Der junge Römer mit dem adretten Bart war scheinbar jemand, der sich am besten entspannen konnte, wenn jemand lange dozierte. Terpander legte das Handtuch beiseite und massierte Tacitus die Kopfhaut, damit sein Haar voll und gesund blieb, während er sprach. Für seine Verhältnisse waren das viele Worte auf einmal, aber der Herr wünschte es eben so, also sprach der Hellene.
"Es gibt die Vollbürger, das sind die Spartiaten - jene Männer in Bronzerüstung und rotem Mantel, die man sich gemeinhin unter einem Spartaner vorstellt. Es ist ein Kriegeradel. Darunter stehen die Periöken, Freie, die am ehesten mit Peregrini zu vergleichen sind. Es sind Angehörige der unterworfenen Regionen. Sie leben mehr oder weniger autonom und leisten gelegentlich Kriegsdienste. Die Stellung der Periöken im lakedaimonischen Heer darf nicht unterschätzt werden. Eine Hochzeit zwischene Vollbürgern und Periöken ist allerdings völlig ausgeschlossen, während Römer und Peregrini ja öfter mal heiraten.
Dem gegenüber stehen noch die Heloten. Die sind zwar im Staat sesshaft, aber keine Bürger, dürfen außerdem ihr Land nicht verlassen, sondern haben es zu bewirtschaften. Vielleicht kannst du sie dir als öffentliche Sklaven vorstellen. Wichtig ist, dass sie niemals ausschließlich einem einzelnen Spartaner gehören können, sondern immer auch für ihr Gemeinwesen zuständig sind. Seit der Herrschaft von Rom ist das aber rückläufig und wird zunehmend durch die übliche Form der Sklaverei ersetzt.
Militärisch ist Sparta natürlich schon seit 300 Jahren nicht mehr ernstzunehmen. Unser letzter großer Kampf war gegen die Achaier und Makedonen. Unter König Nabis endete die unabhängige Politik Spartas. Schuld daran waren natürlich die Römer, die von den feigen Achaiern um Hilfe angefleht wurden. Sparta schlug sich in Anbetracht einer solchen Übermacht hervorragend, aber am Ende konnte solchem Druck nicht standgehalten werden. Die Macht der Polis wurde stark beschnitten. Seine Unabhängigkeit durfte Sparta allerdings ebenso behalten wie die Stadtmauern, die Nabis hatte errichten lassen. Nach ihm gab es keinen König mehr.
Im Grunde hat Sparta nach der Niederlage das Los der übrigen griechischen Staaten geteilt, jedoch wurde ihm von den Römern besondere Ehre zuteil. Wir blieben frei und haben nominell nichts anderes als Freundschaftsdienste erwiesen. Jedoch sind zum Beispiel sind die Ephoren - so eine Art Aufsichtsbeamte, die auch die Außenpolitik bestimmten - aus dem Leben Spartas verschwunden. Nach Augustus aber hat Rom die Zügel noch fester gezogen und von der Freiheit blieb nicht mehr allzu viel übrig. Das Thema ist umfangreich, aber mit Politik hatte ich im Grunde nie viel zu tun. Fakt ist: Alles war klar geregelt, bis Rom die Herrschaft übernahm.
Für einen Menschenschlag, der seit jeher für den Kampf lebt, ist so eine neue, aufgezwungene Ordnung nicht leicht zu verkraften, auch heute nicht, obwohl das zehn Generationen her ist. Wofür leben wir noch? Für ein zerbrochenes Spiegelbild. Unsere gesamte Gesellschaft war und ist auf den Kampf ausgelegt. Wir versuchen, die Traditionen hoch zu halten, aber es sind nur Schatten und vergebene Hoffnungen. Der Geist Spartas stirbt."
Den Optimismus hatte Terpander wahrlich nicht für sich gepachtet.
"Aber bevor du dich sorgst: Ich gehöre nicht zu jenen, die Rom dafür hassen. Rom war einfach besser, das ist der Lauf der Dinge. Es ist nur ärgerlich, dass es kein vernünftiger Kampf war, kein Untergang im eigenen Blut, wie Sparta ihn verdient hätte, sondern schnöde Außenpolitik, die am Ende alles entschied."
Sim-Off:Wie die innenpolitische Situation zu Zeiten des Rollenspiels im Einzelnen ist, kann ich leider nicht sagen, da die Quellenlage zu meinem Bedauern dazu äußerst dürftig ausfällt. Die Spartaner selbst schrieben ja nichts auf; es gibt keine schriftlichen Quellen aus der Hand von Lakedaimoniern. Die alten Stände sind aber während der Zeit des Prinzipats zumindest noch zum Teil vorhanden.