Lurco legte seine Hand über die von Satibarzanes und verschränkte seine Finger mit denen von Sati. Der Bursche war so schüchtern und vorsichtig, wie ein neugeborenes Kätzchen.
"Ein trauriger Umstand, dass Du noch nie ein eigenes Zimmer hattest. Aber ab jetzt ist das anders Sati. Du hast nicht nur einen Strohsack, sondern eine Kammer. Also ich würde folgendes in Deine Kammer stellen. Ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl, einen Schrank und eine Truhe. Dazu eine Öllampe, damit Du auch im Dunkeln etwas siehst. Eine Waschschüssel mit Krug kann ebenso nicht schaden. Damit es nicht kalt wird, würde ich einen Teppich vorschlagen. Das Lammfell würde ich ins Bett legen. Lammfell hat den Vorteil, dass es bei Wärme kühlt und bei Kälte wärmt. Auch wenn man das kaum glauben mag. Zudem ist es kuschlig und gemütlich. Eine Schale für Obst kann auch nicht schaden, wenn Du nachts nicht bis in die Küche laufen möchtest. Alles weitere ergibt sich von selbst. Möglicherweise siehst Du auf dem Markt etwas, dass Dir für Dein Zimmer gefällt. Ein Bild, ein kleiner Altar. Das ergibt sich von ganz allein, Du wirst schon sehen.
Woher stammst Du eigentich ursprünglich Sati? Und was hat Dich nach Rom und letztendlich in das Lupanar Ganymed verschlagen? Da fällt mir ein, ich schulde Dir noch die Taler für einen Besuch. Das ich damals mittendrin aufgesprungen und mit Scato abgehauen bin, dass ging nicht gegen Dich. Es wurde mir in dem Moment einfach... zu nah. Nicht dass ich Nähe nicht mögen würde, aber man findet sie nicht in einem Lupanar und man bezahlt auch nicht dafür. Man zahlt für den Akt und nicht für die Zuneigung. Die besten Dinge im Leben sind die wertvollsten und kostenlos. Komisch nicht wahr? Es gibt sie nur als Geschenk, oder gar nicht. Was schulde ich Dir an Talern? Dann packe ich es auf den ersten Lohn mit drauf.
Wusstest Du, dass ich Sato am Tag meiner Bewerbung vor der Castra der Urbaner kennengelernt habe? Durch Zufall sind wir uns dort über den Weg gelaufen und seit dem hat sich unser Weg nicht mehr getrennt. Wir traten beide bei den Urbanern ein, wir wurden Luperci und wir wurden wesentlich mehr. Viel mehr. Ich habe eine kleine Aufmerksamkeit für ihn in Auftrag gegeben. Ich hoffe sie ist bald fertig. Dann werde ich ihn mit dem Geschenk überraschen und ihm sagen, wie ich fühle. Einmal soll er es wenigstens hören. Man kann seine Zuneigung auf tausende Arten zeigen, aber es auszusprechen ist trotzdem etwas ganz anderes.
Magst Du mir erzählen, woher Du stammst und wie Du an den Grusel-Griechen mit den grausigen Haaren gekommen bist? Mein Urteil ist da nicht gerecht ich weiß, er war das Opfer der Flammen und er war ein guter, mitarbeitender Zeuge. Der Mann tut mir leid und ebenso sein Kamerad den ich aus den Flammen ziehen musste. Ob er es gepackt hat? Ich habe schon öfter an ihn gedacht und hoffe, dass er wieder richtig auf die Beine kommt. Dass die Götter seine Augen und Ohren beschützen. Verbrannte Haut ist nicht so schlimm, vermute ich jedenfalls. Aber ich wünsche ihm, dass die Rettung auch eine gewesen ist Sati. Kyriakos hat mir gesagt, dass er noch im Haus ist und so bin ich los durch die Kloake. Warst Du schon mal da unten? Ein Rattenweg, ein Labyrinth unter Rom. Im Grunde ein Straßennetz unter uns.
Falls ich Dir zuviel quatsche, sag es ruhig. Die meiste Zeit behalte ich meine Gedanken für mich und irgendwann wollen alle scheinbar zeitgleich heraussprudeln. Das man nicht alles sagen darf, ist ein Mythos. Denn im Grunde darf man alles sagen - nur wo, das ist der Knackpunkt. Du wirkst verloren Sati und Du hast Angst. Du denkst ich verarsche Dich oder möchte Dir eventuell Böses. Ich versichere Dir, dass dies nicht so ist. Als ich Dich wie ein Häufchen Elend dort vor dem Haus sah, verletzt und fertig, ist mir eingefallen dass ich Dir noch was schulde. Du warst gut zu uns, Du warst lieb. Sieh es als das was es ist Sati, ich mag Dich und wir sind Freunde. So sehe ich uns. Wie gesagt, manchmal muss man Dinge aussprechen. Auch solche.
Ich wollte schon immer zu den Urbanern, wie es dort wirklich zugeht habe ich nicht gewusst. Zwischen dem was man so denkt und der Realität liegen Welten. Ich muss ehrlich sagen, dass was ich gefunden habe, ist besser als was ich mir erträumte. Vor allem wenn ich an Scato und unsere Baracke VII denke. Ein Zuhause im Zuhause. Ein kleiner Rückzugsort in der eigenen Stadt in der Stadt. Ich hatte unseren Centurio gefragt, ob man ein zusätzliches Berufsfeld erlernen kann. Ein bisschen habe ich mal in das Schmiedehandwerk reingeschnuppert, aus reinem Interesse. Das wäre etwas für mich. Für Pferde habe ich mich auch interessiert, aber die gibt es nur bei der Ala und dazu müsste ich die Urbaner verlassen. Pferd oder Wahl-Familie, die Wahl ist da leicht.
Die Idee für unsere Taberne setzen wir um. Eine Ecke wo man auch gemütlich liegen und speisen kann. Das gefällt mir", sagte Lurco freundlich und rutschte näher zu Sati auf.