Beiträge von Sisenna Seius Stilo

    Zu gern hätte Stilo Madara einen Kuss geraubt, bevor er den unsensiblen Scherz auflöste. Gern auch noch ein wenig mehr als das.


    "War nur ein Spaß, Schnecke. Du bist nicht mir versprochen, sondern einem anderen. Nach eingehender Beratung", die exakt einen Satz lang gedauert hatte, "hat Cimber meinem Vorschlag zugestimmt, dich einem Freund von mir zur Frau zu geben."


    Er atmete durch.


    "Nicht irgendeinem Freund, sondern meinem besten Freund. Du kennst ihn nicht - ich habe ihn in Hispania kennengelernt und gegenwärtig versieht er in Germania superior seinen Dienst. Publius Matinius Sabaco ist sein Name, Spross einer angesehenen Gens, der bei der Classis seinen Dienst versieht. Ist ein schmucker Bursche, er wird dir gefallen. Ich verlasse mich darauf, dass du alles tun wirst, damit es ihm gut geht."


    Stilo konnte es aus der Entfernung leider nicht mehr. Er war niemand, der sich trüben Gedanken hingab, sein Leben spielte sich in der Gegenwart ab. Manche Dinge waren nicht zu ändern. Doch in den Momenten, wo er an Sabaco dachte, vermisste er ihn. Sie hatten gemeinsam viel erlebt, Höhen und Tiefen, gemeinsam gelacht und gemeinsam Tränen vergossen. Sabaco war Stilos persönliches Sozialprojekt, sein Wunsch, ihn wieder zu einem brauchbaren Mitglied der Gesellschaft zu machen. Jetzt, wo sie getrennt waren, ahnte er, dass es Sabaco nicht gut gehen würde, vermutlich kam er nicht klar - der Brief deutete ganz darauf hin. Stilos Brauen verzogen sich vor Sorge.

    Das lief ja wie am Schnürchen! Vermutlich würde Cimber ihm den Kopf abreißen, doch jede Schandtat barg die fruchtbare Saat der Versöhnung. Und hieß es nicht, dass man die Bande einer Freundschaft in Feuer schmiedete? Wenn das Schicksal es so gut mit ihm meinte, sah er nicht ein, warum er nicht mit beiden Händen danach greifen sollte. Sanft legte Stilo seine raue Pranke auf Madaras Händchen, schützend, behütend.


    "Was hältst du davon, die Hochzeitsnacht vorher einmal diskret zu üben, damit nichts schiefläuft?"

    Stilo war leichter als Madara und daher ein gutes Stück zurückgeprallt, als er gegen ihren herrlich weichen Leib gestoßen war. Nun bot er ihr den starken Arm, an dem sie sich einhenkeln konnte. Eine Mietklinge hatte sie anheuern wollen ... Madara kam auf Ideen. Doch Stilo gab sich freundlich.


    "Du siehst bezaubernd in diesem Umhang aus", der ihm vollkommen schnurz war, ihn interessierte nur der Inhalt. "Cimber bezahlt alles für dich, was dein Herz begehrt", versicherte er und streichelte ihr fleischiges Händchen, das auf seinem Bizeps ruhte, den er beiläufig anspannte. "Cimber hat nicht lange nachdenken müssen, was für dich das Beste ist. Er ist zu dem Schluss gekommen, dass wir zwei Hübschen heiraten werden."

    Aktualisierung:


    Mein kleiner Hallbruder Marcus Seius Atticus fehlt noch im Stammbaum der Gens Seia. Wenn du einmal Zeit findest, würde die Gens Seia dir verbunden sein, ihren jüngsten Spross im Stammbaum wiederfinden zu können.


    Atticus ist ein weiterer Sohn von Volusus Seius Victor und Domna. Ergo kein Sohn der liebreizenden Seia Sanga. Vater und seine vielen Frauen.

    Davon, dass Sophus sich für ungeeignet für seine Aufgabe hielt und innerlich darüber echauffierte, ahnte Stilo nichts, was daran lag, dass er andere Maßstäbe zurate zog. Da nach den Ereignissen die Zahl der kampffähigen Milites arg zusammengeschmolzen war, war die Auswahl nicht mehr so groß wie vorher und so hatte der Blick von Stilo sich auf Sophus gerichtet. Sophus hatte sich im Gefecht als selbstständig erwiesen und so die Aufmerksamkeit von Stilo auf sich gezogen.


    Stilo sammelte gerade den Pfeil aus dem Sand und leitete die darauf stehende Information an Cossutus Bellatus weiter. "Centurio, eine Meldung vom ersten Pfeil! Weder Kameraden noch Feinde in Sicht. In zwei Meilen beginnt das Gebirge."


    Wobei das eine großzügige Definition war in dieser Gegend - eigentlich befanden sie sich mitten im Hochland, aber vermutlich meinte der Kamerad den felsigen Berghang, der sich hinter der Zerklüftung hinauf in den Himmel schob.


    "Das Gelände ist schlecht, die Reiter werden noch nicht im Gebirge angekommen sein. Wenn sie nicht zu sehen sind, werden sie sich stattdessen in diesem schluchtartigen Tal herumtreiben."

    Cerretanus war ohne Befehl dem Feind gefolgt. Von der Sache her ein Unding, das würde bei allem Heldenmut einen Anschiss geben, und doch war Stilo froh, dass er es tat und nach dem verlorenen Cinna suchte. Stilo selbst blieb wie angewurzelt bei seiner Einheit - pflichtbewusst, treu und doch nagte der Wunsch, dieses eine Mal anders zu handeln, um Cinna zurückzuholen. Es war aussichtslos - gäbe es eine realistische Chance, würde Bellatus sie ergriffen haben. Hier war Vertrauen gefragt, wo der Verstand versagte.


    Sie brauchten neue Speculatores ... die alten wurden gerade am Verbandsplatz versorgt. Auf ein Neues, keine Zeit für düstere Gedanken. Stilo suchte sich wieder zwei Milites aus. Die Stirn des sonst stoischen Soldaten war tief gerunzelt. Noch war keine Zeit, nachzudenken und etwas zu fühlen. Die Funktion des Optio war nach dem kurzen emotionalen Ausbruch erneut an die Stelle des Menschen getreten.


    "Die Milites Marcus Turius Fimbria und Gaius Sempronius Sophus - ihr übernehmt den Part der Speculatores. Die Kommunikation erfolgt über Pfeilpost. Bezieht auf dem Hügel dort oben Stellung, informiert uns, was die Barbaren und die Kameraden treiben!"


    Und kommt, wenn es keine Umstände macht, diesmal ohne Schlinge um den Hals zurück.


    Stilos Blick strich über die staubigen Reste seiner Männer, als Bellatus die nächsten Befehle gab. Zwei Contubernia sollten sie die Verwundeten zurück ins Castellum schaffen lassen, der Rest würde bleiben. Ihre Einheit schmolz wie ein Eisblock in der Sonne. In kurzer Zeit hatte Stilo sich entschieden, wer den Geleitschutz bilden und die Verwundeten heimbringen würde und diesen aussortiert. Sie unterteilten die Verwundeten in jene, die gehen konnten und jene, die Unterstützung brauchten. Manchmal tat es die Schulter eines Kameraden, manchmal musste eine Trage improvisiert werden. Einen Teil der Ausrüstung ließen sie zurück, abgesehen von Waffen, anders ging es nicht. Das konnte später abgeholt werden. Die zurückbleibenden Milites machten sich bereit, den Einsatz fortzusetzen.

    << RE: Briefkasten & Taubenpost


    Von der Postsammelstelle aus fanden folgende Briefe in Kopie ihren Weg an das Schwarze Brett:


    IN NOMINE IMPERII ROMANI ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ENTLASSE ICH


    VOLUSUS SALIENUS MADARUS (NSC)


    MIT WIRKUNG VOM

    NON IUL DCCCLXXI A.U.C. (7.7.2021/118 n.Chr.)


    EHRENHAFT AUS DEM DIENST ALS


    PRAEFECTUS CASTRORUM

    Legio LEGIO XV APOLLINARIS


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    und


    IN NOMINE IMPERII ROMANI ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH


    LUCIUS IULIUS ANTONINUS


    MIT WIRKUNG VOM

    NON IUL DCCCLXXI A.U.C. (7.7.2021/118 n.Chr.)


    ZUM

    PRAEFECTUS CASTRORUM

    Legio LEGIO XV APOLLINARIS


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    "Die Späher, die gefangen worden sind, müssten wieder hier sein", konnte Stilo gerade noch mit Blick auf die durcheinander liegenden Pferde und menschlichen Körper sagen, als sie erneut Ärger bekamen. Seine Augen weiteten sich und ein Brüllen hallte durch die Steppe, in dem Zorn und Entsetzen gleichzeitig mitschwangen, denn dort wurde niemand anderes als Cinna weggeschliffen!


    Bei der Gelegenheit fiel Stilo auf, dass Cinna sein Großneffe oder so was in der Art war ... Stilos Mutter war eine Umbrena. Andere Leute waren fleißiger in ihren Vermehrungspflichten gewesen als er. Und eines der prächtigen Resultate wurde gerade von Barbaren weggezerrt! Für die Römer ging in diesem Moment scheinbar alles schief. Als Cerretanus durch den Staub kullerte wie ein riesiger Käfer, half Stilo ihm rasch auf die Fuße und dann aufs Pferd.


    "Das ist mein Großneffe, den sie da haben", brüllte er, wenngleich es von der Sache her genau so schlimm wäre, wenn jeder beliebige andere Miles weggezerrt werden würde (mit Ausnahme von Pansa vielleicht, dem kaum jemand nachtrauern würde, nicht einmal seine "Freunde").


    Die multifunktionale Einheit preschte endlich los, den Steppenreitern hinterher. Stilo würde Cerretanus am liebsten bei der Jagd begleiten, um seinen Neffen zurückzuholen, doch es ging nicht - sie konnten nicht zwei Centurien mit einem Centurio allein lassen, der keine sonstige Unterstützung hatte. Und so widmete sich Stilo angespannt der erneuten Sortierung seiner Leute, die ständig durcheinaner kamen und irgendwelchen Unsinn taten, den sie nicht sollten und andere Sachen unterließen, registrierte die Wasserschläuche, die Cerretanus den Verantwortlichen des Verbandsplatzes ausgehändigt hatte, die das Wasser nun sinnbringend und wohldosiert an jene verteilten, die es am nötigsten hatten.


    Und nachdem alles organisiert war und keiner mehr Unsinn machte, blieb Stilo nur, sinnlos herumzustehen, der Jagd aus der Ferne zu verfolgen und auf den nächsten Befehl von Bellatus zu warten, während vor Anspannung seine Fäuste zitterten. Es war doch etwas anderes, wenn ein Verwandter entführt wurde, als wenn das irgendwer war, musste er sich eingestehen. Jetzt professionell zu bleiben und keinen irrationalen Aktionismus folgen zu lassen, stellte ihn auf eine harte Probe.

    Die Situation war grotesk. Sie entlockte Stilo ein Bellen, das ein verkrampftes Lachen war. Während Cimber vermutlich seit Stunden in der Steppe herumirrte, war Cerretanus einmal in die Castra geschleppt worden und bereits wieder zurückgekehrt - auf Pferden und von oben bis unten verstaubt. Dann waren auch noch ihre Speere in der Mitte durchgebrochen und zwei der Milites hielt nur einen Stumpf ohne Spitze in der Hand ... das Trüppchen wirkte wie eine Karikatur der Kavallerie, auf die sie warteten.


    "Die Aushilfs-Turma", grölte Stilo in einem Anflug von Galgenhumor. Damit hatte die Centuria I wieder zwei Führungsoffiziere. Er freute sich, dass Cerretanus wieder wohlbehalten hier war. "Na dann, willkommen zurück!"


    Das versprengte Häuflein der Legio, das irgendwie abhandengekommen war, wurde zurück zu den anderen getrieben. Na klar, der faule Pansa. Sogar zu faul, um in Formation zu bleiben. Was für eine Heldentruppe. Die musste man doch einfach gern haben, aber vielleicht war es auch eine Nebenwirkung des Geschehens, das manchmal seltsame Gefühle verursachte, und morgen schlug Stilo sich bei der Erinnerung stöhnend die Hände vors Gesicht.


    Da der Rest der Steppenreiter ihnen eine Pause ließ, machte Stilo sich daran, seine Leute neu zu sortieren. Die Feldzeichen waren auch noch da. Sein Miles Medicus war dabei, einen provisorischen Verbandsplatz einzurichten, der im Wesentlichen dazu diente, mithilfe der Capsarii die Verletzten gebündelt zu sammeln und am Sterben zu hindern. Viel mehr war in dieser Situation nicht möglich, der Rest kam später im Valetudinarium. Da jedes Contubernium einen Capsarius hatte und keiner von diesen verletzt war, lief alles ganz gut.


    Während sich also im Zentrum der Verbandsplatz bildete, half Stilo dabei, den äußeren Ring zu sichern, wobei er sich an den Schwerpunkten orientierte, die auch Bellatus setzte.

    "ROMA VICTRIX", röhrte auch Stilo.


    Seine Stimme klang heiser vom Staub, hatte jedoch nichts an Kraft eingebüßt. Jetzt hieß es durchhalten oder untergehen. Für Angst war keine Zeit, man handelte und überlebte oder starb. Das zu hinterfragen war nicht drin, Stilo nahm, was kam. Die erste Centuria bekam den Großteil der ersten Welle ab, dann wechselten sie ab mit der zweiten, eine kurze Gefechtsruhe ausnutzend.


    "Die sind fast erledigt."


    Für mehr war keine Zeit, denn das verknäuelte Etwas, das die Frontlinie der Gegner bildete, zuckte noch und machte denen, die dort festhingen, das Leben schwer. Ein paar Reiter waren noch auf den Pferden, die zwischen den Gefallenen herumstolperten und sich erneut denen anschlossen, die außen geblieben waren. Die meisten Pfeile prallten wirkungslos an den großen Schilden der Legio ab, doch Stilo überraschte, dass diese Räuber Nahkampfwaffen besaßen, mit denen sie wenig effektiv auf die Legionäre einhackten. Sie waren zumindest teilweise ausgerüstet wie Krieger und ihr Anführer trug auch eine Standarte, benahmen sich aber so stümperhaft wie ein Plündertrupp. Wer waren die?!


    Ein Teil von ihnen umkreiste noch immer die Centuria, auf eine Gelegenheit zum Angriff wartend. Stilo rief die Befehle für seine Centuria in einer Lautstärke, dass ihm die eigenen Worte im Helm dröhnten, um das Donnern der Hufe zu übertönen und den letzten Zweifler zu erreichen, als die Reiter erneut auf sie zuhielten.


    "CUNEUUUS! Hasta incliniteee!!" Und als die zweite Welle fast heran war: "Sagittiiiiis dimittaaaaas!"


    Einige Pferde stürzten im vollen Galopp nieder, die dahinterkommenden sprangen über sie hinweg und brachen dann in die Formation. Der Aufprall fiel weniger heftig aus als der erste Angriff. Die wagemutigsten Reiter hatten sich schon an der Centuria von Bellatus aufgerieben und es waren insgesamt nicht mehr allzu viele übrig. Trotzdem war die Wucht noch gewaltig und das Geschrei der Pferde tönte fast noch schlimmer als das ihrer sterbenden Reiter.

    "Es gibt keinen treueren Freund als Sabaco und seine rauen Umgangsformen tun dem keinen Abbruch. Er ist momentan in Mogontiacum bei der Classis Germanica stationiert, als Suboptio navalorum. Ich werde ihm demnächst sowieso schreiben. Wir könnten unsere Briefe zusammen abschicken, so zahlen wir nur einmal Porto."


    Stilo, der seinen treuen Brieftauben den Vorzug gab, mochte den Cursus Publicus nicht sonderlich und hatte nicht vor, der Post mehr Geld als nötig in den Rachen zu schmeißen.


    "Wir benötigen allerdings jemanden, der Madara nach Germanien begleitet, wir können sie nicht allein diese weite Reise unternehmen lassen. Ich werde nicht schon wieder frei bekommen, ich bin ja gerade erst vom Adoptions-Urlaub wieder rein. Weißt du jemanden?"

    Stilo stützte nachdenklich eine Hand in die Hüfte, dann grinste er plötzlich.


    "Na klar! Du kennst doch unseren lieben Kumpel Sabaco, den ich in Germania lassen musste. Wie wäre es mit dem? Müsste erstmal nur was Inoffizielles sein in Anbetracht seines Ranges, aber als Eques aus einer namhaften Gens wird er ja sicher irgendwann einmal befördert. Wilde Ehen haben viele und Madara wäre erstmal weg aus der Gefahrenzone. Sie hätte einen schmucken Mann, der auf sie aufpassen kann, ein Tier im Bett, und sie würde Mitglied des Ordo Equester werden!"

    "Diese Räuber wirkten organisiert, meinte Madara. Was sollen deine Freigelassenen und Sklaven gegen einen Haufen organisierter Banditen ausrichten? Verantwortlich war deine Schwester als Herrin des Hauses. Es war klug, dass sie sich nicht die Räuber provozierte, sonst hätten diese Bastarde am Ende euer ganzes Gestüt in Brand gesteckt oder alle Pferde geschlachtet. Zweiundachtzig Pferde sind sehr viel, aber es hätte schlimmer ausgehen können und es sind keine Menschen zu Schaden gekommen, vor allem nicht Madara. Der Räuber hat ihr wohl während des Diebstahls einen Vertrag oder so etwas aufgeschwatzt, falls dir diese Information etwas nützt."


    Nachdenklich rieb Stilo sein Kinn, auf dem ein Rasen schwarzer Stoppeln wuchs. Wurde Zeit, dass er sich in die Thermen begab und wieder zu einem Mensch wurde.


    "Was wir mit Madara machen? Sie gehört von der Sache her unter die Haube. Wir beide leben bei der Legio und meine Brüder sind in Rom und Hispania. Sie benötigt einen Mann, der für sie da ist, Cimber. Darf nicht alles vom Centurio an Rang aufwärts trotz Militärdienst heiraten? Vielleicht können wir ihr hier eine gute Partie für sie organisieren?"


    Stilo sprach selbstverständlich vom "Wir".

    Stilos Schmunzeln verbreiterte sich. Madara hatte seine Andeutung nicht verstanden. Aber sie war auch nicht Sabaco, der die Menschen mit der Präzision eines Filetiermessers lesen konnte, selbst wenn man das so einem Grobholz kaum zutrauen mochte. Sabaco hätte gewusst, was Stilo mit seinen Worten sagen wollte, aber er war nicht hier. Und es war nicht absehbar, wann und ob sie sich je wiedersehen würden. Stilo schob den wenig erbaulichen Gedanken auf Abstand.


    "Deine Idee war tapfer, Madara, aber überstürzt. Doch nun sind wir ja hier und alles ist gutgegangen. Cimber wird aus der Ferne nichts anderes tun können, als eine Brieftaube mit einem entsprechenden Befehl zurück zum Gestüt zu schicken."


    Stilo wies mit dem Daumen nach draußen. Er nahm bei fast jedem Ritt eine oder mehrere schwarze Brieftauben im Transportkäfig mit. Diese würde zwar in der Casa Seia landen, doch die Sklaven würden die Botschaft an das Gestüt weiterleiten.


    "Was Cimber aus den Informationen macht, werden wir sehen. Wichtig ist, dass er es erst einmal erfährt. Du wirst von uns hören, entweder von ihm oder von mir. Also. Man sieht sich."


    Er nahm ihre fleischige kleine Hand, die er sanft drückte. Mit einem Lächeln wandte er sich ab, um Cimber aufzusuchen.


    RE: Baracke der Legionsreiterei >>

    Stilo zeigte ein Lächeln, um die schlimmsten Vermutungen zu entkräften.


    "Niemand ist gestorben. Aber dein Gestüt ist um 82 Pferde ärmer. Ein Überfall. Die Details muss dir Madara erzählen - sie hat mich vom Gestüt aus bis hierher begleitet und wartet im Goldenen Gockel auf dich. Ich wollte sie nicht allein dort zurücklassen. Eure Freigelassenen uns Sklaven haben es nicht vermocht, sie zu schützen, darum dachte ich, dass du mir den Hals umdrehst, wenn ich sie allein in Caesarea zurücklasse."

    << RE: Der goldene Gockel


    Nachdem er Umbrena Madara verabschiedet hatte, brachte Stilo seine Pferde in die Ställe und ließ sie versorgen. Die Tiere waren nach dem Ritt geschafft, brauchten Pflege, Futter und Ruhe. Danach bog Stilo zur Unterkunft von Cimber ein, noch immer staubig und stinkend von der Reise. Das Bad konnte noch ein paar Momente warten.


    "Duplicarius Umbrenus?" Stilo schaute, ob Cimber hier irgendwo anwesend war. Sonst würde er ihm eine Wachstafel hinterlassen.

    "Oder wie abgestorbene Bäume, wenn sie vor einem stehen. Wenn sie liegen, wie ein Stapel ausgebleichtes Brennholz."


    Dürre und blonde Menschen verkörperten in Stilos Augen den Anachronismus jeder Attraktivität. Man sollte nicht oberflächlich sein, sagte irgendwer, aber wen kümmerte es. Stilo fand es in Ordnung, diese Sorte von Mensch hässlich zu finden und den brünetten, sinnlichen Typus wundervoll. Er fand es auch in Ordnung, in Schubladen zu denken. Ein Gegner auf dem Schlachtfeld war ein Feind und fertig. Ob er privat ein netter Kerl war, vielleicht Vater eines Kindes, das ihn mit Piepsstimmchen Papa nannte, war Stilo gleichgültig. Es musste ihm gleichgültig sein. In dieser Weise ordnete er auch sein übriges Leben in simplem Pragmatismus und war damit glücklich.


    "Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Stabsoffiziere ihre Frauen mitbringen. Wer sich denen nähert, braucht hinterher nicht zu heulen. Aber man ist ja in der Castra nicht eingesperrt - außer als Tiro - und der Dienst macht einen müde. So ist die Disziplin eigentlich ganz gut."


    Von seiner eigenen Centuria abgesehen ... oder der ersten. Wer wusste, was die so trieben, wenn die Nacht sich auf Cappadocia senkte.


    "Was auch an diesen herumschleichenden Frauen liegt, wie du sie nennst", ergänzte er. "Sie kosten nicht viel. Manche werden sogar von ihren eigenen Männern geschickt, um auf diese Weise ein paar Asse mit nach Hause zu bringen. Oder von ihren Vätern: Die hoffen auf eine gute Partie unter den Römern, denn wenn ihre Töchter von einem Römer geehelicht werden, erhalten sie das Bürgerrecht mit allem Drum und Dran. Römerinnen gibt es hier wenige, so dass die Chancen dafür nicht schlecht stehen. Und was die übrigen Frauen betrifft ... mal unter uns. Kannst du es jemandem verdenken, einen Mann in Rüstung anziehend zu finden?"


    Er blinzelte Madara zu.


    "Als Sklavin ausgeben, was hast du für Gedanken. Willst du, dass man dich züchtigt und in Schande zurück nach Hause schleift? Wer sich wie eine Sklavin benimmt, wird wie eine behandelt. Du musst dir um das Geld keine Sorgen machen. Ich werde heute für dich bezahlen, so dass du mit der Unterkunft und mit Speis und Trank versorgt bist und lasse dir noch etwas Taschengeld da, falls du in die Thermen baden oder einkaufen gehen möchtest. Ich gehe davon aus, dass Cimber sich die übrige Zeit finanziell um dich kümmern wird. Falls nicht, dann hast du noch mich. Ich komme morgen wieder und schaue nach dem Rechten. Also, ich muss los."


    << RE: Gestüt Umbrena [Villa rustica]


    Da Madara nicht so lange reiten konnte und das Pferd mit dem doppelten Gewicht mehr Pausen benötigte, verbrachten sie für Stilos Verhältnisse wenig Zeit auf dem Pferderücken, dafür umso mehr an den einschlägigen Rastplätzen. Stilo kannte die Einheimischen, wusste, welche für ein paar Sesterze ein Gästezimmer für die Nacht bereitmachten und sie bereitwillig mit Speis und Trank versorgten. So kamen sie aller paar Tage in den Genuss eines festen Daches über dem Kopf und die hygienische Vernachlässigung hielt sich in Grenzen. Wäre er allein geritten oder mit einem Kameraden, hätte das anders ausgesehen und er wäre erst einen Tagesritt vor Satala in einen Haushalt geschlüpft, um nicht völlig abgewrackt im Militärlager anzukommen. Aber das wollte er einer Dame nicht zumuten.


    "Hier sind wir. Satala. Perle des Ostens, Stolz des Kaisers."


    Das staubige Dörfchen von 150 Häusern glotzte ihnen aus plumpen Fenstern entgegen. Im Süden thronte als finsterer Klotz das Castellum der Legio XV Apollinaris, aufgrund von dessen Gegenwart die Siedlung überhaupt erst entstanden war.


    "In die Castra kann ich dich nicht nehmen, du wirst außerhalb auf deinen Bruder warten müssen. Mit einem höheren Rang sähe das anders aus. Der alte Tribun Tuccius lässt seinen reizlosen Stock von einer Frau bei sich wohnen, Aelia Saxa. Du wirst sie erkennen, wenn du sie siehst, ein dürres langes Elend. Ich brauche dir nicht zu erklären, dass sie mit Vorsicht zu genießen ist. Mein Vater sprach: Meide dürre Frauen, sie sind verwurmt und bösartig. Das hätte auch dem Tuccius mal einer sagen sollen, inzwischen sieht er genau so aus."


    Er ließ das Pferd halten, quetschte sich vor ihr herunter und half dann Madara aus dem Sattel.


    "So. Hier sind wir, der Goldene Gockel, die haben Gästezimmer und das Essen ist gut. Hast du genügend Geld bei dir?"

    Stilo beantwortete ihre gesprochenen Gedanken mit einem Lächeln. Madara würde ihrem künftigen Ehemann viel Freude bereiten. Während der gemeinsamen Kindheit hatten sie Spaß beim Spielen und Klettern in den Felsen um Caesarea gehabt, aber Stilo hatte auch mit ihr gemeinsam mit den Puppen gespielt. Dafür war er sich nicht zu schade gewesen für die kleine Herzensschwester. Auch als Erwachsene, nun mit dem erforderlichen körperlichen Abstand, waren Stilo und Madara sich im Herzen unverändert nahe und hatten lange Stunden miteinander gesprochen. Das war nicht mit vielen Frauen möglich für den introvertierten Stilo. Er würde ein kritisches Auge auf ihren Zukünftigen haben und Cimber ins Gewissen reden, wenn ihm der ausgewählte Ehemann nicht gefiel. Das nahm er sich als Wahlbruder heraus. Sie würde an keinen Schläger oder Trinker verheiratet werden und sei er noch so eine "gute" Partie.


    So half Stilo seiner Herzensschwester auf das Pferd. Es würde leiden unter ihrem Gewicht, doch hier genoss der Mensch gegenüber dem Tier Vorrang.


    "Ich dachte, das Mädchen solle für dein Wohlergehen sorgen. Dein Haar bürsten und was so alles anfällt. Aber du kannst auch am Damentag in die Therme von Satala gehen, sie haben dort fähiges Personal und sehr klares Wasser. Ich bin gern dort."


    Er kletterte mit einigem Umstand vor Madara auf das Pferd. Hinter ihr zu sitzen wäre unanständig, außerdem musste sie sich an ihm festhalten können, denn sie war keine Reiterin. Ob das Pferd diesen Ritt gesund überstehen würde, war fraglich, aber es ging nicht anders, es würde sich mit dem Packpferd abwechseln. Langsamer als geplant begann Stilo seinen zweiwöchigen Heimritt nach Satala, aus dem nun drei Wochen wurden.


    RE: Der goldene Gockel >>