Beiträge von Manius Purgitius Lurco

    Vor dem Officium von Centurio Maro blieb Lurco stehen. Er schaute Tiberios an, nickte ihm aufmunternd zu und klopfte an.


    "Jetzt wird es ernst Tiberios", sagte Lurco und wartete die Aufforderung von Maro ab, eintreten zu dürfen.

    Lurco grüßte die Kollegen die zur Zeit am Tor der Castra Wache schoben.


    "Zeuge Tiberios auf Befehl von Centurio Maro zur Aussage in dessen Officium", teilte Luroc erläuternd mit und führte Tiberios direkt weiter, Richtung des Officiums.

    Lurco schaute Tarpa in die Augen. Er hätte seinen Mund halten können, aber das wäre kein Freundschaftsdienst. So wusste Tarpa woran er war und gleich welche Entscheidung er nun traf, es war wenigstens seine. Lurco nahm seinen Kumpel fest in die Arme, drückte ihn tröstend und klopfte ihm auf das Kreuz, bevor er ihn wieder freigab.


    "Rammy gibt den Weg vor, ich weiß nicht in welchen Laden er gehen möchte. Wir schließen uns einfach an Tarpa", antwortete Lurco und schaute zurück zu Asinias Haus, ehe er seinen Kumpel packte und mit sich zog.


    "Rammy Du gehst vor, wir folgen Dir ins feuchte Glück", grinste Lurco auch wenn keine Freude darin lag.

    Lurco nahm das Bronzetäfelchen zur Hand und las was darauf stand, ehe er es wieder behutsam losließ. Tiberios sah ordentlich aus, Centurio Maro würde nichts zu beanstanden haben.


    "Dann komm, lass uns aufbrechen", sagte Lurco und gab den Weg vor. Gemeinsam mit Tiberios ging er zurück zur Castra.


    "Wie lange das Verhör dauern wird, kann ich Dir nicht sagen. Aber sei unbesorgt, Dein Herr Cerretanus ist ebenfalls anwesend. Also kann Dir niemand unterstellen, ungebührlich lange draußen gewesen zu sein oder Dich vor dem Dienst gedrückt zu haben. Du warst Zeuge bei einer Vernehmung, zur Not kann Cerretanus oder auch ich das bezeugen. Alles weitere erfährst Du vor Ort von meinem Centurio", antwortete Lurco aufmunternd.

    "Sicher darfst Du das Tiberios, wie bereits gesagt Du bist Zeuge und kein Tatverdächtiger. Stell den Korb in Ruhe ab, hole Deine Tafel und dann machen wir uns unverzüglich auf den Weg. Der Befehl meines Centurio war eindeutig. Ich warte auf Dich", antwortete Lurco.


    Maro wollte sicher mehr wissen, als etwas über den Brand des Lupanars Ganymed. Tiberios hatte eine Aussage für das inhaftierte Subjekt geleistet und diese galt es auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ob die Aussage der Wahrheit entsprach, oder ein Gefälligkeitsdienst gewesen war, würde sich erweisen.


    Leider war Tiberios irgendwie an das Subjekt gebunden. Er fühlte sich für es verantwortlich, nahm sich dessen Schicksal an obwohl das Subjekt selbst keinerlei Interesse an ihm gezeigt hatte. Es verlangte, forderte und beschwerte sich in einem fort und gab nicht das Geringste zurück. Tiberios war ein kluger Kopf, irgendwann würde er begreifen, wer es gut mit ihm meinte und wer ihn bis aufs Blut aussaugte. Manchmal war es ein weiter Weg bis zur Erkenntnis. Selbst seine Herrin hatte ihn schon vor dem umtriebigen Subjekt gewarnt.


    Was sollte noch geschehen?
    Wie weit wollte Tiberios sich noch in die Machenschaften des Subjekts verstricken lassen?


    Wie man eine entkorkte, alte, dauergenutzte Amphore wieder verschloss, dass war eine Kunst für sich. Männer in Heil- und Schönheitsberufen kannten dort so manches Geheimnis. Geheime Rezepte um die Illsusion der ersten Entkorkung zu vermitteln, dienten dazu, die Frau als passable Heiratskandidatin dem Zukünftigen vorzustellen und so eine Hochzeit in passende Kreise zu sichern. Mit dem frischen Korken, stellten jene Männer die Respektabilität der entkorkten Frauen wieder her.


    Lurco hatte selbst mitbekommen, wie wohlhabende junge Frauen durch die Hintertür in Venox "Heilstube" geschlichen waren, um sie gegen bare Münze als Jungfrauen wieder zu verlassen. Und was gab es da nicht alles für Hilfsmittelchen basierend auf Pflanzen? Salben und Säfte aus besonderen Pflanzen die den Eingang der Amphore verengten und bestimmte Körperteile schrumpfen ließen. Pflanzen die sonst zur Wundheilung dienten, wurden angewandt um die Amphore wieder zu verkorken. Die Gerbstoffe zogen alles zusammen, selbst den ausgeleiertesten Flaschenhals.


    Von daher war es ein leichtes einem Mann vorzutäuschen, dass das Subjekt unbenutzt gewesen war. Ein echter Medicus oder auch ein Mann wie Viridomarus hätten den Betrug jederzeit aufdecken können.


    Tiberios hingegen fühlte sich durch dieses vermeintliche, einmalige Geschenk besonders an das Subjekt gebunden. Nicht wissend, dass das Geschenk schon seit Jahren zig fach unter den "Hammer" kam.


    Lurco wusste schon, warum das Subjekt den Medicus gebissen hatten. Nur Tiberios wusste es nicht. Sollte er dessen Illusion zerstören? Möglicherweise war dies der einzige Weg Cerretanus und Tiberios sowie alle anderen Personen von dem schädlichen Einfluss dieser Kreatur zu retten.


    Zur Not musste Lurco seinem Vorgesetzten von diesen Mitteln erzählen, sprich dass die Wahrheit die jemand wahrgenommen hatte, noch lange nicht die Wahrheit sein musste. Niemand verkaufte Illusionen in Duft, Cremes, teuren Kleidern und Hilfsmittelchen so erfolgreich wie Viridomarus. Lurco wusste also mit was er es zu tun hatte.

    Lurco drehte sich um, als er angesprochen wurde. Tiberios! Wunderbar.


    "Salve Tiberios, das trifft sich ausgezeichnet. Du hast eine Zeugenaussage bezüglich des inhaftierten Subjekts abgegeben. Mein Centurio wünscht Dein persönliches Erscheinen, Du bist zur Aussage betreffend des Brandes am Ganymed vorgeladen. Folge mir zur Castra", sagte Lurco freundlich und machte eine einladende Geste ihm zu folgen.

    Lurco hatte sich direkt auf den Weg zur Casa Furia gemacht, um Tiberios zu seiner Vorladung abzuholen. Centurio Maro wollte Tiberios Aussage von diesem persönlich hören und hatte ihm befohlen den Zeugen herbeizuschaffen. Lurco stand vor der Casa Furia und klopfte. Danach wartete der Urbaner darauf, dass man ihm öffnen würde.

    Lurco nickte mit treuem Hundeblick.


    "Selbstverständlich werde ich für Dich beten Bruder, sei unbesorgt. Ein Lupanar ist eine gute Idee. Tarpa nur dank Rammys Röllchen haben wir überhaupt den Tiber durchschwimmen können. Seine Muskeln sind eben gut gepolstert. Na los, komm jetzt, schnapp Dir noch eine Bratwurst und los gehts. Man sieht sich... Ansinia", verabschiedete sich Lurco freundlich, griff sich noch eine Bratwurst und wartete mit Wein und Wurst vor der Tür.

    Lurco lugte in die Amphore und trank den restlichen kläglichen Rest aus. Die Vorführung die ihnen Rammy gerade bot, war alles andere als ernüchternd. Sie war extrem heiß. Er grabschte sich eine weitere Amphore und drückte sie Tarpa in die Hand und bediente sich dann selbst erneut. Tarpa verfluchte vermutlich seine Gastfreundschaft, was seine Freundin anging. Und die Information die Lurco ihm geben musste, trug auch nicht dazu bei die Stimmung von Tarpa zu heben. Nun die Stimmung oder etwas anderes.


    Ihm hingegen erging es anders, dass was er zu sehen bekam, ließ ihn schwitzen. An Asinia lag es nicht, aber das wusste weder Tarpa, noch Rammy. Lurco schaute ohne jede Scham zu, ließ sich den Wein aus der Amphore schmecken und verwöhnte sich selbst.


    Als Rammy ihn auffordernd zu Asinia schob, schüttelte Lurco den Kopf.


    "Ich muss verzichten, ich habe Ihr Faunus Segen erteilt. Zugucken ja, anfassen nein", antwortete Lurco mit Bedauern in der Stimme, das absolut überzeugend klang. Auf was er hier tatsächlich verzichtete, war die Bratwurst von Rammy.

    Lurco nickte zustimmend.


    "Meine Sorge galt Euch beiden Maro, Dir und Cerretanus. Das Subjekt sollte bei niemanden ungesichert nachts im Haus herumschleichen. Sie muss weder Dich oder Cerretanus angehen. Aber sie könnte jemanden verletzten, der Euch lieb und teuer ist. Seid bitte vorsichtig.


    Richtig das Subjekt ist Cerretanus Eigentum, aber ist das nicht genau das Problem von unserem Optio? Bei Bedarf stelle ich einen Kontakt zu einem Bekannten her, er ist Sklavenhändler.


    Ich schaffe Dir Tiberios schnellstmöglich her Centurio", antwortete Lurco, salutierte und verließ unverzüglich das Officium, um den Befehl von Maro nachzukommen.

    Anisia schaute etwas verdutzt, als Rammy sie in seine starken, parkenartigen Hände nahm. Etwas hilflos blickte sie zu Tarpa und Lurco. Während Lurco breit zurückgrinste, sah Tarpa bleich wie der Mond aus. Wem das Grinsen galt, konnte Anisia nicht wissen, keiner der Anwesenden wusste es. Lurco gönnte sich noch eine Bratwurst und schaute sich nach einer Amphore Wein um. Lange musste er nicht suchen und öffnete sie, um einen großen Schluck aus dem tönernen Gefäß zu nehmen.


    Er stieß Tarpa mit dem Ellenbogen an und hielt ihm die Amphore vor die Nase.
    "Nimm", sagte er freundlich.


    "Scato, Du bist ja ein ziemlicher Draufgänger", kicherte Anisia leise, die soviel Aufmerksamkeit gar nicht gewöhnt war. Da Tarpa nichts gegen "Scatos" Zuneigung zu haben schien, versuchte Anisia sich auch zu entspannen und den außergewöhnlichen Abend zu genießen.

    Lurco beobachtete das Schauspiel zwischen Tarpa und Asinia. Die Begrüßung war eindeutig und woher der Segen stammte war damit auch geklärt, aus dem Schoß von Tarpa. Nur wusste dieser scheinbar nicht über alles andere Bescheid. Gerade als er etwas sagen wollte, schob ihn Rammy in das Haus. Die Vorhut hatten Tarpa und Asinia gebildet. Lurco ging so leise wie möglich, geradezu auf Katzenpfoten.


    Asinia schien über alle Maße erfreut über Tarpas Besuch. Weshalb konnte Lurco sich denken. Die Bratwurstfrau deutete ihnen an einen Moment zu warten, ehe sie in der Dunkelheit des Hauses verschwand und die drei kurz allein ließ.


    Lurco packte Tarpa an der Schulter, drehte ihn zu sich herum und zerrte ihn ganz nah zu sich.


    "Zuhören Kumpel. Deine Freundin Asinia Indaletia wurde von mir auf dem Lupercal gesegnet. Später auf dem Markt bedankte sie sich bei mir dafür. Grund - sie und ihr Ehemann waren bis dato kinderlos! Das hätte sie fast die Ehe gekostet. Mein Segen hätte sie davor bewahrt, denn sie war endlich schwanger. Als Dank gab es eine Bratwurst. Mein Segen war es wohl nicht, sondern eher Deiner überbracht mit einer anderen Peitsche. Dir ist bewusst welcher Familie sie angehört? Sei bloß vorsichtig, dass Dich der Hausherr nicht an den Eiern an Türrahmen aufhängt Tarpa", flüsterte Lurco ihm zu.


    Asinia kam zurück und deutete den drei Urbanern an, ihr zu folgen. Sie führte sie in einen kleinen Raum, der gastlich eingerichtet war. Dort lagen wie auf einem Altar aufgereiht frische, duftende Bratwürste.


    "Lasst es Euch schmecken", sagte sie freundlich und hakte sich glücklich bei Tarpa ein.
    "Danke", antwortet Lurco freundlich und ließ sich nicht zweimal bitten. Er langte beherzt zu und vertilgte eine Bratwurst.

    "Tarpa ist unser Mann? Hoffentlich wird seine Frau nicht wütend", lachte Lurco leise und knuffte seinen Kameraden ebenfalls.


    "Gut bleiben wir ernst, immerhin geht es um Bratwurst! Rammy hat gesagt Du hättest einen Kontakt der zu jeder Tages- und Nachtzeit Bratwurst beschaffen kann. Du weißt es und wir folgen Dir auf dem Fuße Tarpa", grinste Lurco.


    Die Nacht war finster und die Gasse nicht minder, aber Rammy hatte an eine Fackel gedacht. Das Feuer warf während ihres Marsches tanzende Schemen auf die umliegenden Häuserwände. Dem Schein der Flamme folgend hatte ihr nächtlicher Ausflug fast etwas von einem Ritual. Gut nahm man es genau, war das gemeinsame Bratwurstverzehren das Ritual ihrer Freundschaft. Kühl war es, der Wind fegte als leichte Brise durch die dunklen Straßen. Vielleicht kam es Lurco auch nur so vor, denn sein Haar war nass und der Rest war auch nicht ganz trocken.


    Der Himmel war wolkenverhangen aber nicht Regenschwer, der Mond hielt sich heute bedeckt. Tarpa wandelte durch die Nacht mit der Sicherheit eines alten, streunenden Katers. Er kannte scheinbar jeden Pflasterstein, jede Abzweigung und jede Straßenkreuzung. Lurco war dies nur Recht, so konnten sie sich nicht in eine Gasse der langen Messer und Halsabschneider verirren. Denn neben seinem Geld, hatte er auch seine Waffen in der Baracke liegen gelassen. Ein Urbaner war auch unbewaffnet nicht wehrlos, aber alles hatte seine Grenzen. Und er wollte nicht sein Glück überstrapazieren.


    Dann endlich blieb Tarpa stehen und Lurco musterte Rammy und Tarpa neugierig. Anstatt etwas zu rufen, pfiff er eine Melodie und flämmte sich beinahe das Gesicht mit der Fackel ab.


    Es dauerte eine Weile, dann wurde oben lautlos ein Fenster geöffnet. Eine Frau schaute nach unten und lächelte freundlich als sie Tarpa erblickte. Lurco kannte die Frau, es war DIE Bratwurstfrau - Asinia Indaletia! Jene die er gesegnet hatte. Bei dem Blick, den Asinia Tarpa zuwarf, hatte dieser sie wohl auch gesegnet... auf ganz andere Art und Weise.


    "Ich komme runter!", wisperte sie.


    Das Fenster wurde so lautlos verschlossen, wie es geöffnet wurde. Sie hatten einen Moment zu warten, dann ging die Tür auf und Asinia schlüpfte hinaus ins Freie und zog Tarpa mit sich in die Dunkelheit.


    "Schön dass Du kommen konntest. Ich kenne Deine beiden Begleiter, dass sind Lurco und Scato", flüsterte sie und drückte Tarpa zur Begrüßung an sich.


    Lurco zog Rammy mit sich und folgte den beiden in die Dunkelheit, dabei musterte er Tarpa gut gelaunt mit einem Blick der Bände sprach.


    "Gut wie geht es weiter?", hakte Lurco leise nach und rieb sich den Bauch.

    "Centurio Maro, weder mangelt es mir an Vertrauen Dir noch Cerretanus gegenüber. Aber vergesst bitte beide nicht, dass es dem Subjekt einzig und allein darum ging, anderen zu schaden. Körperlich, geistig und finanziell.


    Deshalb bitte ich Euch, gleich was Ihr beiden entscheidet, nimm dieses Subjekt nicht mit nach Hause Optio. Ich vertraue Dir, aber dem Subjekt kein Stück. Ich kann Dich nur beschwören Cerretanus, verwahre sie irgendwo sicher, eingesperrt und in Ketten oder werde sie gleich los. Verkaufe sie an den nächstbesten Sklavenhändler oder als Löwenfutter. Sie ist eine permanente Gefahr für Deine Familie, Dich und allen die in Deinem Haus leben.


    Vergesst nicht den tätlichen Angriff auf den Medicus. Die 80-Sezterzen-Sklavin schadet mit dem Verprassen von 200 Sesterzen ihrem Herrn Cerretanus. Allein dieser Schaden ist für sie Grund genug. Logik darf man bei diesem Subjekt für seine Taten nicht suchen.


    Welcher logische oder anständige Mensch beißt einen Medicus der ihm helfen möchte? Welcher logische Mensch lacht, wenn andere Menschen verbrennen?


    Ihren Hass auf Römer hat sie nie verborgen.


    Was den armen Tiberios angeht, Scato und ich haben ihn als guten, aufrichtigen Sklaven kennengelernt. Manchmal ist der junge Mann zu gut. Er glaubt er schuldet dem Subjekt etwas oder kann sie vor sich selbst retten. Das dieses Ding gar nicht gerettet werden will, das sieht er leider nicht. So hatte er vor, dem Subjekt einige Mitbringsel in den Carcer zu liefern. Allesamt Dinge, die jemand von niederträchtigem Charakter wie das Subjekt als Waffe benutzen kann und auch würde. Ein Bespiel wäre die Schreibfeder, niemand möchte diese ins Auge oder in den Hals gerammt bekommen. Tiberios sah darin keine Waffe, wie auch? Er ist ein aufrichtiger junger Mann. Aber wir müssen die möglichen Waffen sehen, die unsere Kameraden während des Dienstes bedrohen könnten. Also wiesen wir seine Gaben an das Subjekt ab. Er zeigte Verständnis.


    Ebenso halte ich sein Geständnis für eine Schutzbehaupt, um das Subjekt vor weiterem Schaden zu bewahren. Glaubt mir, so wie sich das Subjekt verhalten hat, wurde die alte Amphore ganz sicher nicht von Tiberios entkorkt. Falls er sie überhaupt angerührt hat, war er sicher nicht der Erste. Das hätte der Medicus ebenso herausgefunden. Sprich der Mann hätte in Erfahrung gebracht, ob das Subjekt im Lupanar aktiv war, oder auch wie eingeritten die Stute ist. Und so wie sie die Schläge auf dem Markt weggesteckt hat, scheint mir die Schilderung dass sie es wild und hart wollte mehr als glaubhaft. Sie schien auf dem Markt geradezu perverses Vernügen daran gehabt zu haben gepeitscht zu werden.


    Macht mit dem Subjekt was Ihr für richtig haltet Ihr beiden mir steht da keine Entscheidung zu. Nur eine Bitte - bitte bringe sie nicht in Dein Haus Cerretanus. Mir geht es nicht um dieses Ding. Mir geht es darum, dass kein anderer mehr Schaden durch es erleiden muss. Verkaufe es, verschenk es als Futter oder ertränk es im Tiber, nur nimm es nicht mit zu den Deinen nach Hause. Das ist alles was ich dazu sagen möchte", sagte Lurco freundlich.

    Lurco lehnte entspannt an einer Theke und beobachtete das Treiben in Viridomarus Laden. Zwei junge, schräge Vögel spähten herein. Irgendwie kamen sie ihn bekannt vor. Wie sie Viri begrüßten, war schon herrlich zu hören. Der große Hund draußen schien an den beiden ebenfalls einen Narren gefressen zu haben. Er genoss sicher auch die Vorführung der beiden und bellte.


    Dies veranlasste seine junge Herrin aus den hinteren Räumen zu erscheinen. Mit einer ganz ähnlichen Gesichtsbemalung nur wesentlich ansehnlicher erklärte sie die beiden Lauser kurzerhand zu Christen und spendete ihnen je eine Sesterze.


    Das war ein Bild für die Götter, der Besuch hatte sich allein dafür schon gelohnt. Lurco schmunzelte Maxi an.

    Lurco nickte erfreut zur Bestätigung, als Rammy davon sprach so viele Bratwürste wie nötig organisieren zu können. Andere besorgten sich auf dubiosen Umwegen Drogen, sie besorgten sich Bratwürste. Die Bratwurstbengel der Baracke VII. Immerhin vertieb so eine Bratwurst die schlechte Laune, schmeckte lecker und machte satt.


    Lurco beobachtete wie Rammy aus dem Becken kletterte und verschwand. Was Tarpa gegen Rammys Röllchen hatte wusste er nicht, aber er würde dafür sorgen, dass Rammy keines verlor.


    Er tauchte noch einmal unter und stieg dann selbst aus dem Wasser. Auch Lurco musste sich mit seiner Tunika abtrocknen, etwas anderes hatte er nicht zur Verfügung. Mit nassen Haaren und besserer Laune machte er sich auf den Weg zur Porta. Dort wartete er auf seinen Kumpel.

    Lurco der immer noch mit im Raum stand räusperte sich, in der Hoffnung auch etwas sagen zu dürfen. Vergessen sollten seine beiden Vorgesetzen nicht, den tätlichen Angriff auf den Medicus. Das Geständnis einer Beziehung war nichts weiter als eine verzweifelte Hilfe des Sklaven Tiberios. Der Mann würde alles für das Subjekt tun und auch behaupten. So hätte er auch versucht, "Waffen" in den Carcer zu bringen ohne zu begreifen, dass diese Gegenstände Waffen sein konnten.


    Natürlich war der Dienst des Lupa mehr wert als die Sklavin. Aber genau dass war es doch, was das Subjekt die ganze Zeit auf voller Linie tat - und zwar ihrem Herrn schaden. Einem der verhassten Römer. Konnte sie dabei noch etwas zusätzlichen Spass haben, war das dem Ding nur Recht.


    Die Amphore war nicht unberührt und erst von Tiberios geknackt worden. Das alte Ding war schon längst entkorkt. Der Medicus hätte das einwandfrei feststellen können. Vermutlich deshalb der Biss. Weder war Tiberios noch der Lupa und das waren garantiert auch nicht die letzten.


    Jeder hatte gesehen wie sie sich beim Brand verhalten hatte. So ein Ding in das Haus von guten, ehrlichen Römern zu bringen war hochgefährlich. Ohne Sicherung ging sie nachts die Herren oder andere Sklaven an.


    Würde sie überhaupt schon ausreichend zwecks Verhör gefoltert?
    Wobei das unnötig war, jeder hatte ihre Schandtaten gesehen. Wenn es nur um die 80 Sesterzen ging, da konnte Lurco helfen. Er würde sie seinem Optio geben, damit er aus dem Ding machte was es sein sollte - Löwenfutter.

    Lurco blinzelte in Zeitlupe und schmunzelte Rammy an.


    "Danke für Deinen Beistand. Nichts ist klar, warum musste Scato mit seinem Wurm rumwedeln? Das er sich Sorgen wegen dem Garum macht in allen Ehren, aber das? Ich dachte er holt vielleicht pflanzlichen Ersatz, wo kein Getier drin ist. Stattdessen schleppt er einen Riesenwurm.


    Ich... ich mag solches Viehzeug nicht sehen, da wird mir... anders. Schlecht und kodderig. Nicht das ich feige wäre ja? Aber hast Du das eklige Ding da im Glas genau gesehen? Ich nicht und das hat mir schon gereicht. Bei den Göttern, warum musste er auch riesigsten Wurm anschleppen? Was ist nur los mit ihm?


    Eine Bratwurst zur Beruhigung? Eine gute Idee, aber wo bekommen wir um die Zeit eine Bratwurst her? Hast Du Geld dabei Rammy? Ich habe auf meiner... Flucht alles in der Baracke gelassen", stöhnte Lurco und tauchte kurz unter.


    Als Lurco wieder auftauchte rempelte er Rammy freundlich an.


    "Gut gehen wir uns eine Bratwurst gönnen. Und hoffen wir dass Scato dieses Glas dahin zurückgebracht hat, wo er es hergeholt hat. Sonst muss ich in den Thermen übernachten", grinste Lurco etwas beruhigt.

    Lurco wurde derart schnell auf einen Stuhl verfrachtet, dass er bereits saß, bevor er es überhaupt merkte. Gerade als er durchatmen wollte und sich sein Magen beruhigte, schnappte sich Scato das Grauen im Glas und hielt es ihm direkt vor das Gesicht. Eigentlich war Scato der schnellste Mann aus ihrer Baracke, aber heute stellte Lurco Scatos Leistung in den Schatten.


    Wie gestochen sprang er auf, stieß Scato samt Glas zur Seite und stürzte aus der Baracke. Im gestreckten Galopp rannte er bis zu den Thermen in der Hoffnung, Scato würde ihn dorthin mit seinem Wurm nicht verfolgen. Schlitternd kam Lurco dort zum Stehen, schaute sich gehetzt um und schlüpfte aus der Kleidung um sich ins Wasser gleiten zu lassen.


    Sollte Scato hier mit dem Wurmglas auftauchen, würde er abtauchen, das war sicher!
    Was hatte er seinem Freund nur getan? Gut sie hatten lange nicht mehr gemeinsam ausgenüchtert, ob es daran lag? Lurco rieb sich unbewusst den Magen und schauderte.

    Lurco hörte sich Scatos Ausführungen an und fragte sich, warum er dabei so wissbegierig, ja fast fröhlich klang. Das Thema schien ihn zu faszinieren. Lurco lächelte bei den Ausführungen brav und schwor sich nie wieder Garum zu essen oder irgendeinen stinkenden Fisch. Rohes Fleisch hatte er noch nie gegessen und dabei würde es auch bleiben. Endlich fand Scato ein Einsehen und ließ von seiner schauerlichen, lieb gemeinten Erklärung ab.


    Mit einem mal verschwand er flinken Flusses, so wie üblich. Lurco ging davon aus, dass sein Stöckchen gesunden Ersatz für das Garum anschleppen würde. Niemals zuvor hatte sich Lurco derart geirrt.


    Das was Scato anschleppte war das Grauen im Glas!
    Ein Bandwurm schwamm konserviert darin und drehte Lurco den Magen um. Zum Glück war sein Magen leer. Und dann, als hätte Scato seine Gedanken gelesen, forderte er ihn auf den Wurm anzugucken. Lurco schaute nicht den Wurm an, sondern Scato und schüttelte ganz langsam und vehement den Kopf.


    "Das kann ich nicht", flüsterte Lurco und unterdrückte ein Aufstoßen.