Beiträge von Galeo Seius Ravilla

    «Das Anliegen wäre das Sammeln von Erfahrung in den komplizierten Verwaltungsstrukturen des Imperiums. Wo könnte man dies besser als in Rom, seinem schlagenden Herz? Hier ist alles komplexer, aber auch in höherem Maße professionalisiert als in vielen Provinzen. Das ist zweifelsohne eine Herausforderung, doch auch faszinierend und sicher eine bürokratische Feuertaufe für jeden angehenden Senator. Wenn eine Gegenfrage gestattet ist: Gibt es ein offenes Anliegen von deiner Seite, das du dem künftigen Quaestor principis anvertrauen würdest, oder wäre dies eher ein Thema für den Fall, dass diesem Wunsch vor dem Senat stattgegeben würde?»

    Ravilla fand nicht, dass es angebracht war, einen geladenen Gast herauszuwerfen, wenn dieser sich nicht an einem Trinkspiel beteiligen wollte. Unter einer comissatio verstand er etwas gänzlich anderes - vor allen Dingen lustige Geselligkeit. Doch des Menschen Wille war sein Himmelreich. «Du irrst, werte Aviana, es gibt Befehle, die muss ein guter Offizier sogar verweigern. Doch da du eine Frau bist und derlei Dinge nicht wissen kannst, sehe ich es dir nach.» Er bat Anaxis, die Früchte umzufüllen, verabschiedete sich und verließ, wie es ihm nahegelegt worden war, die Gesellschaft.


    Sim-Off:

    Dass auf einer comissatio das «Trinken, bis man nicht mehr kann» allgemein üblich und sogar verpflichtend gewesen sei, diese kühne Interpretation römischer Trinkgewohnheiten lese ich an dieser Stelle zum ersten Mal. RL bin ich als Abstinenzler übrigens schon auf sehr vielen Gelagen gewesen, ohne dass sich jemand daran störte. ;)

    «Das Lob deines Sohnes freut mich sehr», antwortete Ravilla und aufgrund der fehlenden Grundierung seiner Haut sah man einen roten Schimmer auf seinen Wangen erglühen. Ungeschminkte Gesichter waren ehrlicher als geschminkte, und wenngleich Ravilla kein Lügner den Worten nach war, so gab er doch ungern Gefühlsregungen preis. Sie widersprachen seinem Selbstbild von Professionalität, und erneut wünschte er sich eine schützende Schicht Bleiweiß - nicht zu dick, nur der vornehmen Blässe Genüge erweisend -, Kajal und kontrolliertem Wangenrot in seinem Antlitz. Wenigstens diese Dinge sollten nach seinem Dafürhalten im Alltag verbindlich sein. «So werde ich mich vor dem Senat für diese Position bewerben. Vielen Dank, mein Kaiser.»

    Dem Avianus, der ihm gutmütig Mut zusprach, zwinkerte Ravilla zu, denn er nahm die auferlegte Pflicht keineswegs schwer, sondern amüsierte sich bestens in dem spielerischen Disput. Sowohl Aviana als auch ihre Vizeregentin Drusilla beharrten zunächst auf die vier Cyathi, auch wenn sie einräumten - im Falle Drusillas nicht ohne Bedingungen - künftig Milde walten zu lassen. Leider war es Tatsache, dass Ravilla sich aktuell keine Trunkenheit erlauben konnte, die am Ende zwangsläufig zu Lasten seines Wahlkampfes gehen musste.


    «Möchtest du mich bereits so früh am Abend loswerden, liebe Aviana?», fragte Ravilla mit einem schelmischen Lächeln die Königin des heutigen Abends.


    Ravilla glaubte indes keineswegs, dass die beiden Damen ihm wirklich ein Ultimatum stellen wollten, jetzt zu trinken oder bereits zu gehen, sondern nur ein wenig Druck ausübten um zu testen, inwieweit ihr Gast sich vielleicht doch noch umstimmen ließe. Gegenseitiges Necken gehörte zu einem solchen Abend natürlich dazu. Sich gänzlich dem Spiel verwehren wollte Ravilla jedoch auch nicht, so ließ er seine diplomatische Ader spielen, um einen Kompromis zu erwirken.


    Mit seinem charmantesten Lächeln sagte er: «Ich schlage euch einen Handel vor, meine werten Königinnen: Ich werde die vier Cyathi austrinken, aber nicht an einem Stück, sondern im Verlauf einer Stunde. Ich gelobe, dafür zu sühnen: Sagt mir nur, was ihr am heutigen Abend von mir wünscht. Gewährt ihr mir diese Gnade, o ihr Großmütigen?»

    Die neuerliche Begegnung mit seiner neuen Bekanntschaft brachte eine willkommene Abwechslung in das anonyme Treiben vor der Garküche. «Salve, Avianus», grüßte Ravilla freundlich den jungen Mann, den er auf der Feierlichkeit der Aurelia Drusilla hatte kennengelernt, bevor er sich respektvoll dessen Vater zuwandte. «Es ist mir eine Ehre, Senatur Iulius Centho! Wie du siehst, befinde ich mich gerade mitten im Wahlkampf für meine Quaestur.»

    Die Dame selbst vereitelte die Misere, indem sie diktierte, fünf Cyathi Wein am Stück zu trinken. Zwar handelte es sich um ein kleines Maß, doch da dies erst der Anfang war, beließ es Ravilla vornehm bei einem. An die heutige Königin des Abends gewandt sagte er: «Ich hoffe, man verübelt mir meine Zurückhaltung nicht, doch der Wahlkampf steht vor der Tür. Ich fürchte, ein faltiger, verkaterter Kandidat würde nicht den besten Eindruck erwecken. Nach fünf Cyathi am Stück müsste ich für heute Schluss machen, und das wäre doch ein Jammer.»


    Ihr Bruder seinerseits reagierte mit bewundernswerter Gelassenheit auf die Offerte, die Ravilla selbst nicht aufzubringen imstande gewesen wäre, würde jemand dergestalt um seine eigene Schwester geworben haben. Als das Lied erklang, entrückten Ravillas Gedanken und sein Blick in weite Ferne, wie von einem Zauber umwoben. Als es endete, sagte er leise: «Bravo, das war ganz wunderbar, werte Drusilla.» Da alle Anwesenden einander beim Cognomen nannten, hätte er es unangebracht gefunden, individuelle Ausnahmen zu machen, nur weil die Einladung dazu noch nicht formell erfolgt war, und nahm seinerseits als selbstberständlich an, in dieser Runde mit nichts anderem als «Ravilla» angesprochen zu werden.

    Inmitten der winterlich vermummten Gestalten, die sich auf dem Platz vor der Garküche drängten, zogen zwei wohlgekleidete Herrschaften die Blicke auf sich. Ravilla deutete mit einem Lächeln und einem Nicken an, dass er Iulius Avianus erkannt hatte, wollte jedoch nicht die Stimme zum Gruß erheben. Stattdessen hob er fragend die Kelle, um den beiden ebenfalls einen Schluck heißen Mulsum anzubieten.

    Auch wenn Ravilla selbst aus gutem Hause stammte und nie Armut oder Hunger leiden musste, war er ein Mensch, der mit offenen Augen durch Rom ging und das Herz nicht vor der Not mancher Teile der Bevölkerung verschloss. Während er durch die Gassen Roms flanierte, trudelten Schneeflocken durch die Stadt und die Bettler litten große Not. Ravilla wollte seinen Wahlkampf nicht nur nutzen, um der eigenen Popularität einen Schub zu verleihen, sondern auch, um die Not dieser Menschen zu lindern. Nach einigen Tagen des Nachdenkens hatte er seine Strategie für seinen Wahlkampf erarbeitet.


    Ravilla ließ Sänger anheuern, die an öffentlichen Plätzen in unterhaltsamer Manier seine Tugenden und Verdienste lobten, oft mit einem kleinen Augenzwinkern, was gut beim Volk ankam. Bei diesen Gelegenheiten wurde auch die Information verbreitet, an welchen Tagen und an welchen Orten Ravilla Spenden für das Volk verteilen würde. In jenen Tagen freute das Volk sich nicht nur über den Ausschank kostenloser warmer Speisen bei verschiedenen Garküchen - Ravilla hatte für alle im Voraus bezahlt. Er schenkte dazu persönlich Tonbecher von heißem Würzwein aus, der ein beliebtes Getränk im Winter war. Die Becher konnten mit nach Hause genommen werden. Ein Spruch war darauf geprägt: «Galeo Seius Ravilla, der Freund des Volkes, künftiger Quästor des Reiches!»


    Bei dieser Gelegenheit kam Ravilla ungezwungen ins Gespräch mit vielen Menschen des einfachen Volkes, die ihm von ihren Nöten berichteten, in der Hoffnung, er würde sie eines Tages ändern können. Das vermochte Ravilla leider kaum, denn als Quaestor würde er einen eng gesteckten Handlungsrahmen besitzen, doch spendete er ihnen, nachdem sie gegessen und ausgetrunken hatten, Trost in Gestalt warmer Kleidung und Decken, die den Bedürftigen (und jenen, die sich als solche ausgaben) von einem Wagen aus gereicht wurden.


    Sim-Off:

    Wer möchte, darf sich seine Spende abholen. :)

    «Die stadtrömischen Tugenden sind für jemandem aus dem fernsten nur denkbaren Osten des Imperiums bisweilen ungewohnt, sie gleichen dem Erlernen einer Fremdsprache», korrigierte Ravilla sanft, ohne dem Kaiser offen zu wiedersprechen, doch das Wort «Verachtung» mochte er nicht unkommentiert im Raum stehen lassen. Er lächelte. «Es freut mich, dass meine Mühen, mich anzupassen, langsam zu sehen sind.» Wobei ihm erneut sein fades Spiegelbild vor Augen erschien, ein Geist seiner selbst. Nie war Ravilla danbarer gewesen, wenigstens mit dunklen Brauen und Wimpern gesegnet zu sein.


    «Was meine Karriere anbelangt, so möchte ich natürlich den Cursus honorum weiter beschreiten. Es bleibt die Frage, wo ich eine Quaestur anstreben sollte. Mein erster Gedanke war jener, mich um das Amt des Quaestor Provincialis zu bemühen, um den Legatus Augusti pro Praetore Aulus Aemilius Nepos, welcher mich bereits kennt, in der Verwaltung von Germania superior zu unterstützen. Nach längerem Überlegen möchte ich dich nun jedoch fragen, ob du mich als dein Quaestor Principis vorstellen könntest?»

    „Nun Ravilla, ich hoffe, du hast leicht hergefunden.“

    Während die Krone rasch einen Besitzer fand und diesen noch schneller wechselte, nahm Ravilla gern das Gesprächsangebot seines Liegenachbarn an. «Der Ort ist ungewöhnlich und zunächst war ich nicht sicher, hier richtig zu sein. Die Sorgen erwiesen sich glücklicherweise als unbegründet. Ist diese Wohnung hier dauerhaft gemietet oder wechseln die Orte der Feierlichkeiten? Solch ein behagliches kleines Nest, in welchem die Jugend ganz ungestört und unbeachtet von den Argusaugen der älteren Generation feiern kann, erscheint mir als eine schöne Sache.»


    Mit einem Ohr lauschte er derweil den übrigen Gesprächen und wünschte im nächsten Moment, er hätte es nicht getan. Bei der Frage des Aemiliers war Ravilla froh, gerade kein Getränk im Mund zu haben, an dem er sich andernfalls wohl verschluckt hätte. Es war nicht an ihm, eine Antwort zu geben, doch er war sicher, wie diese ausfallen würde in Anbetracht der Art und Weise, wie die Frage gestellt worden war, als würde es hier nicht um eine römische Dame aus bestem Hause gehen, sondern um den Kauf einer Sklavin, deren gesamter Wert in drei Eigenschaften zusammenzufassen war. Wenn es für Ravilla dereinst selbst an der Zeit war, um die Hand seiner Herzensdame anzuhalten, würde er den Antrag gänzlich anders gestalten.


    Er ließ sich rasch von Anaxis etwas Wein anmischen, um den unangenehmen Moment mit einem Getränk zu überbrücken.

    Ad

    Consul Iullus Curtilius Victor

    Haus des Consuls

    Roma

    Roma, ANTE DIEM XIX KAL IAN DCCCLXXIII A.U.C.

    (14.12.2023/120 n.Chr.).


    Kandidatur zur Quaestur



    Verehrter Consul,


    diese Zeilen schreibt dir Galeo Seius Ravilla, Sohn des Volusus Seius Victor. Ich bitte darum, mich auf die Liste der zur Wahl stehenden Quaestoren einzutragen und mir in den ehrwürdigen Hallen des Senats Redezeit zu gewähren, um den Patres conscripti meine Kandidatur zu verkünden.


    Mögen die Unsterblichen deine Wege schützen.


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    «Während meiner Amtszeit als Tribun wurde ich damit betraut, eine Straße zu bauen, die in feindliches Gebiet vordringt.» Ravilla legte dem Kaiser eine Zusammenfassung der strategischen Hintergründe1 dar, welche zur Entscheidung für den Bau geführt hatten. Auch der Sohn des Kaisers, Caesar Aquilius Bala, war dabei involviert gewesen. Interessant war für den Kaiser vielleicht insbesondere, welche exakteRolle Ravilla bei der Planung und Umsetzung gespielt hatte2, so dass er ihm ausführlich alle diesbezüglichen Schritte darlegte. Insbesondere in Sachen Logistik hatte Ravilla sein bereits vorhandenes Wissen reichlich einfließen lassen können und daran eine besondere Freude entwickelt, was man seinem Bericht sicher auch anmerkte, der hier enthusiastischer wurde.


    «Der Straßenbau konnte fristgerecht abgeschlossen werden» , endete Ravilla diesen Teil seines Berichts nicht ohne Stolz. «Zu meinen praktischen Aufgaben gehörte neben der Organisation des Schutzes der Bauarbeiten3 auch die Durchführung einer gemeinsamen Großübung der in Mogontiacum stationierten Militäreinheiten4, um das Gefecht im Verbund zu schulen und einander besser kennenzulernen. Neben all dem habe ich auch reichlich Erfahrung in den alltäglichen administrativen Aufgaben der Legio sammeln dürfen.5 Hast du dazu Fragen, mein Kaiser?»


    Sim-Off:

    [1]Um Wiederholungen zu vermeiden, bin ich so frei, auf den Abschlussrapport von Ravilla im Officium des Legatus Augusti pro Praetore zu verweisen: Link

    Sim-Off:

    [2] Link

    Sim-Off:

    [3] Bau der Via Seia

    Sim-Off:

    [4] Großübung

    Sim-Off:

    [5] Link

    «Das Angebot nehme ich doch gern an.» Ravila machte es sich auf der Kline neben dem Mann bequem, der ihm als Manius Iulius Avianus vorgestellt worden war. Er hatte nicht ausgerechnet der Gastgeberin, die zur Begrüßung aufgestanden war, den Platz streitigmachen wollen, und darum sicherheitshalber gefragt, wo es genehm sei. Während um ihn her bereits rege gewürfelt und gescherzt wurde, versuchte er, das Regelwerk zu verstehen, um in gewissem Maß mitziehen zu können, auch wenn er durchaus nicht vorhatte, sich abfüllen zu lassen. Aber er lauschte auch, was geredet wurde, um die Menschen besser kennenzulernen, mit denen er den heutigen Abend verbrachte.


    Sim-Off:

    Der Händedruck war in Rom und im griechischen Kulturraum eine Begrüßungsgeste unter Freunden und Vertrauten. :)

    "Werter Seius. Ich freue mich, dass du dich entschieden hast, uns zu beehren." Dann wies sie auf die Anwesenden. "Das sind Iulia Aviana und ihr Bruder Iulius Avianus, Iulius Spurinus und Aemilius Secundus." Sich selbst musste ja nicht vorstellen. "Das ist Seius Ravilla ein Freund von Salonia."

    Ravilla reichte der Dame die Hand zum Gruß. Sein Händedruck war warm und freundlich, doch verriet er eine beherrschte Muskelkraft, die er während des Tribunats in der Legio entwickelt hatte. «Salve, geschätzte Aurelia Drusilla. Es freut mich, dass sich die Gelegenheit zu einem persönlichen Treffen ergeben hat. Ich habe auch etwas mitgebracht.»


    Er überreichte ihr das honigsüße Rosenwasser, alkoholfrei, doch köstlich, da er es nicht schicklich fand, einer Dame Wein mitzubringen. Was diese letzen Endes in ihrer Freizeit tat, war deren eigene Angelegeheit und er bewertete es nicht, doch Ravilla gedachte nicht, es sich mit ihrem Vater oder Vormund zu verscherzen und hielt sich darum an die Etikette. Doch weckte Aurelia Drusilla seine Neugier, denn es war eine interessante Runde, die sich hier am geheimen Platz eingefunden hatte. Sie schien ein hohes Maß an Eigenständigkeit zu besitzen und er freute sich darauf, vielleicht mehr über sie zu erfahren, wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte.


    Anaxis trug derweil den Korb zum Tisch und entlud auf Tellerchen und in Schüsselchen aus buntem Glas die mundgerecht geschnittenen Häppchen. Trotz der kalten Jahreszeit handelte es sich um frische exotische Früchte in den sattesten und reifsten Farben.


    Nun wandte sich Ravilla den übrigen Gästen zu, die ihm vorgestellt worden waren, und grüßte jeden Einzelnen mit einem freundlichen Nicken, während er sich dessen Namen einprägte. Anscheinend wurde das Zechen gerade eingeleitet, was sein Lächeln ein wenig breiter und weniger förmlich-steif werden ließ. Da saß die Jugend, wie sie im Sinne der Götter vielleicht sein sollte, und wie er selbst sie sich verwehrte. «Salvete miteinander! Sogar der amtierende Vigintivir beehrt uns. Wir hatten noch nicht persönlich das Vergnügen, doch natürlich spricht man in den Kreisen der Magistrate über solche Dinge. Wo darf ich Platz nehmen?»

    Nachdem Ravilla feststellen durfte, dass ihn wohl kein Sklave empfangen würde, schickte er Anaxis voran, um den Weg auszukundschaften. Anhand des Geräuschpegels war die korrekte Tür bald gefunden. Nicht ohne Nervosität trat Ravilla ein, Anaxis anbei, und blickte sich suchend um, bei wem er sein Erscheinen wohl anmelden sollte, denn auch jetzt entdeckte er keinen Mann, den er als Ianitor identifiziert hätte.

    «Ave, Imperator Caesar Augustus, verehrter Tiberius Aquilius Severus Augustus», ließ Ravilla das lange Begrüßungszeremon verlauten, wobei er die Faust auf sein Herz drückte, dass in der Aufregung stärker schlug als sonst. «Danke, dass du meiner Bitte um Audienz so zeitnah stattgegeben hast. Ich möchte deine Zeit auch nicht über die Gebühr hinaus strapazieren. Wenn du erlaubst, würde ich mit meinem Rapport bezüglich meines Tribunats in Germania beginnen.»

    Viel zu schnell verstrichen die Tage der freien Zeit, die traditionell zwischen zwei Amtsperioden lag. Ravilla hatte das Gefühl, während seiner Zeit in der Legio viel verpasst zu haben, was sich in Rom zutrug, und beschloss, sich nun wieder in die Hände einer zivilen Gesellschaft zu begeben. Über einen Mann aus der Gens Horatia, den er noch aus seiner Zeit als Tresvir capitales kannte, kam Ravilla in ein kurzes Gespräch mit Horatioa Salonia. Er beschloss, deren Einladung anzunehmen und sich bei der kleinen Feierlichkeit blicken zu lassen.


    Angetan in ein farbenfrohes Gewandt der kappadokischen Tempelaristokratie und mit tiefschwarz umrahmten Augen, ein Gastgeschenk in Gestalt einer Flasche voll alkoholfreiem, mit Honig gesüßtem Rosenwasser in der Hand, stieg Ravilla aus der Sänfte. Sein persischer Leibsklave Anaxis, kaum geringer geschmückt als sein Herr und genau so geschminkt, begleitete ihn, wobei er sich jedoch dezent im Hintergrund hielt. Er trug einen abgedeckten Korb, welcher ein paar leichte Naschereien enthielt.


    «Ach nein», stöhnte Ravilla kaum hörbar, als er die Insula hinaufblickte. Er hatte damit gerechnet, dass die Feierlichkeit im Anwesen der noblen Gastgeberin stattfinden würde, und war war wohl zu teuer gekleidet für dieses Viertel. Und wo würde die Sänfte samt deren Trägern unterkommen können?

    Die Kontrolle am Eingang verlief zügig, professionell und unkompliziert. Ravilla empfand Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen und bereitete den Soldaten kein Ungemach. So dauerte es nicht lange, bis er zur Audienz geleitet werden konnte. Die Räumlichkeiten, schlicht für die Maßstäbe des Kaisers, boten derweil dem Auge von Ravilla wenig Reizvolles, liebte er doch das verspielte Übermaß. Nun denn, der Kaiser würde ihn sicher nicht lange genug warten lassen, bis dass die Langeweile von ihm Besitz ergreifen musste. Derweil verströmte Ravilla ein dezent aufgetragenes Parfum mit den Aromen von Zitrus und Zedernholz, heute der einzige Hinweis auf seine östliche Abstammung, die er zu anderen Anlassen sonst gern ausgiebig zur Schau trug. Nicht einmal geschminkt war der junge Mann, wodurch er sich grässlich prüde und alt fühlte, charakterlos. Zehn Jahre älter sah er aus! Aber er war am Militärdienst gereift und verstand nun, dass die schnörkellose Klarheit der stadtrömischen Magistrate keine individuelle Marotte langweiliger Männer, sondern allgemein anerkanntes Zeichen von Professionalität war. Ein Umstand, den er bedauerte.