Ich war ebenfalls ein wenig verblüfft, dass mir Fango selbst die Tür öffnete und nicht einer der Sklaven. Bevor ich noch etwas sagen konnte, überrumpelte mich mein gleichaltriger Neffe mit einer Bärenumarmung, die ich ohne Zögern erwiderte. Ich hielt Fango fest, bis dieser von alleine los ließ. Ob er einsam oder traurig war? Ich hatte seinen Gesichtsausdruck nur kurz gesehen und er war recht finster gewesen. Wir waren fast gleich alt und bei der Titulierung als "Onkel Atticus" verzog ich nur gespielt genervt das Gesicht. "Ich komm gerne rein, Fango - aber nur wenn du mich nicht Onkel nennst. Ich bin ja kein alter Knacker!" erwiderte ich gut gelaunt. "Ach baden kann ich auch noch morgen...sei so gut und iss etwas mit mir, bevor das Rumpeln in meinem Magen noch ein Erdbeben auslöst. Ich bringe nur schnell Adonis in den Stall und nehme ihm Sattel und Satteltaschen ab. Der letzte Sklave, der versucht hat Adonis abzusatteln, hat das mit einem gebrochenen Arm bezahlt. Er hat ein bisschen Temperament." Ich zuckte schmunzelnd mit den Schultern...so war Adonis halt. Dann klopfte ich Fango noch einmal freundschaftlich auf die Schulter, ehe ich Adonis am Zügel Richtung Stall führte.
Beiträge von Marcus Seius Atticus
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Nachdem Terpander mich zur Domus Iunia geschickt hatte, machte ich mich auf den Weg hierher vom Stadttor aus. Ich hatte mir Zeit dabei gelassen durch Mogontiacum zu schlendern, aber nun musste ich mich mal sputen, da mein Magen schön langsam bedrohlich laut knurrte. Der Apfel, den ich vorhin gemampft hatte, war mein letzter Proviant gewesen und laut Stand der Sonne war es nun Zeit fürs Mittagessen. Als ich vor der Domus angekommen war, stieg ich gemütlich vom Pferd ab und klopfte dann an die Tür.
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Der junge Mann mit dem Pferd am Zügel, der da seinen Apfel verputzte, wirkte dermaßen harmlos, dass niemand ihm weiter Beachtung schenkte. Wahrscheinlich hätte er einfach durchgehen können. Da er aber trotz allem so brav wartete, fühlte Cinna sich berufen, ihn anzusprechen: "Salve, du kannst passieren!"
Freundlich wies er mit dem Kopf in Richtung des offenstehenden Stadttors.
Ich schnickte lässig den Apfelkrotzen in den Busch und nickte dann dem Soldaten freundlich zu und machte mich auf den Weg in die Stadt, als mir auf der anderen Seite der Straße Terpander entgegen kam. Mit dem alten Haudegen hätte ich auch nicht gerechnet. Ich wusste nicht einmal, dass er hier in Germania war. Da musste die Verwandtschaft nicht weit sein.
"Salve, junger Herr", grüßte er. "Ich bin erstaunt, dich hier zu sehen. Leider fehlt mir die Zeit, mich gebührend deiner Person zu widmen, da mein Herr es eilig hat, mich loszuwerden. Wenn du deine Verwandtschaft suchen solltest, gebe ich dir meinen Rat: Dein Bruder Seius Ravilla dient in der Legio, dein Neffe Seius Iunianus Fango in der Ala und dein anderer Neffe Iunius Scato ist mit den Prätorianern im Castellum Mattiacum stationiert. Solltest du einen der domini nicht dienstlich, sondern privat sprechen wollen, geh zur Domus Iunia, wo du mit Sicherheit herzlich willkommen bist. Leider muss ich nun schon weiter, da ich vor Sonnenuntergang die nächste Schlafmöglichkeit erreichen muss. Vale und alles Gute, dominus."
Damit querte Terpander auf seinem Esel das Stadttor in entgegengesetzte Richtung und folgte der langen Straße nach Süden.
Ich hatte kaum Gelegenheit mit Terpander zu sprechen, da er es anscheinend eilig hatte. Ich brachte gerade noch ein "Hab Dank, Terpander!" heraus, ehe er auch schon auf seinem Esel davonritt. Kurz stand ich ein wenig perplex ob der Flut an Informationen da, aber ich fasste mich schnell und machte mich auf den Weg zum Domus Iunia. Dort würde man mich bestimmt durchfüttern.
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Ich war bereits seit Wochen unterwegs von Roma nach Mogontiacum, als ich endlich das Stadttor erblickte. Ich hatte nur wenig Gepäck dabei und statt in einem Wagen durch die Pampa zu rumpeln, wollte ich lieber selber reiten. Mein ganzer Besitz passte ohnehin in meine Satteltaschen und ich hatte ausreichend Geld dabei für Unterkunft und Wegzehrung. Ich hoffte sehr meine Brüder und sonstige Verwandte zu treffen und hier in Germania zu überwintern.
Kurz vor dem Stadttor stieg ich ab und führte mein Pferd am Zügel in die Schlange von Karren und Menschen, die auf die Abfertigung warteten. Ich nutzte die Wartezeit um gemütlich einen Apfel zu essen, bis ich dran war.
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Der Flavius schien einige Freude zu verspüren, in Ravillas Bruder gewissermaßen ein Konterbild von diesem zu erblicken.
"Nicht jeder ist zur Politik geboren und dies ist allfällig erfreulich, denn wen sollten wir Politiker regieren und wer würde unseren Beschlüssen Geltung verschaffen, wenn alle unseresgleichen wären?"
Der Aedil lächelte vergnügt und dachte unvermittelt an die Fabel des Menenius Agrippa.
"Als Offizier wirst du zweifelsohne auch mit weniger Beredsamkeit einen großen Dienst für die Res publica leisten können! Scheue dich also nicht, um Hilfe zu bitten!"
Dies war wohl eine recht unverblümte Offerte.
Auch wenn mein Gemüt und Bestreben bescheidener war, so war ich nun nicht ganz auf den Kopf gefallen. Anscheinend wollte mir der Flavier die Hand reichen und ich rang auch kurz mit mir, das Angebot anzunehmen. Aber ich hatte nicht vor längere Zeit in Roma zu bleiben und wollte bald ohnehin in die Provinzen aufbrechen. Da konnte ich wohl kein guter Klient sein, der bei Wind und Wetter zur Salutatio erschien. Ein gutes Angebot war es aber allemal und könnte auf dem Weg zur Offizierslaufbahn helfen, wenn ich das denn anstrebte.
"Da hast du natürlich recht, denn wir haben alle unseren Teil zum Ganzen beizutragen. Dein Rat und deine Hilfe wären von unschätzbarem Wert, verehrter Flavius. Ich wollte allerdings zum Herbst in Germania sein und dort überwintern, bevor ich wieder in die Urbs zurückkehre. Es wäre mir eine Freude, wenn ich dann einmal bei dir vorsprechen dürfte nach meiner Rückkehr." antwortete ich diplomatisch. Und vielleicht bekleidete bis dahin mein Bruder ja auch schon ein Amt.
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Die Sommerhitze war unerträglich heute und bereits am frühen Vormittag hielt man es kaum noch aus im Cubiculum. Der Sommer würde aber nicht mehr ewig weitergehen und ich sollte das gute Wetter noch nutzen, bevor der Herbstregen im Norden einsetzte und das Reisen zur Zumutung wurde. Es waren vergnügliche Wochen in der Stadt gewesen und er hatte sogar Ravilla einige Male getroffen, der allerdings bei den Patriziern wohnte und dort herumstolzierte wie der Pfau im Garten dieses Hauses. Ich konnte es ihm nicht verdenken, denn das lag einfach in seiner Natur. Es war aber nicht mein Weg und ich hatte auch kein Interesse daran ihm in die Politik zu folgen.
Ich würde die Umsorgung durch die Sklaven auf der langen Reise nach Germania vermissen. Es machte einen weich, aber es war auch so angenehm. Ich hatte mir bereits Beinlinge und dickere Wolltuniken in der Stadt besorgt für den germanischen Winter. Die Kleidung war bereits gewaschen und gefaltet und ich steckte alles in einen schlauchähnlichen Sack, den ich dann über den Pferderücken werfen würde. In einen weiteren Beutel kamen meine übrigen Besitztümer von einer Decke für unterwegs umhüllt. Viel brauchte ich nicht - und viel hatte ich auch nicht. Ich legte keinen großen Wert auf viele Besitztümer und zog es vor leicht zu reisen.
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Auch ich beschloss Partei für meinen Bruder zu ergreifen, wie es sich als jüngerer Bruder gehörte und hatte mich in meine beste Toga gehüllt. Ich trug nicht gerne Toga, da sie unnütz und unbequem war, aber wenn der Anlass es erforderte musste es eben sein. Ich stand weit vorne beim Podium und lauschte der Rede und versuchte so respektabel und interessiert wie möglich auszusehen. Als die Gaben verteilt wurden und auch eins der Päckchen auf mir landete, reichte ich es huldvoll und gönnerisch an einen einfach gewandeten Mann weiter, der sich sehr über die kleine Gabe freute. Ich schloss mich ebenfalls dem Ruf an: "Seius Ravilla, Sohn des Seius Victor, zum Tresvir Capitalis!" und versuchte ein wenig Stimmung zu machen - auf vornehme Weise natürlich.
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So wie Manius Minor das so vergnügt darstellte, klang das alles so einfach. Für viele Bürger waren solch hehren Ziele aber unerreichbar ohne genügend Beziehungen und Geld. Land in Italia zu erwerben war nicht billig und einen mächtigen Patron zu ergattern nicht so leicht, wenn man nicht wie Ravilla unter einem glücklichen Stern geboren worden war. Da blieb oft einfach nur der Weg des einfachen Soldaten an dessen Ende hoffentlich Ruhm und eine Offizierslaufbahn standen.
Ich richtete meinen Blick auf meinen Bruder wie angewiesen und so war Ravilla eben - ein absolutes Glückskind. Die Götter hielten ihre Hand über ihn - da konnte man schon ein wenig neidisch sein. "Eure Worte sind weise. Meine Gemüt ist allerdings einfach und meine natürlichen Gaben sind bescheidenerer Natur als die meines Bruders, edler Flavius. Er ist von edlem Charakter und ich freue mich sehr für seinen Erfolg. Ich verstehe wenig von Politik, aber ich hoffe, dass ich auch meinen bescheidenen Beitrag als römischer Bürger in der Zukunft leisten kann." Vielleicht würde sich ja ein Gönner für ihn finden, der eine militärische Laufbahn unterstützte.
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"Nun, so einfach wird es sich nicht ausnehmen, wie ich befürchte: Die Offiziersstellen der Auxiliae werden von Rom aus besetzt, sodass es zweifelsohne geschickter wäre, hiesig dich entsprechend zu positionieren-"
Beiläufig schweifte sein Blick über die nicht in jenem exorbitanten Maße manikürten Finger des jüngeren Seius, an denen er keinen güldenen Ritterring erkennen konnte. Obschon er somit nominell ein gemeiner Plebejer war, so hatte doch immerhin sein eigener Bruder bereits den Ordo Senatorius erworben, sodass es außer Frage ihm erschien, dass auch Atticus nicht als Miles gregarius sein Dasein wollte fristen, wo doch augenscheinlich Kapital und soziale Bande waren gegeben, sich immediat in höheren Chargen zu bewegen, sodass er fortfuhr:
"-und den Ritterring zu erwerben. Sodann würde man dir zweifelsohne eine Einheit zuweisen, womöglich in Germania, vielleicht aber auch in milderen Gefilden."
Hinsichtlich der weiteren Bemerkungen fügte er endlich an:
"Nun, es gebricht ihnen natürlich nach unseren Maßstäben durchaus an Kultur, insonderheit was etwa die Nutzung von Bädern oder anderen öffentlichen Einrichtungen betrifft. Ebenso pflegen sie, soweit ich dies zu erkennen vermochte, kaum schöne Künste, wenn man von ihrem Druiden-Kult absieht. Indessen ist es durchaus geraten, sich selbst zu informieren, sofern sich die Option ergibt. Und das wird es zweifelsohne, wenn du dem Ruf der Adler folgen wirst."
Sodann blickte er zu seinem Patrokolos hinüber, der artig neben dem Tische stand und die für seinen Herrn präparierten Globi getreulich in Händen hielt.
"Wir sind noch genötigt zu warten?"
"Wir warten auf die Kontrolleure der Speisekammer!"Gracchus Minor schien wesentlich ehrgeiziger zu sein, als ich und mir wurde in diesem Moment auch klar, warum gerade er meines Bruders Patron war. Die beiden passten zusammen wie Topf und Deckel und hatten anscheinend einen ähnlich ausgeprägten Ehrgeiz. Sowohl Vater als auch Stilo hatten ihre Karrieren als gemeiner Legionarius begonnen und ich sah darin keine Schande. Ich träumte nicht von Ritterringen oder dem Ordo Senatorius - darüber konnten sich meine Brüder Gedanken machen. Ich wollte aber den Patron meines Bruders nicht vor den Kopf stoßen und da anscheinend noch einige Minuten Wartezeit vor uns lagen, wollte ich ihn doch einmal aushorchen.
"Oja der Ritterring - ein sehr hehres Ziel. Ich hab nur leider aktuell so gut wie keine Kontakte hier in Roma - abgesehen von meinen Verwandten natürlich - und wüsste gar nicht wo ich mich melden sollte. Wie würdet ihr das denn anstellen, ehrenwerter Flavius, wenn das Ziel ein Engagement in Germania wäre?" In gewisser Hinsicht machte mir die Unterhaltung mittlerweile fast schon Spaß, da der Patrizier ja recht redselig war und so immerhin die Zeit verging. Hoffentlich empfand er die freundlich gestellte Frage nicht als impertinent.
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Ich lauschte den Ausführungen des Patriziers aufmerksam. Anscheinend war er mehr herumgekommen, als man dachte und er schien gut über die Gewohnheiten der Barbaren Bescheid zu wissen.
"Nun, ich wollte mich spontan in Germania direkt der Classis oder Alae anschließen und vorher noch ein wenig das Land bereisen. Nach Cappadocia und Hispania wollte ich gerne neue Provinzen erkunden und dort meinen Dienst versehen." Meine Ausführung klang ein wenig ziellos, aber ich wollte mich noch ein wenig vom Wind treiben lassen, ehe ich eine militärische Laufbahn einschlug. Ich ließ mir auch noch eine Köstlichkeit von Charislaus reichen, ehe ich weitersprach.
"Du scheinst weit herumgekommen zu sein, ehrenwerter Flavius. Ich bin schon sehr gespannt auf Mogontiacum und Germania und deine Worten fachen meine Reiselust in der Tat nur an. Bisher waren die meisten Eindrücke der Barbaren dort eher negativer Natur, aber du wirfst ein ganz anderes Licht auf diese Leute. Ich bin schon sehr gespannt, mir meine eigene Meinung zu bilden. Allerdings will ich deine Zeit nicht zu sehr in Beschlag nehmen, da du ja wichtige Aufgaben hier zu erledigen hast."
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Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen bei den sehr abgehobenen Worten des Patriziers, der sich anscheinend in seiner Bescheidenheit sonnte. Der Patrizier in Germania musste bestimmt spektakulär gewesen sein - zu schade, dass ich das verpasst hatte. Wenn der Flavius das überstanden hatte, dann sollte das für mich ja wohl kein Problem sein. Ich hob den Becher ihm beipflichtend und sprach: "Die Urbs Aeterna ist alle Opfer wert. Auf das zivilisierte Leben!" Der Flavius sollte sich ruhig geschätzt und bestätigt fühlen - seinem Bruder würde es bestimmt nur zum Vorteil gereichen.
"Ich möchte mich selbst gerne in den kommenden Wochen auf den Weg nach Germania machen. Es ist die beste Zeit zu reisen und es sollte nicht schwer sein eine Reisegruppe zu finden, der ich mich anschließen kann. Ich war selbst noch nie in dieser Provinz, aber mir wurde von ausgedehnten dunklen Wäldern und den Barbaren erzählt."
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Sodann erhob aber Atticus selbst das Wort. Voll Erstaunen nahm der Aedil zur Kenntnis, dass mitnichten Cappadocia der Ausgangspunkt seiner Reise war gewesen, sondern vielmehr Hispania, sodass prompt er ausrief:
"Hispania? Was trieb dich denn dorthin? Stammt ihr Seii nicht vom gänzlich anderen Ende des Imperium?"
Ich wartete geduldig um noch so ein Bällchen abzugreifen, als der Patrizier auch wieder das Wort an mich wendete. Anscheinend hatte er erwartet, dass ich aus einer anderen Provinz als Hispania angereist kam.
"Es stimmt in der Tat, dass meine Geschwister und ich im fernen Cappadocia geboren wurden und unsere Gens tief mit dieser Provinz verwurzelt ist. Ich habe das Land meiner Geburt aber bereits vor guten zehn Jahren verlassen und bin mit meinem Vater und älteren Halbbruder Seius Stilo nach Hispania gezogen, wo unser Vater nach wie vor stationiert ist. Ich möchte mich auch in naher Zukunft dem Militärdienst widmen, aber wollte zuerst noch ein wenig die Stadtluft genießen und meine Verwandten hier besuchen." antwortete ich dem Aedil offen und freundlich. Ravilla würde vielleicht enttäuscht sein, aber ich hatte nur wenig Hang zu Politik.
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Auch mir war daran gelegen die Visite des Aedils möglichst kurz zu gestalten, auch wenn der Patrizier recht freundlich und zum Plaudern aufgelegt wirkte. Wahrscheinlich war er auch nur so ausgelassener Stimmung, da Charislaus ihn regelrecht mit Köstlichkeiten überhäufte. Da wäre ich auch guter Laune! So war ich aber immer nur als Letzter am Tisch dran, da ich wohl kaum dem Patrizier oder dem älteren Seius das Essen vom Teller stibitzen konnte.
Ich setzte daher ein charmantes Lächeln auf und wandte mich wieder der Konversation zu, bis ich wieder dran war um Leckereien zu ergattern. "Die Reise von Hispania aus war fast schon angenehm, da das Mare Nostrum zu dieser Jahreszeit recht freundlich zu Reisenden ist auf dieser Strecke. Das Schiff war allerdings voll mit Passagieren und sehr beengt, aber es dauerte nur wenige Tage bis zur Ankunft in Rom." Und ich war mir nicht zu schade in einer Hängematte oder auf einer Pritsche in Gesellschaft von vielen anderen zu schlafen. Man musste nur hinterher gut baden und die alte Tunika am besten verbrennen.
Wenigstens wurde dieser Tisch schnell bedient und ich bekam auch einen Becher von dem eiskalten Rosenwasserzeug. Es roch ein wenig wie Parfüm, aber es schmeckte recht gut. Es war auf jeden Fall erfrischend, da es doch ein sehr warmer Tag heute war. Ravillas amüsierte Bemerkung entlockte auch mir ein kleines Lachen. "Das liegt bestimmt an den farbenfrohen Bewohnern der Casa Leonis." Ich hatte zwar die Hausherren nicht vor Ort angetroffen, aber den Pfau namens Narcissus, der königlich gefüttert wurde.
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Ich hatte mich pflichtschuldig an den Tisch des Aedils und meines Bruders gesetzt und beherrschte mich bisher bis sowohl der Aedil als auch Ravilla verköstigt waren und erst dann griff ich auch zu den Erfrischungen. Auch wenn mich der Tonfall des älteren Seius ein wenig reizte, wollte ich bestimmt nicht hier ein Fass aufmachen.
"Eine private Unterredung unter Brüdern wäre auch mir sehr genehm, da wir uns ja schon so lange nicht gesehen haben. Ich wohne derzeit in der Casa Leonis, wo man mir großzügigerweise Obdach gewährt."
Ich biss mir fast auf die Zunge um nicht schnippisch sondern möglichst beiläufig zu klingen, nachdem er mich kleinen Atticus genannt hatte, aber es war halt Ravilla. Er musste immer schlauer, hübscher, gebildeter und feiner gekleidet sein und mir lag nichts an diesem Wettstreit. Trotz allem war er mein älterer Bruder und ich schuldete ihm ein Mindestmaß an Respekt.
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Ich stand noch immer am Tresen, als mein Bruder mich dem gewichtigen Aedilen vorstellte. Mit Sehnsucht im Blick sah ich den an mir vorüberziehenden und herrlich duftenden Globi hinterher. Nachdem Ravilla mich vorgestellt hatte, musste ich mich wohl gut benehmen. Ich hoffte, dass ich doch noch zu dem gewünschten Umtrunk mit Würfelspiel kommen würde. Das Zwinkern des Furiers war mir nicht entgangen, aber zuerst musste der Aedil aufgegessen haben und verschwinden - und bei der Leibesfülle könnte das ein Weilchen dauern.
Nachdem der Aedil erst einmal mit Essen und Getränken versorgt war, bekam ich auch endlich was von dem köstlichen eiskalten Getränk und näherte mich damit dem Tisch des Aedils und Ravilla. Ich nickte beiden respektvoll zu und stellte ein charmantes Lächeln zur Schau, das dem Lächeln meines Bruders so ähnlich sah. Ich wollte mich allerdings nicht in das Gespräch drängen, so murmelte ich nur eine Begrüßung und beließ es dabei. Man würde mich schon direkt ansprechen, wenn man etwas von mir wissen wollte. Lange Konversationen würden auch nur den Besuch des Aedils ausdehnen und dann wäre von den Globi wohl nichts mehr da!
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Ich stand gerade am Tresen um mir Erfrischungen und Knabbereien zu besorgen, als mir einer der Schranzen des wohlgenährten Patriziers gewichtig die Hand auf die Schulter legte. Ich spannte mich kurz an, da ich es nicht gewohnt war derart betatscht zu werden, aber behielt mein Lächeln bei. Ich hakte lässig die Daumen in meinen Gürtel und drehte mich zu dem Apparitor um.
"Nun, ich habe ja erstmal nur nach Würfeln gefragt - so für später. Es würde mir ja nicht im Traum einfallen mit dem Würfeln anzufangen, bis der ehrenwerte Aedilis Curulis seine wichtigen Angelegenheiten hier geregelt hat."
Die Worte waren honigsüß, aber ohne einen Anflug von Großspurigkeit oder Ironie. Ich hatte gelernt, dass man mit Freundlichkeit viel leichter durchs Leben kommt als mit Konfrontation. Ich versuchte nicht die Hand auf meiner Schulter zu entfernen, auch wenn mir das Gehabe des Apparitors gehörig gegen den Strich ging.
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Als Charislaus mit der Aussicht auf eiskalte Erfrischung eintrat, erhob ich mich geschmeidig und stolzierte direkt auf den Sklaven zu bevor die Patriziergesellschaft noch etwas sagen konnte. Mein Becher war ohnehin schon wieder leer und der Laden hier gut gefüllt. Mit einem freundlichen Lächeln hielt ich ihm den Becher hin. "Ich nehme das Angebot gerne an. Habt ihr auch ein paar Würfel und Nüsse für mich?" Mit einem Satz Würfel könnte ich mir einen Mitspieler suchen und die Zeit ein wenig vergnüglicher gestalten.
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Ich hatte ja nichts gegen eine Toga - nichts Wirksames. Ich trug sie wirklich nur, wenn es absolut notwendig war und dies war keiner dieser Anlässe. Ravilla dagegen war das genaue Gegenteil von mir, herausgeputzt und parfürmiert wie immer. Nunja, gegen Parfüm hatte ich ja nun nichts, aber mit diesen Seidenfummeln und Togabahnen konnte man mich jagen. In der Zwischenzeit hatte man mir einen Becher Posca serviert und ich beobachtete den voluminösen Patrizier. Schien wohl eine Inspektion zu sein, dass der da mit einem so großen Gefolge hier vorbeischaute. Ich schätzte, dass er wahrscheinlich nicht wegen der guten Gesellschaft und dem Wein hier war. Ich hoffte, dass die Inspektion schnell vorbei war, damit hier wieder Normalbetrieb herrschte. Ob ich wohl jemanden zum Würfeln finden würde?
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Ich war nun schon einige Tage zu Gast bei Scato und Lurco in der Casa Leonis und dachte mir, dass ein wenig Gesellschaft und Unterhaltung nicht schaden könnten. Ich zog mich daher einfach an und besuchte die angrenzende Taberna meiner beiden Gastgeber. Schon von draußen sah ich eine ungewöhnliche Ansammlung an Dienern? Speichelleckern? Adjutanten?
Ich drückte mich an einigen von den Kerlen vorbei, bis mir ein vertrauter Geruch und Anblick entgegen kam. Ravilla. Soso...das musste wohl der Gastgeber seines Bruders sein, als er den Patrizier betrachtete.
Nichtsdestotrotz setzte ich mein charmantestes Lächeln auf, nickte meinem älteren Bruder nur zu und ging dann gelassen in die Taberna. Terpander schien gerade beschäftigt zu sein mit dem Aedil, also setzte ich mich erstmal und genoß die Show. Vielleicht wäre ja später noch Zeit zu plaudern.
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Narcissus, hm? Der Name passte wohl zu dem Tier, dachte ich schmunzelnd. "Na ich probiers mal." sage ich zu Terpander und nehme ihm die zarten Fleischstückchen ab. Ich kannte Sklaven, die nicht so gut wie dieses Tier gefüttert wurden. "Komm her, König Narcissus. Willst du ein zartes Fleischstückchen? Putt putt putt!"
Wie so ein armer Irrer stakste ich hinter dem nobel empörten Vogel her mit der Schale Leckerli, aber das Tier ignorierte mich weiterhin. Ein paar Mal schrie es laut, schlug ein Rad, hopste hier hin und dorthin nur um vor mir weg zu kommen und führte dann seine limitierten Flugkünste vor, indem es auf eine halbhohe Mauer hochflog und sich dort niederließ.
Ich drehte mich herzhaft lachend zu Terpander um. "Ich glaube, das zarte Fleisch können wir uns selber anbraten. König Narcissus guckt uns heute nicht mit dem Arsch an. Ich könnte jetzt einen Bissen vertragen. Wie stehts bei dir?" Es wäre ja eine Verschwendung das gute Fleisch schlecht werden zu lassen, nur weil der König grade keine Lust hatte.