Beiträge von Annaea Crispina

    Ich schnappte mir auch einige von den Blättern und bot sie den anwesenden und vorübergehenden Damen an, während Stella ein wenig über die Societas erzählte.


    Eine ältere Matrone in einfachen, aber ordentlichen Kleidern schien sehr interessiert zu sein und nahm mir ein Blatt ab. Ich deutete auf Stella und erklärte ihr kurz, dass die Iulierin die Magistra der Societas sei und sie doch zu ihr gehen sollte, um mehr zu erfahren.

    Es dauerte nicht lange, bis wir die anderen Kränze an der Statue befestigt hatten. Ich kniete vor dem Sockel und schickte noch ein kurzes Gebet an Venus, dass sie mir doch bitte ein wenig Liebesglück schenken möge, ehe auch ich mich von der Statue zurückzog und unser Werk zufrieden betrachtete.


    "Ja, noch sind viele andere Frauen hier. Ich kann mit den Flugblättern helfen und du kannst die Frauen ansprechen, wenn dir das so recht ist."

    Hm, Weben war für mich nichts Ungewöhnliches. In unserem Haus wurde alles selbst gewebt und meine Mutter hielt nichts davon Geld für fertiges Tuch auszugeben, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Das halbherzige Abstauben konnte ich nun endlich beenden, nachdem auch Stella fertig war mit Schrubben.


    "Ich drücke euch die Daumen, dass sich bald ein Termin findet. Das wird bestimmt ein tolles Fest. Wenn du irgendwelche Hilfe bei den Vorbereitungen brauchst, so helfe ich dir immer gerne!


    Achja, die Girlanden. Ich hole sie fix."


    Ich packte die Putzlappen und das Staubtuch weg und holte die Rosengirlanden, die ich mit Mella zusammen heute morgen gebastelt hatte.


    "Hier bitte."


    Ich reichte Stella eine Hand voll Girlanden in verschiedener Länge, die man wie Ketten und Armreife oder Gürtel um die Statuen schlingen konnte und behielt einige davon selbst in der Hand.


    Meine erste Girlande legte ich zu Füßen der Göttin und machte dann ein wenig Platz für Stella.

    Ich runzelte ein wenig nachdenklich die Stirn. Einen günstigen Tag oder gleich mehrere hintereinander war nicht immer so einfach zu finden. Niemand wollte schließlich an einem ungünstigen Tag heiraten.


    Nur halbherzig staubte ich an der Statue herum, nachdem mich das Thema Heirat auch persönlich beschäftigte.


    "Die zweite Hälfte des Iunius wäre bestimmt auch eine Idee. Das gibt euch genug Zeit für Vorbereitungen, da es ja noch einige Wochen bis dahin ist. Bist du mit deiner Tunica recta schon fertig?"


    Das Weben und Bleichen des Tuchs konnte oft so lange dauern.

    Stella und ich fanden eine Nische mit ein paar kleineren Statuen, wo man noch den Putzlappen schwingen konnte. Während die Iulierin an der Statue schrubbte, kniete ich beim Sockel der Statue und wischte dort ein wenig Staub.


    "Haben Florus und du bereits einen Hochzeitstermin?" fragte sie gut gelaunt, nachdem die Ecke hier ein wenig Privatsphäre ermöglichte.

    Ich habe das nicht als ausgeladen verstanden, aber an der Schmückung/Reinigung nicht beteiligt. Aber nirgendwo steht, dass Männern der Besuch des Tempels verboten ist während Veneralia. Ich lasse mich aber gern korrigieren, wenn diese Interpretation falsch ist.

    Ich ließ mir die restlichen Girlanden von Mella geben und wies sie an, den Putzeimer mitzubringen. Viel zu reinigen gab es anscheinend nicht mehr, aber es gehörte halt dazu zumindest Willen zu zeigen.


    Nach unserer Ankunft schien ein gewisses geschäftiges Treiben auszubrechen unter den anderen Damen, die vorher nur schwatzend dastanden. Sie wollten uns in Eifer wohl nicht nachstehen.


    "Ich hab die Rosen für die Göttin hier. Wir sollten uns beeilen, so lange es noch etwas zu tun gibt. Es ist ja doch ganz schön was los hier."


    In Misenum war viel weniger los gewesen an einem Tag wie diesen. Ich fühlte aber keine Beklemmung mehr durch die vielen Leute. Ich wurde wohl doch mehr zum Stadtmädchen als gedacht.

    "Na dann, los gehts!" erwiderte ich und nickte Stella zu.


    Auch ich ergriff mir enthusiastisch ein, zwei Girlanden und schloß mich dann Stella an. Die kleine Dienerkolonne fächerte hinter den beiden Frauen aus, während sie das Haus verließen und den Tempel aufsuchten.

    Sie folgte Stella auf dem kurzen Weg zwischen den Gassen. Sie war noch nicht viel in Rom selbst unterwegs und deshalb war das alles noch spannend. So viele Menschen waren bereits am Tempel und sie sah eine Gruppe Frauen, die fegte und einige, die mitgebrachte Blumen ablegten oder sich leise unterhielten. Alles in allem war es recht betriebsam und ihre kleine Schar machte den Tempel gleich noch voller.

    Mella und ich schwatzten noch ein wenig bei einem Becher Quellwasser und einigen Trauben, nachdem wir mit dem Flechten der Kränze und Girlanden soweit fertig waren. Da hörte ich auch schon Schritte und Stimmen, als Stella in Begleitung von Sklaven und bewaffnet mit Blumenschmuck und Flugblättern erschien. Auch Stella hatte sich anscheinend zurecht gemacht, wenn auch ein wenig aufwendiger als sie selbst.


    "Hallo Stella! Ja, wir waren auch nicht untätig heute und sind bereit für den Ausflug. Wir sammeln nur schnell alles ein und dann kannst du uns den Weg weisen."


    Ein freudiges und aufgeregtes Lächeln zierte mein Gesicht, als ich mich erhob und meinen Myrtenkranz aufsetzte, während Mella die Girlanden einsammelte. Die Dienerschaft war informiert über den Ausflug und neben Mella, die die Girlanden trug kam auch noch einer der starken männlichen Sklaven mit, der noch einen Holzeimer mit Putzlappen mitnahm. Sie hoffte, dass es ein schöner Tag werden würde, nachdem das Wetter nicht allzu schlecht aussah.


    Nach zwei, drei Minuten geschäftigem Einsammeln und Verteilung der Sachen zum Mitnehmen war die kleine Gruppe bereit das Haus zu verlassen.

    Bereits bei Sonnenaufgang war sie auf den Beinen gewesen um im Balneum zu baden und sich für diesen Tag zu reinigen. Die Sklaven hatten die frischen Blumen besorgt und sie hatte ihre hellblaue Tunika angezogen. Auf Drängen von Mella hatte sie auch ein wenig Farbe auf ihre Wangen gebracht und ihr Haar zu einem Zopf flechten lassen, den die Dienerin zu einem einfachen Knoten zusammenfasste. Sie erinnerte sich an den Tag, als ihre Mutter das Tuch für ihre Tunika blau färbte. Sie hatte nur wenig Waid verwendet, was zu einem sehr hellen Blau geführt hatte. Sie liebte diese Farbe und Tunika, war sie doch das letzte Geschenk ihrer Mutter gewesen.


    Nach einem leichten Frühstück hier im Peristylium hatten Crispina und Mella angefangen, die Blumen in Kränze und Blumenschmuck zu verwandeln. Aus dünnen biegsamen Zweigen formte sie ein Gerüst für ihren Kranz und flocht dann die Blumen um die Zweige so lange, bis die Zweige kaum noch sichtbar waren. Die Blüten der Myrte waren strahlend weiß und so schön. Sie sollte sich öfters Myrte als Zier in ihr Cubiculum stellen. Mella kümmerte sich derweil um die Rosen aus denen sie mit Hilfe von Garn eine Girlande bastelte, die später für die Statuen im Tempel bestimmt war. Stella sollte auch bald kommen und dann konnten sie mit dem fertigen Blumenschmuck aufbrechen.

    Es war ein schöner Frühlingstag und obwohl die Sonne scheinte, so ging doch noch ab und an ein kühler Wind. Sie hatte sich daher wieder ihre dicke Palla aus Wolle angezogen und sich von den Sklaven zwei Korbstühle und ein kleines Tischlein ins Peristylium bringen lassen. Sie drehte zuerst ein paar Runden um die Bewegung und frische Luft zu genießen, ehe sie sich mit ihrer Dienerin Mella auf die herbeigeschafften Stühle sinken ließ und sie sich mit Obst und Quellwasser stärkten.


    Wie fast jeden Tag war das Atrium mit der Salutatio belegt, weswegen sie sich hierher zurückzog um das Licht und die frische Luft zu genießen. Manchmal hatte sie Heimweh nach Misenum, wo sie fast den ganzen Tag draußen war. Wenn das Wetter es zuließ, hatten ihre Mutter und sie barfuß auf der Wiese vor dem Haus genäht, gewaschen oder Wolle gefärbt. Sie erinnerte sich an das Gefühl von weichem, saftig grünen Gras an den bloßen Füßen. Alles war einfacher und naturnaher in Misenum gewesen, aber am meisten vermisste sie ihre Mutter.


    Sie war schon eine Weile in Rom nun, aber viele Freunde hatte sie noch nicht gefunden. Sie hatte Iulia Stella einen Brief geschrieben und hoffte, dass diese Zeit für Veneralia hatte, das morgen stattfinden würde. Sie wusste, dass die Iulierin sehr beschäftigt war, aber sie hatte sie direkt ins Herz geschlossen und mochte ihre freundliche Art. Auch das gemeinsame Opfer zu Ehren von Mars hatte gezeigt, dass Stella schon ein fester Bestandteil ihrer kleinen Familie war.


    "Mella, stelle bitte sicher, dass wir morgen früh genügend frische Myrte und Rosen haben für Kränze und Blumenschmuck. Ich werde auf jeden Fall in den Venustempel gehen." Die honigblonde Frau Ende dreißig nickte und versprach, dass sie sich darum kümmern würde. Mella war bereits ihre Amme und Kinderfrau gewesen und hatte sie ihr ganzes Leben begleitet. Sie wollte die ursprünglich in Germania geborene Dienerin nicht missen. Sie würde für Liebesglück beten und vielleicht würde Venus ihr ja einen Wink geben, wer ihr Ehemann werden sollte. Sie konnte jede Gunst der Göttin gebrauchen. Vielleicht konnte sie irgendwann mit einem Ehemann und ihren Kindern in die Villa Rustica zurückkehren.

    Eine einfach gekleidete Frau Ende 30 mit honigblondem Haar überbringt einen Brief ihrer Herrin Annaea Crispina.


    Ad

    Iulia Stella

    Domus Iulia

    Roma


    Annaea Crispina Iuliae Stellae s. d.


    Ich hoffe, dass es dir gut geht und du ein wenig Ruhe zwischen der Societas und den Hochzeitsvorbereitungen findest. Falls du in den kommenden Tagen Zeit für den versprochenen Ausflug in einen Venustempel hast, so würde ich Veneralia dafür vorschlagen. Wir könnten uns an der Reinigung und Schmückung beteiligen. Solltest du keine Zeit haben, so sende mir bitte eine kurze Nachricht. Ansonsten können wir uns im Domus Annaea treffen. Wir freuen uns alle, dich bald wiederzusehen - besonders mein Vetter.


    Vale bene,

    A.C.

    Crispina wollte sich gerade zu Tisch begeben, als der Patrizier zu ihrer Gruppe aufschloß. Der Flavier war schon ein imposanter Gast und würde das Prestige des Opfers nur noch mehren. Die junge Frau wäre lieber frisch gewaschen und hübscher gekleidet gewesen, aber zumindest konnte man ihr nicht vorwerfen, aufgetakelt wie ein Pfau herumzulaufen. Die einfachen Opfertuniken, Mäntel und offenen Haare waren dem Anlass entsprechend gehalten. Sie tat es Iulia Stella gleich und schlug ebenfalls die Augen respektvoll nieder.


    "Senator, Pontifex, es ist uns eine große Ehre." antwortete die junge Frau eher einsilbig. Solch exaltierte Gesellschaft war sie noch nicht gewohnt und sie wusste gar nicht, was sie noch groß sagen sollte. Sie wollte ja auch nicht unhöflich drauf los plappern, wenn die Männer sich beim Essen zweifellos über Wichtiges unterhalten wollten.

    Ich hatte mich leise mit Iulia Stella neben mir unterhalten, während die Wärme in meine Glieder zurückkehrte und mein Gesicht wieder ein bisschen Farbe bekam. Vindex und Florus sahen beide auf unterschiedliche Art mitgenommen von dem Opfer aus. Das war allerdings nicht der Ort für solche Fragen.


    Ich trank gerade einen Schluck Quellwasser, als uns auch schon die Tempeldiener zu Tisch riefen. Das Opfermahl würde sehr besonders werden. Bevor ich mich zu Tisch begab, ließ ich meinen Blick noch über die Menge schweifen. Ich sah stramme Soldaten, Diener und einfache Bürger, die sich nun aufreihten, um einen Anteil am Opferfleisch zu erhalten.


    Ich wünschte, ich hätte mir die Füße waschen können, aber das musste bis zu Hause warten. Immerhin konnte man sich die Hände waschen, was für einige Mitglieder ihrer Gruppe auch bitter nötig war.

    Dankbar nahm ich die Schuhe von dem Haussklaven entgegen. Auch wenn es schon Frühling war, so war es doch noch noch ein wenig kühl ohne die Schuhe. Das Fleisch fing ebenfalls an zu brutzeln und der Geruch des Schlachtens wurde langsam durch den Geruch gebratenen Fleisches ersetzt. Ich zog den Mantel noch ein wenig enger um die Schultern, damit mir warm wurde.