Beiträge von Charislaus

    Linos hatte Mut, dass musste Charislaus ihm lassen. Ein Schlitzohr war er auch, er verwickelte den Meuchler in ein Gespräch. Hoffentlich lang genug, dass ihr Beine wieder einsatzbereit waren und sie das Weite suchen konnten. Rückversichernd schaute er sich nach dem anderen Mann um, der ihnen zur Hilfe geeilt war. Ihn mussten sie ebenfalls mit sich nehmen. Denn sobald dieser Meuchler mit ihnen gesprochen hatte, würde er sie vielleicht doch noch angreifen. Niemand konnte wissen, wie solche Personen reagierten. Charislaus hatte noch nicht mit solchen Menschen zu tun gehabt.


    Er hatte massiert und dafür gesorgt dass sich die Kunden wohl und glücklich fühlten. Was mochte diesen Mann dazu veranlasst haben, andere aufzuschlitzen? Pure Armut oder gar bösartige Grausamkeit? Chari betete für Erstes, denn ansonsten waren sie alle verloren und dieser Mann würde noch drei weitere Kehlen aufschlitzen. Er versuchte sich etwas aufrechter hinzustellen und etwas beeindruckender auszusehen. Ob das gelang wusste er nicht, denn horchte er in sich bewusst hinein. Überprüfte sein Körpergefühl, ob seine Hose nicht verdächtig nass oder gar etwas anderes war.


    Grimm gucken mit eingenässter Hose wirkte nun wirklich nicht überzeugend. Linos redtete und redete und bot dem Mann sogar seine Hilfe an. Das war gut, er war ein schlauer Fuchs. Sollte der Meuchler ihnen das abkaufen, konnte Linos sie sogar freiquatschen. Das war ein Abenteuer von dem sie noch Jahrzehnte später erzählen würden, wenn Linos Plan gelang.


    Zuversichtlich henkelte sich Chari wieder bei ihm ein und schaute so freundlich und überzeugend wie er nur konnte.

    Charislaus starrte den Neuankömmling fassungslos an. Was machte dieser Mann dort? Jetzt hatte der Meuchler drei Kehlen die er aufschlitzen konnte. Chari blieb standhaft neben Linos stehen. Aber das war nicht seinem Mut geschuldet, sondern seinen wabbeligen Beinen. Natürlich hätte er den Freund niemals zurückgelassen, er hätte ihn gepackt und wäre gemeinsam mit ihm geflohen. Aber Linos Füße waren lahm und seine Beine waren Pudding. Eine Flucht wäre zuende, bevor sie losgestolpert waren.


    Chari versuchte den Fremden irgendwie zu verdeutlichen, dass der Meuchler ein Messer hatte. Innerlich fehlte er zu den Göttern, dass der Mann sie beide und den arglosen Wanderer verschonen möge, der ihnen scheinbar behilflich beistehen wollte.


    Ganz bewusst und behutsam lockerte Charislaus den Griff um Linos Arm. Ungewollt hatte er ihn ergriffen und das ohne Rücksicht auf seinen Freund. Hoffentlich hatte er ihn nicht verletzt. Es kostete Chari unheimliche Anstrengung seine Finger zu lösen, fast so als hätten diese ebenfalls ein Eigenleben entwickelt und beschlossen sich nicht von der Stelle zu rühren.


    Langsam bekam er wieder ein Gefühl in der Zunge und sie fühlte sich nicht mehr wie ein dicker Lappen in seinem Mund an.


    "Wi..ir haben ni..ichts gesehen. Gar... nichts. Nichts. Wir hab..en auch nichts. Gar... nichts. Keine...e Werte...", versicherte Chari und fragte sich, ob er oder Linos zusammenbrechen würden, sobald er losließ. Vermutlich sie beide.

    Charislaus krallte sich in den Arm von Linos. Ein gedungener Mörder der ihnen eine Drohung zuzischte. Chari wollte erwidern, dass er überhaupt nichts gesehen hatte, gar nichts, aber seine Lippen zitterten genauso wie seine Knie. Er hatte das Gefühl, dass sie im Takt mit seinen Zähnen um die Wette klapperten und er betete zu allen bekannten Göttern, dass er sich nicht einnässte. Er hatte noch niemals einen Meuchler gesehen und ging es nach ihm, wollte er diesen Nervenkitzel auch überhaupt nicht erleben. Der Mann würde ihn und Linos aufschlitzen wie einen alten Fisch. Sie mussten fliehen, aber seine Beine schienen ihm nicht mehr zu gehorchen, genauso wenig wie seine Lippen und seine Zunge.


    Alles was seinen Mund verließ, war ein unzusammenhängendes Stöhnen, dass fast wie ein Keuchen klang. Möglicherweise war es sogar eines. Nicken. Nick einfach! Dachte Chari voller Panik und nickte so gut es seine Starre zuließ. Dabei stierte er die ganze Zeit auf die Hand des Meuchlers und klammerte sich an Linos. Er war doch schon in der Welt herumgekommen, er musste sagen was sie tun sollten. Rennen fiel flach, Linos hatte schmerzende Füße und seine gehorchten nicht.


    Bei den Göttern, was sollten sie nur tun, dachte Chari während er wie Espenlaub zitterte und hoffte, dass der Mann ihm sein Nicken glaubte.

    Charislaus folgte Linos in das erste Abenteuer seines Lebens. Er war noch nie allein ohne Herr unterwegs gewesen, jedenfalls nicht auf diese Art und Weise. Als Linos das Wort Essen derart betonte, grinste Chari ihn gut gelaunt an.


    "Da sagst Du was, ein Dach über dem Kopf und etwas Warmes im Bauch und schon wird es uns besser gehen. Einen Markt werden sie ganz bestimmt hier haben Linos. Falls wir ihn nicht finden, fragen wir uns durch. Ich bin gespannt was sie hier alles feilbieten", antwortete Chari lächelnd und schaute sich ebenfalls um, als es Linos tat.


    "Hast Du etwas entdeckt?", flüsterte er seinem Freund vorsichtig zu. Bei der Frage, ob er sich beobachtet fühlte, musste Charislaus den Drang unterdrücken, sich erneut umzuschauen. Eigentlich fühlte er sich nicht beobachtet. Aber so ein Gefühl war vergleichbar mit dem Brennen der Brennnessel. Hatte man eine Brennnessel gestreift ohne es zu merken, spürte man nichts. Wurde man drauf hingewiesen, brannte es doppelt so heftig. Das gleiche verspürte Charislaus gerade. Ihm war, als würden zig Personen in der Menge lauern und sie auf Schritt und Tritt beobachten. Ob dies wirklich so war oder ob Charislaus sich dies nur einbildete, konnte er nicht bestimmen.


    "Linos ich weiß nicht...", setzte Chari an, als Linos gerade jemand entdeckt hatte. Da rechts hinter den Kisten sitzt einer, warnte ihn sein Freund. Chari schaute unauffällig hier und dorthin, bis sein Blick die Richtung streifte, die Linos beschrieben hatte.


    "Das ist unheimlich Linos. Entweder will uns jemand auflauern, oder jemand will uns in eine Richtung treiben. Wir müssen schnellstmöglich das Hafengelände hinter uns lassen, dieser Ort ist sehr gefährlich. Was glaubst Du? Sind das Diebe die uns berauben wollen? Oder gar Halsabschneider?", flüsterte Chari Linos zu und behielt dabei die Gegend im Auge.


    So schnell wie möglich weglaufen konnten sie nicht, da Linos Beschwerden mit seinen Füßen hatte. Sie mussten sich etwas einfallen lassen.

    "Wie wäre es, wenn wir versuchen an dem vorbeizuschleichen?", schlug Chari wispernd vor.

    RE: [Schiff] Impetus


    Charislaus lief direkt neben Linos und versuchte alle Eindrücke in sich aufzunehmen. Das Land gehörte zum Imperium und dennoch wirkte es fremdartig. Ein Hafen war ein Schmelztiegel so hieß es, aber trotzdem wirkte alles etwas anders als in Rom. Vermutlich eben drum, weil sie nicht in Rom waren, schalt sich Chari selbst. So eine Frage zu stellen, wäre schon peinlich gewesen.


    "Oh ja da hast Du Recht, mein alter Herr Viridomarus sagte immer am Hafen treiben sich Banditen, Halsabschneider und andere zwielichtige Gestalten herum. Es ist eine Gegend der langen Messer und wir beide haben nichts was sich zu rauben lohnt. Man würde denken, sie ließen einen dann in Ruhe. Weit gefehlt, manche dieser Gestalten sind darüber noch wütender wenn sie keine Beute stehlen können und verletzten ihre Opfer dann erst Recht schwer Linos. Drum lass uns bloß aufpassen.


    Meine Beine sind auch noch ganz weich und wabbelig, wir haben selbst hohen Seegang ohne See. Lass uns in die Innenstadt wabbeln, wie Du vorgeschlagen hast. Sobald wir ein Zimmer haben können wir dort in Ruhe unser weiteres Vorgehen planen. Und vielleicht einen kleinen Happen essen", schlug Chari vor und hielt seine Tasche gut fest. Viel besaß er nicht, aber das wenige durfte nicht geraubt werden.

    "Ja eben Linos, der Mann ist eine verwitterte Urgewalt wie ein alter Vulkan. Wenn ein Vulkan spricht, poltert es auch. Gleich wie leise er murmelt, so ist das auch bei dem alten Seebären. Weißt Du denn wo wir ungefähr hin müssen? Das ist eine gute Idee, Unterschlupf und Hinweise benötigen wir. So weit war ich noch nie fort von Zuhause. Ich bin ein wenig aufgeregt muss ich gestehen", antwortete Chari und folgte Linos auf dem Fuße.



    RE: Themiskyra I Anfang der Suche

    Charislaus schulterte seine Habseligkeiten und winkte dem alten Seebären zu.


    "Ach Linos ob Du es glaubst oder nicht, ich denke das ist wirklich die freundliche Art von dem alten Kapitän. Schau doch wie besorgt er um sein Schiff ist die ganze Zeit. Sorge lässt so manchen bissig erscheinen. Er hat gut auf das Schiff, seine Mannschaft und uns Acht gegeben. Aber so ein alter Haudegen wie der Kapitän, sagt doch nicht passt auf Euch auf und macht es gut. Er wählt seine eigenen Worte, denn zu so einem harten Mann passt doch so ein umsorgendes Verhalten nicht, nicht wahr? Drum die derbe Wortwahl. Harte Schale, weicher Kern. Der Mann ist eine gute Seele Linos, gleich was er uns vorspielen möchte.


    Ja das Anlegen war schon spannend anzuschauen, ich hatte Angst dass wir gegen irgendwas poltern. Alles ist gut gegangen Linos. Wir können langsamer gehen, wenn das besser für Dich ist. Was hast Du denn für Probleme mit Deinen Füßen, falls Du mir das sagen möchtest? Vielleicht kann ich Dir ja helfen. Weißt Du wohin wir uns als erstes wenden müssen?", fragte Charislaus und schaute, dass Linos vernünftig und ohne Probleme vom Schiff kam.

    Die Fahrt ging zügig voran und Charislaus beobachtete erstaunt, wie das Schiff zwischen den Inseln umher tanzte. Worauf man alles zu achten hatte, konnte er gar nicht genau benennen. Der Wind pfiff ihnen manchmal um die Ohren und es wurde empfindlich kalt. Aber zum Glück hatte Linos eine Decke besorgt. Über die Reise hinweg waren aus einer Decke mehrere geworden und sie hatten sich ihre Ecke gemütlich eingerichtet. Chari hatte geglaubt, dass sie unterwegs mit anpacken mussten, aber sie wurden auf dem Schiff wie Gäste behandelt und nicht wie Sklaven. Dazu sagte er nicht nein, denn sich einmal entspannt zurücklehnen zu dürfen, genoss er durchaus.


    In den Nächten schlief Linos unruhig, so dass sich Charislaus sorgte. Mal schlief er durch, mal wurde er scheinbar von Träumen geplagt. Wer wusste, welche Schrecken er erlebt hatte und nun davon träumte? Auch in dieser Nacht war es so. Als Chari aufblickte war Linos fort. Für einen Moment fürchtete Charislaus, Linos wäre etwas zugestoßen und er möglicherweise sogar über Bord gefallen.


    Dann sah er ihn, Linos stand am Bug des Schiffes. Sein Freund stand dort im Wind und hing seinen eigenen Gedanken nach. Vermutlich waren sie so schwer, wie Regenwolken. Chari nahm sich eine der Decken und ging leise zum Bug des Schiffes. Dort angekommen legte er Linos die Decke um und folgte dessen Blick.


    "Eine seltsame und unruhige Nacht. Was treibt Dich um Linos?", fragte Charislaus. Er schaute zurück zum Heck und nickte in diese Richtung.

    "Komm zurück zu unserem Platz, hier holst Du Dir nur etwas weg. Es ist kalt und Du stehst im Wind. Komm bitte", bat Chari freundlich. Er wusste nicht welche Sorgen Linos plagten, aber zusätzlich noch krank zu werden, würde alles nur verschlimmern.

    Charislaus grinste breit.

    "Doch das geht bestimmt. Stell Dir vor Du willst ein Schwert zurück in seine Hülle stecken und erwischt dabei Dein Bein. Sowas ist sicher schon vorgekommen. Oder man zieht es und schneidet sich dabei. Vor allem wenn es schnell gehen muss und man in Eile ist, dann passieren einem die meisten Fehler. Wieso sollte das bei Leuten mit Waffen anders sein?", gibbelte Chari.


    "Ein Segen oder ein Fluch mit aus der Tiefe des Herzens ausgesprochen Linos, wird bestimmt seine Wirkung entfalten. Manche Menschen wissen gar nicht, was sie für Leid anrichten. Anderen ist es gleichgültig, dass sind die schlimmsten Menschen von allen. Das ein unschuldiges Kind derart den Tod finden musste. Das überhaupt jemand, so den Tod finden muss. Tja wäre es nur so einfach Linos, ich glaube wir hätten die Welt sehr schnell in einen friedlichen Ort verwandelt. Oder einen Ort wo man unser Wort fürchtet? Hier könnten wir überlegen, ob wir dann anders wären, als jene die die Waffen nutzen. Denn wären unsere Worte, dann nicht auch Waffen?", fragte Charislaus, der über die Möglichkeiten nachdachte und sich die Haare nach hinten strich. Sie waren ein wenig länger geworden, er musste sie schneiden. Ausgerechnet jetzt wo er für seinen Herrn unterwegs war, sah er so aus. Chari schob den Gedanken beiseite. Bei der Reise sollten ihn seine Haare nicht scheren.


    Kaum dass sie saßen, sprang Linos wie eine Feder auf und eilte davon. Charislaus schaute sich einen Moment unbehaglich um, der Wind pfiff und der große Terpanderersatz war nicht in Sicht. Sollte er nicht ein Auge auf alles haben? Einen Augenblick später kam Linos zurück, brachte ihm eine Decke und legte sie ihm um die Schultern.


    "Ja viel besser, vielen Dank", freute sich Charislaus. Mit der warmen Decke um den Schultern merkte er erstmal, wie sehr er gefroren hatte. Sie mussten gut aufpassen, sonst wurden sie vom Wind noch krank.


    "Du kannst nichts für meine Dussligkeit Linos, ich hätte an eine Decke denken müssen. Deshalb nochmals vielen Dank. Das ist das Schicksal aller Sklaven Linos, unsere Herren entscheiden, wohin wir gehen und mit wem. Manchmal ohne es bewusst zu wollen. Sie schicken jemanden fort und reißen zwei Seelen entzwei. Alles was wir tun können, ist sie mit den besten Wünschen ziehen lassen. Denn tust Du es nicht, nehmen sie ein Stück von Dir mit. Manche tun es dennoch, auch wenn Du sie ziehen lässt. Andere wiederum, kannst Du nicht loslassen und Du möchtest es auch gar nicht.


    Ich halte es genauso wie Du Linos, mir ist die Seele des Menschen wichtig. In welcher Form sie daher kommt, das ist mir gleich. Die meisten legen viel zu viel Wert auf eine Hülle. Ein überzogenes Maß meine ich damit, denn jeder sollte seinen Körper gesund halten. Du bist mehr als Dein Körper, Geist und Körper müssen eine Einheit bilden. Und die hässlichste Seele wäre in einem schönen Körper trotzdem ein hässlicher Mensch, oder nicht? Von daher denke ich haben wir die gleiche Sicht.


    Falls Du mich fragen wolltest, ob ich jemals eine Freundin hatte, lautet die Antwort nein. Und bei uns gibt es auch keine", grinste Charislaus und packte noch ein Brot aus. Er riss es entzwei und gab die andere Hälfte Linos.


    "Nimm", grinste Chari.

    Charislaus lachte bei Linos Kommentar.

    "Ach was, vielleicht ist die Frau Deines Herrn ja auch ganz umgänglich? Bei mir ist es einfach so, ich mag umgängliche und freundliche Menschen. Gleich wer sie sind, woher sie kommen und auch gleich in welcher Gestalt. Das ist mir wichtig. Ich versuche auch stets, das Gute zu sehen und selbst Gutes zu tun. Manchmal ist das nicht leicht, gerade als Sklave nicht. Meine Mutter sagte immer, es gibt auf der Welt viele gute Menschen. Findest Du keinen, sei selbst einer. Das habe ich nie vergessen", antwortete Charislaus und biss erneut von seinem Brot ab.


    "Das mit den Waffen darf Dir auch niemand befehlen, wir dürfen keine Waffen tragen. Zum Glück sage ich, weißt Du das mehr Leute durch ihre eigenen Waffen zu Schaden kommen? Das habe ich gehört. Vielleicht weil sie nicht gelernt haben, damit umzugehen und dann zack - haben sie sich selbst gestochen", dachte Charislaus angestrengt nach. Eigentlich dachte er sich, wäre die Welt vielleicht eine bessere, wenn niemand Waffen tragen würde. Aber dann würden die Menschen ihre Fäuste nehmen oder Steine. Das betrübte ihn sehr.


    Einen Augenblick später erzählte Linos von Germanien. Dort hatte er eine Sklavin kennengelernt. Eine Sklavin in Not die von ihrem Herrn misshandelt worden war. Linos war mit ihr in einen Tempel gegangen und hatte Fluchttäfelchen gekauft. Chari wusste nicht, was das war. Aber scheinbar gab es Tafeln, die Sklaven eine Flucht ermöglichten? Er selbst hatte nie über so etwas nachgedacht oder nachdenken müssen. Seine Herren waren stets gut zu ihm gewesen. Jedenfalls fast immer, aber eine Misshandlung in der Art hatte er nie erleiden müssen, wofür er allen Göttern dankte.


    Die Sklavin war schwanger gewesen und war geflohen. Linos hatte die Frau begleitet, auf ihre Bitte hin. Sie flohen über die Berge nach Belgica. Die Frau gebar ihr Kind tot und verstarb selbst. Charislaus fasste sich an den Hals, was sollte er dazu sagen? Gab es überhaupt Worte, die man dazu finden konnte?


    "Ich weiß nicht was ich auf das schreckliche Schicksal der Sklavin sagen soll Linos. Jedes Wort das ich sagen könnte klingt irgendwie nicht richtig. Ihr Schicksal war grausam, ihres und das des Babys.


    Wieso hatte Dein Herr Dir Dein Herr denn Legionäre hinterher geschickt?", fragte Charislaus verwundert. Machte man das so? Er hatte keine Ahnung von solchen Dingen. Scheinbar war es ihm stets besser ergangen, als er jemals bewusst gewusst hatte.


    Charilaus folgte mit dem Blick Linos Erklärung.

    "Ja lass es uns dort gemütlich machen. Windgeschützt klingt gut. Wer weiß, falls es zu windig wird, wird uns sicher auch schnell kalt. Ich habe leider keine Decke mitgenommen. Nur meine normale Kleidung, daran habe ich nicht gedacht", lächelte Chari entschuldigend.


    Als Linos fragte, ob Chari jemanden hatte, schüttelte er leicht betrübt den Kopf.

    "Nein ich habe niemanden. Es ist schon etwas her, da habe ich einen netten Griechen kennengelernt. Wir haben uns gut verstanden, hatten einige Zeit miteinander verbracht. Vielleicht wäre es mehr geworden, aber dazu ist es nicht gekommen Linos. Sein Herr schickte ihn fort. Alles was ich ihm mitgeben konnte war etwas Proviant für die Reise und meine besten Wünsche. So war es stets in meinem Leben. Menschen gehen immer Linos, nur wie sie gehen, dass ist was bleibt. Und Du? Hast Du jemanden?", fragte Charislaus freundlich.

    Charislaus nickte verstehend und mitfühlend, als Linos davon sprach dass der Tochter des Senators schon die Hand ausgerutscht war.


    "Mein Herr misstraut Frauen generell erst einmal und wie sich bei der Tochter Deines Herrn zeigte, zu Recht Linos. Einen Sklaven grundlos zu züchtigen, finde ich traurig ja und auch sehr enttäuschend. Wir leben das Leben von unseren Herren mit. Wir dienen oft unsichtbar, unsere Arbeit wird nicht wahrgenommen. Erst dann haben wir sie im Haus richtig vollbracht. Das Haus muss so erscheinen, als wäre es von selbst in diesem Zustand. Man darf uns weder über Gebühr hören noch sehen, so sagte es Viridomarus. Das was man von uns sehen möchte, sind Ergebnisse und geleistete Arbeit.

    Dass sie Dich geschlagen hat, finde ich schrecklich. Linos jetzt bist Du sie erstmal für eine Zeit los und musst sie nicht erdulden.


    Ein Übungsmarsch? Und dann solltest Du auch noch Waffen führen? Was hattest Du denn zu Deinem Herrn gesagt, dass er Dich derart hart strafte? Ich verstehe Deine Bedenken was Waffen angeht. Auch ich mag keine Waffen, ich kann keine Waffen führen und ich möchte das auch nicht. Ich bin niemand der einen anderen Menschen verletzt. Ich versuche immer mit gutem Beispiel voran zu gehen Linos. Das andere sehen, so geht es auch. Vielleicht bin ich nur ein Sklave, aber jeder freut sich doch über etwas Freundlichkeit.


    Weil Du friedlich bleiben wolltest, hat man Dich ausgepeitscht? Das ist wirklich eine verdrehte Welt Linos. Man wird geschlagen, weil man friedlich lebt und niemandem etwas zu Leide tut. Bei solchen Herrn wäre vermutlich sogar ich geflohen. Gepeitscht hat mich noch niemand, aber geschlagen wurde ich auch schon mal. Weil ich zu langsam war, bei meinem aller ersten Herrn.


    Das ist eine schöne Vorstellung, dass Du mit Deinen Sklaven so gut aufgewachsen bist. Das freut mich. Weißt Du was aus ihnen geworden ist? Durst, ja da sagst Du was", bestätigte Charislaus und nahm sich ebenfalls von dem Wasser.


    "Wo können wir es uns denn während der Fahrt gemütlich machen Linos? Wir wollen doch was sehen, ja?", grinste Charislaus.

    "Das habe ich nur geraten, da ich auch Hunger habe. Ja das habe alles ich zubereitet, dass war meine Aufgabe im lallenden Löwen. Es freut mich, dass es Dir schmeckt", grinste Charislaus zurück und biss ebenfalls in sein Brot.


    "Ich hoffe Du wurdest von Deinen Herrn nicht oft geschlagen Linos. Mein neuer Herr ist sehr freundlich. Mein alter Herr war dies auch, aber die Geschäfte mussten laufen. Das Geschäft war alles. Das Du nicht als Sklave reisen wolltest, sondern als freier Mann verstehe ich. Du warst frei und kennst die Freiheit. Warst Du selbst einmal ein Herr?


    Insgesamt hatte ich drei Herren Linos. Mein erster Herr war Boiorix, er war selbst ein ehemaliger Sklave. Dieser verkaufte mich an Viridomarus, vielleicht hast Du den Namen schon einmal im Zusammenhang mit dem Duften Viri gehört? Dort arbeitete ich in seinem Laden, der sich ganz der Schönheit verschrieben hat. Unter anderem habe ich auch die Kundschaft massiert. Fünf Jahre arbeitete ich bei Viridomarus, dann zog er mit seinem Geschäft nach Cappadocia und verschenkte mich an meinen jetzigen Herrn. Seit dem Tage an arbeitete ich in der Taberna der lallende Löwe.


    Meine Mutter ist Nubierin und heißt Semiramis. Wer mein Vater war, kann ich Dir leider nicht sagen Linos. Weißt Du wir könnten Deine Eltern doch besuchen, wir machen eben einen kleinen Umweg oder ist das zu weit weg?", schlug Charislaus vor. Viel Ahnung von Geographie oder Erdkunde hatte er nicht, im Grunde überhaupt keine. Aber er dachte sich, falls es auf dem Weg lag, warum sollte Linos nicht seine Eltern besuchen? Es würde niemand bemerken.

    Charislaus betrachtete den wuchtig-stämmigen Mann mit großen Augen, das war sogar der Kapitän! Der Mann würde für ihre Sicherheit sorgen, dessen war er sich sicher. War das Schiff sicher, waren sie sicher. Keiner Wunder dass er brummelig war, er hatte große Verantwortung. Chari nickte dankbar für diese Information und schaute dem Kapitän kurz hinterher.


    "Pitholaus, auch ein Laus", lachte Chari gut gelaunt und genoss den Ausblick auf das Wasser.


    Als Linos von seinen Schifffahrten und besonders der ersten erzählte legte Charis ihm tröstend eine Hand auf die Schulter.


    "Dann hat man Dich auf Deiner Fahrt nach Athen geraubt und versklavt. Das tut mir leid für Dich Linos. Du warst einst ein freier Mann. Ich kenne die Freiheit nicht, deshalb kann ich es nicht nachvollziehen. Aber Deinen Verlust bedauere ich trotzdem und dass Du leiden musstest schmerzt mich. Ja lass uns aufs Wasser schauen und den Anfang unserer Reise genießen. Wer weiß was wir für Abenteuer erleben? Hoffentlich nur gute, wir haben ja die Genehmigungen unserer Herren in der Tasche.


    Nein auf der Brücke habe ich noch nie gestanden um so das Wasser zu genießen Linos. Aber bei der nächsten Brücke machen wir beide genau das. Würdest Du gerne in Deine Heimat zurückkehren? Vermisst Du sie sehr?", fragte Charislaus mitfühlend. Er kramte aus seiner Tasche ein Päckchen Proviant und hielt Linos ein gefülltes Brot hin.


    "Bitte nimm", bat er freundlich.

    Charislaus machte eine wegwerfende Handbewegung und musste dann lachen.


    "Ach was, ich hatte schon Angst Du wärst gar nicht gekommen oder wir würden die ganze Zeit aneinander vorbeilaufen. Ich hätte Dich genauso gut nach dem Namen von dem Schiff fragen können. Daran habe ich gar nicht gedacht, ich war viel zu aufgeregt was unser Abenteuer angeht. Jetzt sind wir beide hier und alles ist gut Linos. Beim nächsten Mal sind wir schlauer. Mein Herr war sehr freundlich und er hat mir die Erlaubnis ausgestellt. Er hat sich gefreut, dass ich seinem Vorgesetzten damit einen Gefallen erweisen kann. Ja genau, lass uns an Bord gehen, ehe wir noch das Schiff verpassen. Dass sollten wir besser nicht erklären müssen", grinste Charislaus gut gelaunt und folgte Linos an Bord des Schiffes.


    An Bord wurden sie von einem Bärbissigen alten Mann empfangen, der Charislaus auf Anhieb sympatisch war. Er erinnerte Chari an Terpander, immer am Grummeln und am Nörgeln aber mit dem Herzen am richtigen Fleck. Verschwörerisch zwinkerte Chari Linos zu, damit dieser Bescheid wusste. Der brummige Dicke meinte es nur gut, damit niemand über Bord ging und alle sicher ankamen.


    "Wird gemacht, keine Sorge", stimmte er dem fremden Koloss freundlich zu und wandte sich wieder an seinen Freund.


    "Nein ich glaube ich werde nicht seekrank. Mit Sicherheit weiß ich das nicht Linos, ich war noch nicht auf See. Der große Herr erinnert mich stark an unseren Terpander, er ist auch immer derart von Sorgen zerfressen, dass er den ganzen Tag oft nur brummelt. Lass uns schauen wie das Schiff beidreht. Ich bin so aufgeregt. Wie lange glaubst Du sind wir unterwegs?


    Warum setzten wir jetzt schon die Segel, hat der Mann es so eilig? Hast Du Ahnung von der Seefahrt Linos? Ich werde versuchen mir so viel wie möglich von unserer Reise zu merken. Dann haben wir Zuhause später etwas zu berichten", freute sich Charislaus und klopfte auf die Reeling.


    "Komm wir schauen ins Wasser", bat er Linos glücklich.

    Charislaus schaute sich suchend um, als jemand seinen Namen rief und das gleich mehrfach. Das konnte nur Linos sein, nein dass musste Linos sein! Hektisch nach seinem Freund Ausschau haltend folgte Chari den Rufen. Die meisten der Umstehenden waren größer als er und er musste sich immer wieder auf die Zehenspitzen stellen, um nach Linos Ausschau zu halten.


    "Linos? LINOS? Hier bin ich!", rief Charislaus und winkte.


    Chari lief der Stimme weiter entgegen und dann sah er ihn endlich, Linos!


    "Linos!", rief Charislaus erfreut und erleichtert zugleich und rannte auf seinen Freund zu, dabei musste er einige Schlenker und Ausweichmannöver hinlegen, um nicht mit den unzähligen Passanten und Seeleuten zusammenzustoßen, die ihn noch von Linos trennten. Dann stand Chari endlich vor ihm und grinste breit.


    "Da bist Du ja! Ich hatte schon befürchtet Du hättest es Dir anders überlegt, oder wärst schon abgereist. Schön dass Du da bist", grinste Charislaus von einem Ohr zum anderen und klopfte auf seine Tasche. "Alles dabei und ein bisschen mehr".

    Was sollte es? Er würde auf jedem Schiff nachfragen, ob jemand einen Linos kannte. Wie sollte er sonst seinen Kumpel finden? Dabei schoss es Charislaus durch den Kopf, dass es vielleicht verboten war, ein Schiff einfach zu betreten. Oder das man ihm eins über die Rübe hauen würde und ihn in den Frachtraum werfen würde. Er wäre eine willkommene Arbeitskraft und das aus eigener Dummheit.


    Also musste ein neuer Plan her. Vor das Schiff stellen und nach Linos rufen. Ja dass ging gefahrlos, hoffte Chari und testete es gleich an der Impetus aus, vor der er stand.


    "Linos? Befindet sich ein Linos an Bord? Hört mich wer?", rief er so laut und freundlich wie möglich. Immerhin konnten sie auch etwas nach ihm werfen und Seeleute waren als raue Raufbolde bekannt.

    von hier kommend:

    Sklaven am Hafen - Linos und Charislaus auf Reisen nach Cappadocia


    Charislaus lief die Hafenanlage ab und schaute sich gefühlt jedes Schiff einzeln an. Irgendwo musste doch Linos zu finden sein. Dieses Schiff war besonders imposant und Chari betrachtete es eine Weile. Was wenn er Linos verpasst hatte oder Linos es sich anders überlegt hatte? Was sollte er dann seinem Herrn erzählen? Nun am besten die Wahrheit. Er konnt es nicht ändern, falls man ihn versetzt hatte oder ihn sein Orientierungssinn in die Irre geführt hatte. Für einen Moment verschnaufte Chari, ehe er weitersuchen wollte. Der Hafen war riesig. Sie hätten einen genauen Treffpunkt ausmachen sollen.


    Tja wie sagte sein Herr immer?

    Hinterher wusste man immer mehr.

    Sklaven am Hafen - Linos und Charislaus auf Reisen nach Cappadocia


    Charislaus hatte sich auf den Weg nach Ostia gemacht. Dort sollte er am Hafen Linos treffen. Als Charislaus in Ostia angekommen war, einem Vorort von Rom, fühlte er sich etwas erschlagen. Wie sollte er hier am Hafen Linos finden? Etwas ratlos schaute sich Charislaus um, hielt seine Tasche fest gepackt und ging langsam und suchend den Hafen entlang in der Hoffnung Linos zu finden. Dabei warf er immer wieder einen Blick auf das Meer, es war ein schöner, ergreifender Anblick. Aber über den von Linos hätte er sich im Moment viel mehr gefreut, wie sollte er ihn nur finden?

    Charislaus hatte den Ruf seines Herrn vernommen. Lurco war im Schlafzimmer und Charislaus eilte hin.


    "Salve Herr! Ich habe eine sehr wichtige Botschaft. Vor kurzem habe ich den Sklaven Linos Deines Vorgesetzten des Herrn Claudius kennengelernt. Er hat einen sehr wichtigen Auftrag. Linos muss im Namen von seines Herrn Claudius nach Cappadocia reisen. Genauer gesagt nach Themiskyra. Eine wichtige Reise, von der er nicht weißt, wie lange sie dauern wird. Der höchste Vorgesetzte von Dir möchte, dass sein Sklave nicht alleine reist und so hat Linos mich gebeten ihn zu begleiten. Er hat sogar extra nach Deinem Namen gefragt.


    Das heißt, wenn ich Linos nach Cappadocia begleiten darf, würdest Du Deinem Vorgesetzten Claudius einen großen Gefallen erweisen. Und mich würde es auch sehr freuen, wenn ich Linos begleiten dürfte Herr. Falls Du es erlaubst, müsstest Du mir eine Reiseerlaubnis ausstellen und ich würde mich noch heute mit Linos im Hafen von Ostia treffen. Ich weiß es kommt alles ein wenig plötzlich, aber der Auftrag ist sehr wichtig und eilig.


    Darf ich Linos bitte begleiten Herr?", bat Charislaus mit großen Augen.