Als Tacitus in makelloser Koine antwortete, zeigte Terpander ein seltenes Lächeln. "Dein Lehrer war offensichtlich erfolgreicher als ich. Ich habe meine Schüler nie für das Auswendiglernen von Grammatiktabellen begeistern können." Wahrscheinlich, weil er es selbst grauenvoll fand und seinerseits erst spät Latein gelernt hatte, so dass er zwar aufgrund der vielen Praxis inzwischen fehlerfrei, aber mit starkem Akzent sprach.
Den philosophischen Ausführungen konnte er folgen, auch wenn er ihre Sinnhaftigkeit aufgrund seiner klaffenden Bildungslücke nur zum Teil begriff. Das Konstrukt des Ruhms fand er jedenfalls genau so sinnlos wie Tacitus. In seiner Heimat gab es nicht einmal Grabsteine, geschweige denn, dass man einen Namen hineinmeißeln würde. Ein Feldherr lag bei seinen Soldaten und in den gleichen Kleidern, seine Leistung wurde nicht hervorgehoben. Er aß und lebte auch genau so und war generell kaum von seinen Untergebenen zu unterscheiden. Wenn er da an die aufgemotzten senatorischen Feldherren Roms dachte, die selbst im Feldlager in einer Villa residierten ...
"Wer aber bestimmt, was dieser Weg sein soll? Ein jeder selbst? Die Götter? Der Stand, in den man hineingeboren wurde? Wer sagt, dass du nun nach Rom kommen und als Verwalter arbeiten solltest? Unabhängig davon würde ich dir empfehlen, nachdem du dich erholt hast, nach einem Patron Ausschau zu halten. Er wird dir helfen können, eine geeignete Anstellung zu finden."
Terpander begann, die Habseligkeiten des Iuniers einzuräumen. Der Herr würde sich melden, wenn er etwas an einem anderen Platz wünschte.
"Mein Herr Iunius Scato wohnt theoretisch in Rom, das ist richtig. Er diente einige Jahre bei den Cohortes Urbanae, wurde aber vor einigen Monaten zu den Prätorianern abkommandiert. Zum Schutz des Caesar weilt er momentan in Germania, wo er als Militärarzt nun reichlich Fronterfahrung sammeln darf." Hoffentlich steckte das Sensibelchen das weg, Terpander hegte da seine Zweifel. "Ich vermute, er wird eines Tages nach Rom zurückkehren, denn eigentlich haben die Cohortes Praetoriae in Germania nichts zu suchen, das ist Sache der Ala und der Legio, doch man kann es nicht sicher wissen. Und natürlich hoffe ich es auch."
Der Stümper Unauris würde Terpander jedenfalls nicht würdig vertreten können. Nachdenklich rieb Terpander seinen silbernen Bart, als er darüber nachdachte, wo sich welche Verwandtschaft momentan aufhielt.
"Caius Iunius Caepio weilt ebenfalls in Rom, doch er ist - wieder mal - verschwunden. Es bietet in meinen Augen keinen Anlass zur Sorge, da Caepio dafür bekannt ist. Vielleicht führt er ein Geschäft in den Schatten oder hat eine nicht repräsentative Familie gegründet, über die Gründe seines wiederholten Untertauchens lässt sich nur spekulieren. Wir werden warten müssen, bis er von selbst entscheidet, wieder von sich hören zu lassen.
Titus Iunius Verax und seine Schwester Iunia Proxima betreiben meines Wissens eine Taberna in Kappadokien. Von beiden hat man seit längerem nichts gehört, was bedauerlich ist. Wenn du einen Brief schreiben würdest, könntest du sicher mehr erfahren." Terpander hoffte nicht, dass es schlechte Neuigkeiten gäbe.
"An Verwandtschaft, die nicht iunisch ist, hält sich ansonsten Sisenna Seius Stilo in Rom auf, ebenfalls ein Prätorianer. Den könntest du auf einen Wein einladen. Er ist allerdings ein Soldat durch und durch. Er ist der Onkel von Scato und Caepio, außerdem hat er einen Iunier adoptiert: Iunianus Fango, der allerdings ebenfalls in Germania weilt und in der Ala dient."
Das waren viele Informationen und nur teilweise erfreulich, hoffentlich schwirrte dem weit gereisten Gast nicht der Kopf.