Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    In einiger Entfernung hielten die drei Reiter. Hier wohnte der Iunier also, mitsamt dem sklavischen Anhang, auf den Zisimos so wild war. Er behauptete, den silberbärtigen Sklaven zu kennen und hatte so lange genervt, bis Sabaco sich breitschlagen ließ, Scatos Unterkunft in Erfahrung zu bringen. Auch Alwin war nicht eben begeistert über den Umweg. All das Gemaule, nur damit Zisimos erfuhr, wo der verdammte Sklave wohnte! Nun starrten sie alle drei auf den vollbeladenen Tross, der bislang vergebens auf eine Antwort aus dem Inneren wartete.

    Die Zeiten änderten sich manchmal schneller als einem lieb war. Unheilvoll tauchte der Decurio auf. An der Art, wie die beiden sich begrüßten, erkannte er sofort, dass es sich hier um Brüder handelte, noch bevor er die Personen identifizierte, und der Schmerz in seinem Herzen entflammte erneut. Voll Neid und Trauer beobachtete er die beiden für einen Moment, dann konnte er nicht anders, als die Idylle zu zerschlagen.


    "Du bist im Dienst, Eques", informierte er Fango über das Offensichtliche. Dann fuhr er zu dem Prätorianer herum. "Wir haben hier genug zu tun. Wenn es nichts Dienstliches zu klären gibt, verlagert das Gespräch auf eure Freizeit!"


    An einen Ort, wo er nicht sehen musste, wie Scato seinen kleinen Bruder nach langer Trennung begrüßte, während Sabacos Arme weiterhin leer blieben. Er wandte sich ab und ging, stieg die Treppe hinauf und umrundete die Castra auf dem Wehrgang bis zur Hälfte, starrte nach Osten. Hinter den braunen Fluten des Rhenus blieb Ocellas Schicksal weiterhin im grünen Labyrinth der Wälder vor Sabacos suchenden Augen verborgen. Germania Magna hatte sein Geheimnis noch immer nicht preisgegeben.

    Sie hatten keine Spur von Ocella gefunden.


    Ein grauer Wolkenschleier schützte die heimkehrenden Reiter vor der Sonne. Trotzdem war es extrem heiß, die Luft stand. Die Tuniken unter den Rüstungen klebten ihnen seit Tagen wie nasse Lappen auf der Haut, scheuerte und verursachte Wunden, die nicht heilen konnten. All das gehörte zu den Vorbereitungen dazu, denn bald würden sie noch ganz anderen Widrigkeiten trotzen. Finsternis umwölkte Sabacos Herz gleich schwarzem Rauch.


    Vor ihnen lag das Castellum. Dieser Erkundungsritt hatte deutlich länger gebraucht, als geplant. Sabaco hatte gesehen, wie seine Männer mit der Situation umgingen, auf Planänderungen und auf Nahrungsrationierungen reagierten, wie sie den Dichtestress und die fehlende Erholung aushielten und wo ihre Stärken und Schwächen lagen. Wer jetzt noch in dieser Turma war und nicht von ihm ausgesondert worden war, der passte zur Truppe. Sie waren bereit. Operation Sommergewitter konnte beginnen.


    Die Kameraden an der Porta grüßten und Sabaco erwiderte den Gruß, als sie endlich einritten.


    RE: Officium Cornicularius Titus Umbrenus Nero >>

    Da ritten sie ein, die Lieblinge des Caesars. Die Zeit würde zeigen, ob sie ihrem Ruf auch hier im Norden gerecht werden konnten. Sabaco ritt mit seinen beiden Begleitern etwas an den Rand, weit genug, um ausreichend Platz zu schaffen, damit man aneinander vorbeikam, wenig genug, um deutlich zu machen, dass die Ala nicht vorhatte, vor den Prätorianern zu kuschen.


    Er staunte nicht schlecht als er einen weiteren Neffen von Stilo in der Truppe entdeckte. Onkel und Neffe dienten ja beide bei den Cohortes Praetoriae. Erstaunt zügelte er sein Pferd, um zu gaffen. Doch leider hatte Stilo offenbar keinen Befehl erhalten, Scato zu begleiten. Er sah nur den Kleinen, der mittlerweile ein recht stattliches Mannsbild abgab. Stilo entdeckte er nirgends.


    Zisimos schien an dem voll bepackten Sklaventross der Offiziere Gefallen zu finden. Die Schwarzgepanzerten hingegen waren ihm egal, er begaffte nur das Gefolge.

    Das Zimmer war zum Tempel geworden. Wenn Sabaco in der Castra war, kam er täglich hierher, wechselte Brot und Wein und entfachte ein Licht. So viele Götter hatte er angerufen ... Opfer gebracht. Aber noch immer war der Bruder nicht heimgekehrt. Ihm brannten die Augen vom Staub des Sommers. Die Ala verhielt sich träge und von der Legio hörte man kaum etwas. Nur einer wünschte keine Sommerpause, fand nicht Rast noch Ruh. Auch jetzt, körperlich erschöpft von den Pflichten des Tages, brachte er seinen Geist nicht unter Kontrolle, ging er langsam im Kreis, nicht bereit, die völlige Hilflosigkeit zu akzeptieren. Vielleicht brauchte es ein größeres Opfer.

    Die Beschreibung des Grauschimmels sprach Sabacos verborgenen Hang zur Poesie an, für den er sich schämte und von dem er niemandem wissen ließ. Seine Gedichte verbrannte er meist, damit niemand sie finden konnte, von einer Sammlung besonders gelungener Werke abgesehen, von denen er sich nicht trennen mochte. Er blickte kurz weg, da er fürchtete, man könnte womöglich in seinem Gesicht lesen, dass ihm die Worte gefallen hatten.


    "Gymir also."


    Sabaco näherte sich dem Tier nicht sonderlich einfühlsam. Der Grund lag nicht in seiner natürlichen Grobheit, sondern er wollte die Nervenstärke des Tiers testen. Er trampelte um es herum, begrabschte es von allen Seiten, griff in die Nüstern und Ohren, strich über die Augen und sah sich die Zähne an. Der Hengst zeigte sein Unwohlsein, aber machte keine übermäßigen Abwehrbewegungen.


    Da Sabaco angeboten worden war, das Tier probezureiten, wuchtete er sich drauf. Fest und breit war der Rücken des Pferdes, der Hals und die Schultern muskulös. So musste ein Hengst aussehen, den Sabaco mit seinen fast zwei Zentnern reiten konnte. Der Decurio ließ sich den Zügel geben und trieb das Tier an. Zunächst ruhig, um zu spüren, wie es lief.

    "In einem anderen Zustand? Diese Wunde kann kein Heiler verschließen, man kann den Arm schließlich nicht von innen nähen. Und falls der Germane nicht verbluten sollte, sobald man den Dolch herauszieht, verbrennt ihn in zwei Tagen der Wundbrand, bis er eines Morgens kalt und steif in seinem Lager liegt. Alles schon erlebt. Der Bursche ist todgeweiht."


    Die Information kam so trocken wie der Rest.


    "Nein, ich habe kein Verständnis dafür, wenn jemand sich ohne Meldung vom Lager entfernt, besonders kein Unteroffizier. Du hast deinen Posten verlassen und wir sind hier mitten im Feindesland. Deine Männer verlassen sich auf dich. Ich verlasse mich auf dich. Du hast eine Vorbildfunktion. Das darf nie wieder geschehen. Hörst du? Ich will zu jedem Zeitpunkt den Aufenthaltsort jedes einzelnen Mitglieds der Turma Secunda kennen und niemand kackt und pinkelt abseits des Donnerbalkens! Mach das den Männern klar, wenn du einen erwischst!"


    Er vermutete, dass Fango deshalb so weit entfernt gewesen war.


    "Daheim im Lager wirst du dich an unseren Vexillarius wenden, Umbrenus. Für die Dauer dieses Einsatzes gerechnet sollst du die Hälfte deines Soldes in die Gruppenkasse unserer Turma geben."


    Im Grunde bedeutete die Pecunaria multa, die Geldstrafe, dass das Ansehen des Unteroffiziers gewahrt blieb. Trotz des vernichtenden Tonfalls handelte es sich um eine milde Strafe, denn Sabaco hätte ihn genau so gut körperlich züchtigen oder den Donnerbalken pflegen lassen können. Eine Würdigung des Umstandes, dass er den Giftzwerg gerettet hatte.


    "Jetzt begleite mich mit diesem Germanen. Er bedarf keiner Schonung, falls er Ärger macht. Und Eques Iunianus kann wegtreten. Er wird für den Rest des Einsatzes auf halbe Ration gesetzt."


    Sabaco starrte Stilos Sohn hinterher, als wolle er ihn auffressen und seine Gedanken waren auch gar nicht so weit davon entfernt. Dann fuhr er herum und bedeutete dem Gefangenen, dass er mitkommen sollte. Für das Verhör würden sie sich ein gemütliches Plätzchen suchen ... im Herzen des Lagers, von wo es kein Entrinnen gab. Dort fackelte Sabaco nicht lange.


    "Sprichst du Latein? Dein Name?"

    Sabaco hatte genau bemerkt, das zwei fehlten. Natürlich hatte er das. Während er in der Sonne trocknete, wobei er nicht etwa lag, sondern herumstand und mit seinen kalten Raubtieraugen über das Lager blickte, nahm er sich vor, das anzusprechen. Er mochte nicht leiden, wenn sich jemand seiner unmittelbaren Kontrolle entzog, seit dem Verschwinden seines kleinen Bruders noch weniger als zuvor.


    Als Cimber und Fango endlich eintrafen, war der Decurio wieder angezogen und in voller Rüstung, die Miene besonders eisig. Doch die Rüge entfiel vorerst - sie hatten da etwas Interessantes im Schlepptau.


    "Nuntio", bellte er. Sein Stimme klang wie ein brechender Gletscher. Er blickte Cimber an.

    Das Fenster und die Tür waren verschlossen, sperrten die Außenwelt aus. Dunkelheit und Stille. Sabaco war allein mit seinen Erinnerungen an Ocella. Jemand hatte in dem Quartier gelüftet und Staub gewischt, doch Sabaco wünschte, es wäre nicht so. Er wollte diese sterile Sauberkeit und Ordnung nicht. Er wollte, dass die Decke zerwühlt war, dass ein paar Schuhe kreuz und quer herumlagen, ein halbvoller Teller auf dem Tisch stand und ein Krug mit einem Becher dazu. Auf dem kleinen Wandschrein entzündete Sabaco eine Öllampe, blickte in die ruhige Flamme.


    Komm zurück nach Hause.


    Er dachte fest an seinen kleinen Bruder. Eine uralte Emotion aus den frühesten Tagen seiner Kindheit bahnte sich ihren Weg, blieb in Sabacos Hals stecken. Er erinnerte sich dumpf, was das war.


    Doch er durfte nicht.


    Er durfte nicht.

    Als Sabaco den Raum betrat, wirkte es verdächtig ruhig. Das war doch nicht normal. Wo war das Gequatsche von Andriscus? Wahrscheinlich war der Ausbilder gerade Material holen - oder er war krank und hing auf der Latrine fest. Bei den kalten Eiern des gehörnten Rhenus, alles ging den Bach runter. Sabaco nahm die Respektsbekundungen entgegen, während er sich im Raum umsah, ob alles seine Ordnung hatte.

    Da Cimber keine korrekte Meldung machte, ging Sabaco davon aus, er würde den Donnerbalken benutzen gehen. Für ihn selbst war es nun an der Zeit zu baden, besser gesagt, zu schwimmen. Er legte die Rüstung und die nassgeschwitzen Kleider ab, um in das dunkle Wasser dieses fremden Flusses im Herzen des Barbaricums einzutauchen. Seine Sorgen verschwanden hinter einem Schleier weiß glitzernder Luftblasen, als er dicht unter der Wasseroberfläche entlang glitt. Die Geräusche des Lagers wurden vom Rauschen verschluckt. Nur selten tauchte er auf, um Luft zu holen.

    "Mit mir ist alles in Ordnung. Es geht mir bestens." Sabaco rollte sich auf und entfaltete noch einmal die Karte. Mit dem Stift wies er auf das Planquadrat, in dem sie sich seiner Meinung nach befanden. "Ein Kästchen entspricht einem Tagesritt durch den Wald beziehungsweise einem halben Tag auf der Straße. Von Mogontiacum aus sind wir hier entlanggeritten, der Straße folgend, bis wir an der Stelle in die Wildnis abgeschwenkt sind ..."


    Es war ja nicht so, dass Germania Magna von römischen Straßen durchzogen war. Das waren nur Abschnitte, die irgendwann ohne Vorwarnung im Nichts endeten. Er rekapitulierte für Cimber die gesamte Reise, zeigte auch das eingezeichnete Dorf, in dem sie sich bereichert hatten. Danach war es, als würden die germanischen Götter ihnen zürnen und als hätte der Wald die Kontrolle übernommen. Seither stimmte die Reise nicht mehr mit der Karte überein, obwohl Sabaco nichts an seiner Methode geändert hatte.


    "Wir haben einen neuen Fluss entdeckt. Könnte schiffbar sein, wenn man einen Kanal anlegt." Die Möglichkeit, dass sie sich verirrt hatten, sprach er nicht aus. Am Ende mussten sie einfach nur nach Westen reiten, um wieder auf römisches Gebiet zu treffen. Immer nur nach Westen, der untergehenden Sonne nach. Die Frage war, wer oder was ihnen auf dem Weg dorthin begegnen mochte, mit dem Sabaco nicht rechnen konnte, weil er jede Orientierung verloren hatte.

    Die Laune der Männer verdunkelte sich, je tiefer sie in den Wald vordrangen. Mittags ordnete Sabaco eine längere Rast an einem klaren Fluss an. Sie brauchten die Pause, um wieder zu sich zu finden. Es war heiß und nach den Tagen in der Wildnis war das Bad eine willkommene Abwechslung. Man wechselte sich ab, so dass ein Teil der Truppe immer einsatzbereit blieb. Der Rest planschte.


    Sabaco ließ seinen Männern den Vortritt. Brütend saß er über der Karte, suchte den Fluss, versuchte herauszufinden, wo sie sich befinden mochten, während die anderen im Wasser spielten. Ihm fehlte die Ausbildung, Karten anzulegen. Er war nie Kundschafter gewesen. So improvisierte er und hatte ein Raster darüber gezeichnet, das ungefähr einem Tagesritt durch die Wildnis entsprach oder einem halben Tagesritt auf der Straße. Hinzu kam eine grobe Orientierung anhand des Sonnenstandes. Aber er fand keinen Fluss, wo einer sein sollte. Hier war kein Gewässer eingezeichnet. Entweder, dieser Fluss war noch unerforscht oder die Turma II hatten sich hoffnungslos verirrt.


    Sabaco drückte den Rücken durch, blickte sich um. Kein Berg zur Orientierung. Zu allen Seiten umschloss sie gleichförmig die grüne Wildnis von Germania Magna. Ihm wurde die völlige Aussichtslosigkeit bewusst, Ocella hier finden zu wollen. Die Gegenwart der Soldaten verhinderte, dass er die Karte in seiner anschwellenden Verzweiflung zerknüllte. Man musste ihn schon sehr gut kennen, um zu sehen, dass er nicht gegen die Müdigkeit ankämpfte, sondern gegen die tiefe Trauer, die ihn von innen her verschlang.


    Er markierte mit dem Stift ihren heutigen Standort und zeichnete vorsichtig den Flusslauf ein. Dann räumte er alles beisammen und rollte sich sitzend zwischen den Wurzeln eines uralten Baumes ein. Er lehnte das mittlerweile schuppige und unordentliche Haar an die zerklüftete Borke. In ihm reifte die Gewissheit, dass Ocella tot war und kein feuriger Wille und keine brennende Liebe ihn je nach Hause zurückholen konnte.

    Sabaco horchte auf. "Verwandtschaftliche Verbindung zu den Mattiakern, Platz im Thing. Sehr interessant für einen Römer. Das meine ich nicht ironisch, mir gefällt das. So stelle ich mir erfolgreiche Romanisierung vor."


    Oh ja. Germanische Kollaborateure, seine neuen Lieblinge, für die er schon einen Plan ausheckte. Und vielleicht ließ sich auch dieser Duccius passend motivieren. Innerlich rieb Sabaco sich die Hände. Dieser Mann aus dem Thing wäre eine Goldgrube an Wissen, wenn man ihn dazu bringen könnte, den Informationsfluss entsprechend zu gestalten. Falsche Informationen an die Mattiaker, marionettengleiche Lenkung ihrer Handlungen, Interna der Stämme an die Römer. Seine Position machte den Centurio viel wertvoller, als er es dem Rang nach war. Sabaco musste herausfinden, wie man ihn passend beeinflussen konnte.


    Aber noch war es zu früh, einen entsprechenden Vorstoß zu versuchen. Alles der Reihe nach. Erstmal die peregrinen Kollaborateure vernünftig anlernen, gefügig machen, unter Druck setzen, kaufen.


    Er lächelte, sah dabei fast lieb aus. "Unsere Zusammenarbeit wird Früchte tragen." Dick und prall wie die Eier von Vulcanus, und genau so tödlich wie ihre feurige Fracht. Sabaco erhob sich, klemmte die Daumen in den Gürtel, wippte einmal auf den Fersen. "Also dann! Du weißt, wo du mich findest. Vale, Centurio."

    Was auch immer da draußen noch lauerte, Sabacos Herz schlug unbeirrt. Etwas verlieh ihm das Gefühl, diesmal wären sie auf dem richtigen Weg. Sie konnten nicht umdrehen, nicht jetzt. Noch einen Tag wenigstens, oder zwei, mussten sie tiefer nach Germania Magna vordringen. Die "Geschenke" der Germanen sorgten für die notwendige Motivation bei seinen Männern. Unter Varro wären solche Aktionen undenkbar gewesen. Doch Varro war fort und etwas Dunkles hatte sich auf seinem Platz breitgemacht.


    Am Abend, nachdem sie das Lager aufgeschlagen hatten, vollbrachte Sabaco ein einsames Opfer. Mit bloßen Fingern grub er Rillen, sein Blut vermischte sich mit der Erde dieses Landes, als er Ocellas Namen schrieb. Germania Magna selbst sollte seine Forderung lesen: Gib mir mein Blut zurück. Die Stelle bedeckte er mit Brennmaterial, erst feiner Reisig, darüber Zweige, außen Äste. Bald brannte Ocellas Name lichterloh. Der Rauch schickte seine Forderung hinauf zu den Göttern dieses Landes, das er mit jeder zurückgelegten Meile mehr hasste.


    Nichts würde ihn aufhalten. Weder Sterbliche noch Götter sollten es wagen, sich zwischen ihn und seinen Bruder zu stellen. Er dachte an Eilas ebenmäßiges Gesicht und riss den Mund auf zum lautlosen Lachen der Wahnsinnigen, als der Wind in das Feuer fuhr und die Funken hinauf in die Nacht stiegen. Wenn die Turma II heimgekehrt sein würde, wäre die Zeit gekommen, um zu überprüfen, ob Balko seinen Teil der Abmachung erfüllt hatte.

    Sabaco nahm die Meldung samt Vorschlag entgegen. Er gehörte nicht zu jenen, die keine Vorschläge hören wollten. Das einzige, was er rundheraus ablehnte, waren Diskussionen abseits eines Tisches. Diese hatten nichts im Einsatz verloren, es sei denn, er bat darum, und das geschah selten. Nach kurzem Nachdenken passte er seinen Befehl etwas an:


    "Duplicarius, wir reiten sofort los, mit allem, was wir zu bieten haben. Wir zeigen in beinahe voller Aufstellung Präsenz und fordern alles, was wir brauchen. Das letzte Contubernium sichert den Fluchtweg." Es bestand aus den unerfahrensten oder körperlich nicht mehr ganz so leistungsfähigen Männern, denen oft Arbeiten im Hintergrund anvertraut wurden. Meist übernahmen sie auch den Sanitätsdienst, der heute aber wohl kaum notwendig werden dürfte. "Lass die Männer wecken und zum Abmarsch fertig machen!"


    Dann ging alles ganz schnell. Und während die beiden Germanen unbemerkt in ihrem Versteck diskutierten, zog die gesamte Turma unter lautem Gepolter und Geklirre an ihnen vorbei durch den Morgennebel. Wenig später erreichten sie das Dorf.

    "Ich soll gehen? Das hier ist meine Bude, Nero! Du arbeitest in meinem Vorzimmer, nicht ich in deinem Hinterzimmer. Und ich habe soeben die letzten dienstlichen Handgriffe für heute erledigt und mich am Geraschel und Geklapper meines Cornicularius im Vorzimmer erfreut. Weil ich keine stillen Wohnungen mag, in denen ich allein wohnen muss, du weißt das."


    Weshalb nun klar wurde, warum Sabaco ein Interesse hatte, Nero ausgerechnet auf den Posten des Cornicularius zu setzen. Es war nicht nur, weil Nero alt war und sicher im Officium hocken sollte, während Sabaco ins Feld ritt. Er wollte ihn auch legitim täglich in seiner Unterkunft bei sich haben dürfen, ohne dass jemand schief schaute.


    "Und du provozierst." Und stand dabei ganz nah vor Sabaco, so dass er Neros Körperwärme spürte. Ohne Zweifel war das Absicht, er wollte, dass Sabaco ihn sich fest packte und ... "Mach endlich deinen verdammten Papierkram fertig", grollte er lüstern und verzog sich wieder in die hinteren Räume. Disziplin. Sie waren in der Castra.


    Er benötigte noch eine verdammte Ordonnanz, die aufräumte, ihn rasierte und ihm in den Panzer half und alles. Mit der großen Wohnung war er überfordert. Vielleicht durfte er auch einen Sklaven halten?! Nero sollte jedenfalls nicht als Putze herhalten. Er musste das mal in Erfahrung bringen.

    "Der Graue", bestätigte Sabaco. "Ich wollte schon immer einen haben, möglichst dunkel mit viel Schwarz, aber der Rest muss natürlich auch passen, besonders bei einem Kriegspferd. Da es nicht so viele Grauschimmel gibt, ist die Chance gering, dass er gleichzeitig wuchtig genug ist, mich Fettsack zu schleppen und auch vom Wesen her alles stimmt. Dieser da macht einen soliden Eindruck. Bin gespannt, wie er in Bewegung aussieht.


    Ihr wurdet ausgeraubt? Das ist bitter. Wurde der Dieb gefasst?"