Beiträge von Iullus Seius Iunianus Fango

    Schaudernd betrachtete Fango die entsetzliche Wunde. Ihm wurde schwindlig davon, er atmete keuchend ein und richtete sich auf.


    "Wir haben Capsarii, die das flicken!" Seine Worte klangen albern in Anbetracht der Schwere der Verletzung.


    Dann fiel ihm ein, dass Sabaco diese Turma leitete, und erbleichte. Dass er Albwin verarzten ließ, anstatt ihn seinen Bluthunden zum Spielen vorzuwerfen, war fraglich. Doch eine andere Hoffnung hatte Albwin nicht. Allein würde er verbluten, sobald er den Dolch herauszog.


    Die Übelkeit bekämpfend, führte Fango den Germanen in Richtung Lager.

    Fango war schneller als Cimber. Er war ein treuer kleiner Eques, doch hier war eine Situation, da er sich seinem Offizier in den Weg stellen musste. "Albwin ist nicht unser Feind, nur ein Wanderer", quietschte er. "Bring ihn nicht um. Sicher hat er nützliche Informationen!"


    Das alles sprudelte als heillose Aneinanderreihung von seinen Lippen. Entsetzt stellte er fest, dass eine Lüge sich hineingeschlichen hatte. Sofort schlug er sich die Hand auf den Mund. Entsetzt sah er nicht mehr den Offizier, sondern seinen Onkel, der ihn getröstet hatte, als niemand sonst für ihn da gewesen war. "Ich weiß nicht, ob er ein Wanderer ist oder warum er hier ist", korrigierte er sofort, vor der eigenen Verdorbenheit erschauernd, weil er seine Prinzipien verletzt hatte, wenn auch nur für einen einzigen, sofort berichtigten Augenblick, mit dem Wohl von Albwin im Blick und nicht aus Eigennutz oder um jemandem zu schaden. "Es tut mir leid."

    "Du magst feurige Pferde? Hast du keine Sorge, dass dich so eins abwirft? Also ich mag es ja, wenn sie einfach ruhig und gehorsam sind."


    Allerdings war Fango auch kein Pferdemensch, sondern liebte, wie viele seiner Verwandten, besonders die Vögel. Er hätte das nicht einmal begründen können, es war seinerseits eine reine Herzensangelegenheit. Fango beobachtete Tariq, wie dieser sich im Stall bewegte und den kleinen Schecken tätschelte.


    "Aber ich muss zugeben, wie du den Rappen beschreibst, das hört sich eindrucksvoll an. So ein arroganter Tempelfürst braucht natürlich so ein Pferd. Ich würde gern mal einen sehen, genau wie unseren Kaiser. Aber immerhin konnte ich den Caesar eine Weile bewundern, da ich ihn mit nach Germania eskortierte. Wenn deine Grundausbildung rum ist, zeige ich dir hier mal die Umgebung! Was machst du abends am liebsten?"


    Fango hatte recht viel Zeit übrig, so weit man davon sprechen konnte, denn als Moralapostel der Truppe war er kaum gesellschaftstauglich. Es gab keine größere Spaßbremse als ihn, so dass ihn keiner dabeihaben wollte. Nicht einmal der sonst so geduldige Zisimos. Aber das wusste Tariq ja noch nicht. Fango guckte ihn freundlich an und hoffte, Tariq würde etwas mit ihm unternehmen wollen.

    Gerade hatte Fango die Hand des Germanen ergreifen wollen, gerade die Finger ausgestreckt, da wurde der dazugehörige Arm durchbohrt. Fango schrie, alsvwäreves sein Arm, während der verletzte Germane in den Wald floh. Dort würde er sterben. Die Verletzung mochte vielleicht nicht tödlich sein, die folgende Blutvergiftung hingegen schon. Albwin würde nicht überleben. Nicht ohne römische Medizin.


    Fango stürzte ihm Hals über Kopf hinterher, in der Hoffnung, ihn zu erreichen, bevor der Germane sich zum Sterben in einem Erdloch einrollen konnte, wo ihn niemand mehr finden würde.


    "Albwin", quietschte Fango. "So bleib doch stehen!“

    Nun war er ein Gefangener. Schlechter konnte die Situation für ihn nur noch werden, wenn man begann, ihn zu foltern, um die wenigen Informationen aus ihm herauszupressen. Nützen würden sie den Germanen nichts. Es gab jenseits des Rhenus nichts, was Rom aufzuhalten vermochte.


    "Ich weiß nicht, wie die beiden Brüder zueinander stehen", log Fango. "Aber ich weiß, dass Sabacos Schmerz abflauen würde, hätte er Ocella lebend zurück." In Wahrheit hielt er es für möglich, dass Albwin recht hatte. Sabacos Liebe war bevormundend, einengend und erdrückend und Ocella war niemand, der das genießen konnte. Falls es überhaupt so jemanden gab, der so empfand, dann war dieser Jemand nicht hier, denn Sabaco war allein und litt wie ein Hund. Nun kam ihm auch noch sein Wachposten abhanden.


    Traurig ergab Fango sich in sein Schicksal. Vermutlich war es egal, was mit ihm geschah. Er hatte keinen Einfluss auf die Geschicke der Welt oder den Verlauf der Geschichte. Er war nur ein kleiner Kerl, der versuchte, nicht zwischen den Rädern des Schicksals zermalmt zu werden. Und wahrscheinlich war er Albwin damit tatsächlich gar nicht so unähnlich, auch wenn der zumindest körperlich etwas mehr her machte als der Winzeques.

    "Das Problem ist, dass wir rein gar nichts dagegen tun können! Du musst deine Leute verteidigen und ich habe meinen Auftrag. Wir sind nur nützlich, wenn wir tun, was wir in diesen Zeiten tun müssen. Tun wir es nicht, ändert sich auch rein gar nichts, außer, dass ich wegen Meuterei hingerichtet werde."


    Die folgenden Worte brachten ihn zum Nachdenken. "Du meinst, die Turma Prima wollte verschwinden?! Du meinst - sie ist kollektiv", Fango japste vor Entsetzen, weil ihm das Wort im Halse stecken blieb, "fahnenflüchtig?!"


    Wenn das Matinius Sabaco hörte! Bei den Göttern! Er rieb sich die schmerzende Stirn, seine aktuellen Sorgen rutschten in den Hintergrund beim Gedanken an den Gefühlsausbruch, der über die Turma Secunda und ganz Germania Superior hinwegfegen würde.


    "Also angenommen, der kleine Bruder unseres Decurios würde gefunden werden und er wäre nicht fahnenflüchtig, sondern nur verirrt - dann würde Matinius Sabaco zumindest wieder bessere Laune haben, was für alle nur von Vorteil sein kann. Wenn er gut drauf ist, ist er richtig nett. Nur leider ist er das seit Winter nicht mehr.


    Was ist mit dir? Gehörst du zu dem Dorf, das uns mit Proviant ausstattete?"

    Tief waren die Gedanken von Albwin. Fango kam zu der Erkenntnis, dass er keinen "Germanen" vor sich hatte, sondern in erster Linie einen "Menschen". Natürlich wusste er, dass es überall solche und solche gab, aber das zu erleben war etwas anderes, als es nur zu ahnen.


    "Du kannst Fango zu mir sagen, sonst brichst du dir noch die Zunge. Du hast so recht, Albwin. Ich will diesen Krieg nicht, er ist furchtbar. Was wir uns gegenseitig antun, so was dürfte es überhaupt nicht geben! Dass Menschen zu so etwas fähig sind!


    Glaub mir, für unseren Decurio war es absolut freundlich, dass er nur eure Habseligkeiten rauben ließ, auch wenn das für euch schlimm genug ist. Er kann viel übler werden. Das liegt daran, dass sein kleiner Bruder in den Wäldern von Germania Magna verloren gegangen ist. Die Frage, was geschieht, wenn wir ihn finden sollten, ist hypothetisch. Denn wenn du mich fragst", Fango wischte sich über die brennenden Augen, "werden wir ihn nicht mehr lebend finden. Zu viel Zeit ist verstrichen, ohne dass es den geringsten Hinweis gibt.


    Mit Vexillarius Matinius Ocella ist die gesamte Turma Prima verschwunden. Wären sie nur verirrt, müsste es Spuren geben, und irgendjemanden, der etwas weiß. Doch der Wald und seine Bewohner schweigen. Für mich deutet das darauf hin, dass jemand sie verschwinden lassen wollte und dabei sehr gründlich vorging."

    "Ich bin Iullus Seius Iunianus Fango. Aber dass ich wirklich ein Römer bin, ist ein Zufallstreffer. Die anderen Kameraden sind fast ausnahmslos Germanen aus dieser Region! Verstehst du? Germanen!"


    Fangos Stimme zitterte, er konnte den blonden Kerl nicht einschätzen.


    "Hast du einmal Rom gesehen, also die Stadt? Den Palatium, die Aquädukte, eine aufmarschierende Legion? Dann würdest du begreifen, dass Widerstand sinnlos ist, ihr könnt diesen Krieg nicht gewinnen. Deine Brüder von der Ala haben das erkannt. Tut euch selbst einen Gefallen und hört auf damit, macht es wie eure Brüder bei der Ala und ergreift die Chance, die man euch bietet, bevor es zu spät ist! Mit einem Heldentod ist doch nichts gewonnen."


    Er konnte nur vermuten, doch als logisch denkender Mensch war er der Überzeugung, dass seine Schlussfolgerungen stimmen mussten:


    "Weil die Bewohner des Dorfes kooperiert haben, dürfen sie leben. Sie haben ohne Widerstand alles ausgehändigt, was die Ala braucht. Bis auf eines. Das, weshalb wir hier sind, konnten sie uns nicht geben. Was hast du mit mir vor?"


    Er dachte an die Römer mit den abgehackten Füßen, damit sie nach ihrem Tod nicht den Weg ins Elysium gehen konnten. Seine Augen brannten wie von großer Trockenheit und röteten sich.

    Mit riesigen, glänzenden Augen nickte Fango. Er wollte keinen Heldentod sterben, er wollte einfach nur gesund wieder nach Hause!


    Nach Hause. Wo war zu Hause denn für ihn? Er war, wie seine beiden Brüder, aus dem Elternhaus geflohen, kaum dass er alt genug war, und hatte in der Fremde etwas gesucht, was er in der Heimat nicht fand. Gefunden hatte er den Krieg. Die Abgründe der Menschheit lagen klaffend offen. Der Krieg machte aus ihnen allen Bestien, nur er selbst konnte einfach nicht abstumpfen.


    Der Germane würde ihn am Ende umbringen und seinem toten Körper die Füße abhacken. So lief das immer, er selbst hatte mit ansehen müssen, wie ein germanischer Überfall endete. Er schniefte durch die Nase und nickte ein weiteres Mal, sich an den schmalen Strohhalm Hoffnung klammernd, den es nicht gab. Der Germane hatte keinen Grund, ihn am Ende lebend laufen zu lassen und das wussten sie beide.

    Fangos Augen wurden riesengroß. Das Herz rutschte ihm in die Hose, die er augrund der Kleiderordnung in der Ala gezwungen war, zu tragen. Er ging die Ausbildungsinhalte durch, aber ihm fiel nicht ein, dass er je eine Anweisung dafür erhalten hätte, wie man sich im Entführungsfall zu verhalten hatte. Falls er das überlebte, würde er sich beschweren!


    Falls ...


    Schritt für Schritt folgte er dem Zug des Schurken, verzweifelt in Richtung seiner Kameraden schauend, sie gedanklich beschwörend. Er rief im Geiste nach Cimber und nach Sabaco, nach Zisimos und Alwin, doch niemand fühlte sich dazu bemüßigt, seine Aufmerksamkeit auch nur für einen Augenblick auf Fango zu richten. Alle waren mit dem Baden oder ihren Gesprächen beschäftigt, weil Fango sie ja bewachte.


    Niemand bemerkte, wie der üble Germane ausgerechnet ihren Wächter, das kleinste und jüngste Mitglied ihrer Turma, zwischen die Bäume lotste, wo der Wald ihn für immer verschlucken würde, so wie er den Vexillarius verschluckt hatte, von dem sie nicht einmal die Gebeine gefunden hatten.

    Fango hatte den Zustand des Decurios bemerkt, auch wenn dieser sich alle Mühe gab, ihn zu verbergen. Was solche Dinge anging, war Fango sehr feinfühlig. Sabaco tat ihm leid, weil er wusste, dass der Mann seinen Bruder vermisste. Von Fangos beiden Brüdern würde wohl keiner solch eine Energie entfesseln, um ihn zurückzuholen. Genau genommen war Fango ja schon verloren gegangen und niemanden hatte es gekümmert, außer Onkel Stilo, der erkannt hatte, wie er ohne Eltern der Familie immer weiter entglitt, und ihn kurzerhand adoptiert hatte.


    Von Mitleid erfüllt beobachtete Fango verstohlen Sabaco, unsicher, was zu tun sei. Er war froh, als Cimber sich zu dem Trauerkloß gesellte. Er selbst wäre wohl angeknurrt und wieder weggeschickt worden. Cimber aber konnte Sabaco unter dem Mantel des organisatorisches Gesprächs etwas ablenken und ihm Gesellschaft leisten. So konnte Fango sich wieder auf seine Aufgabe konzentrieren, Wache zu schieben. Mit Baden würde er als letzter dran sein, da sich die älteren und durchsetzungstärkeren Haudegen vorgedrängelt hatten.


    Vorsichtig stapfte er durch das Unterholz, wo er immer wieder in wilden Brombeerschlingen hängenblieb. Dabei bemerkte er nicht, dass er sich einem verborgenen Beobachter näherte und schließlich nur noch drei Meter von diesem entfernt war. Fango blieb stehen, um eine stachelige Ranke aus seiner Hose zu lösen, die sich um sein Bein gewickelt hatte.

    Der Weg war nicht weit. Fango betrat mit Tariq die Ställe seiner Einheit. "Da sind wir. Der struppige alte Schecke ist mein Ausbildungspferd. Ich muss ihn bald wieder abgeben. Es war gar nicht so leicht, ein Pferd zu finden, was zu meiner Körpergröße passt. Der hübsche Goldene da mit den schwarzen Stiefeln und der schwarzen Mähne, das ist mein Topas. Die Farbe nennt sich Goldfalbe. Er ist größer als der Schecke - inzwischen komme ich damit zurecht. Das wahre Gold trägt er jedoch nicht auf dem Fell, sondern im Herzen. Wenn du dir dein Traumpferd unter allen auswählen könntest, wie würde es sein?"

    Neugierig beobachtete Fango, was die beiden Neulinge zu zanken hatten. Wenn die so weitermachten, würde ein Offizier meckern kommen und sie disziplinieren, aber das war dann ihre Schuld. Er kicherte bei dem Gedanken.


    "Worum geht es bei den beiden? Sie sollten sich besser eine andere Lösung suchen, Decurio Matinius pflegt gern seine schlechte Laune. Die werden bald ganz andere Sorgen haben, wenn die so weitermachen.


    Mit einem Pferd von Duccius Ferox machst du sicher nichts falsch. Sie haben gute Tiere, sagt man, und der Eindruck vom Hof und den Leuten der Gens Duccia bei der Feier war ein Guter. Auch ich besitze inzwischen ein eigenes Pferd. Zuerst war ich mit einem Ausbildungspferd der Ala versorgt worden, doch seit kurzem besitze ich ein eigenes. Ein Geschenk meines Papas. Komm, ich zeig dir beide."

    Fango fiel es schwer, bei der Nachtwache die Augen offen zu halten, als er an der Reihe war. Noch immer zehrte die Erschöpfung des Gefechts an ihm, obgleich das mittlerweile ein wenig her war. Etwas tief in seinem Inneren war zerstört worden, das nun scherbengleich schneidend in seiner Seele lag. Lange dachte er darüber nach, was das wohl wäre, um sich wach zu halten. Mit brennenden und zwiebelnden Augen starrte er in die Finsternis. Ein Kauz rief, der Wind zerrte an den jungen Blättern. Obwohl es nach Frühling duftete, waren die Nächte noch eisig.


    Fango zog seinen Mantel fester um sich, ohne dass ihm deswegen wärmer wurde. Die Haudegen, die Sabaco in der Secunda um sich geschart hatte, schienen gegen die Witterung gänzlich unempfindlich zu sein. Warum war Fango wieder mal der Einzige, der Probleme hatte? Warum traf es immer ihn, warum war er anders, was machte er falsch? Es konnte doch nicht der angebliche Wahnsinn sein, der diese Männer von innen heraus wärmte.


    Aber er konnte nicht schon wieder Cimber mit seinen Gedanken belästigen. Er wollte, dass der Ausbilder ihn für tauglich hielt, damit er aufhörte, sich um ihn zu sorgen. Zwar war das Gefühl der Fürsorge ein angenehmes, doch Cimber hatte etliche Rekruten und Soldaten zu betreuen. Da wollte nicht Fango derjenige sein, der alle Kapazitäten für sich beanspruchte, und wenn das noch so gut tat.


    Müde, mit den Füßen im Dunkeln tastend, ging er einmal außen um das Lager herum, damit ihm warm würde.

    "Finde ich einen guten Gedanken." Wie ein Blatt im Wind verlor dieser gute Gedanke sich in den Wirren von Fangos aufgewühltem Verstand. Der junge Eques zwang sich zu einem Lächeln. Dass der Tag so schrecklich verlaufen war, dafür konnte Cimber nichts. Bereitwillig ließ er sich mitziehen und ins Bett manövrieren. Erst, als er schon eingekuschelt dalag, das leise, gleichmäßige Atmen von Zisimos in den Ohren, bemerkte er, dass er das Baden vergessen hatte. Doch es kümmerte ihn heute nicht. So, wie er war, sank er in einen tiefen Schlaf, aus dem ihn trotz der Ereignisse kein Alptraum riss. Cimber hatte mit seiner Fürsorge ganze Arbeit geleistet, das Sorgenkind der Turma II zu beruhigen.

    "Kein Grauen sehen zu wollen, heißt Grauen verhindern wollen." Fango wiederholte die Worte so langsam und deutlich, als wolle er ihren Geschmack kosten. Er war nicht sicher, ob er verstand, aber es klang nach einem Leitbild, an dem er sich orientieren konnte. Außerdem beruhigte ihm, dass Cimber ihm erklärte, er hätte früher einen Übersetzer für seine Gefühlswelt benötigt. "Wer war denn der Übersetzer", hakte er nach.


    "Leicht ist es wahrlich nicht, aber ich halte durch. Auf das Training mit dir und die Ausbildung freue ich mich. Wobei darf ich dir denn helfen?" Nun gähnte Fango herzhaft, kniff die blutunterlaufenen Augen zusammen und bekam sie kaum wieder auf. Endlich meldete sich gesunde Müdigkeit. Das freundliche Plaudern mit Cimber hatte ihm gut getan.

    "Es ist noch frisch und ich bin durcheinander", gab Fango zu. "Heulen muss ich aber nicht, nein. Ich bekomme nur manchmal Fieber, wenn ich Stress habe. Ich bin nicht krank, ich bedarf nur der Ruhe. Morgen früh bin ich wieder einsatzbereit.


    Ich wünschte, ich wäre wie jene, die du Wahnsinnige nennst, aber man kann alles lernen, wenn man nur den nötigen Ehrgeiz an den Tag legt! Ich kann sehr gut auswendiglernen und bin fest entschlossen, meinen Weg zu gehen und nicht zu kneifen, nur weil es mir gerade schlecht geht. Ich gehöre zu den Jüngsten. Ich werde alles lernen, was ich wissen muss, um nicht mehr so unter Stress zu geraten, wenn mir nur einer sagt, wie!


    Wann beginnt das Training unter deinem Kommando? Du wirst uns doch trainieren, jetzt, wo du Duplicarius bist, oder?"

    "Ich finde es sehr aufmerksam von dir, dass du dich so um mich kümmerst. Das müsstest du nicht, aber du tust es trotzdem. Ich weiß das zu würdigen", sprach Fango förmlich, als er die Reste seiner für heute noch zur Verfügung stehenden Selbstbeherrschung zusammenkratzte. "Wenn du so freundlich wärst, würde ich gern mit dir an einem anderen Tag über meine Zukunft sprechen. Ich komme gerade von einem Gefecht zurück." Schlagartig verstummte er, obwohl seine Lippen sich noch einige Zeit bewegten.


    Dann straffte er seinen schmalen Körper. "Ich habe ein Herz, aber das nützt weder mir noch anderen etwas! Reiß es mir heraus. Ich brauche härteres Training und brutaleren Schliff. Aber nicht mehr heute, ich muss noch in die Therme und dann schlafen. Vielleicht müssen wir in wenigen Stunden schon wieder raus! Man weiß nie, was einen erwartet, jede Minute ist kostbar. Es ist alles durcheinander, ich benötige ein neues System. Natürlich stehe ich dir für ein Gespräch jederzeit zur Verfügung. Sag einfach, wann es dir recht ist! Oh und schau mal. Mein Glücksbringer."


    Er drückte dem Duplicarius seinen zahmen schwarzen Hahn in die Arme, der bei den Pferden wohnte und in einem unter dem Dach aufgehängten Korb schlief. Oft kam er herunter und wühlte im Stroh nach Getreidekörnern, saß auf dem Rand der Tränke oder auf dem Rücken der Pferde. Nun saß er in den muskulösen Armen von Cimber, vor dem Fango stand und ihn mit glasigen Augen betrachtete.

    Gemeinsam erreichten Tariq und Fango die Baracken. Fango half Tariq, sich einzurichten. "Du siehst, acht Mann teilen sich eine Unterkunft. Leider gibt es hier keinen Vorraum, wie bei den Baracken der Legio. Stattdessen sind auf der Rückseite die Ställe mit euren Pferden zu finden. Es gibt also etwas weniger Platz für den ganzen Krempel. Hast du schon ein Pferd?"