"Es gibt nichts zu verzeihen. Du sprichst weise, mein lieber Vetter. Wo kein Licht ist, da ist nur Finsternis. Doch wo Licht ist, muss zwingend Schatten sein. Der Schatten gehört zum Licht und lässt uns Konturen erkennen. So auch mit uns Menschen und unserer Gesellschaft. Nur durch die Schatten, die Armut, die Verbrechen, auch die Krankheit, können wir das Licht erkennen. Zivilisation, Ordnung, Recht und Gesetz. Die Kunst der Medizin wäre nur wenig geschätzt, gäbe es keine Krankheit. Wohlstand wäre nicht geschätzt, gäbe es keine Armut. Die Ordnung des Imperiums wäre nicht geschätzt ohne die Barbaren jenseits unserer Grenzen. Nein, du musst nicht um Verzeihung bitten. Deine Gedanken zeigen Weisheit, daran ist nichts falsch."
Ich lächelte ihm zu. Dann brachte Malorix auch schon das Essen.
"Malorix, mein Freund, möchtest du mir nicht doch das Geheimnis deiner friesischen Soße verraten?"
Malorix lachte. "Nein, ganz sicher nicht."
"Schade."
An Stilo gewandt, wünschte ich "Guten Appetit."
Ich riss ein Stück Brot ab, in das der Fisch gelegt war, und tunkte es in die Soße. Dann nahm ich einen Bissen. Die Soße schmeckte herzhaft, scharf, etwas nussig und auch etwas nach Knoblauch. Ich wusste, dass sie Kräuter enthielt, die in Frisien oder Germanien wuchsen. Leider kannte ich die in Germanien heimischen Kräuter nicht. So musste ich mich damit begnügen, die Soße hier zu genießen.
"Nun, was meinst du, Stilo? So eine Soße habe ich vor meinem ersten Besuch hier noch nicht gekannt. Schmeckt sie dir?"