Beiträge von Manius Purgitius Lurco

    Die Frage die ihr Gastgeber aufwarf, war sehr gut. Sie verteidigten tagtäglich das Recht Roms, aber was war das Recht eigentlich?


    "Grüße in die versammelte Runde nocheinmal. Die Frage ist interessant, was ist das Recht selbst eigentlich, dass wir tagtäglich verteidigen? Für mich persönlich ist das Recht in eine Idee. Kurzum es sind von einer Gruppe Menschen gemachte Regeln, die ihnen das Zusammenleben ermöglichen und erleichtern sollen. Diese Gruppe teilt im großen Konsens gleiche Werte, die sie in Form von Recht und Pflicht festgehalten haben. Nur mit klar abgesteckten Regeln ist ein Zusammenleben von einer Gruppe möglich. Schon bei einer kleinen Gruppe wie einer Familie gibt es eigene Rechte, wir nennen sie familiäre Traditionen, Werte oder auch Prinzipien.


    Um ein ganzes Volk, eine Nation zusammenzuhalten bedarf es selbstverständlich wesentlich mehr Regeln. Je spezialisierter die einzelnen Mitglieder dieser Nation sind, was Berufe und Stände angeht, je ausgeklügelter muss auch das jeweilige Recht sein, um allen Menschen bestmöglich gerecht zu werden. Das Recht selbst ist vermutlich stetes im Wandel, wie die Nation selbst, um sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Aber das Recht allein genügt nicht, es bedarf auch Personen wie uns den Cohortes und anderen, die das Recht tatsächlich umsetzen. So würde ich als Laie das Recht beschreiben", erläuterte Lurco freundlich seine Sicht.

    Lurco versteifte sich kurz zur Salzsäule, nur seine Augen wanderten zu Avianus herüber. Bei Mars, was hatte der Mann von ihm gehört? Oder was war über ihn im Unlauf?


    "Was bei Mars wird über mich erzählt Avianus?", wisperte Lurco nervös. Wer wusste was sein Tribun vielleicht erzählt hatte, um die Beförderung zu rechtfertigen? Lurco war ihm sehr dankbar, aber deshalb wollte er sich nicht den Ruf ruinieren lassen oder als gemeingefährlich gelten. Crispus hatte nämlich vorrangig eine sehr schräge Art von Humor - keinen. Ansonsten war er ein durchtriebenes Schlitzohr. Was dienstlich hervorragend für die Kollegen war, wollte er nicht als Opfer am eigenen Leib erleben.


    "Solange der Weg keine Berg- und Talfahrt wird Avianus, kann es uns Recht sein. Etwas Karriere sollte allerdings schon durch eigene Arbeit und Fleiß drin sein. Am Ende haben wir in den oberen Reihen nur Leute die wen kannten, aber nichts konnten. Ist dass das Rom, dass Dir vorschwebt? So sind wir doch nicht zur Weltmacht geworden. Das kann uns irgendwann den Kopf kosten, wenn es wirklich so kommt", grübelte Lurco leise.


    Er schaute sich um und nickte knapp.

    "Ja das Haus ist schlicht und schön, es hat seinen eigenen Charme", stimmte er gut gelaunt zu.

    Lurco hörte Avianus aufmerksam zu und nickte beipflichtend.


    "Ja da hast Du Recht, ich weiß. Der Kurs ist nur ein kleiner Schritt auf einem sehr langen und vermutlich steinigem Weg. Den Ritterstand hätte ich auch niemals ins Auge gefasst, da er für mich bis dato unerreichbar gewesen ist. Du hast vermutlich vom verstorbenen Senator Spurius Purgitius Macer gehört. Dank seinem Erbe ist es mir überhaupt erst möglich einer derartige Karriere in betracht zu ziehen. Oder genauer gesagt überhaupt irgendeine Karriere. Du hast die Cohortes sicher nicht aus Altersgründen verlassen Avianus, Du weißt wovon ich spreche. Fleiß, Pflichterfüllung, Liebe zum Beruf haben sich bis dato für noch niemandem ausgezahlt. Alles was Du benötigst sind beziehungen, gute Kontakte, einen Fürsprecher und Geld im Nacken. Andernfalls trittst Du auf der Stelle.


    Du wirst nach dem Tiro den Miles erreichen und als Miles wirst Du den Dienst auch eines Tages verlassen. So ist das leider Dir die Beziehungen fehlen. War bei mir nicht anders. Ich bin wahrlich keine faule Sau, aber was ich dienstlich geleistet habe, hat kein Schwein interessiert. Im Gegenteil, ich musste noch aufpassen nicht schlafende Hunde zu wecken, die mich zum Dank noch gebissen hätten. Du verstehst schon, da macht wer den Schnitt kaputt und es fällt auf, dass sie selbst nichts leisten.


    Genug gejammert, ich bin nicht hier um zu jammern, sondern um es später besser machen zu können. Drum habe ich den Kurs belegt. Ich habe einen sehr guten Patron gefunden und zwar Lucius Annaeus Florus Minor und ich bin vor kurzem zum Cornicularius unseres Tribuns der Cohortes Urbanae ernannt worden. Nun versuche ich alles zu erlernen, was mir nützlich sein könnte auf meinem Weg zum Ritter. Mal schauen wo es mich am Ende hinverschlägt und ob ich den Stand wirklich erreiche. Abwarten, ich versuche jedenfalls mich bis dahin durchzubeißen.


    Was hat Dich aus dem Dienst getrieben? Arbeitslos? Na so kann man es auch beschreiben Kollege, Du siehst immer noch aus wie einer von uns. Zu spät? Es ist nie zu spät, es sei denn Mars ruft Dich und zwar nicht zu den Waffen, sondern zu sich. Solange Du da bist, hast Du jede Chance der Welt. Manchmal muss man eben nur sehr seltsame, verschlunge und ungewöhnliche Pfade beschreiten. Und es gehört auch immer eine Portion Glück dazu. Siehe bei mir, wäre Macer nicht gestorben, hätte ich nichts geerbt. Und hätte ich nicht geerbt, hätte ich keine Chance auf den Ritter nicht wahr? Manches fügt sich, ohne dass man es irgendwie beeinflussen kann.


    Such Dir die passende Kontakte und knüpfe Seilschaften bis Dir schwindlig davon wird Avianus. Du benötigst in Deinem Fall nicht nur Fürsprecher, Du brachst auch Personen die für Dich zur passenden Zeit die Werbetrommel rühren. Du brauchst Leute, die Dir den Rücken stärken, die für Dich einstehen. Ist es Dir wirklich ernst mit der Karriere als Politiker? Möchtest Du, dass ich Dich mit meinem Patron bekannt mache? Bedenke so etwas gilt immer beiderseitig, Du musst bereit sein ihn ebenso zu unterstützen wie er Dich.


    Ich ebenso, ich setzte große Hoffnungen auf den Kurs", antwortete Lurco grinsend.

    Der nächste Teilnehmer der eintrat, kam Lurco verdächtig bekannt vor. Allein schon wie der Mann sich bewegte, gesetzt, wohldosiert, wies ihn als einen der seinen aus. Lurco begrüßte Avianus mit einem Lächeln.


    "Salve Avianus, schön dass Du hier bist. Nun ich versuche mit etwas Glück in den Ritterstand zu gelangen, da dachte ich mir ein Kurs im römischen Recht wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung. Was hat Dich hierher verschlagen, reines Interesse oder hast Du auch einen besonderen Grund? Bis jetzt habe ich noch nie an einem derartigen Kurs teilgenommen, lassen wir uns überraschen", antwortete Lurco freundlich.


    Ein bekanntes Gesicht sorgte gleich für eine andere Grundstimmung fand Lurco. Jetzt konnte kommen was wolle. Dennoch hoffte er, den Kurs gut zu absolvieren. Vermutlich war dies ganz ähnlich wie seinerzeit früher vom Lehrer zu lernen.

    Lurco hatte die Bekanntmachung ihres Praefectus Urbi gelesen. In dieser hieß es... Ab sofort findet zum Erhalt einer excellenten körperlichen Verfassung ein tägliches Training unter Leitung des Praefectus Urbi auf dem Exerzierplatz statt. Die Truppenteile wechseln. Beginnen wird morgen die COHORS XII - CENTURIA III. Hinzu kommt Cornicularius Octavius Frugi.

    Beginn zur ersten Stunde. Es war die erste Stunde und Lurco hatte sich in passender Kleidung eingefunden. Eine leichte Tunika, die genug Bewegungspielraum bot und seine üblichen Sandalen. Falls diese durch die Nagelsohle ungeeignet sein würde, würde er sie kurzer Hand ausziehen. Der Boden des Platzes war mit Sand ausgestattet, so dass er problemlos auch barfuß trainieren konnte.


    "Salve Praefectus", grüßte Lurco gut gelaunt ihren höchsten Vorgesetzten. Er freute sich auf die körperliche Betätigung, die Übungen und den Drill. In ihrem Beruf war es unerlässlich, körperlich fit zu bleiben. Denn von der eigenen Konstitution konnte einiges abhängen, sogar das eigen Leben und das der Kameraden. Vielleicht gab es sogar einige Zweikämpfe, bei denen sie sich messen und miteinander üben konnten. Lurco wartete gespannt ab.

    Lurco stellte sich neben die Leiche und machte eine einladende Geste, ganz so als würde er Scato etwas besonderes servieren. Pullus stand auf der anderen Bettseite und behielt den Toten im Auge, fast so als befürchtete er, dieser könnte aufspringen und fliehen.


    "So Scato walte Deines Amtes. Das ist die Leiche unseres Mordfalles - Leichenfund am Tigillum Sororium. Abzuklären von Dir wäre folgendes:

    Todesursache?

    Wodurch kam das Opfer genau zu Tode?

    Kehle durchgeschnitten ohne Abwehrverletzungen?


    Kurzum auf den ersten Blick ist die Todesursache offensichtlich, dem Mann wurde die Kehle durchgeschnitten. Allerdings weißt das Opfer keine Abwehrverletzungen auf. Dies könnte mehrere Ursachen haben.


    Das Opfer war nicht mehr Herr seiner Sinne. Weggetreten oder Betäubt.

    Das Opfer kannte den oder die Täter und ging nicht von einem derartigen Angriff aus.


    Möglicherweise entdeckst Du an oder in der Leiche weitere Hinweise, die uns bei den Ermittlungen helfen könnten. Also leg los Scato, wir haben die Leiche extra hergebracht", erklärte Lurco und zückte eine seiner Wachstafeln.


    "Ich habe das Gefühl der Bursche kam als Leiche mehr rum, anstatt als Lebender", warf Pullus ein und beäugte die Leiche misstrauisch.

    "Durchaus möglich, vermutlich war er noch nie in der Castra. Aber all das nützt dem Mann nun auch nichts mehr. Wir sind jene die für ihn sprechen müssen, er selbst kann es nicht mehr. Wir müssen seine oder seinen Mörder finden. Oder die Leichen, je nachdem. Aber vor dem Finden, steht das erfolgreiche Suchen. Scato bitte, nimm Dich der Leiche an", bat Lurco und deutete erneut auf den Toten um seine Bitte zu unterstreichen.

    Lurco hatte vor kurzem das Glück einer großen Erbschaft gehabt. Fünf Grundstücke, drei Sklaven und einiges an Sesterzen hatte ihm sein Verwandter hinterlassen. Die Sklaven musste er noch abholen, über die Sesterzen freute er sich, aber die Grundstücke eröffneten ihm bis dato nie dagewesene Möglichkeiten. Vorab hatten sich Fleiß und Mühe im Grunde nicht ausgezahlt. Gleich was er versucht hatte, selbst die gewünschte Zusatzausbildung hatte es für ihn nicht gegeben. Mit den Grundstücken und dem Geld im Nacken, sah dies schon ganz anders aus.


    Er hatte sich einen Patron gesucht und wurde angenommen, was Lurco sehr freute. Dann hatte er mit seinen Tribun gesprochen und ihm von seinem Vorhaben berichtet, den Ritterstand zu erreichen. Sein Tribun hatte Verständnis für den Wunsch gezeigt und ihm in Form eines neuen Postens den Steigbügel gehalten. Crispus war ein rationaler Mann, er tat nichts ohne logischen Hintergrund. Aber das verlangte Lurco auch nicht, genau wie er seinem Patron jederzeit beistehen würde, so würde er es auch bei seinem Tribun halten. Und eines fernen Tages, falls es ihm wirklich gelingen sollte den Ritterstand zu erreichen, würde er sich an jene Männer erinnern, die ihm genau dies ermöglicht hatten. Lurco war gewiss vieles, aber eines war er nicht - undankbar.


    Heute unternahm er einen weiteren Schritt in Richtung Ritterkarriere. Über einige Voraussetzungen verfügte Lurco, über andere nicht. Umfangreiches Wissen gehörte dazu und deshalb war Lurco heute hier.


    Die Casa Ultramontana befand sich abseits der Innenstand, genau genommen war sie in der Nähe der Via Tusculana zu finden. Das Haus war eingerahmt von Zypressen, welche sich leicht im morgendlichen Wind wiegten, einem stillen Willkommensgruß gleich. Die ständige Geräuschkullise der Stadt war hier in weite Ferne gerückt. Ein Ort der Einkehr und des Lernens. Ein bisschen erinnerte die Casa Ultramontana an die Casa Leonis. Beide hatten einst bessere Tage gesehen, aber genau dass verlieh ihnen einen ganz besonderen Charme. Beide Häuser hatten bereits ein Leben hinter sich und hätten die Mauern selbst sprechen können, so hätten sie sicher einiges zu erzählen gehabt.


    Heute war Lurco hier um Tiberius Valerius Flaccus zu lauschen. Der Mann lehrte römisches Recht und Lurcos Wunsch war es genau dies zu lernen. So hatte er alles dabei, was er für den Unterricht benötigte, eine Tasche mit Wachstafeln um sich wie üblich alles zu notieren. Purgitius wurde von einem Sklaven willkommen geheißen und ins Peristyl geführt. Zwei Personen waren schon anwesend, so grüßte er höflich in die Runde.


    "Salvete. Mein Name ist Manius Purgitius Lurco und ich grüße Euch", sagte er freundlich und setze sich dazu.

    Lurco wartete einen Moment ab, aber Scato schien immer noch in Gedanken zu sein. Also kümmerte sich Purgitius um die Pferde. Er sattelte sie, legte ihnen das Zaumzeug an und überprüfte alles noch einmal auf seinen richtigen Sitz. Das sich Scato Gedanken um Tarpa oder andere Kameraden machte, war verständlich. Aber eines stand fest, je mehr man sagte, je mehr Angriffsfläche bot man. Kurzum wenn einer zuviel über einen wusste, konnte man sich damit gewaltig in die Scheiße reiten. Es gab Dinge, die konnte man rundheraus erzählen. Ebenso gab es allerdings Dinge, die gingen andere nichts an. Und mit wem Scato seine Zeit und sein Leben verbrachte, war eines davon.


    Niemand würde Scato mehr mit neutralen Augen sehen, sobald sie davon wussten wie er fühlte. Er wäre nicht mehr der angehende Medicus, er wäre ein Kerl der es auf andere Kerle abgesehen hatte. Ein Fummler, der sich bewusst einen Beruf ausgesucht hatte, um seine Kollegen begrabschen zu können. Dabei war der Gedanke genauso abwegig wie lächerlich. Weshalb sollte Scato nur weil er Männer liebte, jeden Mann lieben? Die meisten Männer die auf Männer standen hatten eher zu hohe als zu niedrige Ansprüche. Das hieß so eine Gurke wie Stilo hatte überhaupt keine Chance. Welcher Mann stand schon auf einen unzuverlässigen Säufer und wollte so einen als Kerl?


    Da konnte man sich gleich einen rostigen Nagel ins Knie zimmern und seine Sezterzen zum Fenster raus werfen. Das ging vermutlich schneller, als wenn Stilo sie erst in Wein umwandeln musste, um sie dann die Kehle runter zu spülen.


    Scato war in der Sache noch unbedarft, er musste lernen dass es manchmal besser war einfach nichts zu sagen. Und falls er die Stille dabei nicht ertrug, konnte er einfach reden. Denn mit Reden verbarg man am besten, dass man dabei überhaupt nichts sagte.


    Als Lurco mit den Pferden fertig war schaute er sich nach seinem Kerl um.

    "Stöckchen was ist nun? Immer noch in Gedanken? Komm wir wollten aufbrechen", bat Lurco liebevoll.

    Lurco gab den Kameraden am Tor ein Zeichen die Frau und deren Anhang passieren zu lassen. So waren sie die gut betuchten, gelangweilten Römerinnen. Scheinbar war ihnen alles zuviel, selbst dass man für ihre Sicherheit sorgte. Aber genau jene Personen waren die Ersten die nach den Urbanern oder der Legion schrien, sobald irgendwo ein Problem auftauchte. Nun die Frau samt Kind war nicht mehr sein Problem. Es sei denn sie wurde eines Tages mit dem Gesicht nach unten im Dreck der Gosse als Leiche wiedergefunden. Und Ermittlungsarbeit war immer wohltuend, vor allem war dabei die "Kundschaft" still. Lurco lächelte versonnen und widmete sich dem nächsten willen Besucher Rom.


    "Name und Begehr", sagte er und schaute sich den alten Mann an, der vor ihn trat und sich kaum noch auf den krummen Beinchen halten konnte.

    Lurco kontrollierte die mitgeführten Dinge genau, konnte aber nichts widerrechtliches entdecken. Er nickte zufrieden und gab damit die Wagen frei.


    "Sei unbesorgt, die Inspektion ergab nichts Widerrechtliches. Hätte es Rückfragen bezüglich der mitgeführten Waren geben, hätten meine Kollegen und ich gewusst, wohin Dich Dein Weg geführt hat. Von daher ist alles Bestens. Du führst nichts Verbotenes bei Dir und niemand hat Dir etwas untergeschoben. Du kannst gerne zu Deinem Zielort aufbrechen und musst nicht bei den Wagen verweilen. Die selbst Wagen müssen allerdings wie bereits erläutert, bis zum Einbruch der Dunkelheit hier verbleiben. Vorschrift ist Vorschrift. Ich gehe davon aus, dass Deine Sklaven so zuverlässig sind, wie sie aussehen. Sobald eine Weiterfahrt möglich ist, werden sie Dir folgen. Gute Reise", sagte Lurco und gab damit den Weg für Aemilia Faustina frei.

    Lurco beobachtete wie die Sklaven von den Pferden stiegen und musterte im Anschluss die kleine Frau samt Kind.


    "Grüße Aemilia Faustina, ob die Durchsuchung notwendig war, wird sich nach der Durchsuchung zeigen", antwortete Lurco und wandte sich den Wagen zu. Die meisten Einreisenden waren überrascht bezüglich der stichprobenartigen Überprüfungen. Aber nur so konnte man Kriminelle abschrecken.


    Zudem hatte ein ehrlicher Bürger nichts zu verbergen. Kriminelle jedoch schmuggelten Waffen oder anderes Gut nach Rom. Versteckt hinter der unschuldigen Fassade einer jungen oder alten Frau, von der niemand annehmen würde, dass sie sich jemals mit Schmuggelei befassen würde. Je unglaubwürdiger ein Zusammenhang zwischen der Person und der Tat war, umso eher war die Tat von Erfolg gekrönt. Wer schickte zum Schmuggeln schon einen durchtrieben aussehenden, halbseidenen Halunken, dem man die Straffälligkeit aus jeder Pore triefen sah?


    Ein weiterer Umstand war zudem, dass oft Personen etwas in die Stadt schmuggelten, ohne davon zu wissen. Im Fuhrwagen wurde etwas deponiert, dass später von kleinen flinken Langfingern auf der anderen Seite der Mauer wieder an sich genommen wurde. Die vermeintlichen Schmuggler wussten so nichts von ihrer Tat. Es war gleich was Lurco glaubte, ob er Menschen für schuldig oder unschuldig hielt. In seinem Beruf ging es rein um Wissen. Und da er nicht wusste, was Frau in ihren Wagen transportierte, musste er dem nachgehen. Zeit hatte sie und ihre Begleiter ohnehin satt, dadurch dass sie am Morgen vor dem Tor aufgeschlagen waren. Er ebenso, denn er befand sich im Dienst.


    Und letztendlich kamen die Überprüfungen allen ehrlichen Bewohnern zu Gute. So machte sich Lurco an die Arbeit und durchsuchte den ersten Wagen.


    "Was genau führst Du mit Dir und weshalb?", hakte er nach, während er den Wagen inspizierte.

    Lurco hatte heute Dienst am Stadttor. Es war noch früher Morgen und das Wetter zeigte sich von seiner unbeständigen Seite. Es nieselte und der leichte Regen überzog die gepflasterten Straßen mit einem hauchdünnen Schmierfilm, der sie rutschig werden ließ. Die meisten Fuhrleute waren alte Hasen und planten ihre Fahrt so, dass sie das Stadttor nach Einbruch der Dunkelheit erreichten. Ochsengespannte nutzten bis zur letzten Möglichkeit die auf dem weichen Seitenstreifen zu fahren, um die Tiere selbst zu entlasten. Die gepflasterte Straße gehörte den Fußgängern. Doch irgendwann musste auch der umsichtigste Fuhrmann das Gespann auf das Pflaster lenken, das Beschwerden der Ochsen war des Nachts lautstark zu vernehmen.


    Mit einem Karren konnte man selbstverständlich mehr transportieren als zu Fuß oder mit einem Esel. Jedoch barg beides Vor- und Nachteile. Während man zu Fuß oder mit seinem Esel jederzeit das Stadttor passieren konnte, war das mit dem Wagen nicht der Fall. Fuhrwerke fuhren in Rom nur Nachts. Dafür konnten die Insassen sitzen und waren besser vor den Diebesbanden geschützt als ein Fußgänger oder jemand, der seine Waren auf einem Esel mit sich führte.


    Ausnahmen bestätigten wie üblich die Regel und heute war wieder einer dieser Fälle. Zwei Wagen standen vor dem Stadttor und das zur morgendlichen Stunde. Die Wartezeit für die Insassen würde lang werden. Lurco trat an die beiden Wagen heran und musterte mit Argusaugen die Sklaven zu Pferde, wie auch die Karren.


    "Salve, wer ist für die Wagen zuständig? Einfahrt mit einem Fuhrgespann in die Stadt ist nur Nachts erlaubt. Die Reiter haben von den Pferden abzusteigen und diese am Halfter zu führen. Berittene Personen innerhalb der Stadtmauern sind unzulässig. Einmal die zwei Wagen zur Seite fahren, damit es nicht zum Rückstau für die anderen Anreisenden kommt", erläuterte Lurco und wies den Wagen mit der Hand einen Platz zu, wo er sie kontrollieren würde und sie in der Nähe des Stadttors auf den Einbruch der Dunkelheit warteten sollen.

    Lurco betrachtete die Prosession der Galli, die bunte Priesterschar zog mit dem ihrer Gottheit welche auf einem Stuhl saß durch die Stadt Richtung Circus Maximus. Der Blick von Purgitius war dienstlich aufmerksam. Er hatte die Sicherheit der Megalesia organisiert und er war Urbaner, für sie gab es immer ein Problem. Die Frage war nur, wann es auftauchte und welche Gestalt es annehmen würde. Stets musste er an alle Details denken, nur so konnte er die Sicherheit aller gewähren. Kein leichtes Unterfangen, aber niemand hatte behauptet, dass es leicht werden würde.


    Sein Blick blieb bei den Tänzern genauso kühl, wie bei den Frauen die Blumenblätter streuten. Bei den Galli selbst, bildete sich eine leichte Sorgenfalte auf seiner Stirn. Einzig und allein die zahmen Löwen, welche den Wagen der Gottheit Kybele zogen, hellte sich seine Miene für einen winzigen Augenblick auf. Für die wundervollen Tiere allein hatte sich schon die Organisation und Teilnahme gelohnt. Gerne hätte er den Wagenrennen beigewohnt oder eine Theateraufführung genossen, aber er war dienstlich hier und nicht zum Vergnügen.


    Die Galli welche Spenden sammelten, beachteten ihn nicht. Möglicherweise hielt sein Blick sie davon ab, ihm die Bettelschale unter die Nase zu halten. Er tat mehr für sie, als sie glaubten. Wie eine Horde wilder, bunter Kinder zogen sie durch die Stadt. Eine Char Kinder galt es nicht nur zu beschützen, sondern man musste sie ebenso beaufsichtigen. Und dies gewährleisteten die Cohortes Urbanae.


    Und so zog die Prozession dahin, während Lurco versuchte alles und jeden argwöhnisch im Auge zu behalten.

    "In Ordnung und vielen Dank, dass ich meine laufenden Aufgaben noch beenden darf. Nein bis jetzt habe ich keine weiteren Fragen bezüglich meiner neuen Tätigkeit Tribun, ich denke die Fragen werden sich aus der Tätigkeit selbst ergeben und größtenteils sich auch so beantworten. Wo dies nicht der Fall ist, werde ich mich selbstverständlich an Dich wenden. Nur eine organisatorische Frage hätte ich. Zu welcher Stunde beginnst Du Deinen Dienst und wann beendest Du ihn üblicherweise? Dies wäre für mich wichtig zu wissen, damit ich Dir vor-, zu- und nacharbeiten kann", antwortete Lurco. Nur so konnte er gewährleisten, dass sein Tribun über alles verfügte, was er benötigte.

    Lurco notierte alles fein säuberlich und freute sich über die gute Zusammenarbeit mit dem Aedil.


    "Wenn Du die Sicherheit rein von den abzusichernden Leuten betrachtest, mag die Anzahl der Galli nicht maßgeblich sein. Aber bitte bedenke, die von uns zu gewährende Sicherheit hat mindestens zwei Seiten. Die Seite der direkten Teilnehmer und die Seite der Zuschauer. Hinzu kommen aber unbekannte Variablen, die wir so gut es geht in bekannte verwandeln müssen. Die Galli sind eine derartige Variable.


    Sie sind Zuschauermagnet, sie sind wie alle anderen Teilnehmer selbstverständlich zu schützen, aber sie sind es auch von denen eine Gefahr für die Sicherheit ausgehen kann. Allein durch ihre sehr ausgelassene, ja extrem überschwängliche Art. Stell Sie Dir vor, wie ein großen Haufen wilder Kinder. Wir haben sie zu schützen, aber wir müssen auch andere vor ihnen schützen, falls sie es zu bunt treiben. Das heißt, je größer unser Überblick, je besser unsere Vorbereitung.


    Die Sicherheit der Prozession kann auch hiervon abhängen und ich möchte alle Eventualitäten ausschließen. Dein Erfolg als Spielgeber der Ludi Megalenses soll nichts im Wege stehen. Wenn alle dank unserer Arbeit ausgelassen feiern können, dann war die Planung der Sicherheit ein voller Erfolg", antwortete Lurco, damit Manius Flavius Gracchus Minor auch einen Einblick hinter die Planung bekam. Natürlich war der Mann mit ganz anderen Entscheidungen beschäftigt, deshalb war ihnen die Planung der Sicherheit übertragen worden.


    Lurco fand, dass es nie schaden konnte, einen Einblick in einen fremden Tätigkeitsbreich zu erhalten. Ebenso hatte er sich über die Erläuterungen und Planungen des Aedils gefreut. Das ihm die wilden Galli etwas mehr Kopfzerbrechen bereiteten, als zwei zahme Löwen, die an der Prozession teilnahmen hatte er damit zum Ausdruck gebracht. Sämtliche Teilnehmer sollten sorglos und voller Freude an dem Fest teilnehmen können. Die Galli hingegen waren zu schützen und zu behüten. Und dies würden die Cohortes gewährleisten.


    "Möchtest Du noch etwas anmerken? Hast Du persönliche Wünsche oder Vorschlage die Dir wichtig sind, damit wir diese für Dich umsetzen?", hakte Lurco nach, nachdem er alles fein säuberlich notiert hatte. Immerhin war dieser Mann der Veranstalter der Ludi Megalenses. Lurco würde seine persönlichen Wünsche ebenso umsetzen lassen, wie das bestmögliche Sicherheitskonzept zu schaffen.

    Lurco hörte seinem Tribun aufmerksam zu und nickte bestätigend.


    "Verstanden Tribun. Alle Anliegen für Dich werden von mir auf ihre Wichtigkeit hin geprüft und danach sortiert. Was Du nicht persönlich erledigen musst, werde ich erledigen lassen. Entscheidungen die Du persönlich treffen musst, werde ich Dir so vorbereiten, dass Du alle entscheidungsrelevanten Informationen zur Hand hast. Gleiches gilt sicher auch für persönliche Vorsprachen. Handelt es sich um kleine Anliegen, die ich für Dich erledigen kann, betrachte sie als erledigt. Damit werde ich Dich nicht behelligen. Ist die persönliche Vorsprache von großer Wichtigkeit oder die Person an sich, dann wird diese selbstverständlich zu Dir vorgelassen. Auch hier werde ich Dir selbstverständlich alle Informationen zur Verfügung stellen, die Du für eine Entscheidungsfindung benötigst. Ausnahmen wären selbstverständlich jene Besucher mit Anliegen deren Inhalt in keiner Weise für mich bestimmt ist.


    Sonderaufgaben und Spezialaufträge werde ich ebenso gewissenhaft erledigen. Ich denke für all meine Aufgaben darf ich auf den Stab zurückgreifen, wenn ich diesen leite? Eine Frage habe ich noch, wie verhält es sich mit der Mordermittlung? Darf ich daran weiter mitarbeiten?", hakte Lurco gut gelaunt nach. Er sah sich schon die Berichte vorbereiten und die Informationen passend vorsortieren.

    Lurco hörte Fango und Stilo zu. Gut eigentlich sprach nur Fango und Stilo tat das Gleiche wie er - zuhören. Und schon brachen beide wieder auf. Der jüngere Bruder von Scato war kaum angekommen, da war er auch schon wieder fort. Wenn es eines gab, war Lurco hasste, dann waren es Abschiede. Im Grunde kannte er Fango kaum und dennoch fühlte es sich an, als kannten sie sich eine Ewigkeit. Kaum das er fort war, fühlte es sich einen winzigen Moment an, als fehlte etwas im Haus. So war es auch. Denn hatte Fango zurückgelassen, um zu verdeutlichen dass etwas fehlte, eine Lücke.


    "Lasst uns reingehen, es ist frisch geworden", sagte Lurco tonlos und verzog sich ins Haus.