Sehen weckt Begierde
Viridomarus hatte eine lange Reise hinter sich. Parfüm und Sklaven waren sein Geschäft und beides brachte ihm gutes Geld ein. Die Natur hatte ihren Tribut gefordert und so hatte sich Viri von seinem kleinen Tross entfernt um austreten zu gehen. Ein Mann von Welt wie er bewegte sich niemals alleine fort, schon gar nicht auf Geschäftsreise.
Gerade als er die karge Landschaft gewässert hatte, während ihn seine beiden Sklaven aufmerksam abschirmten, vernahm er einen Tumult. Den Geräuschen nach handelte es sich um einen Kampf und das mitten im Nirgendwo.
Viri schaute sich argwöhnisch um und bekam ein Tuch zur Erfrischung für seine Finger und sein bestes Stück gereicht. Auch in Ausnahmesituationen musste man auf seine körperliche Pflege achten. Der feiste Thraker gab seinen gestählten Sklaven ein Zeichen. Für einen Mann seiner Statur schlich er erstaunlich flink und geschickt dem Ort des Kampfes entgegen.
Ein Kampf bedeutete stets, dass es einen Gewinner und Verlierer gab. Und für jeden guten Geschäftsmann der sein Nässchen richtig in den Wind hielt, sprang bei solchen Zufallserlebnissen immer etwas heraus. Man musste nur wissen, was man verkaufte - Informationen, Schweigen, oder den Verlierer selbst.
Hinter einem Felsen hockend starrte Viridomarus auf einen Kampf, den die beste Arena hätte bieten können. Zwei gestählte Statuen von Männer gingen aufeinander los und schenkten sich nichts. Oh wie Viri solche Schauspiele liebte. Es juckte ihn schlagartig in beiden Säcken, vor allem im Geldsack wo er sich die Kerle so ansah.
Leichte Beute jedoch sah anders aus. Sein Pausbäckchengesicht teilte sich zu einem lautlosen, breiten Grinsen, während er mit seinen beiden Sklaven die Vorführung der beiden Fremden genoss.
Aber was war das?
Scheinbar hatte er etwas verpasst, oder etwas schlug hier völlig um!
Der Ältere der beiden Krieger kämpfte auf einmal so, als hinge sein Leben davon ab. Mischte den Jüngeren auf, zerschlug ihm das Gesicht und dann - bei den Göttern, verkrüppelte er ihn auch noch!
Der Jüngere war verloren, als Krieger würde er nie wieder taugen und das wusste er. Er flehte darum erlöst zu werden, aber der Ältere gewährte ihm keine Gnade. Sogar seine beiden Sklaven die sonst eine außerordentliche Gleichmut an den Tag legten, schauten erstaunt und mit fragenden Gesichtern auf den Kampf.
Wobei war das noch ein Kampf? Es war ein Abschlachten, ein Mord, eine Vernichtung einer Person ohne das diese starb. Wen hatte er hier vor sich? Weshalb diese Qual und diese Erniedrigung dieses jungen Mannes?
"Lebe, Kyriakos", befahl der Ältere und fügte an "lebe in Schande, aber lebe".
Der Mann wandte sich zum Gehen, nahm seine Ausrüstung, drehte sich um und stand Viridomarus und seinen beiden Knochenbrechern gegenüber.
"Salve Fremder. Ein schöner Tag für einen Mord, nicht wahr?", grüßte Viridomarus mit einem Lächeln, dass überhaupt nicht zur Situation passte.