Beiträge von Kyriakos

    "Es kommt ganz darauf an, auf welcher Flöte Nymphis hätte spielen sollen", sagte Kyriakos und das war das Maximum an Humor, zu dem er fähig war. Nein, vermietet wurde sein Sohn nicht, allein das Auge durfte sich an seinem Liebreiz erfreuen. Kyriakos tat alles, um zu verhindern, dass Nymphis so enden musste wie sein Vater. Mit einem Mal aber wurde er hellhörig, sein Blick durchdringend.


    "Du kannst Nymphis zu einer ehrenhaften Abstammung verhelfen? Keine Bäurin und keine Barbarin kommen in Frage. Finde eine Spartiatin, die bereit ist, ihren Namen dafür zu geben, ganz gleich, was es kostet, oder sorg dafür, dass die Fälschung glaubwürdig ist. Nenn mir den Preis deines Notars und deine Vermittlungsgebühr." Kyriakos war es absolut ernst. Er würde morden für diesen Gefallen.


    Der Vergleich mit dem Sonnenwagen führte dann dazu, dass Kyriakos die Augen niederschlug. "Ich wäre froh, würde mein Sonnenwagen gelenkt werden, Hairan. Mir ist, als wären die vier Hengste außer Kontrolle, meine Zügel gerissen und sie hätten mich hierher in die Fremde gezogen, ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können. Sie hören nicht auf zu laufen, wie sehr ich auch kämpfe. Ich habe nichts unter Kontrolle, Hairan."


    Noch nicht. Der Beutel Gold, den Velia ihm überreicht hatte, mochte das ändern. Doch er hatte ihn nicht umsonst zunächst versteckt. Er musste genau darüber nachdenken, wie er den neuen Reichtum einsetzte, damit er möglichst lange etwas davon hatte und ihn sogar mehrte.

    Von Glück hatte Kyriakos nie gesprochen, sondern vom Glücklichsein. Wie all die Jahre zuvor redeten sie aneinander vorbei. War sein Latein so schlecht oder ihre Gehirne so verschieden? Kyriakos hatte Velias Launen ertragen, ihre Angriffe, doch eines hatte sie bislang nie getan - ihn beleidigt. Velias Worte schnitten tief in seinen Geist. Viel wichtiger noch, sie zerschnitten das Band das zwischen ihnen bestanden hatte. Kyriakos kam aus dem Nichts der Vernichtung. Er hatte sich selbst körperlich und geistig verkauft, sich selbst damit geschändet und dieser Frau die Hand gereicht, um sie durch sein Leid aus dem Dreck zu ziehen. Warum? Weil er es konnte und gerne wollte.


    "Vielleicht habe ich keinen Stolz, aber ich habe etwas Besseres, Velia: Größe."


    Er wischte sich den toten Kuss aus dem Gesicht, kehrte der Lupa den Rücken zu und ging.


    Tanz der Satyren >>

    Sim-Off:

    Dass in dieser Geschichte Satibarzanes mitgeschrieben wird, geht in Ordnung.


    << [Lupanar] Magnum Momentum - Asche und Gold


    Selbstmitleid war nichts, was Kyriakos sich zugestand. Auch nicht, nachdem Velia seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte. Von dem Gold, das er neuerdings besaß, hätte er sich irgendwo eine Unterkunft mieten können, doch er legte sich wieder in den Hauseingang, in dem er die letzten Nächte verbracht hatte. Nymphis kam zu ihm, er hatte ein Brot gekauft, doch Kyriakos schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Er spürte, wie sein Sohn sich hinter ihn legte, um auch zu schlafen. Wie aus dem Orcus auferstanden, kam auch Python von irgendwo her, es folgten Nicon und Evenor, die sich in den Hauseingang gegenüber legten. In der Gruppe war es sicherer. Die Zwillinge waren nirgends zu sehen, sie waren irgendwo unterwegs. Da Evenor und Nicon zusammen tranken und noch eine Weile munter sein würden, gönnte Kyriakos sich ein paar Stunden Schlaf. Im Traum war er wieder vor Aquincum, lebendig und tot zugleich.


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    Vater, Mutter, Kind


    - vor etwa fünf Jahren in Pannonia inferior -
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    Die Gräberstraße, die nach Aquincum führte, war ein endlos langes, einzeiliges Gräberfeld. Man wollte, dass die gemalten Bilder der Toten von der Straße aus sichtbar waren, Inschriften sprachen die Passanten an. Es schien, als hoffte man, ein unsichtbarer Teil von den Verstorbenen würde weiterleben, wenn man so tat, als könnte man noch mit ihnen sprechen. Sogar Häuser baute man den Toten hier, während manch Lebender kein Obdach besaß. Die Mausoleen wohlhabender Familien bildeten eine langgezogene Stadt für sich und wenn die Gräber alt genug waren, scherte sich niemand darum, ob auch jene Lebenden sich dort einnisteten, die kein anderes zu Hause ihr Eigen nannten. Kyriakos ruhte in einem solchen Mausoleum, die Urne des Numerius Ancharius Pandus zur Gesellschaft. Einige Grabbeigaben, aus unterschiedlichen Gräbern zusammengeklaubt, bildeten das Inventar seiner neuen Wohnung. In seinen dürr gewordenen Arm lag, in den roten Mantel der Spartiaten gewickelt, sein einjähriger Sohn, der das erste Mal seit langem wieder satt sein durfte und fest schlief. Auf Kyriakos traf das nicht zu, er hatte alles an Nymphis verfüttert und auch sein einziges Kleidungsstück an seinen Sohn abgetreten. Er selbst schlief auf dem nackten Stein, nichts anderes war er von klein auf gewohnt. Allerdings war Pannonien merklich kälter als Lakonien. So lange es Sommer war, ging es noch irgendwie, doch den Winter würde so keiner von ihnen überstehen.


    Als die Sonne aufging, kehrte Satibarzanes schwankend vom Kriegshafen der Classis Pannonica zurück. In einem selbstgemacht aussehenden Weidenkorb, an dem noch grünes Laub hing, trug er einige Kleinigkeiten, die er vermutlich im Müll am Ufer des Danuvius aufgelesen hatte. Der Geruch von Schweiß drang in Kyriakos´ Nase. Als sein Gastgeber sich vor ihn hockte, kam noch der Geruch von Sex dazu.


    »Den Korb kann Nymphis als Bett haben, dachte ich«, sprach Satibarzanes mit schwerer Zunge. Sein Atem roch nach Wein. »Wir ... wir stopfen ihn mit einer Decke aus, dann kannst du den Kleinen auch mal ablegen. Tücher haben wir ja genug. Hier habe ich Getreidebrei mitgebracht. Die habe ich aus der Garküche geholt und er ist ohne Fleisch oder Gemüse. Genau wie du gesagt hast, nur Getreide. Ist das gut so? Verträgt Nymphis das?«


    Kyriakos rappelte sich ein Stück auf, um in den verbogenen und rostigen Topf zu schauen. »Ja, aber das ist schon wieder zu wenig«, stellte er frustriert fest. »Das reicht nicht für drei. Gibt es in dem Fluss keine Fische, die man angeln kann? Oder Wild in den Wäldern?« Während seiner Ausbildung hatte er gelernt, allein zu überleben, er konnte jagen, er konnte rauben, er konnte töten. Doch in seinem miserablen Zustand war er hilflos.


    Satibarzanes stieg torkelnd über die verkrüppelten Füße von Kyriakos und ließ sich hinter ihm auf ein Nest aus Heu und Lumpen fallen, das er sich gebaut hatte. »Keine Ahnung, ich kann nicht jagen oder angeln. Jetzt lass mich erstmal schlafen«, stöhnte er. »Ich bin fertig.«


    Kyriakos räumte derweil den Weidenkorb aus und baute aus weiteren Lumpen ein Bett darin, in das er nun vorsichtig Nymphis legte. So ging es, darin schlief er gut. Er wechselte noch das Tuch, das er seinem Sohn als Windel umgebunden hatte. Das Schmutzige warf er in eine Ecke, in der Hoffnung, dass Satibarzanes den Wäscheberg endlich einmal auskochen würde. Er selbst war zu schwach, um Holz zu suchen und Wasser zu schleppen. Der Kleine wachte während dem Wickeln nicht auf, auch ihm machte das neue Leben zu schaffen. Kyriakos zog den Mantel wieder schützend um den kleinen Körper, dann drehte sich zur anderen Seite, um Satibarzanes anzusehen, der sich seit nunmehr zwei Wochen nach Kräften bemühte, nicht nur sich selbst, sondern auch seine beiden Gäste zu versorgen, damit aber merklich überfordert war. Für jemanden, der auf der Straße lebte und sonst nur für sich selbst Verantwortung hatte tragen müssen, war das kein leichtes Unterfangen. Man merkte Satibarzanes die Erschöpfung deutlich an. Und doch war er die einzige Hoffnung, die Kyriakos geblieben war.


    »Barti?«


    »Hm.«


    »Sieh mich an.«


    Sichtlich ungern schlug Satibarzanes seine verquollenen Augen auf.


    »Zwei Sachen«, sagte Kyriakos eindringlich. »Du musst täglich in die Thermen gehen, sie sind kostenlos.«


    »Wozu«, murrte Satibarzanes. »Wenn ich nach Hause komme, ist hier eh alles dreckig.«


    »Weil du stinkst, außerdem gibt es dort Sklaven, die dich rasieren, dir das Haar machen und so weiter. Von dir hängt alles ab. Wenn du besser aussiehst, wirst du es leichter haben, Kunden zu gewinnen.«


    »Die sind eh besoffen und stinken selbst.«


    »Versuch es. Jeder zusätzliche Kunde hilft. Vielleicht lassen sich auch mal welche mit dickerem Geldbeutel blicken, wenn du dich mehr pflegst. Deine Sachen kannst du auch mal auskochen, nachdem die Windeln dran waren.«


    »Ja, ja. Mach ich alles noch. Aber Kunden klingt so vornehm. Das sind sie aber nicht und außerdem bezahlt von denen eh nur die Hälfte, die anderen hauen einfach so wieder ab. Kunden kann man das kaum nennen.«


    »Und das lässt du dir gefallen. Wie nennst du sie?«


    »Stecher.«


    »Klingt unmöglich, kein Wunder dass keine Besseren zu dir kommen, wer will sich so bezeichnen lassen? Du brauchst Geschäftssinn, sonst wird das nie etwas! Fortan sind das Kunden, nennn sie niemals anders. Und du wirst um sie werben und nicht nur mit ihnen saufen und hoffen, dass einer dich dafür bezahlt, dass du mit ihnen Spaß hast.«


    »Ich habe keinen Spaß. Es ist Arbeit.«


    Kyriakos rollte gereizt mit den Augen. »Tu einfach, was ich sage. ich weiß, wovon ich spreche, meine Familie ist wohlhabend. Ich bin Vollbürger von Sparta, ich war Hoplit. Und keiner von meinen Leuten hätte dich auch nur mit der Kneifzange angefasst. Aber das muss nicht so bleiben, du siehst eigentlich gut aus, du darfst dich nur nicht so gehen lassen. Wenn wir beide in Sparta einkehren, nachdem ich meine Rache an Lysander vollzogen habe, empfangen sie dich fürstlich dafür, dass du mich und Nymphis gerettet hast. Ich habe dir versprochen, dich von hier wegzuholen, raus aus der Gosse. Alles, womit du mir heute hilfst, bekommst du später hundertfach zurück. Das schwöre ich dir! Aber ich kann mein Wort nur halten, wenn du mir bis dahin gehorchst. Du siehst, dass ich momentan nichts allein machen kann! Ich krepiere, wenn du nicht spurst, und Nymphis auch!«


    Satibarzanes rieb sein Auge. »Also gut, ich probiere es aus. Erst die Thermen, dann die Kunden.«


    »Und die Wäsche. Du sollst mich ansehen!«


    Satibarzanes gehorchte, auch wenn er vor Müdigkeit kaum noch schauen konnte.


    »Nymphis ist winzig«, sagte Kyriakos leise. »Das hier ist todernst. Er kommt nicht allein durch. Falls ich das hier nicht überlebe ... würdest du dich um ihn kümmern?«


    Satibarzanes lächelte müde. »Das tue ich doch jetzt schon.«


    »Du musst ihn nicht nur durchbringen, du musst ihm ein Vater sein«, sagte Kyriakos eindringlich. »Ihm Werte vermitteln, ihm alles beibringen, bis er wieder zu Hause ist. Die Reise dauert und du musst meine Familie suchen. Du musst auf jeden Fall weniger trinken und auf dich achten, er braucht dich! Niemand sonst hat uns hier in dieser Scheißgegend geholfen, mein Sohn ist verloren ohne dich. Bring ihn nach Sparta, nenne den Leuten dort meinen Namen und dann werden sie wissen, dass du nicht lügst. Es wird euch beiden gut gehen!«


    »Ich bin doch schon so was wie der Mann hier im Haus. Und ich bin müde.« Satibarzanes legte ihm seine unangenehm schmeckende Hand auf den Mund, damit Kyriakos endlich schwieg. »Mach dir keine Sorgen, du überlebst und du kriegst deine Rache. Ich kümmere mich um euch. Denk nicht so viel nach, spiel du einfach die Mutter, bleib zu Hause und werde wieder gesund. Den Rest übernehme ich.« Er zog die Hand zurück und schloss die Augen. Dann schlief er ein.

    "Seelischer Schmerz", wiederholte Kyriakos abfällig. Das würde voraussetzen, dass es so etwas wie eine Seele gab, was er nicht mehr glaubte. Starb das Fleisch, dann starb das Bewusstsein mit ihm. Wenn Kyriakos dereinst gehen würde, dann wäre er vollumfänglich verschwunden und das war gut. Er hatte schon vor sieben Jahren genug gehabt, er lebte nur noch für andere. Dann winkte er ab, weil er nicht mit dem tiefregligiösen Magus über solche Dinge zu debattieren gedachte. Er hatte nicht vor, es sich mit ihm zu verscherzen.


    "Wir sprechen ein andermal über unsere Eunuchen in spe. Du bist vorsichtig, was Freundschaften angeht, genau wie ich. Lass uns den Traum genießen, als wäre er wahr."


    Kyriakos würde die kultische Reinheit von Hairan nicht durch eine freundschaftliche Berührung beflecken, wenn dieser es nicht verlangte, aber er sah ihm einen Moment länger als üblich in die schwarzen Augen.


    "Wir beide sind wie Icarus vom Leben hinaufgetragen worden ins goldene Licht und dann hat man uns hinabgestoßen. Nun sind wir hier, aufrecht, dem Schicksal die Stirn bietend, die Herzen voller Zorn. Lysander zu bewundern ist der falsche Betrachtungswinkel, aber Respekt muss man ihm zollen. Er ist ein hervorragender Kämpfer und ein noch besserer Lügner. Ich sah, wie ein dicker Sklavenhändler ihn gefangen nahm, genau vor meinen Augen. Ich hörte, dass der Weg ihn nach Rom führen würde, dann verließen mich die Sinne."


    Kyriakos blickte auf die Tischplatte, sein Blick folgte langsam den Linien des Holzes.


    "Ich erwachte im Valetudinarium meiner anvisierten Einheit, aber sie konnten meine Füße nicht retten. So entließen sie mich wieder, ich war ... dienstuntauglich. Sehr langsam schleppte ich mich zurück nach Hause zu meiner Mutter und meinen Schwestern. Mein Vater war außer sich, als er davon erfuhr. Ich war der einzige Sohn. Ich war unschuldig an meiner Verfassung, aber niemand hat je behauptet, Menschen wären gerecht."


    Kyriakos sah zur Seite.


    "Ich wusste, wie man allein überlebt. Heloten sind dazu verpflichtet, uns zu gehorchen. Ich wohnte bei ihnen, sie versorgten mich, die meisten freuten sich sogar über die Ehre. Allerdings nur, wenn ich nicht zu lange blieb. So wanderte ich. Sie boten mir ihre Töchter an, die mir das Lager wärmten, und ihre Frauen, ihre Söhne, sie boten mir alles, da sie sich davon erhofften, sie würden verschont werden bei der nächsten Hatz, wenn ich ein gutes Wort für sie einlegte. Doch das tat ich nicht, da ich nicht zu den meinen zurückkehrte. Als ich eines Tages an der Haustür einer Helotenfamilie klopfte, die mich schon einmal gut bedient hatte, da trug die einstmals jungfräuliche Tochter ... mein Kind unter ihrem Herzen. Es hätte mir egal sein können, doch es war mir nicht egal. Ich blieb, ich genoss ohne Gegenleistung und sah ihm beim Wachsen zu. Ich schmarotzte durch das Recht meiner hohen Geburt, bis Nymphis ein Jahr alt war und er seiner Mutter nicht mehr bedurfte. Er war so ein gesunder und kräftiger Knabe und ich sah mich in seinem Gesicht. Er durfte nicht dort enden, alljährliche Beute der Spartiaten. Ich nahm ihn mit mir und versprach, er würde das Leben eines Spartiaten führen."


    Noch immer wirkte Kyriakos gänzlich ungerührt.


    "Aber auf halbem Weg kamen mir Zweifel. Ich war nicht sicher, was wirklich mit meinem Sohn geschehen würde, wenn er ein halber Helot war. Mein Wunsch erschien mir mit einem Mal zu kühn. Das Risiko, ihn der Gerusia vorzustellen, war mir zu groß. Der Mensch braucht ein Ziel, meines war erneut erloschen. Und so lenkte ich meine langsamen Schritte nach Norden einem neuen Ziel zu, um stattdessen nach Roma zu reisen und Lysander zu töten, noch ehe Nymphis volljährig ist. Die Reise war schwierig."


    Was bedeutete, dass sowohl Nymphis als auch er selbst sie nur knapp überlebt hatten. Ohne Hilfe wären sie verloren gewesen, doch das sprach er nicht aus.


    "Und nun bin ich hier", sagte er ein wenig zu harsch.

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    Castor & Pollux


    Den Zwillingen fielen fast die Augen aus, als Viridomarus ihr mit Blut verdientes Geld verschenkte. Und der kleine Grieche war so unklug, das Geschenk anzunehmen und ihnen ihr Geld zu stehlen. Im Leben der Zwillinge gab es einige unverzeihliche Frevel.


    Ein unverzeihlicher Frevel war, wenn jemand einem von ihnen weh tat.
    Ein unverzeihlicher Frevel war, wenn jemand sie bestahl.
    Ein unverzeihlicher Frevel war, jemandem etwas zu schenken.


    Der Grieche war todgeweiht.


    Sie beobachteten mit Raubtierblicken, wie Tiberios nach hinten ging. Als er sie kurz ansah, zog Pollux langsam den Daumen über seine Kehle. Sie waren schlau genug, zu verstehen, warum sie die Massage als Zweites erhalten sollten - Viridomarus wollte Tiberios Zeit verschaffen, sich unbemerkt zu verdrücken. Die Zwillinge warfen sich gegenseitig Blicke zu und verstanden einander. Mit einem süßen Lächeln verneigten sie sich vor Viridomarus und gingen rückwärts in Richtung Ausgang.


    "Für heute haben wir genug gearbeitet, wir brauchen eine Pause."


    "Und wir sind verletzt. Wir kommen wieder, wenn uns erneut danach ist, für dich zu werben, oh dufter Viridomarus."


    "Wenn Charilaus dereinst Pause braucht, versüßen wir sie ihm gern, sag ihm das. Er bekommt Rabatt, weil er so gut zu uns war. Wir werden auch gut zu ihm sein."


    "Einstweilen aber leb wohl, reicher Mann!"


    Die Zwillinge verschwanden zeitgleich rückwärts nach draußen. Die beiden Tücher, die Viridomarus ihnen umgelegt hatte, nahmen sie mit. Und dann bezogen sie Stellung. Vielleicht war es der Wille der Götter, vielleicht nur ein glücklicher Zufall, dass ihnen ein alter Stammkunde über den Weg lief. Nachdem das Ganymed den Flammen zum Opfer gefallen war, hatte er die Zwillinge nicht mehr gesehen und war außerordentlich erpicht darauf, die beiden sofort mitzunehmen. Bei der Summe, die er ihnen in Aussicht stellte, brachen sie das Lauern ab und begleiteten ihn nach Hause.


    Für heute würde Tiberios unbehelligt die Trajansmärkte verlassen können.

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    Castor & Pollux


    "Wir haben uns nur gewehrt", meinte Castor. "Der Wicht hat Pollux gebissen. Dort sieht man es! Dabei haben wir es nur gut gemeint."


    "Und er hat Castor mit dem Kopf fast die Zähne ausgeschlagen!", ergänzte Pollux. "Indem er uns angriff, hat er die Götter beleidigt, die uns hinabsandten. Da hat er natürlich die Antwort erhalten."


    Die Zwillinge blickten Tiberios mordlüstern an, indem sie zu beiden Seiten um den muskulösen Leib von Nubius herumspähten, um sich sein Gesicht einzuprägen. Den Griechen würden sie sich holen. Wenn nicht heute, dann an einem anderen Tag.

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    Castor & Pollux


    "Ich mach das!" Pollux nahm Castor das Tuch weg. Ganz vorsichtig drückte er damit dessen aufgeplatzte Lippe.


    Was eine Probe war, davon hatten die Zwillinge keine Ahnung. Sie verstanden nicht, wie das Geschäft von Viridomarus funktionierte. Für sie galt nur das Gesetz der Straße und sie hatten alles richtig gemacht.


    "Der Grieche wollte nicht bezahlen", erklärte Pollux. "Und er hat uns beschimpft. Darum haben wir dafür gesorgt, dass er zahlen muss. Ihn müssten die Urbaner festnehmen, das ist versuchter Diebstahl und Beleidigung!"


    "Und Körperverletzung", nuschelte Castor, der artig seinem Bruder den Mund zum Tupfen hinhielt.

    Auf den Körper unter ihm genau zu achten, war sein Beruf und Kyriakos wünschte Velia eine Freude zu machen. Einen Mann mit seiner Erfahrung konnte man nicht leicht täuschen, diese Freude hier war echt. Wenngleich der Akt bezahlt war, hatte Kyriakos das Gefühl, in diesen Augenblicken läge der Gedanke an alles andere auch für Velia weit weg. Er genoss den Traum, wie es mit ihnen beiden sein könnte, bis er vorbei war. Entspannt lag er da und beobachtete, wie Velia sich ankleidete. Sie redete, doch sie verstand ihn nicht, so wenig wie er sie.


    "Velia, es geht nicht darum, ob ich glücklich damit wäre", versuchte er, Klarheit zu bringen. "Es geht überhaupt nicht um mich, sondern darum, dass du glücklich bist. Ich versprach, dir ein guter Mann zu sein. Mein Wunsch ist, dir ein gutes Leben zu bieten. Wenn das heißt, dass du auf meine Kosten einen anderen liebst, dann sei es so. Wenn du auch das nicht möchtest, muss ich es akzeptieren. Ob ich noch einmal fragen werde, hängt davon ab, was die Zukunft bringt."


    Dass er all die Jahre gearbeitet hatte, um Velia aus der Subura holen zu können, dass er seinen Körper verkauft hatte bis er vor Schmerzen kotzte, während schaumig-weißes Blutgemisch seine Beine hinab lief, dass er auch dann vor Fieber zitternd noch weitergearbeitet hatte, um ihr eines Tages diese eine Frage guten Gewissens stellen zu können, behielt er für sich. Es hätte nichts geändert, die Würfel waren gefallen. Er hatte das Geld und stand doch mit leeren Händen da. Auf Erden blieb nichts mehr für ihn zu tun, als Nymphis gut unterzubringen, Lysander zu töten und ihm dann zu folgen, um seine besudelte Ehre reinzuwaschen. Das größte Geschenk für Velia wäre gewesen, auf seinen Freitod zu verzichten und in Schande weiterzuleben, damit es ihr gut ging.


    Kyriakos setzte sich auf und zog sich wieder vorzeigbar an. "Ich kam nicht in Arbeitskleidung und mein Gesicht ist ungeschminkt. Ich hatte am Leib, was ich in meiner Heimat trug, nachdem ich das Rot aus freien Stücken abgelegt hatte, da ich kein Soldat mehr bin. Der Mann, der dich heute besucht hat, Velia, ist Kyriakos unverfälscht. Ich kam, weil ich um deine Hand anhalten wollte." Er erhob sich, zählte das Geld ab, wobei er großzügig aufrundete, wie immer. "Es wird für mich keine andere Frau geben."


    Mit einem letzten Kuss legte er das Geld in ihre Hand und trat von ihr zurück.

    "Ein Röhrchen? Was machen sie damit?", erkundigte Kyriakos sich fasziniert. Vielleicht, damit sie sich nicht unwürdig hinhocken mussten wie ein Weib? Vermutlich gab es in Hairans Heimat keine Sitztoiletten wie sie in Roma üblich waren und bei denen das entsprechend keine Rolle spielte. Oder die Harnröhre war vernarbt, so dass es nicht anders ging. Jemanden dermaßen zu demütigen hatte schon etwas für sich, solch einen Verschnittenen würden die Kunden lieben. Es würde wohl doch das Messer werden.


    "Ob Nicon ein Peregrinus oder sonstwas ist, ist mir gleich. Er stammt von der Straße, niemand weiß, wohin er gehört und niemanden interessiert es. Folglich ist auch seine Zeugungsfähigkeit nicht von Belang. Er sollte ausnüchtern, bevor wir ihn operieren. Dazu muss er eingesperrt werden, sonst wird das nichts."


    Kyriakos senkte das Haupt in scheinbarer Demut und schlug die Augen nieder, als Hairan die Surena und Karena verfluchte. Bedeutende Familien, wie es schien, denn sonst würden sie keine Eunuchen besessen haben. Sogar mehrere. "Nannaia sollte sterben dürfen", sprach er respektvoll. "Es sei denn du suchst einen Weg, sie zu befreien. Du bist also ein Verbannter. Hast du in Roma eine neue Heimat gefunden oder wohnst du nur hier?" Kyriakos war nicht ohne Empathie und stellte sich die Verbannung als einen Akt seelischer Grausamkeit vor. Zumal Hairan augenscheinlich vollkommen allein war. Außer seinen Kunden hatte er niemanden, von dem Kyriakos wusste.


    "Das Band zwischen Erastes und Eromenos ist normalerweise unzerstörbar, auch nach offizieller Auflösung des Verhältnisses. Ich glaube, Lysander ist schlichtweg wahnsinnig, denn in meinen Augen war alles in Ordnung zwischen uns. Als meine Ausbildung vorüber war, wollte er mich persönlich zu unserer gemeinsamen zukünftigen Einheit bringen. Dazu waren wir zwei Wochen allein unterwegs, größtenteils in der Wildnis. Wir genossen die Stille, wir jagten oder ließen uns von Heloten bewirten, wir liebten uns. Alles schien gut. Als wir das Ziel schon vor Augen hatten, schlug Lysander zum krönenden Abschluss einen Übungskampf vor, den er für sich entscheiden konnte. Vielleicht als Strafe für mein Versagen, machte er mich betrunken mit Wein und bog meine Füße dermaßen, dass mir beide Achillessehnen rissen. Er befahl mir in Schande zu leben und ging. Warum dieser plötzliche Sinneswandel? Ich weiß es nicht! Zurück blieb, von Menschen und Göttern unbeachtet, das, was von mir übrig war. Seine Schande ist die Größere, doch genügt mir das nicht. Ich will ihn zerstören und dann töten."


    All das berichtete Kyriakos so neutral, als wäre es einem anderen widerfahren. Es lag keinerlei Emotion in seiner Stimme, wenngleich er seine Stimme ansprechend modulierte. Er konnte durchaus schön erzählen und war für einen Spartaner recht fantasievoll und redselig geraten, wie auch schon Centurio Octavius Maro feststellen durfte.


    Sim-Off:

    Die Geschichte von Kyriakos´ gewaltsamer Verkrüppelung wird hier erzählt: Terpanders Verbrechen

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    Castor & Pollux


    Die Zwillinge waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um an eine Verfolgung zu denken. Sie sahen darin auch keinen Grund - sie hatten ja, was sie wollten, nämlich das Geld. Schockiert schaute sich Castor die gebissene Achsel von Pollux an, auf der sich ein Bluterguss abzeichnete, während Pollux vor Mitleid schier zerfließend die aufgeplatzte Unterlippe seines Bruders betastete. Den Geldbeutel hatte Castor all die Zeit über fest im Griff. Als sie sich davon überzeugt hatten, dass der andere Zwilling jeweils nicht sonderlich schwer verletzt war, falteten sie aus dem Chiton ein kleines Päckchen, das sie vor dem Geschäft platzierten. Darauf legten sie die Fibel und die beiden Fläschlein mit Parfum. Händchenhaltend und nun wieder sehr niedlich anzuschauen, wenngleich noch immer angespannt, spazierten sie hinein zu Viridomarus, um ihm zu berichten, dass sie innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Parfumproben verkauft hatten.


    "Viri", flötete Castor, dem das Blut von der Unterlippe übers Kinn tropfte. "Wir sind wieder da!" Er hob den Geldbeutel und schüttelte ihn vergnügt. "Du darfst uns die nächsten Proben geben!"


    "Wir sind gut, oder?", hakte Pollux nach, der die Hand seines Bruders etwas zu fest umklammerte.

    Man merkte Kyriakos nicht an, ob er irgendetwas empfand, als die Frau, die er liebte, seinen Antrag ablehnte. Tatsächlich herrschte in diesem Moment Leere in seinem Kopf, alles war zusammengestampft auf eine rationale Wahrnehmung. Er machte weiter, wie er es stets in seinem Leben getan hatte.


    "Du brauchst mich nicht zu lieben, um meine Frau zu sein, Velia", sagte er ruhig. "Meinetwegen such dir einen Liebhaber, ihm wird nichts geschehen. Bring ihn von mir aus mit nach Hause und liebe ihn in unserem Bett. Ich sorge trotzdem für dich."


    Er atmete durch, sich nunmehr ganz dem körperlichen Genuss dieser Begegnung hingebend. Seine Bewegungen wurden kraftvoller, er hatte viel zu geben.

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    Castor & Pollux


    Es gab ein hartes Geräusch, als der unwillige Kunde seinen Kopf nach hinten warf und mit Castors Schädel kollidierte. Pollux sah besorgt auf, ob seinem Brüderchen die Nase blutete oder gar ein Zahn nun lose saß. Tatsächlich blutete Castors Unterlippe! Rot sickerte der Lebenssaft seines Bruders heraus und vermischte sich mit dem Lippenstift, gemahnend an die Sterblichkeit des selbsternannten Göttersohns. Pollux wurde übel vor Sorge. War ein Zwilling krank oder verletzt, war das für den anderen eine Katastrophe, denn sie hatten nur sich. Den Moment, in dem die Aufmerksamkeit von Pollux ganz seinem geliebten Bruder galt, dem Grausames angetan wurde, nutzte der scheußliche Grieche zwischen ihnen aus. Seine Zähne gruben sich in das weiche Fleisch von Pollux´ sorgfältig enthaarter Achsel. Einen Moment lang stand Pollux wie erstarrt, seine Augen wurden riesengroß. Dann gellte ein heller Schrei durch die Hallen der Trajansmärkte und echote von allen Wänden wieder.


    "Er hat mich gebissen", schrie Pollux wie am Spieß, weil der Grieche in seinem Achselfleisch hing. "CASTOR!"


    Castor geriet in Panik, weil sein Bruder dermaßen schrie. "Wo ist das verdammte Geld", kreischte er kaum leiser.


    "Nimm das Messer", brüllte Pollux. "Schneid ihm die Kehle durch!"


    Spätestens hier merkte man, dass die beiden routinierte Mörder waren, die sonst in der Subura raubten, wo solche Schreie kaum einen Unterschied dazu machten, wenn jemand lautlos starb. Hier in den Trajansmärkten mochte das anders sein. Hektisch begann Castor an den Kleidern des bösen Griechen zu reißen, um sie kurzerhand von dessen Leib zu fetzen, damit er endlich den verdammte Geldbeutel fand. Geld war Leben, sie brauchten das Geld! Und dann nichts wie weg hier!

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    Castor & Pollux


    Doch die Zwillinge ließen ihn nicht los. Ihre niedlich geschminkten Gesichter waren noch immer freundlich, als Pollux den Sommerabend wieder verkorkte und in seinen Geldbeutel stopfte, den er unter dem Röckchen trug, so wie auch Castor einhändig seine Probe auf diese Weise verwahrte. Pollux versuchte danach blitzschnell, den Griechen der Länge nach von vorn zu umarmen, so innig, dass dieser keinen Raum hätte, ihn zu schlagen oder zu treten.


    "So ein unartiger Junge", säuselte er, "weiß nicht, was gut für ihn ist. Du brauchst doch die beiden Düfte, Knabe aus Alexandria. Sie machen dich jung und schön. Wir helfen dir, sie zu kaufen."


    Von hinten fuhren derweil Castors Finger in zärtlicher Manier über den schlanken Körper ihres Opfers, doch was für Außenstehende so aussah wie ein Stelldichein zu dritt, war in Wahrheit Diebstahl, als Castor nach dem Geldbeutel suchte und dabei keine Körperstelle ausließ, die er erreichen konnte, während sein Bruder versuchte, den Griechen zu fixieren. All die Zeit über schauten die Zwillinge entzückend und kicherten, so als würden sie hier nur mit dem Griechen herumalbern.

    Kyriakos hockte sich zu dem Schlafenden und befühlte ihm nachdenklich die nackten Hoden. Evenor war sehr hübsch und bei den Kunden beliebt. Im Schlaf seufzte er. Das Nephentes ließ ihn glücklich sein.


    "Man kann die Hoden einfach mit den Fingern zerdrücken, so lange, bis man sie nicht mehr ertasten kann. Man verwandelt sie in Brei, das kommt auf das Gleiche hinaus wie ein Schnitt. Ob die Todesrate dabei geringer ist als bei der blutigen Kastration, weiß ich nicht, aber auch ein Laie vermag auf diese Weise ohne größeren Aufwand einen Eunuchen herzustellen."


    Noch zögerte Kyriakos allerdings. Diese Behandlung konnte Evenors Wert entweder ins Unermessliche steigen lassen oder ihn umbringen. Letzteres wäre fatal bei einem so schönen Jüngling. Er zog die Hand weg und setzte sich wieder zu Hairan.


    "Wir benötigen eine Versuchsperson", beschloss er, "bevor wir Evenor behandeln. Python kommt nicht in Frage, er ist für Kunden, die das Gegenteil von einem zarten Knaben wünschen. Da muss alles funktionieren. Ein weiterer Kandidat wäre Nicon, der sich draußen besäuft, da er ohnehin keine hohe Lebenserwartung hat und bei ihm schon seit Jahren nichts mehr läuft."


    Er trank, wie angeboten, einen Schluck Wasser.


    "Mein Erastes wäre allerdings sicher auch ... ein guter Freiwilliger. Bevor er durch meine Hand den Tod finden wird. Und wenn er, tragischerweise, vorher schon bei dem Eingriff stirbt, gibt es niemanden, der um ihn trauert. Wer es doch tut, verdient nichts anderes als Schmerz. Du hast der Kunden viele, Freund Hairan. Falls du von Lysander von Sparta hörst oder vom fetten Sklavenhändler Venox, so lass es mich wissen und es soll zu deinem Vorteil sein. Was möchtest du von meinem Erastes erfahren? Ich musste ihn acht Jahre ertragen und könnte genau so lange erzählen. Frag mich, was du wissen möchtest."


    Da Kyriakos Lysander hasste, würde er auch die für diesen peinlichsten und unangenehmsten Dinge mit Freuden auswalzen.


    "Aber vorher berichte mir doch, was mit deiner schönen Nannaia geschah. Trank sie von dorykonon und weilt nun in der Halbwelt zwischen Leben und Tod?" Er grinste. "Ein Spartiate würde vielleicht davon auch unter sich machen - aber er würde seinem Mörder dabei den Mittelfinger zeigen, wenn er ihn nicht mehr erwürgen kann."

    Immerhin entschädigte ihn Velias Anblick von der entzogenen Nähe, als sie sich aufsetzte. Mit halbgeschlossenen Lidern beobachtete Kyriakos, wie sie ihren Leib auf ihm wiegte, elegant wie eine Tänzerin, und er kam ihr gleichmäßig und tief entgegen. Velias Lachen konnte so wunderschön sein, so sah er sie selten. Er wünschte nur, sie würde ihm glauben.


    "Mein Antrag war ernst gemeint, Velia", sprach er. Er zog sie zu sich hinab, rollte in einer fließenden Bewegung mit ihr herum und lag nun auf ihr. Küsse bedeckten Velias Gesicht, ihren Hals, ihre wogenden Brüste. Er nahm Velia nun fester, angespornt von der Vorstellung, wie es wäre, wenn sie kein Geld mehr dafür verlangen würde, dass sie miteinander schliefen und wie es wäre, wenn kein Fremder Velias edlen weißen Leib mehr entweihte. Wenn Velia seine Frau wäre.


    "Du weißt, dass ich dich liebe. Das sind keine leeren Worte ... ich arbeite für uns beide. Ich bin dir ein guter Mann. Du brauchst deinen Körper nicht mehr zu verkaufen, du bist frei, wenn du Ja sagst."

    "Was ich mit einem Eunuchen bezwecken möchte?", fragte Kyriakos entgeistert. "Liegt das nicht auf der Hand? Ich möchte ihn vermieten. Ein süßer zarter Knabe ist etwas anderes als ein haariger Mann. Würde es sich aber um einen Eunuchen handeln, dann wäre da vielleicht noch der Reiz des Besonderen, auch wenn schon Haare vorhanden sind. Ich hätte alte Kandidaten, die vielleicht auf diese Weise noch einmal an Wert gewinnen. Ich würde das bei Gelegenheit gern testen, Freund Hairan, dafür sollen die heutigen Dienste für dich umsonst sein.


    Einen Sklaven nach den Händlern zu fragen, ist keine schlechte Idee ... so wird sich der fette Kerl sicher finden lassen."


    Er musterte Hairan mit neuem Interesse, als dieser von Nannaias Experimenten sprach. Langsam glaubte er zu ahnen, warum ein Mann von Hairans früherem Reichtum nun in der Subura hausen musste. Der Kerl hatte so einiges auf dem Kerbholz, denn wie er soeben angedeutet hatte, waren sogar die Mitglieder der Familie seiner Frau den Experimenten zum Opfer gefallen.


    "Zu welchem Ergebnis seid ihr gekommen? Sterben alle gleich? Wenn Nannaias Schicksal schlimmer als der Tod ist, warum schenkst du ihr kein würdevolles Ende?"

    Der Kuss wurde leidenschaftlich erwidert. Auch seine Zärtlichkeit wurde nun deutlicher, als seine Lust wuchs, Velia wurde intensiv geknetet, befühlt und festgehalten.


    "Es geht nicht nur um mich", raunte er zwischen zwei Küssen. "Ich habe lange genug auf der Straße gelebt um auch ein ranziges Dach über dem Kopf im Winter zu schätzen. Es geht um uns beide. Variante zwei wäre, dass ich mit der Hälfte des Geldes das Ganymed im bescheidenen Rahmen aufbaue und mit der anderen Hälfte kaufe ich uns eine kleine Wohnung mit allem, was wir benötigen. Ich möchte dich heiraten, Velia. Vergiss den Rest und den Dreck des Magnum Momentum. Ich kümmere mich um dich und versorge dich. Schmeiß den ganzen Unrat hin und werde meine Frau."


    Seine Hände fuhren seitlich ihre Brüste entlang nach unten über die schmale Taille und krallten sich in ihre drallen Gesäßbacken. Er versuchte, sie in die richtige Position zu manövrieren, während er von unten schob.


    Sim-Off:

    Kyriakos hat, wenn er nicht als Lupo arbeitet, Beischlaf nur auf dem Boden oder im Stehen, da er in seiner Heimat keine Betten kannte. Spartiaten schlafen auf dem blanken Grund. So trennt er heute noch Arbeit und Privatleben. Es wäre eine Würdigung von Velia gewesen. ;)

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    Castor & Pollux


    Castor warf seinem Bruder einen triumphierenden Blick zu. Er hatte die Wette gewonnen. Pollux erwiderte den Blick, jedoch nur kurz, denn nun schob er von der anderen Seite ebenso seinen Arm über den Knaben aus Alexandria, so dass die Zwillinge ihn in ihrer Mitte klemmen hatten.


    "Aber der Sommerabend gefällt dir", sagte Pollux nicht mehr ganz so freundlich, entkorkte die Phiole mit den Zähnen und hielt sie ihm unter die Nase. Ein schwerer Honigduft mit säuerlicher Fruchtnote waberte um das Riechorgan des Kunden. Die Hände der Zwillinge umfassten langsam seine Kleidung.

    Velia musste sich nicht lange mit ihren Händen durch die Stoffschichten kämpfen, denn Kyriakos trug nur ein Kleidungsstück, eine weiße, für seine Verhältnisse dezent parfumierte Chlaina*. Er genoss die Begrüßung der zarten Hand, wobei er Velia unter halb geschlossenen Lidern hervor beobachtete. Es gab keinen Grund, die Augen zu schließen in ihrer Gegenwart. Nach einer Weile ließ er sich auf das Bett nieder, da es ihm Probleme machte, lange still zu stehen. Seine Finger gruben sich in ihr fuchsrotes Haar.


    "Mach weiter. Ich bin hier, um mit dir darüber zu sprechen, wie ich das Geld anlegen könnte", sprach er, ohne in seinen Liebkosungen innezuhalten. Zu fragen, wo sie diese gewaltige Summe her hatte, verbot sich, manche Dinge blieben besser ungesagt. Er wusste nicht einmal, ob das alles war, doch die Möglichkeit bestand, dass nichts für sie zurückgeblieben war. Er wollte nicht, dass Velia womöglich am Ende mit leeren Händen dastand.


    "Zwei Möglichkeiten sehe ich. Nummer eins, wir eröffnen zwei Lupanare. Eines für dich und ein paar schöne Lupas, eines für mich und einige passende Lupos. Wir teilen dafür das Geld gerecht. Nummer zwei ..." Nun schloss er doch einen Moment die Augen, weil ein intensives Ziehen durch seinen Unterleib ging. Seine Kiefermuskeln zuckten. Kyriakos ließ sich zu Velia auf den Boden sinken, weil er sie mit dem ganzen Körper spüren wollte. "Komm her", raunte er.


    Sim-Off:

    * Bild (rechts)

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    Castor & Pollux


    "Oh ja, holder Knabe aus Sparta", schnurrte Pollux. "Der dufte Viri hat zu den Göttern gebetet, und sie haben ihm Castor und Pollux hinabgesandt. Unzählige Opfer waren dafür notwendig, bis wir uns dazu bequemten, von den Sternen hinabzusteigen, ein Menschenleben lang werden wir hier weilen, dann kehren wir zurück in die Gefilde der Unsterblichen. Und du hast das Privileg, uns zu begegnen."


    Castor schob derweil dem jungen Mann einen Arm über die Schultern, um ihm mit der anderen Hand die Duftprobe unter die Nase zu halten. Er ließ sie sanft kreisen, so dass der süße Hauch sich entfalten konnte. "Das magst du, das ist der Blumenstrauß der Düfte. Er würde dir gut zu Gesicht stehen und die Zartheit deiner knabenhaften Züge betonen. Damit wirkst du noch jünger und schöner."


    Dass Jugend und Schönheit quasi Synonyme waren und Alter und Hässlichkeit untrennbar korrelierten, hatten die Zwillinge im Lupanar gelernt, wie so einige andere Weisheiten.