Beiträge von Manius Purgitius Lurco

    Lurco und Pullus folgten dem Jungen. Sie betraten die Nekropole, gab es einen besseren Ort für einen Kadaver? Endlich kamen sie an, der Junge hatte nicht gelogen.


    "Zwei tote alte Drecksäcke. Widerwärtiger, krimineller Abschaum der in der Gosse verreckte. Ihre Taten haben sie eingeholt. Mars verfügt über seine ureigene Poesie der Gerechtigkeit", sagte Lurco ergriffen und sandte kurz ein Stossgebet der Dankbarkeit an seinen Gott.


    "Zur Sachlage. Der eine Alte ist eindeutig der Wirt des blinden Esels. Ich erkenne ihn wieder. Tathergang - er wurde von vorne erstochen. Gesicht immer noch im letzten, überraschten Schrecken verzerrt. Heisst er hat seinem Mörder vertraut. Sonst nicht der Gesichtsausdruck. Ferner hätte er keine Person ohne Vertrauensbonus so nah an sich heran gelassen. Er war der erste der beiden Kadaver. Das Blut breitete sich fließend unter im aus. Er liegt in seiner eigenen Blutlache.


    Der andere Mann ist mir unbekannt. Muss aber der Mörder der Krähe sein. Dieser Kerl wurde hinterrücks erstochen. Er ist der zweite Kadaver. Grund, er wurde hinterrücks erstochen. Heisst dieser Mann und die Krähe standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Wäre der Unbekannte der erste Tote gewesen, hätte die Krähe den Mörder gesehen. Folglich hätte er Abwehrverletzungen an den Armen und er wäre nicht direkt von vorne erstochen worden. Möglicherweise seitlich oder rücklings auf der Flucht.


    Zudem weist die Kleidung des zweiten Kerls starke Blutspritzer auf, dass sagt uns er ist in die bereits bestehende Blutlache seines Opfers gestürzt.


    Das hier war eine Reinigungsaktion. Jemand Vertrautes, der tote Unbekannte, hat die Krähe ermordet. Würde selbst dann aber durch eine dritte Person umgebracht und stürzte in das Blut seines Opfers", merkte Lurco an und drehte den unbekannten Leichnam um.


    "Ebenfalls eine ungläubigen Fratze. Auch ihn traf es aus heiterem Himmel. Der betrogene Betrüger liegt hier. Aber einer hat überlebt und zwar Mörder Nummer drei in diesem Totentanz.


    Schaut, Fußspuren führen von Tatort weg, denen werden wir nachgehen. Die Dolche sprich die Tatwaffen sind nicht mehr hier. Aber das ist selbstverständlich. An solchen Orten schlägt eine Waffe nicht mal auf dem Boden auf und hat schon einen neuen Besitzer. Ich vermute jedoch Mörder Nummer drei hat die Dolche an sich genommen.


    Pullus Du gehst bitte mit dem Burschen zur Castra, meldest die beiden Leichenfunde. Vorher schafft Ihr sämtliche Vorräte aus dem blinden Esel zur Seite. Alles was gebraucht und gegessen werden kann. Der Tote hat die Dinge nicht nötig. Kyriakos und seine Männer schon. Und Du Bursche wirst die Sachen hüten bis wir zurück kommen. Du wirst ebenfalls davon leben und dieser Kerl kostete Dich Dein Ohr. Selbst post mortem ist für das Schwein Zahltag. Beweise mir was Du drauf hast für Dein neues Leben Junge!


    Wir machen uns an die Verfolgung des dritten Mörders. Auf geht's", sagte Lurco und untersuchte die blutigen Spuren. Dann gab er den Weg vor.

    Der Duft von frischem Kuchen weckte ihn. Lurco streckte sich und beobachtete Scato liebevoll wie dieser ihr Frühstück zubereitete. Die Pferde waren ebenfalls versorgt, sein Stöckchen hatte an alles gedacht. Lurco kämpfte sich verschlafen auf die Beine und gesellte sich zu seinem Mann.


    "Morgen", sagte er schlicht und küsste Scato leidenschaftlich.
    Er nahm neben seinem Schatz Platz und schaute auf die Köstlichkeiten.


    "Das sieht sehr lecker aus und es duftet fantastisch. Wir haben ganz schön lange geschlafen. Ich könnte für immer hier bleiben Stöckchen", erklärte Lurco. Er nahm sich ein Stück Kuchen und ließ es sich schmecken. Auch von der Posca nahm er sich und stillte seinen Durst.


    "Am Abend in die Stadt, so machen wir es. Wir lassen es ganz gemütlich angehen", grinste Lurco, rutschte ganz nah zu Scato auf und kraulte ihm mit der freien Hand den Rücken.

    Lurco nickte knapp, als Zeichen dass er verstanden hatte. Kyriakos Worten glaubte er. Zudem war eine Truppe wie die Zwillinge so etwas wie der grimmige Wachhund. Er half Kyriakos und dieser ihm. Keiner der bei klarem Verstand war, würde die Taberna ausrauben, wo die kleinen Unholde ihr Quartier hatten. Gleichzeitig waren so auch Kyriakos Männer sicher.


    Der Bursche neben ihm lief und lief. Wenn das so weiterging hatten seine Sandalen bald keine Nägel mehr. Lurco wurde langsam misstrauisch.


    "Der Kadaver liegt aber nicht in Germanien oder?", hakte er so missmutig nach, dass Pullus sich ein Lachen verkneifen musste.


    "Falls die Meldung des jungen Bürgers über... seinen Peiniger korrekt ist, sollten wir ihn danach zur Behandlung zu Scato schaffen. Er flickt ihn zusammen", schlug Pullus vor.


    "Abgemacht. Je nach Fund teilen wir uns sonst auf. Du gehst mit dem Burschen zu Scato, wir verfolgen die Spur weiter. Sobald alles erledigt ist, schließt Du zu uns auf", antwortete Lurco.


    "So machen wir das", bestätigte Pullus.


    "Wie weit ist es noch?", fragte Lurco den vermeintlichen Jüngling.

    Lurco schmunzelte Kyriakos kurz freundlich an.


    "Das Gleiche was mich dazu gebracht hat, Dir und Deinen Leuten beizustehen. Er ist ein Opfer seiner eigenen Umstände. Er ist nicht die Ratte für die ich ihn zuerst hielt. Er ist einfach eine arme Sau für die sich niemand interessiert hat. Und als es jemand tat, war es der Falsche. Er kennt eine gereichte Hand nur in Form einer Faust. Aber die hat er nicht verdient.


    Er hat ein Ohr verloren, aber ein neues Leben gewonnen. Wegen Dir und Deinen Leuten müssen wir uns zusammen mal einige Gedanken machen. So könnt Ihr da nicht weiter hausen. Ich kann Euch nicht alle in der Taberna einstellen, ich kann niemanden mehr einstellen. Aber ich kann Euch nach Feierabend in den Räumen schlafen lassen, wenn Ihr sie pfleglich behandelt", flüsterte Lurco zurück.

    "Sehr gut. Der blinde Esel hat ab heute geschlossen", sagte Lurco und Pullus gab die Tür frei.


    "Raus aber zügig", befahl er und scheuchte die Gäste mit dem Schwert nach draußen. Als sich endlich alle verzogen hatten, nahm er einen Becher Poska vom Tisch und schüttete das Getränk in das Gesicht des Jungen.


    "Ergebnisse?", fragte er hoffnungsvoll.


    "Drei tote Krähen aufgefunden in der Speisekammer des blinden Esels.
    Einen lebenden Boten der Krähen gesichert.


    Corvus war der Kopf der Krähen.


    Die Krähe ist laut dem Boten tot.


    Leichenschau steht noch aus.


    Das Haus der Krähe finden wir wie folgt - Hauptstraße in Richtung Stadtmauer folgen, bis zum Trinkwasserbrunnen. Dort rechts abbiegen. Ankunft in einer verwinkelten Nebengasse. Dortiges Haus mit Hof und mehreren Vorsprüngen. Zwei Etagen, ohne Fassadenschmuck, Wände raus verputzt.


    Zwei Hauptquartiere der Krähen. Eine Casa in der Subura und die Katakomben bei der Via Appia", erklärte Lurco knapp und schüttelte Cassivellaunus.


    "Aufwachen Träumer", befahl er.

    "Auf Dein Wort Bruder. Du hast es gehört. Bereite ihm niemals Schande", warnte Lurco den jungen Burschen.


    Als der Fleischberg und der Rotschopf in die Kammer traten, wirbelte Lurco auf der Stelle herum und riss zeitgleich sein Schwert heraus. Der Schlag war so brutal, dass die Waffe regelrecht durch die Luft zischte. Die Klinge fraß sich durch Fleisch, Sehnen, Knorpel und Knochen und grub sich in den Hals des Muskelberges.


    Aus einer Halbdrehung heraus, riss er die Klinge aus dem Hals der Krähe und schlitze ihn von einem Ohr zum anderen auf. Der Rotschopf hatte kaum Zeit zu realisieren was dort geschehen war, da pfählte ihn auch schon die rasiermesserscharfe Klinge des Urbaners. Die Klinge fraß sich durch seinen Brustkorb und seine Lunge.


    Die Augen der Krähe wurden riesigen. Der Mann öffnte den Mund zu einem stummen Schrei, aber nichts als ein Schwall Blut schwappe über seine Lippen. Das Schwert wurde mit einem heftigen Ruck zurückgerissen.


    Lurco blieb einen Moment stehen, atmete tief durch und schaute sich im Raum um. Dann wischte er sein Schwert an der Tunika der Halbglatze sauber.


    "Taste die Besucher draußen auf Waffen ab, danach gehen wir", sagte Lurco und umfasste mit schraubstockartigem Griff das Handgelenk des Jungen.

    "Er hatte Dich also an den Eiern. Der Krähe hätte es nichts genützt Dich einzuweihen. Aber Du warst seine Augen und Ohren. Also wird Dir dort auch etwas zu Augen und Ohren gekommen sein. Wir haben drei Möglichkeiten, Schwert, Kreuz oder Du benennst mir eine Möglichkeit um Deinen Hals zu retten.


    Eine Lösung mit der ich leben kann. Der ich glauben kann Cassivellaunus. Und eines sage ich vorweg, ich halte bin nicht in Geberlaune wenn es meine Kameraden betrifft. Aber ich verstehe auch Deine Situation. Du hättest genauso in ein Lupanar landen können, Du hättes sonst wo landen können. Not macht erfinderisch oder übel. Erstes wäre besser gewesen.


    Ich gebe Dir heute etwas, dass Du nie wieder geschenkt bekommst. Eine Chance Cassivellaunus. Versaust Du sie, sei Dir gesagt wir haben Dich einmal gefunden, wir finden Dich jederzeit wieder. Also antworte und überzeuge mich Cassivellaunus", gab Lurco zurück.

    "Du bittest um Dein Leben? Kluger Junge. Du möchtest nicht sterben, nicht wahr? Genau gegenüber haben Urbaner gelebt und gearbeitet, die sich genau das Gleiche gewünscht haben. Die meisten von ihnen sind gute Männer. Sie stehen Tag für Tag und auch Nachts mit ihrem Leben für Rom ein. Jedenfalls beginnen die meisten so und irgendwann holt sie das Leben ein.


    Oder jemand wie Du. Du hast ja keinem von ihnen etwas angetan nicht wahr? Du hast nur jemandem erzählt, was Du gesehen hast. Hast die Urbaner beobachtet, ihre Gewohnheiten studiert, ihre Zeiten, ihren Wachwechsel. All die Informationen die ein Mörder benötigt, hast Du geliefert. Was unterscheidet Dich von ihm, außer dass Du nicht selbst zugestochen hast?


    Beantworte mir dass und wir werden sehen, ob Du leben darfst oder sterben musst, wie alle Krähen", antwortete Lurco ehrlich.

    "Ein Bote bekommt einen Auftrag. Von wem hast Du Deinen Auftrag erhalten? Was solltest Du überbringen? Namen oder Beschreibungen. Du kannst das Ganze hier ziemlich einfach haben und Deinen Hintern retten oder Du folgst Deinem Kollegen hier", sagte Lurco und deutete auf den Burschen am Boden.


    Das der Junge keine Chance hatte, wussten nur Lurco und vermutlich Kyriakos. Das Alter sagte nichts über die Schuldfähigkeit einer Person aus. Es gab junge Mörder und alte Rechtschaffene. Daran bestand kein Zweifel. Alles was diese Krähe hier werden würde, war älter, verschlagener, gerissener, erfahrener und brutaler. Ungeziefer blieb Ungeziefer und am besten vernichtete man die Eier bevor alles schlüpfte und sich ausbreitete.


    Aber zu einem Verhör gehörte auch, dass man dem Verhörten etwas lieferte, was er sich wünschte - Hoffnung. Die Krähen spielten mit dem gleichen Gefühl. Bezahle und überlebe. Lurco gab dem Vogel nur was von seiner eigenen Medizin.

    "Nimm doch Platz", sagte Lurco zur Pickelfratze, schnitt die Leiche vom Stuhl los und trat sie zur Seite weg. Mit dem Dolch deutete er auf den gerade frei gewordenen Platz.


    "Ich verdiene 30 Sesterzen die Woche und mache das, was jeder in meiner Situation tun sollte. Die anderen verdienen einen Arschtritt. Trotzdem Dankeschön für Deine aufbauenden Worte. Ich werde sie in Ehren halten. Sieh bitte zu dass unser Freund hier nicht vom Stuhl fehlt", antwortete Lurco Kyriakos gerührt.


    "Zu Dir Krähe. Sag mir wo sich Deine restlichen Kumpanen befinden. Wo ist Euer Hauptquartier. Wo befindet sich der Tavernenbesitzer?", hakte Lurco nach. Er benötigte eine Bestätigung, aber sie würden auch so den genannten Orten und dem alten Kerl einen Besuch abstatten.