«Ave, Imperator Caesar Augustus, verehrter Tiberius Aquilius Severus Augustus», ließ Ravilla das lange Begrüßungszeremon verlauten, wobei er die Faust auf sein Herz drückte, dass in der Aufregung stärker schlug als sonst. «Danke, dass du meiner Bitte um Audienz so zeitnah stattgegeben hast. Ich möchte deine Zeit auch nicht über die Gebühr hinaus strapazieren. Wenn du erlaubst, würde ich mit meinem Rapport bezüglich meines Tribunats in Germania beginnen.»
Beiträge von Galeo Seius Ravilla
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Viel zu schnell verstrichen die Tage der freien Zeit, die traditionell zwischen zwei Amtsperioden lag. Ravilla hatte das Gefühl, während seiner Zeit in der Legio viel verpasst zu haben, was sich in Rom zutrug, und beschloss, sich nun wieder in die Hände einer zivilen Gesellschaft zu begeben. Über einen Mann aus der Gens Horatia, den er noch aus seiner Zeit als Tresvir capitales kannte, kam Ravilla in ein kurzes Gespräch mit Horatioa Salonia. Er beschloss, deren Einladung anzunehmen und sich bei der kleinen Feierlichkeit blicken zu lassen.
Angetan in ein farbenfrohes Gewandt der kappadokischen Tempelaristokratie und mit tiefschwarz umrahmten Augen, ein Gastgeschenk in Gestalt einer Flasche voll alkoholfreiem, mit Honig gesüßtem Rosenwasser in der Hand, stieg Ravilla aus der Sänfte. Sein persischer Leibsklave Anaxis, kaum geringer geschmückt als sein Herr und genau so geschminkt, begleitete ihn, wobei er sich jedoch dezent im Hintergrund hielt. Er trug einen abgedeckten Korb, welcher ein paar leichte Naschereien enthielt.
«Ach nein», stöhnte Ravilla kaum hörbar, als er die Insula hinaufblickte. Er hatte damit gerechnet, dass die Feierlichkeit im Anwesen der noblen Gastgeberin stattfinden würde, und war war wohl zu teuer gekleidet für dieses Viertel. Und wo würde die Sänfte samt deren Trägern unterkommen können?
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Die Kontrolle am Eingang verlief zügig, professionell und unkompliziert. Ravilla empfand Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen und bereitete den Soldaten kein Ungemach. So dauerte es nicht lange, bis er zur Audienz geleitet werden konnte. Die Räumlichkeiten, schlicht für die Maßstäbe des Kaisers, boten derweil dem Auge von Ravilla wenig Reizvolles, liebte er doch das verspielte Übermaß. Nun denn, der Kaiser würde ihn sicher nicht lange genug warten lassen, bis dass die Langeweile von ihm Besitz ergreifen musste. Derweil verströmte Ravilla ein dezent aufgetragenes Parfum mit den Aromen von Zitrus und Zedernholz, heute der einzige Hinweis auf seine östliche Abstammung, die er zu anderen Anlassen sonst gern ausgiebig zur Schau trug. Nicht einmal geschminkt war der junge Mann, wodurch er sich grässlich prüde und alt fühlte, charakterlos. Zehn Jahre älter sah er aus! Aber er war am Militärdienst gereift und verstand nun, dass die schnörkellose Klarheit der stadtrömischen Magistrate keine individuelle Marotte langweiliger Männer, sondern allgemein anerkanntes Zeichen von Professionalität war. Ein Umstand, den er bedauerte.
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«Dann müssen deine Kommentare gut sein, denn nur renommierte Werke finden in der Basilica Ulpia ihre Aufnahme. Und was den Hall deines Ruhmes in der Provinz betrifft: Was nicht ist, kann noch werden», antwortete Ravilla, was er nicht als Floskel meinte. «Bislang habe ich noch nichts von deinen Taten vernommen, muss jedoch einräumen, dass ich als Tribun der Legio andere Schwerpunkte hatte. Die Rechtssprechung über die Soldaten gehörte dazu, jedoch sprechen wir hier von Angelegenheiten des Militärrechts und nicht der zivilen Gerichtbarkeit.»
Mehr wollte Ravilla vorerst nicht sagen, um auch dem jungen Vettern des Tacitus Gelegenheit zu einer Wortmeldung zu geben. Er signalisierte dies, indem er sich den kredenzten Köstlichkeiten zuwandte.
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Über Umwege hatte der Brief des Kaisers am Ende doch noch zu Ravilla gefunden, so dass er die Einladung wahrnehmen konnte. «Salvete», ließ er seinen Gruß verlauten, «ich habe eine Einladung erhalten» und zeigte den Prätorianern das Schreiben vor:
Galeo Seius Ravilla
Casa Leonis
Roma, Italia
Primicerius a rationibus
an
Galeo Seius Ravilla
Der Augustus lädt dich gemäss deinem Wunsch zu einer Audienz in der Domus Flavia auf dem Palatium Augusti.
Im Auftrag
~~ Primicerius a libellis - Admistrationis Imperatoris ~~
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Ad
Imperator Caesar Augustus
Tiberius Aquilius Severus
Palatium Augusti
Roma
Betreff: Bitte um eine Audienz
Verehrter Imperator Caesar Augustus,
da ich meine Amtszeit als Tribunus laticlavius der Legio XXII Primigenia beendet habe, ersuche ich höflich um eine Audienz, um dich über die Resultate meiner Arbeit in Kenntnis zu setzen.
Vielleicht findet sich bei dieser Gelegenheit auch etwas Zeit, um die Möglichkeiten einer Quaestur für mich zu evaluieren.
Hochachtungsvoll
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«Sehr angenehm, ihr Lieben.» Im Kreis der Familie durften durchaus vertraulichere Töne klingen, welche die professionelle Maske, die Ravilla im Alltag trug, aufweichte zugunsten einer Annäherung an sein wahres Selbst. «Ich bedanke mich für den zuvorkommenden Empfang, trotz meines unerwarteten Erscheinens in dieser Runde. Oh, ich müsste mich der Lüge schuldig machen, eine Reise als angenehm zu deklarieren. Sie war, wie alle Reisen, abscheulich. Lang, schmerzhaft, monoton.» Ravilla lächelte trotz des Lamentos, denn es war nun überstanden, und der Empfang entschädigte ihn für so manch erlittenes Ungemach. «Hätte ich freilich geahnt, welch Zusammenkunft meiner harrte, wäre sie halb so grauenvoll gewesen.»
Als Ravilla Anstalten machte, sich auf der anderen Seite seiner Schwester niederzulassen, musste ein Sklave herbeieilen, um seine Toga neu zu sortieren. «In der Hoffnung, keine Wiederholungen zu provozieren - ich weiß nun euer beider Namen, doch wer sind die Menschen dahinter? Was meine Person betrifft: Wahrscheinlich ist es bereits zu euch durchgedrungen, aber ich komme gerade frisch von meinem Militärtribunat aus Mogontiacum.»
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Zu fortgeschrittener Stunde erschien ein Überraschungsgast im Eingang des Tricliniums, das Haar noch feucht, und setzte sein charmantestes Lächeln auf. «Salvete, liebe Gastgeber. Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.» Ravilla war angetan mit der Tunika mit dem breiten Purpursaum, welche ihn als Angehörigen des Ordo senatorius auswies. Darüber trug er die reinweiße Toga des römischen Bürgers. Die zur gesäumten Tunika gehörende Toga praetexta würde er erst ab jenem Tag anlegen, an welchem er sich Senator nennen durfte.
Sein Blick strich über die Anwesenden, er nickte den beiden jungen Männern zu. Das Lächeln wurde eine Spur breiter, als er seinen Bruder auf einer der Klinen liegen sah, und strahlend, als er seiner Schwester gewahr wurde. «Ich darf mich korrigieren: Ich erscheine genau pünktlich.» Die übrigen Anwesenden ausblendend ging er vor seiner Schwester auf ein Knie, um sie aufs Herzlichste zu begrüßen, die Hände auf ihre Schultern gelegt und ihr einen für Geschwister sinnlichen Kuss schenkend, der ihn innerlich wärmte wie süßer Wein. Zärtlich strich er eine Strähne aus ihrem Gesicht. «Welch erfreuliche Überraschung», sagte er sanft bevor er sich seinem Bruder widmete, der sich neben Fusca aalte und zufrieden mit sich wirkte.
«Stilo», grüßte er, das Lächeln nun fast ein Grinsen, und drückte ihm den Unterarm. «Du hast zugenommen», fügte er in lobendem Tonfall hinzu, und nur wer Geschwister besaß oder die Menschen gut zu beobachten verstand, erkannte die Bedeutung der Stichelei.
Hernach widmete Ravilla sich den übrigen beiden Anwesenden, denen er nacheinander die Hand reichte. «Ich bin Galeo Seius Ravilla, Bruder der beiden anderen Seii. Mit wem habe ich die Freude?» Den Gesetzen der Höflichkeit würde es am ehesten entsprochen haben, zuerst den Gastgeber ausfindig zu machen und diesen an erster Stelle zu begrüßen, rief Ravilla sich innerlich zur Ordnung, doch was Fusca betraf, so war sie seine Ferse des Achill. Ravilla hoffte, man würde es ihm nachsehen.
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«Ich danke dir, Terpander. Wir werden uns nicht lange im Balneum aufhalten und bald zu euch stoßen.»
So beließ es Ravilla dabei, sich rasieren, abspülen und waschen zu lassen, einschließlich des Haares, bevor Anaxis ihn mit einem der warmen Handtücher trocken rieb. Das anschließende Einölen erfolgte verhältnismäßig lieblos, was jedoch nicht die Schuld des Sklaven war, sondern jene seines Herrn, der nicht später als nötig die Cena zu stören gedachte. Solchermaßen erfrischt und zivilisiert anzuschauen, begab Ravilla sich zur Cena. Anaxis jedoch, dem man die Strapazen der Reise ansah, entließ er. Es würden im Triclinium genug Sklaven zugegen sein, die sich um Ravillas Wohlergehen kümmern konnten.
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«Das ist erfreulich zu hören.» Ravilla begleitete Terpander durch die warmen und trockenen Gänge der Domus Iunia zum Balneum. Anaxis nahm derweil die - für eine Reise recht groß und schwer ausgefallene - Tasche, welche die Utensilien und Produkte zur Körperpflege seines Herrn enthielten, sowie frische Kleider, bevor er vollbeladen hinterdrein ging.
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«Ah, Terpander. Schön zu sehen, dass du nach wie vor mit vollem Elan deinen Pflichten frönst. Geht es dir gut hier in Roma?» Die freundliche Konversation durfte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ravilla zu den Sklaven kein Verhältnis auf Augenhöhe unterhielt. Dennoch hielt er es für höflich wie ratsam, sich gelegentlich nach ihrem Befinden und ihren Sorgen zu erkundigen.
Ravilla stieg aus dem Reisewagen, wobei er sich die Kapuze des Mantels schützend über das Haupt zog. «Insofern die Räumlichkeiten es gestatten, nächtigt Anaxis neben meiner Unterkunft in einem eigenen Gemach, so dass ein Klopfen gegen die Wand genügt, um ihn zu mir zu rufen.» Oft kam dies nicht vor, denn Ravilla war kein Unmensch. «Meine übrigen Sklaven werden so untergebracht, wie es dem Hausherrn beliebt, wobei bitte zu beachten ist, dass der Nubier im Winter zu Erkältungen neigt.»
Raschen Schrittes begleitete Ravilla Terpander unter das schützende Dach der Domus Iunia, deren geöffnete Tür ihn mit dem Duft der Zivilisation empfing. «Mit dem Staub der Reise am Leib kann ich unmöglich das Triclinium betreten! Eine Katzenwäsche wäre sehr recht, damit ich frische Kleider anlegen kann. Anaxis wird sich um alles kümmern, nur bitte zeige uns den Weg zum Balneum. Und verrate mir noch, wer der Hausherr ist, wo mein lieber Neffe Iunius Scato doch im kalten Mogontiacum seinen Dienst verrichtet. Von ihm darf ich dir einen freundlichen Gruß entrichten und die Bitte, die Pflanzen im Garten nicht zu vergessen.»
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Ravilla brachte das schönste Novemberwetter mit, als sein Sklave Anaxis an die Porta der Domus Iunia klopfte, vor Kälte bibbernd. Nicht allein, dass es stockfinster war, alle Schleusen des Himmels waren geöffnet und ein eisiger Wind wehte durch Rom. So schaute Ravilla nun aus seinem Reisewagen und hoffte, man würde ihm die Tür öffnen.
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«Ich bedanke mich.» Mit einem Lächeln zog Ravilla den Vorhang zusammen und lehnte sich in den Kissen zurück. Er vernahm den einsetzenden Hufschlag der Zugtiere, ein leichter Ruck ging durch das Gefährt, als es sich rumpelnd in Bewegung setzte. Da in Rom jedwede Wagen erst nach Sonnenuntergang einfahren durften, war es bereits spät, und er freute sich auf das langersehnte Ende der beinahe schon unerträglich langen Reise.
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Lang und beschwerlich war die Reise von Mogontiacum nach Roma. Ravilla, wenngleich nach seinen Erfahrungen im Militärdienst weniger verzärtelt als zuvor, litt dennoch. Zwischenzeitliches Gehen zu Fuß oder Reiten hatte seinem Leib nur wenig Lockerung verschafft. So sehnte er sich nach einem Balneum und der Behaglichkeit eines eigenen Bettes, in dem nicht das Getier etlicher Vorgänger kreuchte. Als man ihm sagte, dass sie sich dem Stadttor näherten, öffnete er das Fenster des Reisewagens, darauf wartend, dass der wachhabende Miles ihn kontaktierte.
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Zum letzten Mal durchschritt Ravilla die Porta der Castra. Auch wenn ihm in ziviler Kleidung niemand salutierte, so nahmen die Soldaten dennoch Abschied. Vor der Porta harrte der nobel ausgestattete Reisewagen seines Gastes, begleitet von einem Trupp Männern zur Sicherheit des gewesenen Tribuns. Auch Anaxis nahm im Inneren platz, wo er zu Ravillas Kurzweil einige Texte verlas, die er zuvor für seinen Herrn hatte organisiert, als für diesen der weite Weg nach Süden begann.
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Der Tag des Abschieds war gekommen. Ravilla betrachtete das Officium zum letzten Mal, ehe er sich von dem oft ergrimmt anmutenden, aber probaten Schreiber im Vorzimmer verabschiedete. Mit seiner Entourage und voll guter Hoffnungen im Schlepptau, begab Ravilla sich auf seine Reise nach Rom.
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Der persische Sklave Anaxis warf ein Schreiben für Iunia Matidia in den Postkasten der Domus Iunia:
Liebe Iunia Matidia,
meine Amtszeit als Tribunus laticlavius neigt sich ihrem Ende entgegen. Ich bedaure, so wenig Zeit für dich gefunden zu haben. So viel hätte es zu besprechen und unternehmen gegeben, denn Mogontiacum ist trotz seiner rauen Natur nicht ohne Reiz, wie man es bisweilen auch von den Menschen kennt. Die größte Schönheit erschließt sich nicht mit dem Auge, sondern mit dem Herzen.
Da ich meine Unterkunft im befestigten Lager der Legio XXII bald verlassen muss, ist leider ein Umzug deiner Mutter erforderlich. Es geht ihr den Umständen entsprechend gut und die Sklaven kümmern sich reizend um sie. Ich habe den Eindruck, sie genießt die zuvorkommende Behandlung und lässt sich mit ihrer Genesung Zeit, damit diese vollständig ist. Diese darf sie sich nach Jahren der Pflichterfüllung und der Hast gern nehmen: Langsam heilende Wunden heilen am besten.
So es in deinem Sinne ist, werde ich ihren Umzug in die Domus Iunia organisieren und durchführen lassen. Natürlich helfe ich auch bei einem Umzug an jedweden anderen Ort, so es im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. Bitte teile mir dazu kurz deine Entscheidung mit. Falls wir uns nicht wiedersehen, genügt eine kurze Notiz in meinem Postkasten.
Ich verbleibe nicht ohne Hoffnung, dass wir uns eines Tages unter günstigeren Sternen wiedersehen mögen, und ich dir die Aufmerksamkeit widmen kann, welche deiner gebührt.
Vale, Iunia Matidia.
Herzlich, dein
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Die Mutter der reizenden Besucherin wurde standesgemäß untergebracht und es sollte ihr in der folgenden Zeit an nichts mangeln. Zu seinem Bedauern fand Ravilla zu wenig Zeit, sich den familiären Aspekten des Lebens zu widmen, doch fand Iunia Matidia stets eine offene Tür und die Sklaven sorgten auf Ravillas Geheiß für die Erfüllung jedweder Wünsche, seien sie privater Natur oder betreffs der Pflege ihrer Mutter. Nun jedoch neigte sich Ravillas Amtszeit dem Ende und er musste das Haus, in dem er für seine Zeit als senatorischer Tribun hier gelebt hatte, verlassen. So bereiteten die Sklaven behutsam den Umzug der noch immer im Genesungsprozess befindlichen Dame um. Galeo Seius Ravilla nahm an, sie solle in die Domus Iunia ziehen, doch wollte er sich nicht auf Mutmaßungen verlassen und setzte ein Schreiben auf.
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Ein Lächeln zeigte sich auf dem ausdrucksvollen Gesicht des Tribuns, dessen Amtszeit hiermit nicht allein kalendarisch, sondern auch formal endete. «Einem möglichen Wiedersehen blicke ich mit gutem Gefühl entgegen. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit, Legat! Insbesondere für die Zeit, die du dir für meine vielen Fragen genommen hast.» Er nahm die beiden Urkunden und die Lanze entgegen. Wo das Grundstück verortet war, würde sich in Erfahrung bringen lassen. Da ihm nun der Zeitpunkt gegeben ward, da einige Worte an die Soldaten gerichtet werden durften, wandte er sich zu diesen um.
«Heute seht ihr mich das letzte Mal in der Tracht des Tribuns. Wenn die Götter wünschen, sehen wir uns eines Tages wieder, wenn ich ein anderes Gewandt trage. Es war eine lehrreiche Zeit für uns alle. Wir haben die neu gegründete Legio XXII Primigenia mit unseren Händen und sehr viel Fleiß aus dem Nichts aufgebaut. Es bedurfte zahlreicher Anstrengungen, doch am Ende wuchs nicht allein die Legio, sondern auch jeder einzelne von uns wuchs an dieser Aufgabe.»
Man sah dem jungen Manne nun wohl an, dass ihm der Abschied nicht gleichgültig war. Während seines Dienstes hatte er sich keine Nachlässigkeit erlaubt und zu jedem Augenblick fast schon wahnhaft auf sein korrektes Auftreten geachtet, um sich - einem fleißigen, doch verwöhnten Homo novus aus dem Osten - keine Blöße zu geben. Nun jedoch glitzerte es verräterisch in seinen Augenwinkeln, das Lächeln wurde ein wenig verschämt und die Wangen erglühten wie das aufsteigenede Rot der Morgendämmerung.
«Auf diese Leistung dürfen wir alle mit Fug und Recht stolz sein. Haltet diese Zeit des Aufbaus, das Gefühl des Aufbruchs und des Neubeginns in Ehren und in eurem Gedächtnis, auf dass ihr daraus Kraft schöpfen möget, wenn die Götter dereinst den Himmel verdunkeln. Erinnert euch stets daran, was mit vereinten Kräften möglich ist und was ihr alles bereits geschafft habt. Valete, Soldaten der Legio XXII Primigenia, lebt wohl, und vielleicht auf Wiedersehen.»
Nun musste er gehen, ein wenig schneller als angemessen, empfangen von Anaxis, der ihm die Augen mit weichem Tuch tupfte und für seine Worte lobte, wohl in dem Versuch, seinen Herrn zu trösten, doch war kein Trost notwendig, denn es war reines Glück, das Ravilla empfand, vermischt einem süßen Schmerz.
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Als die Aufräumarbeiten begannen, erhielt auch die Legio XXII Primigenia das Kommando, den Platz zu verlassen. Es dauerte seine Zeit, die lange Marschkolonne zu formieren, die sich alsbald im zügigen Tempo in Richtung ihrer Castra bewegte, um ihre erste Auszeichnung reicher, die fortan das Feldzeichen zieren würde.