Beiträge von Aulus Iunius Tacitus

    Mit dieser oder einer ähnlichen Frage hatte ich gerechnet. Doch selbst wenn nicht, konnte ich den Zusammenhang erklären. Oder genauer: Meine Gedankengänge.


    "Ich muss hier, glaube ich, etwas ausholen. Die Erbschaft ist traditionell eng mit der Patria potestas verbunden. Wie du weißt, sind die Erben, die bis zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers unter dessen Patria potestas standen, vor denen bevorzugt, die nicht unter der Patria potestas standen. Umgekehrt ist es so, dass das Vermögen der unter Patria potestas Stehenden bei deren Tod unmittelbar an den Inhaber der Patria potestas übergeht. Wenn nun ein Pater familias sein Kind in Verstoß gegen den dritten Paragraphen aus gegen dessen Willen aus dessen Ehe entfernen will, so könnte es die Beziehung zerrütten. Wir kennen bereits Fälle im Erbrecht, die einen Ausschluss des Erbes bei zerrütteter Beziehung zwischen Erblasser und Erbe zulassen. Diese Würdigung einer völligen Zerrüttung will ich mit diesem Teil dem Praetor ermöglichen, da er ansonsten keine Handhabe hätte. Insofern ist es meiner Meinung nach kein absolutes Novum, sondern die logische Folgerung aus zwei verknüpften Sachverhalten des Familienrechts. Gedacht ist es vor allem für Böswilligkeit der Agnaten. Wenn das Kind aber zugleich nicht böswillig ist, sondern treu in seiner Ehe zu verbleiben wünscht, sollte eine gleichartige Konsequenz für das Kind ausgeschlossen werden. Ein andere Lösungsmöglichkeit wäre die Aufhebung der Patria potestas. Dies wäre aber meiner Meinung nach eine extreme Strafe und ein absolutes Novum."


    Natürlich gab es auch andere logische Lösungen, so dass ich nicht zwingend an dieser Klausel festhalten wollte.


    "Das Erbe kann natürlich erst sehr spät oder sogar gar nicht greifen. Daher könnte man auch andere Sanktionen wählen, beispielsweise eine festgelegte finanzielle Strafe. Ich würde das Vergehen nur nicht völlig sanktionsfrei belassen wollen."

    "Das Buch soll sehr interessant sein. Tatsächlich kam ich auch noch nicht dazu, es zu beschaffen oder zu lesen. Wenn du mich fragst, haben die Iudäer ihr Schicksal selbst verantwortet, weil sie einem einzigen Gott die Verantwortung des ganzen Pantheons aufgebürdet haben. Der Gott der Iudäer musste folglich überfordert sein und konnte ihnen nicht beistehen. Und selbst, wenn er ihnen Beistand leisten gekonnt hätte. Was sollte er wohl ausrichten, allein gegen Iuppiter, Mars, Minerva, Apollo, Quirinus und all die anderen Götter, die mit uns sind?"


    Nach dieser rhetorischen Frage ließ ich meinem Vetter noch einen Moment, bevor wir den Raum verließen und durch den Garten auch das Forum Pacis verließen. Von dort wendete ich mich nach links, in Richtung Forum Romanum.

    Vom Forum Pacis kommend, erreichten wir das Forum Romanum und standen vor der Basilica Aemilia. Stolz erhoben sich zwei Stockwerke mit je 16 Bögen zwischen marmornen Säulen.


    "Dies ist die Basilika, die vor drei Jahrhunderten von den Censores Marcus Aemilius Lepidus und Marcus Fulvius Nobilior errichtet wurde. Sie wurde stets durch die patrizische Gens Aemilia renoviert. Deshalb benennt man sie inzwischen nur noch nach ihnen. Oder aber deshalb, weil sie im Jahr 739 abgebrannt war und durch Marcus Aemilius Paullus bis zum Jahr 751 wieder aufgebaut wurde. In ihr befinden sich einige Geschäfte. Wie du dir bei der Lage denken kannst, bekommst du hier recht gute Ware. Und wie du dir bei der Architektur denken kannst, handelt es sich um das dritte der drei schönsten Gebäude."


    Während ich sprach, gingen Menschen ein und aus. Es war ein dichtes Gedränge von edlen Damen und Herren, ihren Sklaven und anderen, die hier Waren begutachteten oder kauften. Arme Menschen schien es hier nicht zu geben.

    "Korrekt, wenngleich ich noch auf ein paar Details hinweisen möchte. Absatz 1 Satz 2 verstärkt noch einmal die Tatsache, dass die Patria potestas des Pater familias auch nach der Eheschließung weiterhin besteht. Bei einer Ehe sine manu sollte dem zwar oft so sein und ohne Patria potestas wäre man auch nicht Pater familias, jedoch soll durch diesen Satz der Vermutung vorgebeugt werden, dass auch ein ehemaliger Pater familias noch irgend ein Einspruchsrecht hätte. Absatz 2 Satz 3 Alternative 2 soll auch der ungerechtfertigten Entfernung eines Ehepartners aus dem ehelichen Haushalt vorbeugen, so wie es im von dir erwähnten Fall geschehen war."


    Nach diesen Ausführungen besprach ich den letzten Teil.


    "Paragraph 4 Absatz 1 sollte für sich sprechen. Da wir hier ausschließlich über nach Ius Civile wirksame Ehen, also Ehen zwischen römischen Bürgern oder solchen mit Conubium sprechen, ist der Praetor Urbanus die zwangsläufige Instanz. In Absatz 2, den ich, wie auch die folgenden Absätze, falsch nummeriert habe, wird zunächst die Regel des zweiten Paragraphen wiederholt, bevor im zweiten Satz eine Härtefallregelung eingeführt wird. Sollte der Ehepartner nämlich böswillig eine Ehe cum manu behauptet haben, so könnte das Eheverhältnis hierdurch so zerrüttet worden sein, dass die Ehe nicht mehr funktioniert und eine Fortführung folglich untragbar würde. Beide Absätze erscheinen mir angemessen zu sein."


    Ich wartete ab, ob mein Patron es genauso sah.

    "Nun, prüfen wir das einfach. Zu Praeambula Nr. i und Nr. vi ist Paragraph 1 die Verwirklichung. Absatz 1 ist unmittelbar aus den bestehenden Ehegesetzen übernommen. Absatz 2 ist eine Auffangklausel, mit der klargestellt wird, dass die Lex Iulia et Papia weiterhin uneingeschränkt gilt. Ich sehe hier keine Unklarheiten in Paragraph 1. Alles ist ohne Interpretationsmöglichkeit definiert."


    Kurz sah ich zu meinem Patron, bevor ich weitersprach.


    "Relevanter ist Paragraph 2. Absatz 1 ist eine der Kernregelungen des Gesetzes. So lange nichts anderes vereinbart wird, ist die Ehe sine manu. Da es Ausnahmen im Rahmen der Vertragsfreiheit der Ehepartner geben können soll, habe ich von einer zwingenden Formulierung abgesehen. Statt dessen habe ich durch das Wort 'grundsätzlich' einen Vorrang formuliert, ohne andere Regelungen zwingend abzulehnen. Die beiden folgenden Absätze sorgen dafür, dass die Ausnahmen konkretisiert werden. Absatz 2 Satz 1 legt eindeutig fest, dass eine Ehe cum manu der Zustimmung beider Ehepartner bedarf. Dies ist als zwingende Bestimmung formuliert. Absatz 2 Satz 2 verhindert, dass eine Ehe, bei der lediglich strittig ist, ob sie cum manu oder sine manu geschlossen wurde, automatisch nichtig wird. Sie wird stattdessen auf die grundsätzliche Regelung des Absatz 1 zurückgeführt. Den gleichen Zweck verfolgt Absatz 3 Satz 4. Absatz 3 Satz 1 schließt die Ehe cum manu durch Ersitzung aus, Satz 2 dient somit lediglich der Klarstellung, wenngleich dieser Satz eigentlich unnötig ist, da Satz 1 dieses impliziert. Da ein anderes Gesetz aber hierdurch eingeschränkt wird, bevorzuge ich eine explizite Formulierung der Einschränkung. Satz 3 regelt die Konsequenz der Aufhebung der Ersitzung. Praeambula Nr. ii ist damit vollständig durch Regelungen im Gesetz verwirklicht."


    Wieder sah ich meinen Patron an.


    "Sind wir uns somit einig, dass die ersten beiden Paragraphen eindeutig und klar formuliert sind oder besteht von deiner Seite Diskussionsbedarf?"

    Wir gingen zum Museumsbau für die Beute aus Jerusalem. Als wir das offene Portal durchschritten, erkannten wir zwei Wachen der Urbaner, die das wertvolle Gut bewachten und darauf achteten, dass sich alle Besucher ordentlich verhielten. An den Wänden des Raums waren die Schaubilder verewigt, die auf dem Triumphzug mitgeführt worden waren. Ganz in der Mitte des Raumes stand auf einem Podest ein riesiger, fast mannshoher, siebenarmiger Leuchter aus Gold. Die Form bestand aus kleinen Kugeln und Kelchen mit Verzierungen in Form von Lilien und Granatäpfeln. Seine sieben geschwungenen Arme endeten auf gleicher Höhe.


    "Dieser Leuchter soll aus einem Zentner Gold bestehen. Die Iudäer nennen ihn Menora und er scheint eine wichtige Rolle in ihrem Kult zu spielen. Immerhin wurde er im großen Tempel ihres einziges Gottes in Jerusalem aufgestellt. Was genau sie damit angestellt haben, weiß ich nicht. Ich glaube aber zu wissen, dass die sieben Arme die sieben Wandelsterne darstellen sollen. Nun hat er ein neues Heim hier in der Hauptstadt der Welt gefunden."


    Ich sprach leise, nicht aus Respekt vor dem Kultgegenstand, sondern um die anderen Besucher der Ausstellung nicht zu stören. Der Raum war schließlich nicht so groß.

    "Nun, umso bedeutender wird mein Kommentar werden."


    Ich zog meine Augenbrauen kurz hoch und lächelte.


    "Wobei ich denke, dass selbst ohne Vorwort das Gesetz hinreichend präzise formuliert ist, damit es selbst von unerfahrenen Juristen verstanden und angewendet werden kann. Wichtiger wäre deshalb aus meiner Sicht, die formulierten Sanktionen näher zu beachten. Ich habe mich hierbei zwar an der bestehenden Rechtsprechung orientiert, jedoch heißt es nicht, dass es deshalb nicht effektivere Sanktionen geben kann. Ohne Sanktionen möchte ich ein Gesetz nur ungern lassen. Denn ohne Sanktion gibt es keine Motivation, sich an das Gesetz zu halten."


    Natürlich würde es letztlich mein Patron sein, der die finale Entscheidung diesbezüglich zu treffen hatte. Schließlich war es sein Ruf, der im Senat auf dem Spiel stand, nicht meiner.

    Ich goss mir ein Glas Wasser ein und nahm Platz.


    "Nun, die Idee mit dem Vorwort kam mir, als ich einen Blick auf mein Buch 'De Interpretatione Legum' warf. Dort habe ich dargelegt, wie schwierig es sein kann, ein Gesetz zu interpretieren, wenn nach Jahrzehnten nicht mehr klar ist, was eigentlich damit bezweckt werden sollte. Also dachte ich mir, warum schreiben wir es nicht einfach ins Vorwort des Gesetzes hinein?"


    Nach einem Schluck Wasser sprach ich weiter.


    "Das wird sicher einigen meiner Juristenkollegen nicht gefallen, weil es uns Arbeit wegnimmt. Aus philosophischer Sicht hingegen trägt es dazu bei, dass das Gesetz seinen Zweck erfüllt. Denn so kann jeder Interessierte einfach nachlesen, wozu das Gesetz gedacht ist. Und so kann eine Unklarheit in den Worten stets durch eine Auslegung nach dem Zweck beseitigt werden. Denn der Zweck steht ja im Vorwort. So viel zu meiner Idee."

    Ich betrat das Officium meines Patrons.


    "Ich wünsche dir einen guten Abend."


    Es sah so aus, als wäre er noch am Lesen. Hatte ich es doch zu kompliziert geschrieben? Doch konnte das eigentlich nicht sein. Ich war viel zu gut geschult darin, juristische oder philosophische Texte zu verfassen. Und ein Gesetz war letztlich auch nur ein Fachtext, aber mit dem Anspruch, auch für Laien verständlich zu sein.


    "Benötigst du noch einen Moment?"

    "Ja, genau in diesem Tempel habe ich das Opfer dargebracht. Es schien mir der passende Ort. Ein schönes Forum, zentral, aber nicht zu groß."


    Ich musste immer noch daran denken, dass ich glaubte, damals so etwas wie die Präsenz der Göttin gespürt zu haben. Doch war ich mir nicht sicher, weshalb ich es nicht erwähnte.


    Langsam lenkte ich unsere Schritte vom Forum Nervae zum Forum Pacis.


    "Wir gehen nun zum Forum Pacis. Dieses wurde von Divus Vespasianus nach der Eroberung Jerusalems gebaut. Und es ist die Bühne für den Templum Pacis. Plinius Maior zählte den Tempel des Friedens zu den drei schönsten Bauwerken Roms. Das Augustusforum zählte er auch zu den drei schönsten Bauwerken. Und wenn wir heute Abend in der Domus Iunia ankommen, wirst du auch das dritte dieser Bauwerke gesehen haben."


    Wir betraten das Forum Pacis durch einen Portikus und standen in einem großen Garten mit Brunnen und griechischen Statuen, der auf beiden Seiten von Portiken gesäumt war. Der Tempel, der uns gegenüber den Garten begrenzte, war symmetrisch von kleineren Gebäuden flankiert.


    "Die kleineren Gebäude beinhalten unter anderem zwei Bibliotheken, eins für griechische Werke und eins für lateinische, also ähnlich wie die Bibliothek der Basilica Ulpia. Auch wenn die Bibliotheca Ulpia größer ist, finde ich die Bibliotheca Pacis schöner. Außerdem ist hier die Beute aus Jerusalem ausgestellt und eine Sammlung griechischer Kunstwerke."


    Ich betrachtete Stilo und war auf dessen Reaktion gespannt. Kaum jemand rechnete so zentral in Rom mit so einem Garten, der dazu auch noch öffentlich war. Man sah viele Menschen, manche diskutierten, manche wandelten, andere ruhten sich im Schatten der Portiken aus und wieder andere genossen einfach nur den Garten. Was jedoch auffiel, war der Mangel an Hektik. Es gab hier keine Geschäfte. Es war wirklich ein Ort des Friedens.

    Die Frage nach den gekreuzigten Sklaven auf der Via Appia war eine gute Frage. Ich rechnete kurz im Kopf nach.


    "Nun, ich denke, dass es möglich ist. Wenn wir ein paar Tausend Sklaven annehmen, die gekreuzigt wurden und von einem Kreuz alle zwanzig, dreißig Pedes, erscheint es mir möglich. Bei weniger Sklaven müssten die Abstände zwischen den Kreuzen eben größer sein. So lange jedes Kreuz in Sichtweite seiner Nachbarn bleibt, sollte der abschreckende Effekt gewahrt sein."


    Meine Antwort war komplett logisch und ebenso emotionslos vorgetragen. Es war für mich mehr eine Rechenübung. Ethische Erwägungen hatte ich nicht, sondern eher rationale. Wenn man die Ordnung aufrecht erhalten wollte, musste man ein Exempel statuieren. Das Bestehen des Staates hatte Vorrang. Die nächste Frage war einfacher zu beantworten.


    "Nemausus ist in Gallien. Vielleicht kommen wir daran vorbei, wenn wir nach Germanien reisen."


    Schließlich bemerkte ich Stilos Stolz, und legte ihm meine rechte Hand auf die Schulter, wobei ich lächelte.


    "Ich freue mich, dass du das alles erkennst. Du bist ein wahrer Römer und ein wahrer Iunier. Unsere Pflicht als Römer ist es, der Welt Ordnung zu bringen und einen gerechten Staat. Doch nun, lass uns weiter gehen. Es gibt noch viel zu sehen."


    Damit verließen wir das Forum Augusti und wandten uns nach links.


    "Das nächste Forum ist das Forum des Kaisers Nerva. Dort steht auch ein Tempel, nämlich der Tempel der Minerva. Sie ist nicht nur eine der drei Schutzgötter Roms, die in der kapitolinischen Trias verehrt werden. Doch für mich ist sie mehr. Sie ist Teil meiner persönlichen Trias. Sie hat mir stets Wissen und Weisheit geschenkt und mich bei meinen Studien geleitet. Ihre Weisheit übertrifft alle. Erst kürzlich hatte ich ihr ein weißes Kalb geopfert. Sie erhielt es für meinen Sieg vor Gericht. Ich hatte einen Prozess übernommen, der schon beinahe verloren war. Ich versprach ihr das Kalb für den Sieg. Ein Vertrag mit einer Gottheit ist immer bindend, doch hätte ich Minerva das Kalb selbst dann geopfert, wenn ich nicht gesiegt hätte. Wie gesagt, ich schulde ihr viel."

    Nachdem ich die Versorgung Artemisias veranlasst hatte, zog ich mich wie fast jeden Abend in die Bibliothek zurück. Andere mochten ausgehen, ich vermehrte mein Wissen und schrieb an eigenen Werken. Vermutlich machte mich das zu einem komischen Kauz in den Augen meiner Mitbürger. Wahrscheinlich war ich das auch. Doch so war ich nun einmal, im Herzen immer noch mehr Philosoph als irgend etwas anderes.


    Müde vom Schreiben des Gesetzesvorschlags, den ich meinem Patron versprochen hatte, hatte ich mich schließlich gewaschen und fiel ins Bett, während ich die Augen kaum noch offen halten konnte. Ich hoffte, dass Artemisia meine Warnung verstanden hatte. Wenn nicht, würde ich sie leider in die Schwefelminen schicken müssen. Ich drohte niemals, ohne die Drohung absolut ernst zu meinen. Vielleicht war es der Einfluss Apollons, der immerhin zu meinen bevorzugten Gottheiten gehörte. Doch nun legte ich mich erst einmal hin.


    Meine Nase nahm einen ungewohnten Geruch wahr. Nicht zu stark, nicht aufdringlich. Kräuter vielleicht? Honig? Lavendel? Auf jeden Fall war es angenehm, wenngleich mich der logische Teil schalt, dass ich nicht gegen den ungewohnten Duft rebellierte. Es widersprach der Einfachheit, die ein Philosoph anstreben sollte. Doch schon bald verblasste die Logik und auch der Rest. Ich schlief.


    Am nächsten Morgen war ich so gut ausgeruht, wie schon lange nicht mehr. Meine innere Anspannung, die mich stets antrieb, schien mir geringer zu sein als üblich. Wie seltsam. etwas verwundert ging ich ins Balneum, beschränkte mein Bad wie immer auf die notwendige Reinigung und kam frisch angekleidet wieder zurück zu meinem Cubiculum. Hier trank ich, wie üblich, den Rest des Wassers in der Karaffe vom Vorabend. Dabei dämmerte mir langsam, dass jemand mein Bettzeug mit duftenden Kräutern und vielleicht noch anderen Mitteln gewaschen haben musste. Dass Terpander dahinter stecken könnte, vermutete ich nicht. Obwohl ich mir sicher war, dass er zumindest wusste, wer verantwortlich war. Doch würde ich ihn nicht fragen. Er hatte die Domus im Griff. Wichtig war mir nur, dass ich nicht zuließ, dass so etwas allzu oft vorkam. Ein scharfer Verstand durfte nicht durch Annehmlichkeiten getrübt werden.

    Doch zunächst stand ein neuer Tag an. Weitere Aufgaben, die zu erfüllen waren. Präzise, logisch, emotionslos. Wie immer.

    Ich war gerade auf dem weg zu Artemisia, um mich nach dem Zustand ihrer Wunde zu erkundigen. Es passte mir ganz gut, dass sie wohl auch auf der Suche nach mir war.


    "Suchst du mich? Nun, das spart mir zumindest ein paar Schritte. Wie ist der Zustand deiner Wunde?"

    Ich nickte in der Hoffnung, dass sie mich verstanden hatte.


    "Schön. Warten wir ab, ob du lernfähig bist. Ich werde dir noch Verbandszeug bringen lassen und Öl des Rosmarins. Tupfe vorsichtig das Öl auf deine Wunde, sie wird sich dann nicht entzünden. Und danach bindest du den Verband darum. Nicht zu fest, damit nichts abgeschnürt wird. Aber fest genug, damit er nicht verrutscht. Und dann ruhst du dich aus. Ach ja, und noch was: Das nächste Mal, wenn Schuhe oder Kleidung nicht passen, sagst du mir das. Ich will dich nicht quälen, sondern dich maximal effizient einsetzen."


    Dann ging ich aus dem Zimmer. Wenig später kam dann ein Sklave, der eine Phiole mit Rosmarinöl und Verbandszeug brachte.

    "Ich muss leider gestehen, dass ich der Via Appia noch nie allzu weit gefolgt bin. Nur bis wenige Meilen hinter den Mauern. Aber ich denke, dass ich mir die Gegend um Tarracina einmal ansehen sollte. Nach Nemausus werde ich auch einmal müssen. Ich habe gelesen, dass dort ein Aquädukt mit drei Bogenebenen ein Tal überspannen soll."


    Vielleicht sollte ich mich ja einmal mit Architektur beschäftigen?


    Die Begeisterung meines Verwandten konnte ich in seinen Augen erkennen. Das ging vielen so, die zum ersten Mal nach Rom kamen, hatte ich gehört. Ich hingegen war hier aufgewachsen. Doch auch ich entdeckte die Großartigkeit der Hauptstadt der Welt wieder neu und mit anderen Augen. Vielleicht, weil ich ein Jahrzehnt in einer anderen Stadt weilte?


    "Komm, ich zeige dir noch mehr."


    Mit diesen Worten verlißen wir das Forum Iulium und wandten uns nach rechts. Links von uns war nun das Forum Traiani in voller Größe zu erkennen, doch ich führte uns weiter nach rechts, auf das ähnlich große Forum Augusti, in dessen Mitte der große Tempel des Mars Ultor stand.


    "Dieses Forum schenkte uns Divus Augustus nach seinem Sieg. Und zugleich schenkte er uns den einzigen Tempel des Mars innerhalb des Pomeriums. Augustus gelobte Mars einen Tempel, wenn er ihm dafür half, an den Mördern seines Vaters, Divus Iulius Caesar, Rache zu nehmen. Mars hatte seinen Teil erfüllt, und so erfüllte Augustus auch seinen Teil. Mars Ultor, der Rächer, hat hier seinen Tempel erhalten. Und zugleich wurde Mars, der stets über Rom gewacht hatte, nun erstmals mit einem dauerhaften Haus in der Stadt geehrt. Und ein schönes Forum gab es noch dazu."

    Ich dachte kurz nach.


    "Ja, ich denke, dass das geht. Nach der Cena wäre es bei mir am besten. Wobei meine Cena immer sehr, nun, sagen wir traditionell einfach, ausfällt. Ich pflege privat nur etwas Pulsum zu essen, manchmal auch Brot. Entsprechend benötige ich nicht allzu viel Zeit für die Cena. Das heißt, ich könnte nach der elften Stunde bei dir sein."