Es gibt da bestimmt größere Experten des römischen Lebens als mich und ich denke, die werden sich auch noch zu Wort melden.
Dennoch ein Statement von meiner Seite aus, wobei ich mich jetzt mehr auf die private Seite der Frage beziehe, weniger auf die Karrieremöglichkeiten von Frauen:
Ich glaube, dass Dich diese Frage zu recht etwas verwirrt, aber auch deshalb, weil die historische römische Gesellschaft nach meinem Eindruck durchaus widersprüchlich war.
Denn es gab wohl tatsächlich ziemlich viele Ausschweifungen und die Prostitution dürfte gang und gäbe gewesen sein. Gleichzeitig waren die Römer auch – gerade im Vergleich zu anderen Kulturen ihrer Zeit – relativ prüde. Sie haben sich ja immer diesen Rest provinzieller Bäuerlichkeit bewahrt, aus der Rom einst entstanden ist.
Im Vergleich mit z. B. orientalischen Gesellschaften dürfte z. B. die Liebe von Männern untereinander oder mit Lustknaben weniger akzeptiert gewesen sein (wenn auch sicher nicht unbekannt). Von Gaius Iulius Caesar heißt es ja, dass er in jungen Jahren das Bett mit dem, ich glaube bythnischen König geteilt haben soll. Das ständig zu wiederholen war auch Verleumdung und ein Mittel ihn herab zu setzten, und dennoch konnte auch das nicht seine spätere Karriere wirklich behindern.
Also denke ich mir, dass gerade bei Männern gerne mit dem Finger auf gewisse „Lasterhaftigkeiten“ gezeigt wurde, es in Wahrheit aber, abseits der gerne gezeigten Prüderie, durchaus toleriert wurde.
Etwas anderes dürfte – wie ja nun einmal in fast allen Zeiten – mit den römischen Frauen gewesen sein.
Das althergebrachte Idealbild einer Römerin war ungefähr das, was wir heute als „Heimchen am Herd“ bezeichnen würden.
Andererseits gab es wohl gar nicht wenige Römerinnen, die darauf mehr oder minder gepfiffen haben und sich sogar einen Spaß daraus gemacht haben, ihren zweifelhaften Ruf zu mehren. Aber das waren dann eben auch keine "anständigen Damen" in den Augen der Öffentlichkeit.
Also, wie gesagt: Nach meinem Eindruck war das klassische Rom zerrissen in Ideale, die durchaus prüde waren und gerne hoch gehalten wurden, und der Realität, die doch anders und unterschwellig akzeptiert wurde.
Aber gemessen an dem, was später kam, war die römische Gesellschaft sicher sehr viel freizügiger, auch was die Möglichkeiten von Frauen betrifft. Diese massive, auch mit Strafen oder dem Verlust des Seelenheils bewährte Einschränkung der Sexualität, wie sie dann später aufkam, muss man dann wohl in Verbindung mit dem Christentum sehen.