Beiträge von Sisenna Seius Stilo

    Nach dem Überfall


    Das Leben musste weitergehen. Der Überfall während des Übungsmarsches war kein Grund, die Soldaten zu schonen, im Gegenteil. Ein gleichmäßiger Alltag bot die Verlässlichkeit der Routine und hielt sie in Form. Er verhinderte auch, dass man zu viel Zeit zum Nachdenken fand. Und doch, etwas nagte an Stilo, suchte ihn in Momenten der Stille heim, ohne sein Gesicht zu zeigen.


    Er ging am Lararium in sich, suchte Zwiesprache, fand Schweigen.


    RE: [Baracke] Cohors IV · Centuria II >>

    Ja, das hatten sie. Auch Stilo war froh über diese Truppe und blickte erschöpft, aber stolz auf sie. Es waren ungeschliffene Rohdiamanten ... zumindest ungeschliffenes Katzengold. Der faule Pansa würde zu müde sein, um irgendwen zu drangsalieren. Die Verletzungen würden heilen, hoffentlich ohne Folgen. Sie hatten ihre Sache gut gemacht.


    Nur in einer Sache irrte der Centurio, denn auch Stilo war freiwillig hier. Dies war seine Heimat und er hatte in der Legio XV Apollinaris seine Grundausbildung absolviert, ehe man ihn in die Legio IX Hispana versetzt hatte. Nun war er wieder hier. Entweder saß ein Stümper im Planungsbüro oder es gab Gründe, die er nicht verstand, um einen Legionär von A nach B quer durchs Imperium zu versetzen. Cappadocia war sein zu Hause.


    Als das Kommando kam, dass sie wegtreten durften, geisterte er noch ein wenig auf dem Campus herum. Er wechselte ein paar persönliche Worte mit denen, die er inzwischen etwas besser kannte, ehe er sich in sein Contubernium verzog, um die Ausrüstung abzulegen, zu reinigen und schließlich in die Thermen zu gehen, wo er den Tag ausklingen lassen würde. Er würde schlafen wie ein Stein.


    Ganz im Gegensatz zu Zambascha, der heute gelernt hatte, was es hieß, sich Rom entgegenzustellen.

    Stilo ließ sich widerstandslos von Madara festhalten. Warum sollte er sich losreißen, er genoss ihre Nähe ja. Und so war es nicht sein Vergehen, wenn sie es war, die diese Nähe suchte und aufrechterhielt. Darin, Verantwortung abzuwälzen, war er gut ... auch das hatte Madara richtig erkannt.


    "Ob ich dich nach Germania begleiten will, steht leider nicht zur Debatte. Ich bin gerade erst von der Legio IX Hispana hierher versetzt worden. Wo ich diene, wo ich lebe, liegt in der Hand Roms. Allenfalls könnte ich freundlich um eine Versetzung bitten. Bei meinem lieben Freund Tuccius." Er grinste, denn der Tribun war alles, nur nicht sein Freund. "Sonst hätte ich dich gern begleitet, mit Cimber, Cinna und der ganzen Bande.


    Natürlich passt Sabaco zu dir, ich sagte doch, er ist ein guter Mann und es liegt an dir als seine Ehefrau, ihm die überzähligen Marotten auszutreiben. Ihm würde es sicher ebenso gefallen, uns alle wiederzusehen, man könnte dann auch gleich die Hochzeit feiern. Eine schöne Vorstellung. Und weißt du, wer auch in Germania dient? Mein kleiner Adoptivsohn Fango."


    Den er adoptiert hatte, weil er sicher war, aufgrund seiner ständigen Unentschlossenheit niemals zu heiraten, aber nicht ohne Erbe dastehen wollte, falls ihm etwas zustoßen sollte. Neben all den offiziellen, selbstlosen Gründen, die er so von sich gab ... der Junge brauchte einen Vater ... und Stilo einen Erben. "Hätten wir beide geheiratet, wärst du seine Mutter geworden. Wir hätten ihm ein wundervolles Geschwisterchen geschenkt."


    Inzwischen hatte Madara ihn losgelassen und sich bei ihm eingehakt, ein Zeichen, nun doch endlich mal aufzubrechen ... und Stilo plauderte ... und plauderte ...

    << RE: Irgendwo zwischen Nichts und Gar Nichts


    Endlich daheim. Die Gesichter der Soldaten zeigten deutliche Anzeichen von Freude. Die beiden erschöpften und verstaubten Centuriae marschierten in Richtung Campus ... ob sie noch mal antreten sollten, damit der Centurio sie mit ein paar abschließenden Worten formal in den Dienstschluss entließ, oder ob sie einfach dran vorbeilatschen sollten und jeder für sich in der Castra verschwand, musste der Centurio festlegen.


    Die Reiterei war nirgends mehr zu sehen ... wäre auch wenig erbaulich gewesen, selbst für den Maßstab der lahmarschigen Reiterei der Legi XV Apollinaris. Stilo fragte sich, ob der lästige Räuber schon verhört wurde oder ob man ihn noch irgendwo schmoren ließ.

    Überreste einer Reiseausstattung? Also diese Räuber gingen Stilo langsam gegen den Strich. "Gefechtsbereitschaft auflösen", brüllte er.


    Seine Stimme klang von dem Staub, der Anstrengung und Gebrülle wie die eines Säufers, obwohl Stilo maßvoll trank. Immerhin brauchte er jetzt niemanden mit seinem Rebstock von A nach B schieben - das Auflösen funktionierte ganz vortrefflich, wie er in bitterer Ironie feststellte. So führte er die Männer durch die Steppe des Hochlands in Richtung Castra.


    Innerlich grinste Stilo vor sich hin, weil er mit dem Namen seines Vorfahren angesprochen worden war. Bellatus war nicht der Erste, dem das passierte, aber Stilo nahm es mit Humor. Seianus war ein Mann gewesen, auf den seine Gens stolz sein konnte, ganz gleich, was die Propaganda behauptete. In ihm hatte mehr Römer gesteckt als in den meisten anderen.


    Wenig später war der Centurio wieder zu ihnen zu gestoßen. Stilo schaute nachdenklich auf die Ausrüstung, die der Centurio in der Hand trug. Na, er würde schon reden, wenn er es für wichtig hielt, auch ohne, dass Stilo ihn löcherte. Gemeinsam ging es ohne weitere Zwischenfälle heimwärts.


    Rückkehr nach dem Übungsmarsch >>

    "Vater müsste das Arrangement der Hochzeit eigentlich übernehmen, aber er meint es gut und sagt, ich solle selbst einen Vorschlag machen und er würde danach entscheiden. Das trifft auf all seine Söhne zu, er lässt uns die Wahl, so lange die Frau nur standesgemäß ist und familienpolitisch alles passt. Aber das kann ich nicht. Ich kann nicht herumlaufen und irgendwelche Väter fragen, ob sie mir ihre Tochter zur Frau geben wollen. Dagegen spüre ich einen inneren Widerstand, vermutlich, weil ich die Richtige noch nicht gefunden habe. Will ich sie suchen? Nein ... Ich freue mich über das, was ich habe und was die Götter mir schenken."


    Ein letztes Mal küsste er Madaras schönen Mund. Er ließ sie all die Liebe spüren, die er für sie empfand. Doch dieses göttliche Geschenk würde er weiterreichen an einen würdigeren Kandidaten.


    "Ich werde dich eines Tages besuchen, Madara. Wann, das weiß ich noch nicht, aber ich werde es tun."


    Damit gab er sie frei. Seit Wochen war er nicht mehr so traurig gewesen wie heute, doch er lächelte ihr aufmunternd zu, bot ihr den Arm an und führte sie nach unten, um beim Inhaber der Taberna ihren Aufenthalt zu verlängern. Zmertorix konnte man nicht suchen, wenn er gerade in Caesarea war, er musste von selbst hier vor Ort erscheinen.

    Wie recht Madara hatte. Stilo war ein Mann, den nichts so leicht aus der Ruhe brachte. Er war mit sich und der Welt im Reinen. Doch in seiner ausgeglichenen Existenz fehlte etwas, das ihn lebendig machte, die Farbtupfer. Ohne sie war sein Leben nur ein gleichmäßiger grauer Trott. Man konnte von Sabaco halten, was man wollte, aber langweilig war es mit ihm nie gewesen. Stilo hätte sich oft etwas mehr Monotonie gewünscht, doch nun war sie ihm im Übermaß gegeben. Seine Seele verdorrte hier allein in Cappadocia und seine Wünsche verloren sich in der endlosen Weite der Steppe.


    "Du bist nicht nur eine einfühlsame und wunderschöne Frau, du bist auch mit einem scharfen Verstand gesegnet und Augen, die sehen. Sabaco wird dein Anker sein, denn ich kann niemandem Halt geben. Ich benötige ihn selbst. Wenn ihr glücklich in Germania im Garten eurer Casa auf einer Sonnenbank liegend nach Südosten blickt, denkt manchmal an mich."

    Madara fasste Stilos größtes Problem treffend zusammen. Im Allgemeinen war er ein Mensch, der Zufriedenheit ausstrahlte. Doch ihm fehlte der rote Faden, etwas, das ihm wichtiger war als all die anderen Dinge, mit denen er sich alltäglich so befasste. Was wünschte er? Was wollte er aus ganzem Herzen, nicht nur im Augenblick? Er verstand sich mit jedem, war aber niemandem nahe. Er erledigte alles, aber nichts aus ganzem Herzen. Wofür kämpfte er, wofür lebte er? Stilo wusste keine Antwort. Voller Bitterkeit erkannte er, dass er seinen roten Faden in Germania zurückgelassen hatte. Er betrachtete Madaras schönes Gesicht, strich ihr über die Wange und schämte sich.


    "Natürlich möchte ich dich behalten, obwohl ich weiß, dass ich es nicht kann. Ich möchte dir Honig kredenzen und Küsse rauben. Warum bis zur Hochzeitsnacht warten, wenn es genügend Wege gibt, die Jungfräulichkeit zu wahren? Ein guter Liebhaber weiß das. Aber würde ein würdiger Ehemann so denken? Würde ein würdiger Bruder so denken? Du verdienst Besseres als mich."


    Und Cimber auch, wie Stilo bitter resümierte.


    "Hör zu, mein Schmetterling. Sabaco wirkt manchmal derb, aber er wird besser für dich da sein, als ich es könnte. Seine Liebe ist kompromisslos. Ich bin wie ein losgerissenes Boot, das mit der Strömung durch die Zeiten treibt. Er aber ist der Anker am Grund und die Kette, die einen auch bei reißender Strömung hält. Das ist es doch, was du dir wünschst?"


    Während die Reiter sich zügig mit den Schwerverletzten und ihrem Gefangenen der Castra näherten, quälte die verbliebene Kohorte sich mühsam zu Fuß durch den Nachmittag. Die Sonne sank, die Soldaten schoben lange Schatten vor sich her. Ein Blinken auf einer Hügelkuppe riss Stilo aus der meditativen Lethargie des Marschierens. Er stöhnte gequält. Doch die Art, wie der Späher mit seinem Spiegel blinkte, ließ zu seiner Erleichterung nicht auf Gefahr schließen.


    "Centurio", meldete er, "Lichtsignale des Spähtrupps südwestlich von uns."

    Stilo hielt nun ganz still, von zärtlichen Bewegungen seiner Lippen abgesehen und vom leichten Massieren von Madaras Hals mit dem Daumen, auf dem immer noch seine Hand lag. Wie oft hatte er sich diesen Moment ausgemalt? Nun war er hier und in seiner Süße tausendfach köstlicher als in seiner Vorstellung. Wie vorsichtig er mit ihr war, genau wissend, dass man eine Jungfrau nicht zu sehr bedrängen durfte, denn sie fühlte jede Berührung noch tausendmal so stark wie er selbst.


    Er war ein schrecklicher Mann ... ein Schlitzohr, was er selbst verharmlosend als Pragmatiker bezeichnete. Nun hatte er es geschafft, hatte sie so weit, dass sie seine Nähe suchte, die er sich so wünschte, dass sie seine Zärtlichkeit genoss und er schämte sich nicht, die ihre zu genießen. Als ihre Lippen sich voneinander gelöst hatten und Madaras Wangen heiß glühten, rieb er sanft seine Nase an ihrer.


    "Ich habe uns ganz schön in die Patsche manövriert", gab er zu.

    Das Klammern von Madaras warmem Händchen um seinen Bizeps verfehlte nicht seine Wirkung. Wenn eine Frau sich so an einem festhielt, dann war das eine starke Botschaft. Madara wollte nicht, das er ging. Und er wollte das auch nicht. Stilo fällte eine pragmatische Entscheidung. Mit dem freien Arm drückte Stilo die Tür wieder zu. Rums. Ausgesperrt war die Welt.


    Er drehte sich Madara entgegen und seine Augen suchten die ihren. Seine Hand schob sich sanft an ihrem Hals entlang, unterhalb des Ohres blieb sie liegen, wo die Haut ganz warm war von dem dichten offenen Haar. Cimber würde ihn hierfür lynchen und Stilo war es egal. Er küsste Madara auf die Stirn, die Schläfe, die Wange, sah sie mit fiebrigem Blick an. Den letzten Kuss sparte er auf.


    "Zmertorix wird seine Zeit brauchen, er ist Klamotten einkaufen. Falls du daran auch so viel Freude hast wie er, werdet ihr beide euch unterwegs nicht langweilen. Es kann dauern bei ihm, vielleicht kommt er erst in vielen Wochen zurück. Möchtest du uns wirklich schon verlassen?"

    Sie umarmte ihn in einem sehr ungünstigen Moment. Er versuchte, seine Hüfte nach hinten rauszustrecken, aber ihre üppige Statur machte den Plan dahinter obsolet. Madara presste ihren weichen Bauch gegen seine Erregung. Er grinste entschuldigend, ließ es sich jedoch nicht nehmen, die Umarmung aus vollen Zügen zu genießen.


    "Zmertorix ist ein guter Freund. Momentan weilt er in Caesarea, wollte aber bald zurück nach Satala kommen. Du wirst ihn mögen."


    Und viel wichtiger - er war keine Konkurrenz. Stilo drehte den Kopf in Richtung ihres duftenden Haares, das seine Nase und seine Lippen kitzelte, und legte die Hände auf ihren weichen Rücken. Er war gerade sehr glücklich. Die Umarmung war ganz von Madara ausgegangen, Cimber konnte nichts sagen. Stilo wäre ein Narr, würde er den Moment nicht nutzen.

    Stilo mischte sich nicht weiter in das Geschehen zwischen Bellatus und Cerretanus ein. Er hatte damit zu tun, seine Leute zu sortieren, die ihm immer noch wie ein Sack Flöhe vorkamen und ständig irgendetwas taten. Sah er mal eine Minute nicht hin, weil er den davonreitenden Equites nachblickte, hatten sie schon wieder irgendwas gemacht.


    "Leute ... in Formation bleiben", maulte er etwas genervt und piekste jemanden mit dem Optiostab in den Rücken, um ihn zurück in die Reihe zu schieben.


    Die Nachmittagssonne brachte noch keine Kühlung. Meile um Meile ging es zurück durch Hitze und Staub. Stilos Zunge fühlte sich so trocken an wie eine Socke im Mund und sie schmeckte auch so ähnlich. Daheim in der Castra würde er erst einmal literweise trinken und sich dann ins Kaltwasserbecken der Therme werfen, in dem sich vermutlich die gesamte Kohorte drängen würde.

    Tja, wer sollte Madara begleiten. Es kamen nur Männer infrage. Ein Haufen Frauen wäre nicht sicher und irgendwer musste die Geschäfte für Madara erledigen und so weiter.


    "Cimber hat wieder mal nichts organisiert, wie es aussieht", stellte er mit einer gewissen Resignation fest und stemmte eine Hand in die Hüfte.


    Was war nur los mit dem Bruder. In letzter Zeit wirkte er ziemlich durcheinander. Hatte es irgendeine Veränderung gegeben? Oh ja, das hatte es. Stilo glaubte zu wissen, wie er das Problem des verwirrten Bruders lösen konnte und zeitgleich Madara anständig nach Germania gelangen würde - zwei Fliegen mit einer Klappe.


    "Zum Glück hast du mich", trumpfte er auf. "Nimm Zmertorix mit."

    Wäre ... hätte ... Stilo mochte keine Konjunktive. Sie bargen oft frustrierende Tatsachen. Er beugte sich hinab, weil Madara kleiner war als er, und drückte sich so enger in ihre Umarmung. Mit einem tiefen Atemzug nahm er den Duft ihres Haars wahr und ihrer weichen Haut. Er ließ jedoch ohne Widerstand zu, dass Madara kurz darauf wieder auf Abstand ging. Stilo nahm wieder eine aufrechte Haltung an. Sein Lächeln ließ nicht erkennen, wie es ihm gerade ging.


    "Ein Heim ist das Wichtigste, Madara. Was ansonsten auch an einem reißen mag, so lange es einen Ort gibt, den man zu Hause nennen kann, mit einem warmen Herdfeuer und einem lächelnden Gesicht, ist alles irgendwie zu ertragen. Der einzige Wunsch, den ich in diesem Leben habe, ist, eines fernen Tages nicht niedergestochen im Staub zu sterben oder allein in einem Valetudinarium, sondern zu Hause im Kreis meiner Lieben."


    Ein paar Wünsche mehr hatte er in Wahrheit schon, doch die taten gerade nichts zur Sache.


    "Rechtschaffen ist Sabaco nicht, aber vielleicht wird er es ja mit dir an seiner Seite." Er blinzelte etwas. "Natürlich werde ich dir schreiben."


    Galant öffnete er ihr die Tür, um sie hinaustreten zu lassen in ein Leben ohne ihn. Als sie an ihm vorbeiging, strich sein Blick voll Sehnsucht über ihre schweren Brüste und über ihre ausladenden Hüften, die bei jedem Schritt einladend hin und her schwenkten. Ein Ziehen im Schritt mahnte ihn, dass er zu genau hinsah, doch wen kümmerte es. Für die nächsten Jahre würde er Madara überhaupt nicht mehr sehen. Sie hätte ihm kräftige Söhne geboren und gesunde Töchter. Nun würde Sabaco diesen Körper genießen und es würden seine Söhne und Töchter sein, die Madara austrug. Noch mehr Konjunktive. Stilo hoffte, dass Sabaco wusste, was für ein Geschenk Stilo ihm in Gestalt von Madara nach Germania schickte.

    Das Baby war zurück und Cimber auch. Ein Felsblock fiel von Stilos Herz. Das Schlimmste schien überstanden zu sein, wenn nicht noch eine finstere Überraschung auf sie lauerte. Damit rechnete er allerdings nicht. Trotz ihrer anfänglichen Entschlossenheit war der Räubertrupp am Ende wie die Hasen in alle Richtungen geflohen. Dass sie irgendwo nennenswerte Verstärkung postiert hatten, war unwahrscheinlich, das war schließlich keine Armee. Trotzdem ergriff der Centurio für alle Fälle Vorsichtsmaßnahmen, deren Inhalt Stilo nun stimmgewaltig weitergab, auch wenn er inzwischen reichlich heiser war.


    "BOGENSCHÜTZEN", brüllte Stilo. "Ausrichten, blick nach vorn! Schießen erst auf Befehl vom Centurio!"


    Er machte einen langen Hals, beobachtete, wie sich die erschöpften und verdreckten Männer sortierten. Überrascht hob er die Brauen. Das sah erstaunlich gut aus. Irgendetwas machte ihnen Mut, vielleicht das Eintreffen der Kavallerie, vielleicht die Tatsache, dass Cerretanus erfolgreich zurückgekehrt war und nicht nur Cinna, sondern den Räuber obendrein mitbrachte.

    Entwaffnet ließ Stilo die Schultern sinken. Sein für andere bisweilen wenig amüsanter Humor basierte darauf, dass er Dinge humoristisch verpackte, die ihm andernfalls zu nahe an die Substanz gehen würden. Doch wie sollte Madara verstehen, warum er so austeilte, wenn sie die Wahrheit nicht kannte. Er gab ihr einen freundlichen Wink mit dem Kopf und gemeinsam gingen sie noch einmal in das gemietete Zimmer. Es wurde Zeit, ihr etwas zu sagen. Nachdem er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, umfasste er ihre fleischigen Händchen, zog sie an sein Gesicht und küsste sie.


    "Vergib einem Hammel sein schroffes Gebaren. Wäre ich nicht in der Legio festgekettet, hätte ich bei Cimber um deine Hand angehalten, Madara. Ihm einen anderen empfehlen zu müssen, das war für mich nicht leicht. Aber wenn ich es schon tun musste, dann den Besten, den ich kenne. Sabaco ist ein Guter und die Gens Matinia hat zahlreiche Ritter und Senatoren hervorgebracht. Sie sind steinreich. Du wirst deinen Mann glücklich machen, daran habe ich keinen Zweifel. Und falls er dich doch mal zum Weinen bringt ... sagst du mir Bescheid. Dann komme ich nach Germania und rede ein ernstes Wörtchen mit ihm."