Terpander stand gerade hinter dem Kopf von Tacitus, während er die Tunika faltete, so dass dieser nicht die Entgleisung in seinem Gesicht sah, als er ein Gedicht wünschte. Schmähgedichte kannte Terpander, pädagogische Merksprüche und unanständige Stammtischreime. Kriegslieder, in denen das Sterben und Schlachten wortreich gepriesen wurde. Aber vermutlich nichts, was nach dem Geschmack des Herrn sein würde.
Terpander nahm ein Stück Seife zur Hand, das für die Haare gedacht war und das einen unaufdringlichen Duft verströmte. Das machte er nass, rubbelte es in seinen Händen und legte es dann ab, um die eingeschäumten Hände im Haar des Herrn zu vergraben.
Er wollte tatsächlich ein Gedicht ...
Zumindest eine Kopfmassage musste Tacitus über sich ergehen lassen, sonst wurden die Haare nicht sauber. Kein Mann seines Standes wollte Schuppen auf den Schultern spazieren tragen und wenn doch, würde Terpander es nicht widerspruchslos erdulden. Endlich hatte er sich für ein Lied entschieden, dass er nun als Gedicht vortrug:
"Unerbittlich, immerwährend, festausharrend in der Not
Unserer Väter Ahnen, schwangen ihre Lanzen blutigrot.
Endlich dann, nach zwei Jahrzehnten ließ der Feind das fette Land,
Aus Ithomes hohen Bergen hat er sich zur Flucht gewandt.
Der schönste Tod von allen ist es, von Feindes Hand
Als tapfrer Mann zu fallen im Streit fürs Heimatland;
Doch nichts erträgt sich schwerer, als fort ins Elend fliehn,
Der reichen Heimat ferne durchs Land als Bettler ziehn.
Zur Seit' den grauen Vater, das Mütterlein, o Qual!,
Und mit den kleinen Kindern das ehliche Gemahl.
Ihn treibt der harte Mangel; im Zwang der bittern Not
Fleht er umsonst um Beistand fremd und als Feind bedroht.
Zur Unehr' seiner Ahnen, sein schön Gesicht entstellt,
Dem aller Schimpf und Schande und Schlechtigkeit gesellt.
Lasst ihn das Land durchstreichen! Man höhnt ihn ins Gesicht,
Er findet nirgends Achtung, nicht Rücksicht, Mitleid nicht."
Mal sehen, ob Tacitus diesen Dichter erraten konnte, den sein Platon wortreich gelobt hatte.