Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    Vom Theatrum aus war es nicht weit bis zur Domus Iunia. Der Mond leuchtete ihnen den Weg über die schweigende Landstraße. In der Ferne klang die Musik der nächtlichen Stadt, die immer leiser wurde, je weiter sie sich entfernten. Stattdessen zirpten die Grillen im feuchten Gras. Sabaco brachte Iunia Matidia bis an die Porta der Domus Iunia, noch immer nicht im Klaren darüber, dass sie eigentlich woanders wohnte. Er blieb stehen und sah ihr in die Augen.


    "Sehen wir uns wieder, Matidia?", fragte er. Dabei strich er ihr das Haar hinter das kalte Ohr.

    Sabaco grinste nur und verzichtete auf eine Antwort. Stattdessen sagte er: "Solltest du jemals Ärger mit römischen Soldaten haben, gib ihnen das Geheimwort Phoca*. Wenn sie nicht zur Ala gehören, werden sie wahrscheinlich nicht wissen, was das bedeutet, aber indem sie es weiterleiten, kann dir Hilfe zugespielt werden. Das Geheimwort verhindert, dass du offenlegen musst, unser Informant zu sein und für mich zu arbeiten, erhältst aber trotzdem Hilfe. Je weniger davon wissen, umso besser."


    Das galt auch für die eigenen Leute. Zum Abschiedsgruß hob er die Hand. Wenig später war von dem Hufklang von Hunulfs Pferd nichts mehr zu hören. Als er fort war, vervollständigte Sabaco seine Notizen, denn Details vergaß man schnell. Das schriftliche Festhalten dieser Dinge barg ein gewisses Risiko. Es bestand die Möglichkeit, dass diese Tabula bei einem Überfall in die Hände der Germanen geriet, weshalb Sabaco vorerst mit Kürzeln arbeitete und die Tabula anschließend gut in seiner Satteltasche verstaute:


    INFORMATIONEN AUS GERMANIA MAGNA


    Informant: H.

    Bearbeitender Offizier: P.

    Datum: ID IUN DCCCLXXIII A.U.C. (13.6.2023/120 n.Chr.)


    H. ist Vetter des B., der aktuell wie schon sein Vater Fürst der Hermanduren ist. H. beansprucht diesen Platz für sich und ihm wurde die notwendige Hilfe zugesichert. Die Baumaßnahmen der Via Seia sind den Germanen der Umgebung mittlerweile bekannt. Vorerst keine Pläne zur Sabotage bekannt.



    Aktuelle Stammesfürsten mit romfeindlicher Gesinnung:


    - Bajuware Grifo

    - Thuringi Balder


    ➔ führen beide je eine Gruppe von 30 bis 40 Männern

    ➔ überfallen kleinere römische Siedlungen

    ➔ kein festes Hauptquartier, darum schwer zu fangen

    ➔ rivalisierend und uneins, nehmen bislang nicht an Stammestreffen teil



    Neuer Auftrag für H.:


    - Stammesfürsten auf psychologische Schwachpunkte untersuchen

    - eventuelle Käuflichkeit abschätzen

    - Welchen Kandidat will Rom als Anführer über alle Stämme sehen?


    ➔ H. will versuchen, diesen über dessen Frau zugänglich zu stimmen mittels Geschenken (römische Geschmeide). Er selbst beansprucht nur die Herrschaft über die Hermanduren, nicht jene über alle Stämme.


    Erneutes Treffen in einem Monat am gleichen Ort anberaumt.


    Sim-Off:

    *Seehund

    "Das wollte ich hören. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit." Er nickte Hunulf wohlwollend zu. Ihm kam der Gedanke, welcher merkwürdigen Natur die germanischen Frauen entsprungen sein mussten. Und auf solche Frauen hatte es sein Bruder Ocella abgesehen! Sabaco schauderte innerlich. Wenn er dagegen an Iunia Matidia dachte, was sehr oft geschah ... sie würde jemandem, der sie mit einer Halskette kaufen wollte, das Ding um die Ohren schlagen oder ihn gleich damit erdrosseln. Anschließend würde sie Sabaco informieren, damit er auch noch die Familie des Übeltäters erschlug. Sein Blick verklärte sich einen Moment, als er sich ihre Gestalt vorstellte, doch ihm entging keine Information.


    Sabaco ließ den Kollaborateur ausreden, der sich mit den germanischen Sitten und Gebräuchen bestens auskannte. "Wenn das Eheweib der Schlüssel ist und durch Schmuck zu kaufen ist, soll es so sein. Ich korrigiere also den Auftrag: Finde heraus, welcher der Anführer am leichtesten über sein Weib zu lenken ist. Unternehme einen Versuch zur Probe und wenn du einen geeigneten Kandidaten samt Anhang hast, sehen wir uns wieder." Er warf Hunulf ein Säckchen Münzen zu. "Für deine Mühen und für künftige Auslagen. Wir sehen uns in einem Monat an gleicher Stelle. Genügt dir die Zeit?"

    "Na, schade! Du wärst doch der perfekte Kandidat, Hunulf. Ein romfreundlicher Germane, der uns das Pack direkt vor die Klingen treibt und dafür in der Erfüllung all seiner Träume badet. Man würde dir eine Statue bauen als jener, der die Stämme vereint und in eine Zukunft in Frieden und Wohlstand geführt hat, und die Anführer würden ihre Söhne nach dir benennen.


    Aber gut, ich verstehe, wenn du lieber in der zweiten Reihe bleiben willst. Dann wäre dein nächster Auftrag, herauszufinden, welcher von den Stammesführern an deiner Statt der Mann ist, den wir auf der Position des Anführers sehen wollen. Welcher von ihnen ist käuflich, trotz seiner Abneigung gegen Rom? Das musst du herausfinden, diesen Kerl wollen wir fördern! Traust du dir diese Aufgabe zu?"

    "Freund Hunulf, dieser Anführer solltest du sein. Was hältst du davon?" Sabaco zog eine Wachstafel hervor und kritzelte mit seiner Sauklaue einige Notizen darauf. Er unterließ es, die Informationen zu bewerten, sondern nahm vorerst undifferenziert auf, was ihm mitgeteilt wurde:


    - Bajuware Grifo

    - Thuringi Balder


    ➔ führen beide je eine Gruppe von 30 bis 40 Männern

    ➔ überfallen kleinere römische Siedlungen

    ➔ kein festes Hauptquartier, darum schwer zu fangen


    Allerdings hatte er noch ein paar Fragen. "Stammesfürsten haben die Angewohnheit, einander eher als Rivalen denn als Verbündete zu betrachten. Darum muss ich wissen, in welchem Verhältnis dein unseliger Verwandter Ballomar zu diesem Dankwart steht. Und was halten sie beide von diesem Grifo und diesem Balder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie potenzielle Rivalen mit offenen Armen empfangen. Haben sie bereits vom Straßenbau Wind bekommen?"

    Sabaco nickte sehr langsam. "Ah, ja." Verräterische, eigensüchtige Brüder, das kannte er selbst. "Dieser Ballomar ist dein jüngerer Bruder, nehme ich an? Die sind die Schlimmsten. Du wirst deinen gebührenden Platz an der Spitze der Hermanduren erhalten. Und das ist keine Phrase. Rom steht fest an der Seite seiner Verbündeten."


    Mit einer umfassenden Geste wies er auf seine Männer, zum Großteil Germanen, die das Leben unter dem Adler gewählt hatten, einige Kelten und der Rest hauptsächlich andere Ausländer, die es irgendwie nach Mogontiacum verschlagen hatte. Sie alle waren gut genährt, sehr gepflegt und machten in ihren Panzern eine ziemlich gute Figur. Da sie kurzes Haar trugen und rasiert waren, konnte man sie äußerlich nicht von Römern unterscheiden, abgesehen davon, dass sie alle ziemlich groß und kräftig waren.


    "Sieh diese Germanen. Ist das nicht ein Bild? Sie dienen dem Kaiser und dem Volk von Rom und Rom hat aus ihnen Menschen gemacht. Das Essen ist reichlich, die medizinische Versorgung gibt es gratis und die Frauen liegen einem zu Füßen, sobald man eine Uniform trägt. Der Sold ist reichlich, so dass immer genügend für die Freuden des Lebens übrig bleibt. Oder man spart und legt es für die Familiengründung beiseite. Rom gibt den Männern Sinn und Struktur. Unter dem Adler kämpfen sie für die Zivilisation, für ein besseres Leben als das eines Wilden und erhalten am Ende nicht ein beträchtliches Sümmchen zum Abschied, sondern auch ein Stück Land und das römische Bürgerrecht."


    Sabaco war vollends davon überzeugt, dass nur der römische Lebensweg ein würdiger Lebensweg war. Hunulf hatte das verstanden und würde seinem Stamm die Zivilisation bringen, Bäder und Theater, öffentliche Schulen, Recht und Ordnung. Insofern meinte der Decurio vollkommen ernst, was er sagte, und sprach diese Dinge nicht nur deshalb aus, um Hunulf Honig um den Bart zu schmieren. Er war schlichtweg mal wieder ins Schwärmen geraten.


    "Rom kann so manchen Traum wahr machen und deiner ist einer von vielen, der in Erfüllung gehen wird. Ballomar wird vor dir das Knie beugen und dir sein Schwert zu Füßen legen. Wir haben die Mittel, wir haben die Männer. Aber wir brauchen wir Informationen." Er sah Hunulf durchdringend an.

    Sabaco registrierte den römischen Gruß anstelle des bei Germanen üblichen "Heilsa" und Konsorten. Das war entweder ein Zeichen, wessen sozialer Normen Hunulf sich zugehörig fühlte oder er wollte, dass dieser beim Decurio Eindruck entstand. Beides war gut für die Römer.


    "Wir hatten ja bisher noch nicht persönlich das Vergnügen, Hunulf. Vielleicht wird sich das in Zukunft ändern. Bevor wir zum Wesentlichen kommen, berichte mir doch in aller Kürze, was dich dazu bringt, Rom zu unterstützen?" Es ging Sabaco nicht um Plauderei, sondern darum, wie man Hunulf künftig belohnen und bei der Stange halten konnte. Ein guter Spitzel war viel wert.

    Ah, da war er ja, der Kollaborateur. Die Kundschafter hatten ihn anscheinend schon geprüft und durchgelassen. Sabaco schlug das Tuch um den Kuchen und steckte ihn zurück in die Satteltasche. Der Mann war ein Bild von einem Germanen. Es fiel ihm wahrscheinlich leicht, die Leute für sich zu gewinnen. Und ein gutes Pferd ritt er, ein deutliches Zeichen, dass dieser Germane in seinem Stamm nicht irgendwer war, denn die Germanen waren eigentlich kein Reitervolk.


    "Salve", grüßte Sabaco und grinste leutselig. Kollaborateure wurden auf beiden Seiten verachtet. Niemand traute jemandem, der sein eigenes Volk verriet, doch Sabaco hatte stets seine eigene Sicht auf die Dinge. "Decurio Publius Matinius Sabaco, Turma II, Ala I Aquilia Singularium." Der andere durfte ruhig wissen, welcher Römer es war, der den Germanen seit gut zwei Jahren das Leben schwer machte. "Hunulf, nehme ich an?"

    Das hört sich nach einem brauchbaren Plan an.


    Wenn Hunulf nur ein kurz mal auftretender NSC sein soll, könntest du ihn gleich mit als Ballomar schreiben, wie deinen Egilmar. Das wäre die pragmatische Variante. Dann könntest du ihn gleich im Thread aufkreuzen lassen, sobald deine Zeit es erlaubt. Wenn du den Kollaborateur Hunulf etwas mehr vertiefen und über einen längeren Zeitraum spielen willst, könntest du auch eine entsprechende ID bei der SL beantragen (Ticketsystem). Hängt halt davon ab, was deine Laune und deine Kapazitäten dazu sagen. :D


    So oder so freue ich mich drauf.

    - Germanischer Kollaborateur gesucht -


    Informationen sind die vielleicht wichtigste Währung des Krieges. So verfügten die Römer über ein riesiges Netzwerk an Informanten, das weit ins Ausland reichte. Hat jemand Lust, mit einem kleinen Gastauftritt als NSC einen solchen germanischen Kollaborateur zu spielen? Oder vielleicht besitzt jemand sogar eine entsprechende ID in der Hinterhand, die er kurzfristig für ein kleines Intermezzo reaktivieren möchte?


    Ich bräuchte den Kollaborateur hier: Patrouille der Turma II


    Ist letztlich nur was Kleines, das in zwei oder drei Postings erledigt sein wird (es sei denn, es besteht Interesse daran, die Zusammenarbeit langfristig zu vertiefen, dann können wir das gern umsetzen). Es soll nicht der Schaden deiner ID sein, Rom zahlt gut ...


    Es geht im Endeffekt nur darum, Sabaco einen groben Überblick zu verschaffen, was aktuell in Germania Magna so abläuft, was die Germanen vom Bau der Straße halten, den sie sicher langsam mitbekommen haben, wer mal wieder wen nicht leiden kann und so weiter. Vielleicht gibt es sogar konkrete Pläne eines geplanten Überfalls, das wäre sehr wertvolles Wissen. Mein ursprünglicher Informant ist leider aus Zeitgründen nicht mehr im Spiel, aber ich würde diesen Aspekt der Operation Sommergewitter trotzdem gern aktiv ausspielen, anstatt nur zu behaupten, dass Decurio Matinius Sabaco irgendwann mal irgendwelche Informationen erhalten hat.


    Vielleicht hat ja einer Bock.

    Gegen Mittag kam eine auffällig große Weide in Sicht, die einst von einem Blitz mitten entzwei gespalten worden war. Obgleich ihr Inneres schwarz und verkohlt war - Wunden, die sich nie wieder schließen würden - lebte der Baum. Sabaco gefiel dieses Sinnbild. An dem malerischen Sandstrand, der sich vor ihnen erstreckte, hob Sabaco den angewinkelten Arm mit der rechten Faust. Gleichzeitig zügelte er sein Pferd. Sofort hielt die gesamte Turma. Er wandte sich im Sattel sitzend nach hinten um, was nach der überstandenen Krankheit ein wenig im Kreuz zwickte.


    "Zisimos und Fango, ihr übernehmt zu zweit die Wache. Die anderen können sich die Beine vertreten und etwas trinken oder essen. Und macht nicht zu viel Lärm. ABSITZEN."


    Sabaco schwang sein Bein über das Hinterteil des Pferdes und sprang in den Sand. Schwert und Dolch legten sie im Dienst niemals ab, auch nicht während der Rast, aber die Speere und Lanzen wurden abgelegt und griffbereit gelagert. Die Pferde blieben ebenfalls in der unmittelbaren Nähe ihrer Reiter. Aufmerksam schweifte sein Blick über das Schilf, dann an den kleineren Weiden vobei, welche die Uferböschung hielten und einen guten Sichtschutz bildeten. Dorthin würden wohl gleich seine beiden Wachen im Gehölz verschwinden. Die beiden Kundschafter hingegen, die der Turma vorausgeschwärmt waren, um sie vor eventuellen Hinterhalten zu warnen, würden jeden Moment wieder zu ihnen stoßen. Sie wussten, dass hier eine Rast anberaumt war.


    Sabaco aber wollte sich an der knorrigen Weide mit einem seiner Informanten treffen. Noch war dieser nirgends zu sehen. So nahm er erst einmal, wie die übrigen Männer, etwas Proviant aus der Satteltasche. Er schlug das Leinentuch auseinander. Es gab mal wieder ein Stück von Fangos selbstgebackenem ultrasüßen und ziemlich klebrigen Kuchen.

    Patrouille der Turma II

    Sim-Off:

    Jeder Zivilist hat die Pflicht, den Soldaten platz zu machen, wenn er sie kommen sieht.


    Die Sonne brannte schon früh am Morgen unbarmherzig. Die Soldaten schwitzten unter ihrer Ausrüstung. Der Weg entlang des Flussufers versprach kühlere Luft und sehr viele Mücken. Sabaco, der auf seinem kräftigen Grauschimmel Skymir ritt, hielt die Augen offen, als er ein rhythmisches Rauschen vernahm. Er kannte dieses Geräusch. Hinter der nächsten Biegung sahen sie den Quell der aquatischen Musik: Eine Navis lusoria zog mit kraftvollen Ruderschlägen über die dunklen Wellen des Rhenus. Die Soldaten wiegten sich bei jedem Schlag vor und zurück. Die Turma II grüßte militärisch, als sie der «Keto» entgegen ritt, und das Kriegsschiff erwiderte den Gruß. Bald war der Moment vorbei und die Reiter wieder allein, genau so wie die Soldaten zur See. Der Decurio wirkte eine Weile in sich gekehrt, als sie dem leicht schlammigen Pfad folgten, doch das schadete seiner Aufmerksamkeit nicht.

    Er wollte ihren Schmollmund küssen, den sie kurz zeigte, er wollte sie überall küssen, und er würde das Imperium aus den Angeln reißen, um das eines Tages zu können! Bald. Man merkte wohl, dass sein Blut nicht mehr vorwiegend im Hirn kreiste, als Sabaco völlig vergaß, wo Iunia Matidia eigentlich wohnte. Als sie dann die Augen niederschlug und mit einem Lächeln wieder zu ihm aufblickte, rüttelte das an seiner Selbstbeherrschung. Bei den Göttern, er wollte diese Frau! Sie gehörte ihm schon jetzt, und wer etwas anderes behauptete, dem würde er alle Knochen im Leib entzwei brechen. Es musste nur noch amtlich gemacht werden.


    Er zog Matidia an ihrer Hand auf die Füße und hätte sie nur einen Schritt näher an sich herangezogen, hätte sie irgendwo in Bauchhöhe deutlich gespürt, wie sehr er mit sich ringen musste, seit sie mit ihren Fingern in seine Seite gekniffen hatte. Doch er gewann diesen Kampf, weil er ihn gewinnen wollte, er presste sie nicht fest an sich, auch wenn alles in ihm danach schrie. Er hielt nur ihre Hand, um sie nach einem tiefen Blick durch das nunmehr fast leere Theater erneut hinaus in die Nacht zu führen, sich die Worte noch aufsparend, die er sich zurechtgelegt hatte.


    Die Verabredung mit Paullus vergaß er darüber völlig, und hätte er sich daran erinnert, hätte er sie wohl absichtlich sausen lassen. Zumindest für heute ... denn er hatte sie ja nicht ohne Grund organisiert. Die Dinge ließen sich nachholen.

    "Nein, ich bin hier bei dir genau richtig." Er wartete, bis Scato fertig war mit der Untersuchung, dann starrte er ihn an, unbekleidet, wie er war, jede einzelne der unzähligen Schnittnarben auf seinem Rumpf sichtbar. "Wenn sie ... das hier ... sehen, erklären sie mich für verrückt. Ein Verrückter kann nicht Offizier sein. Ein Verrückter kann auch keine Operation Sommergewitter leiten. Es war dumm und schwach, das hier anzurichten, es hat nichts besser gemacht, aber damals hatte ich noch keinen Scato als Arzt, ich hatte überhaupt keinen Arzt und wusste keinen anderen Weg. Die Götter wissen, ich bin nicht verrückt, sondern die Welt ist es. Weil die Menschen Teil dieser Welt sind, erkennen sie das nicht. Du bist der Einzige, der das versteht. Der Einzige, der mir geholfen hat."


    Die Muskulatur in seinem Gesicht und an seinem Hals spannte sich, als er sich davon abhielt, weiter zu sprechen und den zweiten Grund auszusprechen, der ihm genau so effektiv das Genick brechen konnte, wenn irgendeiner im Lazarett davon Wind bekam. Er wusste, dass Scato es wusste. Er war Arzt, dem konnte er nichts vormachen. Doch Scato würde schweigen.


    "Schreib mich gesund", verlangte Sabaco. "Die Ala braucht mich. Rom braucht mich. Und meine Männer brauchen mich auch. Wenn dir dabei unwohl ist, sag mir, was es kostet, dich umzustimmen."

    "Netter Versuch. Aber es geht mir gut." Er merkte, wie schroff er sich verhielt. Seine Laune war am Boden, aber er wollte nicht den vielleicht einzigen Menschen verlieren, der es noch aufrichtig gut mit ihm meinte. Mit leerem Blick starrte er an die Wand, dann sah er Scato wieder an. "Tut mir leid. Du bist nicht derjenige, den mein Zorn treffen sollte. Hau mir eine rein. Fest." Er grinste mit seinem lückenhaften Gebiss. Dann wuschelte er dem Medicus vertraulich durchs Haar. Mal sehen, wie er darauf reagierte, ob er die professionellen Maske nicht mal für einen Moment absetzen wollte, die er jeden Tag trug. Dahinter war mehr.


    "Ich benötige jetzt die Abschlussuntersuchung. Ich weiß, wann ich dienstfähig bin und wann nicht. Sei also so freundlich. Die Kekse hat übrigens dein kleiner Bruder gebacken. Fango. Der bäckt andauernd und weiß anschließend nicht wohin mit diesen Mengen - zumindest behauptet er das - weshalb er das Zeug ständig verschenkt." In Wahrheit buk er absichtlich raue Mengen, um viel zum Verschenken zu haben. "Es gibt noch nette kleine Brüder."


    Eine Faust ballte sich, wurde hart wie ein Stein, bereit, Nasen und Kieferknochen zu zertrümmern, dann atmete er ruhig aus und seine Rechte entspannte sich wieder. "Es ist wegen Ocella", gab er schließlich zu. "Aber ich will die Familienangelegenheiten nicht breittreten. Er ist ein hoffnungsloser Fall, das muss reichen. Mich interessiert das alles nicht mehr. Soll er machen, seinen Weg in den Orcus weitergehen am Tunikazipfel dieses Germanicus ... er ist nicht länger mein Problem. Mein Augenmerk gilt der Turma Secunda und der Operation Sommergewitter, das ist mein Auftrag, und der Rest kann mich mal kreuzweise. Also, walte deines Amtes."


    Er zog die Tunika aus, knüllte sie zusammen und warf sie in eine Ecke.

    Ein wenig Weichheit fanden Matinias Hände dann doch in Form von Speck, nicht viel, aber doch mehr, als ein Soldat einer berittenen Einheit, haben sollte. Sabaco aß gern und reichlich, so dass tägliche körperliche Ertüchtigung und Dienst nicht genügten, alles zu verwerten, was er da in sich hineinfutterte. So wog der Mann, der neben ihr saß, bei seiner Körpergröße an die zwei Zentner, vieles davon Muskeln, aber nicht alles, und wenn er saß, konnte man dort hineinkneifen, was ihm gefiel, wie sein breites Lächeln zeigte. Als sie ihn streichelte, verbreiterte es sich und er hielt ganz still, wollte nicht, dass die Berührung endete. Äußerlich wirkte er entspannt, doch sein Herz war wie eine Kriegstrommel, die ihn antrieb, die Initiative zu ergreifen und ihr zu beweisen, wie sehr er sie wollte, sich gemeinsam dem Feuer hinzugeben, das in ihnen brannte.


    Als sie wieder sprach, richteten seine Augen sich auf ihre Lippen. Er würde sich beherrschen und seine Leidenschaft aufsparen. Wenn ihm das nicht gelang für die Frau, die er heiraten wollte, wenn er tatsächlich erwogen hätte, sie vor der Zeit zu entehren, hätte er sie nicht verdient. Allerdings war sein Blick wohl sehr intensiv und es entstand eine Lücke in der Zeit, in der er sie gern fest an sich herangezogen hätte. So stand er auf, um diesen bittersüßen Zustand zu beenden, nicht ohne ihr die Hand anzubieten, um sie auf die Füße zu ziehen.


    "Du hast recht - was für ein Erlebnis. Unserer würdig, nichts weniger haben wir verdient. Und wenn du willst, wird es nicht der letzte Abend sein, an dem wir beide uns sehen. Aber es ist spät und ich werde dich nun nach Hause bringen, bevor man beginnt, sich um deine Sicherheit zu sorgen."


    Wenn Scato sehen würde, dass er sich um seine Verwandte kümmerte und sie sicher nach Hause geleitete, konnte das auch nicht schaden, sofern der Prätorianer überhaupt zu Hause war.

    Die Frühlingssonne warf tanzende Schleier auf den Waldboden. Die Hufe der Turma klangen dumpf auf Laub, Erde und Tannenadeln. Der Decurio der Turma II aber blickte drein, als würde die Sonne ihn nicht erreichen. Nachdem er das Sumpffieber überlebt hatte, war das Dunkel in Sabacos Herzen so stark wie lange nicht mehr. Mit seinem jüngeren Bruder sprach er kein außerdienstliches Wort mehr und mied ihn, wo immer es möglich war. Ocella hatte ihn einmal zu viel vor den Kopf gestoßen. Jetzt war Sabaco beleidigt und er konnte in solchen Dingen verdammt nachtragend sein.


    Sein schwerer Grauschimmelhengst Skymir trat sicher im unwegsamen Gelände auf. Mit seinen kräftigen Beinen und breiten Hufen fand er gut Halt.


    Während er den Schutz der Baumaßnahmen koordinierte, war Sabaco hochkonzentriert, doch in den Pausen drifteten seine Gedanken zu der Frau, die er neulich ausgeführt hatte, um mit ihr gemeinsam dem Gladiatorenspiel des berühmten Paullus beizuwohnen. Iunia Matidia, der Frau, die er zu heiraten gedachte. In diesen wenigen Momenten wirkte Sabaco verträumt und leicht schläfrig, nickte in der Tat häufig ein, wenn er an sie dachte. Wie gern würde er sie an seiner Seite haben und die geschlossenen Augen halfen dabei, ihre Finger erneut auf seiner Haut zu spüren, die ganz zaghaft und unschuldig seinen Körper kennenlernten und ihn in die Flanke zwickten. Seine eigene Zeit der Unschuld war schon anderthalb Dekaden vorbei, er war die Skrupellosigkeit auf Beinen, er war kein guter Mensch, war es noch nie gewesen, doch er würde ein guter Ehemann sein, denn sie teilten das gleiche Feuer.


    Mit beiläufigem Schenkeldruck lenkte er Skymir durch die Bäume. Alle Sinne waren wach. Noch war alles ruhig, doch Sabaco ahnte, dass diese Straße mit Blut geweiht werden würde.

    Die Großübung verlief reibungslos. Die neuen Rekruten erfuhren in sicherem Rahmen, welche Strapazen es bedeutete, in einem Marschlager zu hausen. Sabaco war wichtig, sie so nah wie möglich am Ernstfall auszubilden und nicht allein in grauer Theorie oder nachgestellten Idealsituationen. Sie litten, sie bluteten, sie schwitzten, und manch einer geriet erstmalig an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung, als Sabaco sie einen Tag um den anderen endlos marschieren ließ. Lange Märsche verschlissen nicht nur den Körper, sie zehrten in ihrer endlosen Monotonie auch am Verstand.


    Am Ende jedoch hatten sie alle Pflichtmärsche absolviert und jede einzelne Waffengattungen mindestens einmal in der Hand gehabt. Mit diesem neuen Wissen im Gepäck und reich an Erfahrungen kehrte die Ausbildungsturma nach mehreren Tagen heim in die Castra, um den regulären Ausbildungsbetrieb fortzusetzen.

    "Ich weiß nicht, ob das ein Grund zum Feiern ist." Er drehte sich ganz zu Scato um. "Für manche ist es eher ein Grund zum Fürchten! Aber das soll nicht deine Sorge sein. Also, was steht heute an? Die Abschlussuntersuchung? Mir geht es gut." Er kramte eine Schüssel voll irgendwelchen Keksen mit Honig und Nusssplittern hervor, die er Scato unter die Nase hielt - seine Art zu zeigen, dass der Zorn nichts mit ihm zu tun hatte. "Iss", befahl er, weil er den Gedanken nicht ertragen konnte, dass Scato die Kekse ablehnte.