lag ohnehin nahe seinem Heimweg.>> Casa Sergia
-
„ Als Knaben, der die Fackel senkt, stellen wir uns Thanatos vor, den Gott des friedlichen Todes, einfach einschlafen, weißt du.“, erwiderte Tiberios:
„Vermutlich inkarniert er in Sparta nicht.“Er lächelte nun auch wegen des „Ehrenknaben“. Terpander schien gerade zu seinem alten, bissigen Format zurück zu finden, doch Tiberios hatte gesehen, was er gesehen hatte, und immer noch fühlte er sich unbehaglich:
„Das Ritual, wann immer du willst.“, sprach er, und nun hob er die Hand und legte sie an Terpanders Wange, um sanft dessen Kopf so zu drehen, dass der seinem Blick nicht ausweichen konnte:
„Aber sag mir: Wer wartet auf der anderen Seite auf dich, wem hast du versprochen, bald nachzukommen? Oder besser: Sag es mir nur, wenn du möchtest. Vielleicht ist es mir zuträglicher, nicht alles zu wissen, nicht wahr?" -
Zitat
Original von Duccia Clara
...Tiberios freute sich, dass er domina Duccia Clara, der guten Freundin von domina Furia Stella, die gewünschte Auskunft hatte geben können, verbeugte sich kurz und sah ihr und der beeindruckenden Keltenkriegerin einen Moment hinterher.
Dann sprach ihn eine Römerin in Begleitung zweier Sklaven an:
ZitatOriginal von Valeria Maximilla
Tiberios schaute zu der braungelockten jungen Dame hin- meinte sie ihn? Vermutlich ja, also hörte er sich ihre Frage an:
„Domina, gerne erkläre ich dir etwas zu dieser Statue.“, sagte der furische Sklave.
Dann fasste er die Darstellung genauer ins Auge: Tatsächlich verwandelte sich ein Mann in einen Uhu ( Oder war es gar eine Eule? - Tiberios zoologische Kenntnisse waren höchstens Mittelmaß), das linke Auge blickte noch menschlich, das rechte war rund und groß, die Nase endete in einem gebogenen Schnabel, bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Federn sprossen aus dem Hals, der Mund war aufgerissen, als würde sich die Person in Qualen winden. Kleine Flammen flossen wie Wasser die Arme entlang und züngelten in das kunstvoll bemalte steinerne Fleisch.
„Das Kunstwerk erzählt die Metamorphose von Askalaphos, einem daimon der Unterwelt.“, meinteTiberios schließlich:
„Als Hades Persephone – ihr Römer nennt sie Pluto und Proserpina- entführt hatte, durfte sie nichts an Speisen in der Unterwelt zu sich nehmen, denn sonst konnte sie nicht wieder in unsere Welt zurück kehren. Aber in Gedanken versunken aß sie beim Spazierengehen einige Granatapfelkerne. Askalaphos hatte das gesehen und veriet es Hades. Als Persephone davon erfuhr, mahm sie Tropfen aus dem Flammenfluss Phlegethon und verwandelte Askalaphos in einen Uhu...
...regina Erebi testemque profanam
fecit avem sparsumque caput Phlegethontide lympha...
Erebos' Königin seufzt und gibt dem gemeinen Zeugen
Vogelgestalt, und das Haupt, das Phlegethons Wasser bespritzen
Bildet zum Schnabel sie um, zu Federn und stierenden Augen.
Er wird braun mit Flügeln bekleidet
Und wird dicker am Kopf
und krümmt ausgreifende Krallen,....ich hoffe, die Auskunft stellt die domina zufrieden, obwohl auch ich nur ein Besucher bin .“, erwiderte der junge Grieche etwas amüsiert.
ZitatOriginal von Angus
Damit ich nicht ganz wie ein begossener Pudel wirkte, begann ich die Umgebung mit meinen aufmerksamen Blicken zu sondieren, während die Iulierin sich mit diesem Kerl unterhielt. Schließlich machte ich so etwas nicht zum ersten Mal.
Ach nein, war das da drüben nicht dieser Grieche? Tiberios hieß er. Bei unserer letzten Begegnung hatte ich ihm eine verpasst, weil ich geglaubt hatte, er hätte sich an Domina Graecinas kleinen Hebräerin vergangen. Doch wie sich herausgestellt hatte, war er völlig harmlos. Eigentlich war er nur ein schleimiger Speichellecker, der vor allem und jedem im Staub kroch. Was er hier nur machte? Anscheinend hielt er irgendwelche Volksreden zur Unterhaltung der Gäste. .Tiberios hob den Kopf und sah zurück in Richtung Eingang. Iulia Graecina war immer noch in das Gespräch mit dem fremden Römer vertieft, Sulamith stand neben ihr.
Angus beschützte die Iulia natürlich als Custos.
Aber diesmal hielt der blonde Mann wie ein Symbol des Friedens einen Blumenstrauß in der Hand, und soweit Tiberios, der Blumen für etwas hielt, das der Schönheit und Harmonie zuträglich war, es ausmachen konnte, handelte es sich um ein Bukett kostbarer Rosen und Orchideen.
Der junge Alexandriner lächelte versonnen. War der Strauß von dem Römer? Zumindest hatte der ihn vorher dabei gehabt.
Er hoffte sehr, dass Angus ihn bemerken würde, als er ihm zuzwinkerte und die Hand mit dem Daumen nach oben hob.
Der Römer in der blaugrün schillernden Toga war ein ansehnlicher Mann, und die Blumen waren bestimmt nicht billig gewesen, er, Tiberios, hatte im Gegensatz zu Angus jetzt bisher noch nie welche von einem Verehrer bekommen. -
Ja, wer im Glashaus sitzt....nee
hatte es gemerkt und schon gelöscht. -
Dein Posteingang ist leider voll.
-
Ich verstehe nicht so ganz. Meinst du das, was man fälschlicherweise platonische Liebe nennt ?
Die griechische Philosophie kennt drei Arten von Liebe:agape - eros - philia?
Also agape oder philia? ? -
Tiberios lächelte ebenfalls und zitierte den Vers mit den Elstern, wobei man dem jungen Griechen ansah, dass er einfach große Freude an Klang und Schönheit von Worten hatte:
„...ales erat. numeroque novem sua fata querentes
institerant ramis imitantes omnia picae...
Vögel waren es, neun an der Zahl, die, klagend ihr Schicksal,
Auf das Gezweig sich hatten gesetzt, nachsprechende Elstern…." *"Domina Duccia Clara, gerne frage ich nach, ob und an welchem Standort Meister Dolios die Pieriden verewigt hat....", fügte er an.
Insgeheim war er froh, dass die römische Herrin nach der Verwandlung der neun pierischen Musen und nicht etwa nach der Kentauromachie aus dem zwölften Buch fragte, denn erstere war auf jeden Fall eine weit weniger blutrünstige Geschichte und wesentlich geeigneter für die Augen und Ohren einer edlen Dame.
Tiberios hielt Ausschau nach einem Bediensteten oder Schüler des Bildhauers.
Dann sah er einen jungen Sklaven in einer kurzen Tunika, der wohl ins Haus gehörte, denn einige Besucher befragten ihn und er wies dort oder da hin.
Er eilte los und kam zurück, mit der Auskunft, dass es tatsächlich weiter hinten im am Innenhof angrenzenden hortus eine solche Skulpturengruppe gäbe.Sim-Off: * nach Gottwein , Ovid, Fünftes Buch
-
Tiberios verbeugte sich kurz und freute sich, da domina Duccia Clara so freundlich zu ihm sprach, aber als sie nach domina Furia Stella fragte, musste er sie leider enttäuschen.
„Salve, domina Duccia Clara. Nein, ich begleite meine Domina heute nicht.“, antwortete er, ohne einen Grund zu nennen. Domina Duccia Clara würde bestimmt verstehen, dass ihm seine Herrin keine Rechenschaft über ihre Pläne ablegte, schließlich war er nur ein Sklave:
„Aber domina Stella hat sich sehr über deinen Gruß gefreut den du mir aufgetragen hattest, und sie freut sich schon sehr, bald längere Zeit mit dir zu verbringen, domina.“Er warf einen respektvollen Blick auf die Kriegerin Tusca:
„ Domina Stella hat mir erklärt, was eine Piktin ist.“, sagte er nachdenklich. Das blaue Muster war wirklich außergewöhnlich.Dann fügte er an: „Wenn du einen Wunsch hast, bitte lass es mich wissen. Domina Stella ist bestimmt zufrieden, wenn ich dir zu Diensten bin.“
Er verbeugte sich wieder.
Er hatte gerade erst " Kainis verwandelt sich in Kaineus" bewundert, doch es gab ja noch mehr Exponate. -
Casa Furia – Ein freier Nachmittag >>>>
Tiberios war in seinem heimatlichen Alexandreia ein wenig zur Verachtung gegenüber der römischen Dichtung erzogen worden; sie wäre nicht originell und tatsächlich gäbe es nichts, was nicht Hellenen zuvor schon besser, schöner und weiser ausgedrückt hätten.
Aber der junge Alexandriner hatte schon als scriba personalis seines ehemaligen Herren Latein gelernt und seitdem er nach Roma verkauft worden war, noch verbessert, und er schätzte durchaus auch römische Autoren. Die Metamorphosen von Ovidius gehörten zu seiner Lieblingslektüre, und daher war er gespannt, als er erfuhr, dass der beühmte Bildhauer Dolios das Thema künstlerisch umgesetzt hatte. Außerdem war der Eintritt frei, was Tiberios, der mit seinem peculium immer knapp haushaltete ( Was daran lag, dass er sich gerne gut kleidete und Bücher kaufte) entgegen kam.
Auch diesmal hatte sich der junge Sklave nach griechischer Mode gekleidet.
Über seiner hellen Tunika und der Bronzetafel an einer Kette, die ihn als Sklaven kennzeichnete, aber auch auf Botengängen durch den Namen seines dominus schützte, trug er eine braune Chlamys, einen kurzen Mantel, der über der rechten Schulter mit einer Bronzespange befestigt wurde.
Die Chlamys war schon etwas zu warm für die römischen Temperaturen, doch Tiberios meinte, er sähe damit würdevoller und älter aus. Manchmal hielten ihn Leute nämlich für einen Lustknaben, aber er war der Bibliothekar der Casa Furia und stolz darauf.Als der furische Sklave endlich die Werkstätte des berühmten Dolios erreichte, erkannte er am Eingang domina Iulia Graecina und ihre beiden Sklaven Angus und Sulamith.
Tiberios war schlau genug, mit keinem Wimpernschlag zu verstehen zu geben, dass er diese Leute schon einmal gesehen hatte. Diese ganze längst vergangene Nacht in der Spelunke und das üble Geschick der jungen Sulamith war voller fast irrealer Schrecken gewesen, und es war wohl besser, die Erinnerung daran, tief im Gedächtnis zu vergraben.
Als Unfreier stand es ihm ohnehin nicht zu, domina Iulia Graecina zuerst anzusprechen.
Zu gerne aber hätte er sich nach Sulamith erkundigt, unauffällig folgte ihr sein Blick, sie sah besser aus als damals, als sich ihre Wege trennten, doch sie schien ihm sehr schmal und bleich.Beim Anblick von Angus fasste sich Tiberios unwillkürlich an die Nase, obwohl der Schlag des iulischen custos keinen bleibenden Schaden hinterlassen hatte.
Er ging an der Iulia, die einen Bekannten getroffen und ins Gespräch vertieft war, und ihrem Gefolge vorbei und betrat den Innenhof.
Die erste Statue, die der furische Sklave betrachtete, zeigte die Verwandlung von Kainis in Kaineus. Seine Mutter war nach dieser Kainis benannt, daher gehörte diese Metamorphose zu Tiberios‘ Lieblingsgeschichten.
„Nec Caenis in ullos
denupsit thalamos secretaque litora carpens
aequorei vim passa dei est (ita fama ferebat).....,“, begann Tiberios leise zu rezitieren und wiederholte für sich die Stelle aus Ovids Metamorphosen:" Zu keiner Verbindung
Mochte sich Kainis verstehn, und wandelnd am einsamen Strande
Litt sie Gewalt von dem Gotte der Flut: so ging das Gerede.
Wie als erster die Lust des Umarmens Neptunus genossen,
Sprach er: "Es sei dein Wunsch vor jeglicher Weigerung sicher:
Wähle denn, was du begehrst!" So wusste dasselbe Gerede.
Kainis versetzt: "Mich lässt das Erlittene Großes begehren,
Dass ich für immer bewahrt davor. Gib, dass ich kein Weib sei:
Alles gewährst du mir dann." Und siehe, mit tieferem Tone
Sprach sie den Schluss, und es könnt' als männliche gelten die Stimme,
So wie sie war; denn gewährt schon hatte der Herrscher des tiefen
Meeres den Wunsch und verliehen dazu, dass nimmer ein Angriff
Konnte verwunden den Mann, noch je ihn fällen ein Eisen.
Froh des Geschenks geht weg der atrakische Kämpfer und widmet
Männlichen Werken die Zeit und durchirrt die peneischen Fluren." *Kainis war als junges schönes Mädchen, die Arme flehend erhoben, abgebildet, während Poseidon oder Neptun der Vergewaltigten schon den Wunsch erfüllte, zu einem Manne zu werden, so dass sie von der Hüfte abwärts bereits wie ein Jüngling erschien. Der Hautton des Mädchens war ein lichtes Weiß, durch das Rosé schimmerte, der des Jünglings ein goldener Bronzeton.
Das Bild war hinreißend, und Tiberios betrachtete es lange.
Sim-Off: *Ovid, Metamorphosen 12. Buch Kaineus Übersetzung: Gottwein
-
Tiberios spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte sich entfernt, um sich nicht dem Fluch Terpanders auszusetzen. Die daimones , die Erinyen, er wußte, dass sie immer um die Sterblichen waren und streng und unerbittlich auf die Taten eines Mannes blickten.
Aber er hielt aus und zog die Hand nicht weg:
„Wenn der Knabe mit der gesenkten Fackel zu dir kommt...“, gebrauchte er eine alte Todesmetapher:
"..werde ich den Grabstein setzen, auch wenn ich nicht viel mehr als „ Lysander – geboren zu Sparta , gestorben in Roma " darauf schreiben kann. Und ich verspreche dir, ich werde dir die Münze für Charon unter die Zunge legen. “, sagte er sehr ernst:
„ Es wird Zeit, dass du die Fluchtafel des Magus vergräbst und das Blutritual vollstreckst – ich habe ja gesagt, ich komme mit. Wann möchtest du aufbrechen?“Tiberios‘ Herz klopfte ihm bis zum Halse. Das waren keine erfreulichen Aussichten. Wieder wäre er am liebsten weggelaufen – in das untere Stockwerk, dort wo Licht, Lachen und Gemütlichkeit warteten.
Er dagegen war gerade mit Terpander auf einem eisigen Gipfel. Wie einsam Terpander sein musste!
Tiberios dachte daran, wie der ältere Grieche ihn in einer Umarmung getröstet hatte – doch für Terpander gab es keinen Trost.Dennoch lehnte sich Tiberios an die Seite des älteren Griechen und versuchte durch seine Körperwärme wenigstens Zuneigung und Freundlichkeit zu übertragen. Und sanft führte er dessen Hand zu dem Essen vor sich - erst jetzt fiel Tiberios die anspielungsreiche Anordnung der Datteln und der Wurst auf ....
" Dominus Scato erinnert uns gerade an die starken Kräfte des Lebens.", sagte er lächelnd.
-
Tiberios nickte nur und machte keine Ausflüchte.
Terpander schien nicht böse zu sein, dass der furische Sklave die Angelegenheit mit angehört hatte:„Jetzt ist zu überlegen, was zu tun ist.“, sagte er ruhig und streichelte sanft Terpanders Arm:
"Du kannst es auf sich beruhen lassen und hoffen, dass da nie etwas kommt. Es kommt nicht immer was nach."Auch Tiberios hatte sich einst dem Tavernenwirt Archias um einen Gefallen verpflichtet, ohne dass er wieder von ihm gehört hatte:
„ Und du könntest es immer noch zur Bedingung machen, dass dominus Viri die gens Iunia in Ruhe lässt. Genau wie ich bist du ja verpflichtet, deine familia mit deinem Leben zu verteidigen.
Ich frage mich allerdings, warum dominus Viridomarus dich überhaupt unter Druck setzen kann: Du warst ein freier peregrinus und wurdest versklavt, das kommt vor. Nur ein römischer civis ist vor solch einer Willkür durch Gesetz geschützt.
Du hast damals einen Mann getötet oder fast getötet. Wenn er tot ist, ist er schon lange ein Schatten im Hades, wenn nicht, so hat er dir die ganzen Jahre nicht geschadet.
Keinen Menschen, auch deinen dominus nicht, interessiert das noch.
Was genau ist der wirkliche Grund, weshalb die Lage dir so aussichtslos erscheint, Terpander?" -
Casa Leonis, oberes Stockwerk
Tiberios öffnete die Tür ganz und trat ein.
Betont fröhlich sagte er:
„Ich wurde gerade erst mit etwas zu essen nach oben geschickt und möchte nach dir sehen, Terpander!“Er fasste das Tablett mit beiden Händen und verbeugte sich kurz.
Dominus Viridomarus sprach ihn freundlich an wie schon zuvor, und der furische Sklave lächelte nun:
„ Du erschrickst mich nicht, kyrios, und niemand macht mir Angst, weshalb sollte das auch so sein ?“,sagte er und bemühte sich, seiner Stimme einen unbekümmerten Klang zu geben. Anstatt dominus entfuhr ihm jedoch das griechische kyrios ,und solche Fehler machte Tiberios nur noch, wenn er sehr nervös war.
Er hätte gerne noch einmal den Preis für die Düfte für seine domina angesprochen – vielleicht konnte dominus Viri ab und zu einen Scriba brauchen, dann könnte er einen Teil abarbeiten – aber der leutselige Geschäftsmann hatte es nun eilig, wieder nach unten zu gehen.
Verdenken konnte man es ihm nicht, das obere Stockwerk der Casa Leonis war noch wenig einladend.Tiberios setzte sich neben Terpander auf die Teppichrolle und schob das Tablett zu ihm hin. Er bemerkte, dass der Maiordomus älter aussah als sonst und feine Schweißtropfen den Halsausschnitt seiner Tunika dunkel gefärbt hatten.
Terpander tat ihm nicht Leid, Tiberios hatte nicht die Anmaßung, dass Terpander Mitleid von jemandem
wie ihm brauchte, doch es tat ihm Leid, dass er ihm ab und zu gedroht und das Ganze für ein scherzhaftes Gedankenspiel gehalten hatte.
Ob Terpander wußte, dass er, Tiberios, so ziemlich alles von Anfang mit an gehört hatte, wenn auch gegen seinen Willen? Der Mann war ein spartiatischer Krieger. Er hörte vermutlich die Flöhe husten. Tiberios war ja auch auf der Treppe nicht leise gewesen – warum auch?Tiberios wagte Scatos Sklaven kaum anzusehen, doch er legte ganz leicht die Fingerspitzen auf seinen Unterarm:
„Salve, Terpander“, sagte er freundlich und ernst und betonte die erste Silbe des Vornamens:
„Möchtest du etwas trinken und essen? Dominus Scato hat dir eine Lukaner Wurst und Datteln aufgepackt, und ich Posca und Brot.“ -
"Wirst du uns öfter besuchen?", fragte dominus Scato "Wegen dem Unterricht von Sati und so?“,
„Wegen dem Unterricht von dominus Sati und auch wegen „und so“, wenn ich darf.“, antwortete Tiberios glücklich und wurde ein wenig rot.
Wenn dominus Scato es leiden mochte, würde er für ihn auch Zimtöl auftragen, obwoh er es persönlich zu schwer und zu süß fand. Aber er hätte noch viel mehr dem Urbaner zu Liebe getan.Dominus Scato schien es auch für eine gute Idee zu halten, dass Tiberios Terpander etwas zu essen bringen wollte und legte ihm eigenhändig eine Wurst und zwei Datteln auf das Tablett. Der junge Sklave griff nach dem Brot und stellte einen Becher Posca mit dazu.
Gutgelaunt balancierte Tiberios sein Tablett die Treppe hoch, blieb vor der Tür stehen und öffnete vorsichtig einen Spalt, damit ihm seine Last nicht zu Boden fiel.
Die massige Gestalt von dominus Viri stand mit dem Rücken zu ihm, Terpander konnte er nicht sehen.
Der junge Sklave wollte gerade leise rufen, da hörte er Terpander sprechen.
Tiberios erstarrte in der Bewegung. Die Stimme des alten Griechen hatte einen kalten Ton, wie er ihn
noch nie zuvor gehört hatte. Der furische Sklave wagte kaum zu atmen.Dann sprach dominus Viridomarus, weich und liebenswürdig, doch seine Worte klangen wie Peitschenhiebe. Er nannte Terpander Lysander.
Eine Auseinandersetzung , leise und nichts desto trotz heftig.
Tiberios dachte wieder rückwärts zu gehen, aber kaum berührte er mit der Fußspitze die Treppenstufe hinter ihm, knarrte sie in seinen Ohren fürchterlich.
Also blieb er stehen, wo er war. -
Nun sprach auch noch dominus Lurco, und wie fast immer fand er weise Worte der Versöhnung, jedoch auch er mahnte zu Respekt.
Tiberios nickte, runzelte aber die Stirn:
Urbaner waren vermutlich untereinander offen und klärten alle Probleme sofort, Soldaten eben. Das war ein ganz anderer Stil als im Haus des Palmyreners Atrhenodoros oder in der Casa Furia, wo man bestimmt den schönen Schein vor einem Gast gewahrt hätte.
Daran musste sich der junge Alexandriner erst gewöhnen, wenn er öfter in die Casa Leonis kommen wollte.
Und er hoffte sehr, dass er das durfte, auch wenn er zuweilen ein loses Mundwerk hatte.Dennoch zwinkerteTiberios dominus Sati kurz zu – diesmal hoffentlich ohne dass es eine der domini mitbekam. Satizarbanes sollte sich nicht einschüchtern lassen!
Die Ausführungen von dominus Viridomarus gingen dem jungen Griechen zu Herzen. Am liebsten hätte er bei jedem Wort gerufen: Ja, genau diese heilenden Düfte will ich für meine domina haben, aber er hatte genug mit Kaufleuten zu tun gehabt, um zu wissen, dass offensichtliche Begeisterung den Preis hochtrieb.
Allerdings konnte er seine Freude nicht verhehlen, und als dominus Viri von einer Kombination von Körper- und Raumduft sprach und einen wärmenden Duft erwähnte, kam ihm der Mann vor wie ein Magus. Woher wußte er, dass domina Furia Stella oft abends fror?Bestimmt würde sie Viridomarus nicht persönlich aufsuchen, doch Tiberios plante, ihr die wohltuenden Düfte zu besorgen.
Aber wie viel würde das kosten?Er wollte gerade nach dem Preis fragen, da erhob sich der Händler. und bewegte seinen schweren Leib überraschend behende zu der Treppe, die in das obere Stockwerk führte.
Er wolle mal nach Terpander sehen, der unpässlich danieder lag.
Tiberios sah dominus Virimarus strahlend an, dieser reiche Mann redete nicht nur mit Sklaven, nein, er sorgte sich sogar um sie.
Was für ein gütiger Mensch; ein kluger Geschäftsmann gewiss, aber voll Mitgefühl mit anderen.
Tiberios nahm sich vor, ab diesem Tag dominus Virimarus‘ Menschenfreundlichkeit nachzueifern und noch mehr an andere zu denken.Er ergriff den Poscakrug und schenkte nochmal dem schwarzen Sklaven ein, der die Parfümproben geschleppt hatte.
Dann nahm er ein Tablett, stellte einen Becher darauf und griff flink nach den Speisen auf dem Tisch.
„Darf ich Terpander bitte gleich zu trinken und eine von den Würsten , Brot und Datteln bringen?“, fragte er die domini Scato und Lurco:
„Bestimmt freut er sich !“ -
Kaum hatte domina Furia Stella die Bibliothek verlassen, löschte Tiberios sorgfältig das Feuer.
Die Kombination Feuer und Schriftrollen bereiteten ihm Sorgen, trotz aller Feuerschutzgesetze und Vorsicht kam es in Roma immer wieder zu Bränden.
Wenn Tiberios alleine war, zündete er nicht einmal Kohlebecken an, da fror er lieber. Zumindest aber hatte er genügend Wassereimer bereit gestellt, um einen aufflammenden Brand zu verhüten.
Dann holte der junge Sklave eine Bürste, bürstete die Liege ab und schüttelte die Kissen auf. Die Wolldecke faltete er und legte sie an das Fußende.
Die Schriftrollen - den Tacitus und den Pytheas - ordnete er in die richtigen Regale und wischte auch den Tisch ab.
Die Öllampen machte er mit zwei Fingern aus. Obwohl es in der Casa Furia an nichts fehlte, wirtschaftete er gerne in einfachen Dingen sparsam. Dafür konnte er dann erlesenes Räucherwerk und die beste Tinte kaufen.Domina Furia Stella fährt ans Meer, ich hoffe, sie erholt sich gut, dachte er. Wen sie wohl von uns Sklaven mitnimmt? Lyda vermutlich, und wäre Eireann nicht davon gelaufen, hätte sie vielleicht als cubicularia zur Unterstützung von Lyda mitkommen dürfen. Dann hätte die Silurerin endlich mal das Meer gesehen.
Tiberios, der selbst aus einer Stadt am Meer kam, lächelte, dann verdüsterte sich sein Gesicht. Wie konnte man diese ganzen Chancen wegwerfen?!
Obwohl schon etwas dämmrig war, blieb Tiberios noch eine Weile in der Bibliothek. Er war einfach gerne hier.