Beiträge von Iunia Proxima

    Nunja, den Brei konnte ich ja nicht mitnehmen, aber ich kam mit den Händen voll Brot zurück von einem Stand um die Ecke. Davon konnten wir alle drei heute und morgen essen. Ich drückte Verax einen der beiden Brotlaibe in die Hand und blickte auf Tyrus zurück. Viel zu sehr wie Alexandria...


    "Lass uns zum Schiff zurückgehen. Ich mag diese Stadt nicht."

    Ich erinnerte mich an das Bier, das Demetrios unter Mutters Aufsicht gebraut hatte. Ich hatte nur wenig aufgepasst und mochte den Geruch nicht, aber mochte den Geschmack schon als Kind.


    "Wir sollten Demetrios auch etwas zu essen mitbringen" erwiderte ich tonlos.

    Ich zuckte mit den Schultern. Ich brauchte keinen Wein und mochte auch den Geschmack nicht. Vielleicht gab es ja Bier?


    "Bier wäre gut."


    Nach ein paar Minuten wurde uns eine Art Eintopfbrei vorgesetzt, dessen Bestandteile ich nicht identifizieren konnte. Ich glaubte Hirse und Linsen zu schmecken kenne, aber sicher war ich mir nicht. Schlecht schmeckte es nicht, auch wenn die Konsistenz komisch war.


    Es dauerte eine Weile, aber ich begann mich zu entspannen. Es gab anscheinend kein Bier hier, aber Wein und Wasser. Wie lange wir wohl noch Zeit hatten bis zur Flut?

    Ich verzog verstimmt das Gesicht. So gerne wäre ich in ein Badehaus gegangen, aber ich wusste nicht einmal ob es hier eines gab oder welche Sprache die Leute hier sprachen. Naja, es gab ja immer Latein.


    Nach einigen Augenblicken nickte ich, denn Verax hatte Recht. Unsere finanziellen Mittel waren sehr begrenzt. Ich würde mir einen Waschplatz suchen, wo ich mir zumindest Gesicht und Arme waschen konnte. Aber zuerst etwas essen.


    Es gab einige Stände mit Kleinigkeiten und Leckereien, die aber viel zu teuer waren. Sie mussten erschwingliches Essen finden, das den Bauch füllte.


    "Vielleicht finden wir Brot oder Datteln oder so etwas. Wir können aus den öffentlichen Brunnen trinken." erwiderte ich nüchtern.

    Intermezzo in Tyrus


    Es war ein gutes Gefühl wieder Land unter den Füßen zu spüren, auch wenn mir die Seefahrt bisher ganz gut gefiel. Verax schien recht erleichtert zu sein, das Schiff zu verlassen. Tyrus sah alt aus fand ich...es erinnerte mich an Alexandria. Trotz der Abneigung ging ich im Hafen spazieren. Wo sollte ich zuerst hin? Fragend sah ich Verax an.


    "Zuerst essen oder baden?" fragte ich meinen Bruder

    Einige Tage glitten sie mit dem Wind dahin die Küste entlang Richtung Osten und einen Stopp hatten sie bereits erledigt in Iudaea. Ich hatte kein Interesse an einem Landgang gezeigt und wollte lieber auf eine bessere Gelegenheit warten. Es hätte auch nur einen Tag oder zwei bis zum nächsten Stopp dauern sollen, aber eine Flaute machte sie fast regungslos.


    Das Rudern ging noch langsamer voran und es dauerte fast drei Tage von Iudaea nach Tyrus. Als die Stadt endlich in Sicht kam, sagte ich kur knapp, dass ich an Land gehen würde. Wir hatten ohnehin eine Weile Zeit bis zur nächsten Flut und ich würde baden, etwas essen und mich ausstrecken können. Verax würde bestimmt mitkommen wollen, auch wenn ich auf mich selbst aufpassen konnte.

    Männer? Naja...hoffentlich nicht einen wie meinen Vater. Ich hob leicht die Augenbraue bei der Bemerkung, aber ich wusste, Verax wollte mich nur aufheitern. Er wollte immer nur das Beste für mich, auch wenn er mich manchmal piesakte und neckte. Ich musste nicht mehr dazu sagen und genoss einfach nur den Moment.


    Es dauerte gefühlt Tage bis Alexandria verschwunden war und die mir bekannte Welt hinter mir lag. Es waren einige Stops auf dem Weg nach Antiochia geplant an Orten, von denen ich nichts wusste. Das Schiff hatte allerlei Zeug geladen und lag tief im Wasser deswegen. Trotz gutem Wind verlief die Reise langsam, was mich aber nicht störte.


    Sie würden wohl gute zwei Wochen bis Antiochia brauchen, hatte der Kapitän gesagt - wegen der ganzen Stops und so. Für mich hätte es auch viel länger sein können. Ich freute mich aber auf den nächsten Zwischenstopp. Vielleich ergab sich dann die Gelegenheit für ein anständiges Bad.

    Die Schwingen der Nut


    Das Schiff war mit der Flut ausgelaufen, nachdem es mit allen Möglichen Handelsgütern beladen wurde. Ich wusste nicht, welche Art Schiff dies war. Es war aus Holz, hatte Segel und Ruder, ein Deck und einen Laderaum. Mein Vater hätte bestimmt gewusst, welche Art Schiff dies war, aber mich hatten Worte nie wirklich interessiert. Ich hatte meinen Leinenbeutel mit meinen wenigen Habseligkeiten an Deck verstaut, wo es keinem im Weg war und ging dann zum Bug des Schiffes.


    Mit jedem Meter, den wir uns von Alexandria entfernten, fühlte ich mich freier und besser. Der Himmel über mir, die See unter mir und der Wind in meinen Haaren. Ich hätte diesen Moment für alle Ewigkeit erleben können. Wie eine Mutter ihr Kind wiegten mich die Wellen und vereinzelte Wolken zogen über den Himmel, die wie flauschige Ziegen und Schafe aussahen. Wie lange wir wohl unterwegs sein würden? Der Wind stand günstig und ich konnte das Salz in der Brise schmecken. Ich durfte nur nicht zurücksehen, bis diese verdammte Stadt vollends vom Horizont verschwinden würde.

    Abschied aus Alexandria


    Es war früher Morgengrauen, als ich mit meinem Bruder Verax im Hafen Alexandrias ankam. Trotz der frühen Stunde war es bereits geschäftig ab dem Moment, wo man die Hand vor Augen sehen konnte. Vater war tot und Mutter...ich wollte nicht darüber nachdenken. Über gar nichts wollte ich nachdenken in diesem Moment, so schwer war mir das Herz. Wir mussten Alexandria verlassen und am besten weit weg gehen, so weit es nur ging. Zuerst hatten wir an Rom oder Tarraco gedacht, aber selbst das war nicht weit genug weg.


    Letztendlich hatten wir uns für ein Schiff Richtung Osten entschieden, das den klangvollen Namen Schwingen der Nut trug. Es trieb Handel entlang der Küste bis nach Antiochia, von wo aus wir uns über Land durchschlagen konnten. Wohin genau wusste ich in diesem Moment nicht. Ich war nur froh dieser Stadt zu entkommen. Wir hatten das Haus unserer Eltern verkauft, die Möbel, das Geschirr, eine Kette mit Bernsteinen ihrer Mutter, Gewänder und Stiefel, die ihnen nicht passten und alles andere, das nicht in eine einfache Tasche passte. Alles was ich noch bei mir hatte war in einem Leinenbeutel, den ich mir über die Schulter geschlungen hatte. Ein paar Kleider und wichtige Habseligkeiten wie ein Messer, einen Kamm, einen Becher aus Holz und dergleichen. Nichts Aufwendiges, keinen Schmuck, keinen Tand, nichts das schön duftete oder schön aussah. Ich seufzte, aber es musste sein.


    Ein letztes Mal blickte ich zurück auf Alexandria und dann betrat ich das Deck der Schwingen der Nut. Ich schwor, dass ich ab jetzt nicht mehr zurückschauen würde oder Unglück möge mich befallen. Ich lächelte Verax an, der auch in seinen Gedanken versunken schien. Über was er wohl dachte? Ich war ein offenes Tor, jedes Gefühl und jeder Gedanke standen mir ins Gesicht geschrieben. Er konnte immer lesen, was ich dachte oder fühlte. Aber umgekehrt war es meist ganz anders. Ob er an Mutter dachte? Ich hoffte, mein Lächeln würde ihn überzeugen, dass dies ein guter Schritt - ein notwendiger Schritt - sein würde. Überall war es besser als hier in dieser Stadt.