Beiträge von Galeo Seius Ravilla

    Dass jenes finstere Gewölbe erneut seinen Schlund aufgerissen hatte, überraschte Ravilla. Mit einer gewissen Verstörung gedachte er des verfluchten Dolches, welchen er heute bei sich trug, da er ihn loszuwerden beabsichtigte. Oft hatten seine Schritte ihn an der alten Villa vorbeigeführt, stets war die Katakombe verschlossen gewesen, doch kaum trug das unheilvolle Eisen er bei sich, lud die Tiefe ihn ein, hinabzusteigen. Fast schien es, als hätte Pluto seine Hand im Spiel, von dessen Altar die Waffe einst stammte. Anaxis hatte die Führung angegeben, trat als erster hinein, gefolgt vom Seius, der in Argwohn sich umsah. Friedlich und ruhig wie ein Mausoleum lag dieser eigenwillige Keller.


    Doch dort - Feuerschein? Gesang?


    Erstaunen zeigte sich nun in seinem Antlitz. Anaxis trat auf ein Zeichen seines Herrn beiseite, um ihm den Weg freizugeben, als er der Zwiebelprinzessin gewahr wurde. Und während der Sklave dezent im Hintergrund verharrte, trat Ravilla gemessenen Schrittes nach vorn, um in einer höflichen Entfernung stehenzubleiben.


    "Mir scheint, wir sind uns in der Vergangenheit bereits begegnet", erklang in ruhigem Ton sein Gruß. "Erinnerst du dich meiner? Traurig waren die Umstände zu jener Zeit, besser sind sie hoffentlich in diesen Tagen. Gestattest du mir, näherzutreten und mich ein wenig zu dir zu gesellen?"

    Ein etwas breiteres Lächeln als üblich zierte Ravillas Gesicht, als der Praefectus Urbi ihm den Dolch auf die Brust setzte. Tief und wissend war der Blick seiner dunklen Augen. Dass Claudius Menecrates nun vor aller Augen und Ohren von Ravilla ein klares Bekenntnis zu einem der vertretenen Lager des Senats forderte, die dieser noch gar nicht kannte, war etwas, dem der Seius nur entwaffnend gegenüberzutreten vermochte. Völlig außer Frage stand jedoch, ein klares Bekenntnis von sich zu weisen, ohne sich gleichsam als Klient der Flavii Gracchii senior et minor zu disqualifizieren.


    "Das Motto der Gens Seia lautet: Virtute et fidelitate. Tapferkeit und Treue, womit gleichsam jene zwei Tugenden definiert werden, welchen wir besondere Bedeutung beizumessen pflegen. Die Treue eines Seius gilt jenen Menschen, welche uns gleichsam ihre Unterstützung erweisen. Doch darf das Gelöbnis der Treue auch von oben nach unten hin verstanden werden. Auch unseren Untergebenen gilt unsere Loyalität. Wir werden jene, die sich unserer Fürsorge anvertrauten, nicht fallen lassen."


    Somit hoffte Ravilla zufriedenstellend geantwortet zu haben - sein Lager würde jenes der Flavii Gracchii senior et minor sein. Einen gewissen Spielraum schloss dies in seinen Augen nicht aus, denn kein derartiges Bündnis implizierte marionettengleiches Sklaventum unter freien Römern. Doch eine deutliche Opposition wollte in besonderem Maß überlegt sein und war als negativ konnotiert anzusehen.


    "Tradition und Veränderung sind nicht zwingend zwei Pole einer Skala. Manchmal sind Veränderungen erforderlich, um eine gebrochene Tradition wiederherzustellen. Manch Veränderer mag sich im Herzen als Traditionalist entpuppen."

    Dankbar ob des Zuspruchs neigte Ravilla ein wenig das Haupt. Optimismus legte sich gleich einem weichen Seidenschleier um seinen rege arbeitenden Geist.


    "So darf ich vorschlagen, das heutige Gespräch zu beenden in der Aussicht, bald wieder miteinander so angenehm zu konversieren? Spätestens bei der Cena sollte sich erneut Gelegenheit bieten."


    Wenngleich der Anlass eher formeller Natur war, so war es doch üblich gegen Ende solcher Veranstaltungen, wenn die Weinkaraffen weniger Inhalt aufwiesen als zu Beginn, informellen Gesprächen in aufgelockerter Stimmung zu frönen.

    Als die Pflichten der Einarbeitung in sein neues Amt es zuließen, folgte Ravilla dem Angebot von Herius Claudius Menecrates, diesen in der Praefectura Urbis aufzusuchen. Zu diesem Zweck musste er zunächst die Porta der Castra Praetoria passieren. Wie stets so wandelte auch heute sein Sklave Anaxis an seiner Seite, diente gleichsam als Leibsklave, Scriba und Gesellschafter, lauschte den Erörterungen seines Herrn und gab findig Antwort. Lediglich seine Handschrift ließ nach wie vor zu wünschen übrig, was Ravilla dazu brachte, einen andern Sklaven die Notizen des Anaxis in Reinform zu übertragen, doch sollte dies hier und heute nicht zu Problemen führen.


    Der Perser meldete seinen Herrn an der Porta an, zeigte auf Wunsch auch das Schreiben vor, während Ravilla darauf wartete, hineingebeten zu werden.

    Ravilla nickte und nahm den dargereichten Brief sogleich entgegen. Erfreut studierte er die Zeilen. Einige Sesterze aus dem privatem Fiscus des frisch berufenen Tresvir capitalis wurden derweil auf einen unauffälligen Wink hin durch Anaxis an den tüchtigen Boten überreicht.


    "Ich bedanke mich. So du dem Praefectus Urbi Kunde zu überbringen beauftragt wurdest, so sage ihm, ich werde zeitnah erscheinen, um zu verhüten, dass er sich allzu viele Stunden freizuhalten gezwungen ist. Vale bene, guter Mann."


    Damit war dieser entlassen und der nächste Besucher an der Reihe.


    Ravilla würde der Einladung in Bälde folgen.

    Ravilla erschien in einer orangefarbenen Toga, unter der er eine braune Tunika trug. Etwas Goldstaub auf Wangen und Kleidung durfte nicht fehlen zu diesem Anlass. Ein etwas herbes, aber keineswegs streng duftendes Parfum rundete die herbstliche Komposition ab.


    Sein Sklave Anaxis war in Braun und Dunkelgrün gewandet, eine glänzende Pluderhose und gut sitzende Wickeljacke, um sich optisch in das lebende Kunstwerk, welches der Seius darstellt, zu fügen. Da die Temparaturen empfindlich kühl sind, ward ihm nun gestattet, etwas mehr Kleidung zu tragen als er es üblicherweise musste, um orientalischen Klischees zu genügen. Beide waren, wie zu den meisten Anlässen, stark geschminkt.


    Der Niedere trat an den Prätorianer heran, grüßte und zeigte die Einladung zur Audienz, welche seinem Herrn vor kurzem zugestellt worden ist:


    Ad

    Vigintivirum

    Galeo Seius Ravilla

    Villa Flavia Felix


    Procurator ab Epistulis s.d.


    Ich habe die Ehre, dich hiermit

    zu deinem Amtsantritt als Vigintivir,

    zugeteilt zu den Tresviri Capitales,

    zu einer kaiserlichen Audienz in

    die Casa Flaviana zu bitten.


    Dieses Schreiben gilt als Legitimation für den Eintritt.

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    Praefectus Urbi

    Herius Claudius Menecrates

    Castra Praetoria

    Roma


    Roma, ANTE DIEM IV ID OCT DCCCLXXI A.U.C. (12.10.2021/118 n.Chr.)


    Bitte um ein persönliches Gespräch


    Verehrter Praefectus Urbi Claudius Menecrates,


    im Zuge des Beginns meiner Magistratur als Tresvir capitalis bitte ich um eine persönliche Unterredung, um die Arbeit aufeinander abzustimmen.


    Mit vorzüglicher Hochachtung


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    TRESVIR CAPITALIS


    Vor jeglicher schweren Strafe, selbst von Sklaven, fand ein richterliches Verfahren statt.


    In der Basilica an der Mänischen Säule befanden sich drei Tribunale, auf denen die erhöhten Sitze der Tresviri standen. Hier saß nun Ravilla mit seinen beiden Kollegen. Ihre Arbeit umfasste den polizeilichen Teil, womit sie sich von den Aedilen unterschieden, deren enge Mitarbeiter sie waren. Sie schritten ein aufgrund erbrachter Anzeige, aber auch ohne diese. Gegen Sklaven, aber auch gegen römische Bürger konnten sie ermitteln und über diese urteilen. Summa summarum lag das hauptstädtische Kriminalwesen in ihrer Hand.


    Nach Sitte aller römischen Beamten richteten sie einzeln, wobei die Erlaubnis des gegenseitigen Einspruches vorlag. Jene Übeltäter, welche des Nächtens von den Gehilfen der Tresviri aufgegriffen worden waren, oder diejenigen, welche von den Geschädigten vor sie geführt wurden, brachte man vor das Tribunal eines der Drei. Umgeben von einem Beirat hörte dieser sich geduldig Anklage und Verteidigung an. Genaues Zuhören stellte fortan Ravillas wichtigstes Handwerkszeug dar, lange noch, bevor er die Stimme erheben und das Urteil sprechen würde.


    Römische Bürger, Fremde und Sklaven erschienen gleichermaßen vor den Dreien. Spezielle Redner übernahmen die Verteidigung, sofern der Angeklagte einen solchen für sich gewinnen und diesen bezahlen konnte. Allein die Wahl des Redners entschied nicht selten das Schicksal von Kläger und Angeklagtem. Cicero hatte von diesen Rhetoren in Verachtung gesprochen und sich selbst nie dazu herabgelassen, vor den Tresviri sein Genie zu beweisen. Dass auch die Zahlung beträchtlicher Summen die Waagschale in die eine oder andere Richtung zu kippen imstande war, war kein Geheimnis, was den Begriff des Rechts in philosophische Ebene hob. Ravilla nahm diesen Umstand mit Gelassenheit. Nichts anderes war er aus der kappadokischen Heimat gewohnt, wo das Machtgefüge der Tempelfürsten keineswegs anders funktionierte.


    Er tauschte mit seinen beiden Kollegen Blicke und auch ein Lächeln, im vollen Bewusstsein, heute das eine oder andere Lächeln auszulöschen - als Sohn kappadokischer Tempelfürsten nichts, das sein eigenes Lächeln mindern könnte.


    Der erste Kläger trat vor das Tribunal der Drei.

    Die Rückfrage besaß freilich ihre Berechtigung, denn eine Äußerung, wie Ravilla sie hatte verlauten lassen, war zunächst nichts als eine Phrase, die alles und nichts bedeuten mochte, eine Worthülse, wie man es im Volksmund nannte. Natürlich wollte der Praefectus Urbi evaluieren, inwieweit diese eine Füllung besaß.


    "Im Wesentlichen spreche ich natürlich von einem gesunden Bewusstsein für den Mos maiorum, der letztlich nicht allein im religiösen Kontext dazu dient, den Frieden mit den Unsterblichen zu wahren, sondern auch den weniger sakralen Alltag eines jeden Römers durchdringen sollte. Eine gute Orientierung für die Pflege der Traditionen bieten die römischen Tugenden.


    Bevor ich dich mit einem allgemeingültigen Vortrag langweile über jene Dinge, die ein jeder von uns mit der Milch seiner Amme aufgenommen haben sollte, gestatte mir bitte die Rückfrage, ob du auf etwas Bestimmtes abzielst, das in diesem Zusammenhang von Interesse für dich ist?"

    Da Ravilla die Gestaltung der Atmosphäre anvertraut ward, sinnierte er über die ihm sich reizvoll darbietenden Optionen. Ginge es allein nach den Motiven seines persönlichen Gustos, so würde die kleine Feierlichkeit nicht schillernd genug sein können was Sinnesreize anbelangte. Farbenpracht, Duftkompositionen, Klangweberei und Geschmacksreisen, selbst die haptischen Aspekte des Mobiliars, der Kleidung und der Speisen floss in seine Betrachtung ein. Zu seiner Kümmernis empfand der durchschnittliche Stadtrömer jedoch bereits jene Eindrücke, die Ravilla als hauchfeinde Dezenz erachtete, als überwältigenden Kitsch. Man mochte meinen, Römer würden im Westen und Osten des Reiches als zwei unterschiedliche Spezies existieren, deren Sinnesorgane voneinander differierten, doch freilich war Ravilla sich im Klaren darüber, dass es allein die kulturelle Prägung war, welche diese Differenzen induzierte.


    "Mir will scheinen, ein Plan formiert sich in meinem Geist, nimmt wie sich verdichtender Nebel eine Gestalt an, doch bedarf er noch einiger Zeit der Reife, ehe in Manifestation er münden wird. Möge es ein vergnüglicher Abend werden, wenngleich ich nicht verhehlen möchte, dass mich die Aussicht, solch, wie du sie zu Recht nennst, honorigen Gäste zu empfangen, auch mit einem Quantum an Nervosität erfüllt." Insbesondere freilich im Hause seines Mentors und seines Patrons, die er gleich mit blamieren würde, sollte ein Fehltritt ihm selbst unterlaufen, was die Götter verhüten mochten. "Doch der Mensch wächst mit seinen Aufgaben, nicht wahr? Wer hoch hinaus möchte, sollte eine Leiter mit nicht zu kleinen Sprossen wählen, sonst wird er zu Lebzeiten nicht sehr weit gelangen."

    Auch Ravilla ließ seinen Schwur folgen:


    "EGO, Galeo Seius Ravilla, HAC RE IPSA DECUS IMPERII ROMANI

    ME DEFENSURUM, ET SEMPER PRO POPULO SENATUQUE

    IMPERATOREQUE IMPERII ROMANI ACTURUM ESSE

    SOLLEMNITER IURO.


    EGO, Galeo Seius Ravilla OFFICIO Tresvir capitalis IMPERII ROMANI ACCEPTO,

    DEOS DEASQUE IMPERATOREMQUE ROMAE IN OMNIBUS MEAE VITAE

    PUBLICAE TEMPORIBUS ME CULTURUM, ET VIRTUTES ROMANAS

    PUBLICA PRIVATAQUE VITA ME PERSECUTURUM ESSE IURO.


    EGO, Galeo Seius Ravilla RELIGIONI ROMANAE ME FAUTURUM ET EAM

    DEFENSURUM, ET NUMQUAM CONTRA EIUS STATUM PUBLICUM ME

    ACTURUM ESSE, NE QUID DETRIMENTI CAPIAT IURO.


    EGO, Galeo Seius Ravilla OFFICIIS MUNERIS Tresvir capitalis

    ME QUAM OPTIME FUNCTURUM ESSE PRAETEREA IURO.


    MEO CIVIS IMPERII ROMANI HONORE, CORAM DEIS DEABUSQUE

    POPULI ROMANI, ET VOLUNTATE FAVOREQUE EORUM, EGO

    MUNUS Tresvir capitalis UNA CUM IURIBUS, PRIVILEGIIS, MUNERIBUS

    ET OFFICIIS COMITANTIBUS ACCIPIO."


    Sim-Off:

    ÜBERSETZUNG DES AMTSEIDS:

    Sim-Off:

    Ich, Galeo Seius Ravilla, schwöre mit diesem Eid feierlich, die Ehre des Imperium Romanum zu verteidigen und immer zum Wohle des Volkes, des Senates und des Kaisers des Imperium Romanum zu handeln.

    Sim-Off:

    Ich, Galeo Seius Ravilla nehme das Amt als Tresvir capitalis des Imperium Romanum an und schwöre die Götter und Göttinnen Roms, sowie den Kaiser, in meinem ganzen öffentlichen Leben und all meinen öffentlichen Handlungen zu ehren und die römischen Tugenden sowohl im privaten als auch öffentlichen Leben zu befolgen.

    Sim-Off:

    Ich, Galeo Seius Ravilla, schwöre, dass ich die Religio Romana als Staatsreligion beschützen und befolgen werde und niemals öffentlich dagegen verstossen werde, damit sie keinen Schaden erleide.

    Sim-Off:

    Ich, Galeo Seius Ravilla, schwöre ausserdem, das Amt als Tresvir capitalis und alle seine Verpflichtungen mit all meiner Kraft und nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen.

    Sim-Off:

    Auf meine Ehre als Bürger des Imperium Romanum, und vor allen Göttern und Göttinnen des römischen Volkes, und durch deren Willen und Güte, nehme ich das Amt als Tresvir capitalis mit allen damit verbundenen Aufgaben, Rechten, Pflichten und Verantwortungen an.

    "Einen guten Abend auch dir, werter Patron!" Ravilla gesellte sich zu dem Pontifex, so dass sie gemeinsam ein wenig in des Gartens Milde flanieren oder relaxieren konnten.


    "Dein Sohn widmete sich in herzerwärmender Manier all meinen Fragen und half, wo er es vermochte", sprach Ravilla, den die Mühen seines Mentors sehr gerührt hatten. Gleichwohl empfand er eine gewisse Scham, gegen Ende von des Minors Amtszeit diesen seinerseits in für ihn selbst nicht zufriedenstellender Manier unterstützt zu haben. Die Verpflichtungen des Wahlkampfs sowie die zu oft präsente Pein des Lichts hatten Ravillas Tatvermögen etwas gedämpft. "Ich fühle mich nicht zuletzt dank des Flavius Minor sehr gut vorbereitet auf die Notwendigkeiten, Tücken und Fallstricke. Mir selbst geht es gut, ich bedanke mich für die freundliche Nachfrage."


    Zu klagen ob der Mühen verbat er sich, da diese zu den Notwendigkeiten zählten, die es zu bewältigen galt. Im Vergleich zu den Pflichten, die auf des Minors rundlichen Schultern lasteten oder erst auf denen des Vaters, maßen sie sich gering aus. "Ich hoffe, auch du befindest dich wohl?"

    Neuigkeiten hatten die Eigenschaft, schnell die Runde zu machen. Meist konnte nicht mehr ermittelt werden, wo sie denn einst ihren Ursprung nahmen und auf welch verworrenen Pfaden sie an den letzten Empfänger gelangt waren. Ravilla hatte vom traurigen Schicksal des Furius Saturninus über seinen findigen Sklaven Anaxis vernommen, der die Botschaft vermutlich von anderen Sklaven gehört hatte. So sah Ravilla sich bestürzt dazu veranlasst, einen Brief zu diktieren und diesen an die Casa Furia überbringen zu lassen.


    Ad

    Aulus Furius Saturninus

    Casa Furia

    Roma



    Lieber Freund,


    mit Bestürzung musste ich vernehmen, was dir widerfahren ist. Mir bleibt die Hoffnung, dass die Botschaft auf ihrem langen Weg an meine Ohren von Mund zu Mund stets größer wurde und die wahre Intensität der grausamen Barbarei, die dir angetan wurde, geringer ausfällt, als man es mir erzählte. So du dich in der Lage siehst, sende doch bitte ein Lebenszeichen. Bist du darüber informiert, dass ich zum Tresvir capitalis kandidiere? Nun vermag ich ein weiteres Agens zu addieren. Du wirst mir fehlen, lieber Saturninus.


    Wir beide genossen schöne und unterhaltsame Zeiten miteinander. Ich habe Hochgenuss bei den Diskussionen mit dir empfunden, die du mit deinem wachen Geist und dem dir eigenen knochentrockenen Charme versüßstest. Ich wünsche dir von Herzen gute Besserung und so du Beistand benötigst, hege keine Scheu, mich zu kontaktieren.


    Ich verbleibe mit den besten Wünschen und der Hoffnung auf deine baldige Genesung. Ich werde deinen Namen in meine Gebete inkludieren.


    Mögen die Götter Milde walten lassen.


    In Bestürzung


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    Ravilla fand die Frage durchaus erörternswert, die für ihn weniger ein philosophisches, als vielmehr ein realpolitisches Thema ausmachte.


    "In deinen Ausführungen setzt du voraus, lieber Clemens, dass ein jeder Mensch nach dem Gleichen streben würde. Auf Nahrung und Obdach bezogen würden in der Tat die gleichen Voraussetzungen genügen, um die Bedürfnisse aller Menschen zu erfüllen, nehmen wir ein kleines Haus und täglich drei ausgewogene Mahlzeiten zur Basis. Dies könnte man auf weitere grundlegende Bedürfnisse ausweiten, wie sie in jedem gesunden Geiste schlummern. Wären diese für jeden erfüllt, so könnte man annehmen, sei das Dasein des Menschen vollkommen.


    Jedoch gebe ich zu bedenken, dass der Geist des Menschen sich im Detail ganz beträchtlich unterscheidet. Die Menschen streben, realistisch betrachtet, eben keineswegs alle nach dem Gleichen. Was dem einen genügt, schürt den Unmut des Nächsten. Was den einen erfreut, erfüllt den anderen mit Abscheu. Es würde vermutlich bereits beginnen bei der Frage, wie die täglichen drei Mahlzeiten zusammengesetzt sein müssten, damit die gesamte Menschheit ein Leben lang davon gesund und glücklich bliebe.


    Nicht vernachlässigt werden dürfen niedere Triebe, wie sie zweifelsohne in vielen Menschen schlummern und welche Untaten gebären. Nur wenige sind tatsächlich mit dem zufrieden, was sie haben, wie viel das auch sein mag. Eine Gesellschaft ohne Hierarchie würde es schwierig machen, Vergehen auf zivilisierte Weise, einheitlich", hier warf er Clemens einen bedeutungsschweren Blick zu, "und somit gerecht zu regeln.


    Doch muss ich einräumen, dass deine Idee einer Gesellschaft ohne Hierarchie ein durchaus interessantes Gedankenexperiment darstellt und ich würde gern mehr von deinen Ansichten dazu hören. Hast du eine vergleichbare Gesellschaft auf deinen Reisen kennengelernt oder woher rührt diese kühne Idee?"

    Die Begrüßung der namhaften Gäste untereinander erfolgte auf einer vertraulichen Ebene, was Ravilla als ein gutes Zeichen zu nehmen wagte. Ein freundlicher Blick seitens des Seius in Richtung des Senators Annaeus war dazu angedacht, diesem Mut zuzusprechen, denn es war Ravilla der unterschiedliche Ton der Begrüßung nicht entgangen. Gleichwohl ging er nicht davon aus, dass womöglich unüberbrückbare Differenzen den Abend zerstören würden, denn jeder der Anwesenden war professionell geschult in Unterredungen wie der heutigen. Ravilla waren aus der Heimat sogar Fälle bekannt, da zwei Rivalen ihre Feindschaft im privaten Rahmen auf humoristisch-freundschaftlicher Basis thematisierten, was die Schärfe der Rivalität nicht minderte, sie jedoch angenehmer machte.


    Dass sein Mentor ihn dem Praefectus Urbi vorstellte und dieser ihn verbal einlud, sich zu äußern, gab Ravilla Gelegenheit, am Gespräch teilzunehmen.


    "Salve Seius Ravilla! Meine Auskünfte über das Tribunat haben dich demnach nicht abgeschreckt, den Cursus Honorum ins Auge zu fassen?"


    "Salve, Praefectus Urbi. Es freut mich, dass du es dir einrichten konntest. Herausforderungen sind nicht dazu geeignet, einen Seius zu schrecken, wie ich von jedem Mitglied meiner Gens mit Fug und Recht behaupten darf. Es gibt Dinge, die sind es wert, dass man sich für sie einsetzt und die Widrigkeiten eines steinigen Weges auf sich nimmt. In meinem Fall darf ich dankbar erwähnen, dass diese Steine mir von meinem Patron und meinem Mentor zuvorkommend gepolstert werden."


    Allein der Gedanke an das bevorstehende Tribunat war dazu geeignet, Ravillas Widerwillen zu wecken, doch die Argumente des Praefectus Urbi für diesen Abschnitt des Cursus Honorum waren ihm im Gedächtnis geblieben. Die Notwendigkeit sah er insoweit ein, was das Missfallen jedoch nur dem Verstande nach, nicht im Herzen minderte.


    "Tatsächlich strebe ich mit meiner Kandidatur zum Vigintivir das Amt des Tresvir capitalis an, weshalb mich deine Anwesenheit besonders freut."

    Ich werde mich nun, da einige Dinge anders geordnet wurden, in den kommenden Tagen systematisch der Beantwortung von Konversationen und der Abarbeitung begonnener Threads widmen. Dennoch bitte ich betreffs der Geschwindigkeit noch um ein wenig Nachsicht. :)


    Sollte jemand sich übersehen fühlen, bitte ich höflich um eine Benachrichtigung. Im Falle übergroßer Versäumnisse darf der Faden frohen Mutes ohne Rücksprache gekappt und mit einem Endknoten versehen werden. Einem künftigen Treffen wird dies nicht zum Nachteil gereichen. :)

    Ravillas Teint erglühte passend zum Ton seiner Kleider und er war froh, dass so gut wie niemals ungeschminkt er das Haus verließ. Solch enthusiastischer Unterstützung konnte sich nicht jeder versichern, noch dazu aus solch namhaftem Hause, wie sie in seinem Fall kam. Der Pontifex persönlich und sein Mentor, der Aedilis curulis, beide waren erschienen, um seinen Wahlkampf zu unterstützen. Die Rührung ließ ihn lächeln. Der Teil von ihm, der mit dem Blut der Götter des Ostens gesegnet war, fühlte sich in deren Gegenwart freilich gerade am wohlsten, so dass Ravilla huldvoll in die Runde blickte, als sei dies eine Selbstverständlichkeit, gleichwohl wissend, dass dies keineswegs eine war. Die hochkarätigen Personen unterstrichen verbal und optisch seine eigene Ausstrahlung, gemeinsam strahlte es sich dreifach so hell. Doch stand dem anderen Ravilla - dem homo novus - auch eine Spur der inneren Überforderung ins Gesicht geschrieben, an so prominenter Seite zu stehen und selbst noch so unbedeutend zu sein, und folglich mutmaßte manch einer zurecht ein wenig Scham in die Wangenröte deuten zu können. Wiewohl, dies war ein weiterer Schritt in eine Richtung, die dem Seius sehr behagte!


    Nachdem der Beifall verebbt war, einige freundliche Worte gewechselt und Grüße ausgetauscht worden waren, verteilte die Gesellschaft sich wieder, die auf der Rostra Einzug gehalten hatte.


    An der Säule vermochte Ravilla nichts Bemerkenswertes zu entdecken, so dass er sie nicht betrachtete, als er, plaudernd mit seinem Sklaven und der Musikantenschar, sich auf die Sänfte zubewegte.


    Sim-Off:

    Im Sinne der fortgeschrittenen Zeit (o Asche auf mein edles Haupt) beende ich diesen Thread mit einem Dank an alle Beteiligten. :) Sofern weitere Gespräche und Begegnungen hernach anvisiert sind, bitte ich darum, diese in einem neuen Thread zu simulieren (und ein wenig Geduld mitzubringen).

    Gut geschlagen hatte der werte Annaeus sich, fürwahr. Die Offensive, die nach Ravillas Mutmaßung von einem der Niedertracht verschriebenen Rivalen initiiert worden war, blockte der mittlerweile in der Politik recht erfahrene Mann, eloquent und fachlich auf sicheren Füßen. Ravilla war guter Dinge für die Amtszeit seines Bekannten, ganz unabhängig von seiner persönlichen Sympathie für den Tribunus plebis in spe. Annaeus Florus würde eine gute Wahl sein. So war weiterer Beifall die folgerichtige Konsequenz, um die Stimmung auf dem Platze wieder in eine genehme Richtung zu lenken.


    Nachdem sich einige Gruppen unter den Zuhörern noch zu Gesprächen versammelt hatten, um die Rede rhetorisch wie inhaltlich zu erörtern oder schlichtweg die Kleiderwahl oder Haartracht des Kandidaten zu besprechen, verabschiedete Ravilla sich, um seinen eigenen Angelegenheiten nachzugehen. Es gab noch zahlreiche Dinge, die zu erledigen waren.

    Verzückt registrierte Ravilla die Unterstützung aus den Reihen seiner noblen Bekanntschaften. Bei solch bedeutsamer Fürsprache, so mutmaßte er, könne jede Rückfrage aus den weiteren Reihen in ihrer Intention nur pro forma angebracht werden.


    Indes fand er selbst, hätte er am Ende der Amtszeit seines Mentors jedoch geschwächelt, was zum einen aus einer gewissen Ausgebranntheit resultiert hatte - sicher ein Vorgeschmack auf jene Pflichten, die ihn noch erwarteten - zum anderen aus den parallel laufenden Vorbereitungen für seinen eigenen künftigen Wahlkampf. Umso dankbarer nahm er zur Kenntnis, dass diese beiden Männer das Augenmerk auf das Gute lenkten, welches sie in Ravilla sahen, während alles Weitere bei Bedarf im privateren Rahmen geklärt werden konnte. Auch diese Lektion nahm Ravilla wahr, um sie für sein eigenes künftiges Handeln als Referenz zu nehmen.