Und so trat Ravilla, fad und ungeschminkt, doch glühenden Herzens, vor die Curia. Für einen Moment sammelte er sich. Tagte der Senat, so waren die Türen zum Sitzungssaal - für jedermann sichtbar - geöffnet. Waren viele oder gar alle Senatoren anwesend, so wurde es eng und die jüngeren Senatoren mussten sich hinten mit Stehplätzen begnügen, während die älteren Vertreter ihres Standes auf den traditionellen Klappstühlen Platz nehmen konnten.
«Ehrwürdige Senatoren, ich danke euch für die Gelegenheit, vor euch zu sprechen, und für die Ehre, mich für das Amt des Quaestors zu bewerben. Da dies als das Einstiegsamt für den Senat gilt, halte ich es für angebracht, einige Worte zu meiner Person zu verlieren.
Ich bin Galeo Seius Ravilla, der Sohn des Volusus Seius Victor, der als Centurio im Rang eines Primus Pilus in der neunten Legion in Hispania dient. Wenngleich meine Vorfahren mütterlicherseits dem Uradel der kappadokischen Tempelfürsten entstammen und meine Verwandten auch heute bedeutende Ämter in Cappadocia bekleiden, so bin ich doch in Rom, so wie ich vor euch stehe, ein Mann, den mancher einen Homo novus nennen mag, denn ich habe den Ordo senatorius nicht geererbt, sondern von unserem Kaiser verliehen bekommen, da er an mich und meine Arbeit glaubt.
Unserem Kaiser persönlich möchte ich nun auch dienen, um etwas zurückzugeben von dem, was mir gewährt wurde: Ich bin hier, um euch heute meine Qualifikationen und meine Motivation für das Amt des Quaestor principis darzulegen, und um euch um eure Unterstützung und euer Vertrauen zu bitten.
Dank meiner Eltern habe ich während meiner Jugend eine solide Ausbildung erhalten. Bevor ich mich entschloss, nach Rom zu gehen und den Weg des Cursus honorum zu wagen, habe ich in Cappadocia Verantwortung über eine nicht unbeträchtliche Höhe an Geldmittel getragen, was mich befähigt, wirtschaftlich und sparsam zu handeln. Während meines Vigintivirats, das ich als Tresvir capitales bekleidete, habe ich mich um die Sicherheit auf den Straßen Roms verdient gemacht und, wie ich nicht ohne Stolz bemerken darf, dazu beigetragen, die nachhallenden Reste des Sklavenaufstandes und die Bedrohung durch fanatische Randgruppen der Christianer erfolgreich einzudämmen. Als Tribun habe ich schließlich das harte Leben unserer Grenzsoldaten kennengelernt. Mein Dienst wie auch die Soldaten selbst haben mich gelehrt, auch in den schwersten Zeiten dem Volk und dem Senat von Rom mutig und treu zu dienen.
Verehrte Patres conscripti, ich vermag nicht auf eine traditionsreiche Senatorenfamilie zurückzublicken, aber ich bin ein ehrgeiziger und verantwortungsbewusster Mann, der sich für das Wohl unseres Reiches und des Kaisers einsetzt. Ich erachte mich als würdig und geeignet, das Amt des Quästors mit Sorgfalt und Ehrlichkeit zu verwalten. Ich gelobe, die Interessen und die Sicherheit des Reiches und des Kaisers, des Senates und des Volkes von Rom auch künftig mit Hingabe und Opferbereitschaft zu verteidigen.»
Nach diesen feurigen Worten wartete Ravilla, ob einer der ehrwürdigen Männer in diesen Hallen noch eine Frage an ihn hatte.