Beiträge von Aulus Iunius Tacitus

    "Nun, ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich mein Wissen über das Theater des Pompeius und seine Geschichte von meinem Vater gelernt habe. Der hatte sie mir zum ersten Mal erzählt, als ich acht Jahre alt war und er mich über den Campus Martius geführt hatte."


    Es war eine schöne Kindheitserinnerung. Vor allem auch deshalb, weil mein Vater selten Zeit hatte und er sich bei den Führungen durch Rom immer viel Zeit genommen hatte. Entsprechend selten und wertvoll waren diese Momente für mich. Er freute sich sicher im Elysium, dass ich sein Wissen nun weitergab.


    Etwas erstaunt musste ich feststellen, dass auch Passanten gerne meinen Ausführungen zuhörten. Das erstaunte mich ein wneig, machte mich aber auch stolz.


    "Die Götter haben auf jeden Fall Rom stets geschützt. Und du hast Recht, dass die Götter uns in eine gute Zeit geführt haben."


    Mich freute es, dass Stilo das Wirken der Götter zu würdigen wusste. Obwohl ich selbst skeptisch war, ob es die Götter selbst waren oder nur ihr Logos. Diese philosophische Frage war aber nur wenig relevant, weil das Ergebnis identisch war und letztlich auch der Logos eines Gottes dessen Kern war, also durchaus ebenfalls identisch mit den wesentlichen Eigenschaften der Götter.


    "Die Götter sind übrigens ein gutes Stichwort. Der Mons Capitolinus ist nicht mehr fern. Folge mir."


    Mit diesen Worten ging ich weiter. Wie umrundeten den Häuserblock, in dem das Thermopolium war, und wandten uns nach links.


    "Das Theater dort wurde von Lucius Cornelius Balba Minor erbaut. Es ist nicht so groß wie der Bau des Pompeius, aber dafür ein recht schönes Theater. Weniger Protz, mehr Qualität."


    Wir gingen darauf zu, drängten uns aber durch den schmalen Durchgang zwischen dem Theater und dem Porticus Minucia. Wobei der Durchgang gar nicht so eng gewesen wäre, wären nicht die vielen Menschen gewesen, die sich in beiden Richtungen ihren Weg bahnten.


    Dann folgten wir der Straße zwischen Insulae hindurch, bis wir wieder auf die breite Via Flaminia trafen. Wir folgten ihr ein wenig nach rechts. Schließlich blieb ich stehen. Über den Resten der Servianischen Mauer thronte gut sichtbar das Kapitol, wobei der Tempel des Iuppiter Optimus Maximus ziemlich weit, am anderen Ende des Berges stand. Selbst auf diese Entfernung sah er aber imposant aus.


    "Hier, der erste Tempel nach der Mauer, ist der Tempel der Iuno Moneta. Und wenn du deinen Blick weiter nach rechts schweifen lässt, siehst du den Tempel des Iuppiter Optimus Maximus. Du erkennst ihn sehr gut am goldenen Dach."


    Das Dach glänzte hell in der Sonne. Ich fand es immer interessant, dass nichts den Glanz der Sonne so natürlich spiegelte wie Gold.

    Ich hatte mich ausnahmsweise einmal auf den Sklavenmarkt verirrt. Vielleicht war es Zufall, eine Laune oder ein Zeichen der Götter. Wirklichen Bedarf hatte ich nicht, dafür aber genug Geld. Und bekannt genug war ich inzwischen auch, zumindest, wenn man sich mit den Juristen in Rom auskannte. So stand ich, wie fast immer in Toga, da und wartete, was der Sklavenhändler präsentieren würde.


    Glücklicherweise war ich nicht offen in Erscheinung getreten, als es um Coira ging. Dass ich die Aurelier manchmal vertrat, war sicher bekannt. Doch hatte ich so viele Mandanten, dass dem kaum jemand Bedeutung bemessen würde. Ich tat es jedenfalls nicht, außer vielleicht als prestigeträchtige Referenz.

    "Wir sehen uns, Malorix," sagte ich zum Wirt, als wir gingen. Dann wendete ich mich an Stilo.


    "Ich danke dir für die Einladung zum Essen. Es wäre nicht nötig gewesen, aber ich weiß das zu schätzen."


    Wir gingen zwischen dem Thermopolium und den Thermen des Agrippa hindurch und fanden uns dann auch schon vor einer Ecke des Porticus Pompeia. Ich führte meinen Vetter noch ein Stück weit nach links, bis wir fast zentral vor der östlichen Fassade des Porticus standen. Ein ganzes Stück, sicher 400 Pedes, weiter hinten konnte man die Rückwand der Scaena erkennen.


    "Wir stehen nun vor dem Portikus des Pompeius. Dahinter kann man die Skené erkennen."


    Dass ich den Begriff griechisch aussprach, fiel mir nicht auf. Ebensowenig, wie es mir auffiel, wenn ich den Namen Alexandrias mit griechischem Akzent aussprach.


    "Das Theater war das erste Theater in Rom, das aus Stein erbaut wurde. Der Erbauer war Gnaeus Pompeius Magnus. Es stammte also noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg nach der Ermordung Iulius Caesars. Eigentlich waren damals keine festen Theaterbauten erlaubt, aber Pompeius hatte ganz oben auf den Rängen einen Tempel der Venus bauen lassen, so dass das Gebäude streng genommen als Tempel galt. Wie du siehst, gibt es öfter einmal Möglichkeiten, ein Gesetz zu umgehen, wenn es nicht sauber formuliert wurde."


    Ich ließ das kurz sacken, bevor ich weiter dozierte.


    "Der Porticus ist recht interessant. Wir sind hier immer noch außerhalb des Pomeriums. Pompeius hatte deshalb eine Curia im Porticus errichtet, damit der Senat hier auch mit Senatoren tagen konnte, die das Pomerium nicht betreten durften. Und genau diese Curia ist in gewisser Hinsicht eng mit der Geschichte unserer Gens und zugleich auch mit Divus Augustus verbunden. Es war diese Curia, und nicht die Curia auf dem Forum Romanum, in der sich der Senat an jenen schicksalhaften Iden des März versammelte, an denen Divus Iulius ermordet wurde."


    Ich zeigte auf das Gebäude, dessen Dach über die Außenmauer des Porticus ragte.


    "Dort, genau dort, wurde Divus Iulius ermordet. Genau dort war es Marcus Iunius Brutus Caepio, der zusammen mit anderen Verschwörern Gaius Iulius Caesar erdolchten. Sie mochten wirklich im Glauben gehandelt haben, die Res Publica zu schützen. Anderen ging es vielleicht nur um Macht. Doch bewirkten sie damit nur, dass die Res Publica endgültig zerbrach und Bürgerkriege ausbrachen. Und jetzt kommen wir zu Divus Augustus. Er, und nur er, Adoptivsohn Iulius Caesars, hatte es geschafft, die Bürgerkriege zu beenden, die Res Publica wiederherzustellen und ein goldenes Zeitalter des Friedens zu schaffen. Ohne diesen schicksalshaften Moment der Geschichte hier im Porticus Pompeia hätte die instabile Res Publica womöglich noch länger bestanden und wäre in viel schlimmeren Bürgerkriegen untergegangen. Vielleicht wäre dann jemand anderes als Sieger hervorgegangen, der die Res Publica nicht wiederhergestellt hätte. Doch zum Glück wurde alles so gefügt, dass wir eine stabile, modernisierte und bessere Res Publica erhalten haben. Dieser Ort hier war der Anfang der Transformation in diesen modernen Staat. Bedauerlicherweise wurde dafür das Blut des Divus Iulius vergossen."

    Ich musste lächeln, als die Begeisterung mit Stilo durchging und ihm dann erst in den Sinn kam, nach meinen Verwandten zu fragen. In Alexandria war ich nicht viel anders. Nur, dass meine Abenteuer eher in der Bibliothek anzusiedeln waren.


    "Meine Mutter scheint verletzt zu sein und bedarf der Pflege, aber lebensbedrohlich scheint es nicht zu sein. Meine Schwester sollte eigentlich ihren Verlobten heiraten, doch leider ist er vor der Hochzeit verstorben. Deshalb ist sie bei Mutter geblieben. Aber so weit scheint es meiner Schwester gut zu gehen. Ich mache mir eher Sorgen um die armen Bewohner von Mogontiacum, nun schutzlos meiner Schwester ausgesetzt zu sein."


    Lachend hob ich meinen Becher und nahm einen Schluck.


    Meine Portion neigte sich ihrem Ende und auch bei Stilo leerte sich der Teller.


    "Ich denke, dass wir gleich am Theater des Pompeius vorbei in Richtung Capitolinus gehen und weiter zum Forum Romanum. Was meinst du?"

    Commentarius de Bona Fide, Mala Fide et Dolo Malo

    Auli Iunii Taciti



    Praefatio


    In der juristischen Arbeit begegnen einem immer wieder die Begriffe des guten Glaubens (Bona Fides), des bösen Glaubens (Mala Fides) und der arglistigen Täuschung (Dolus Malus). So kann eine Ersitzung beispielsweise nur in gutem Glauben erfolgen, da andernfalls die Voraussetzungen der Ersitzung nicht erfüllt sind, wozu man gerne auch in meinem Commentarius de Usucapione, Kapitel III, Absätze 12 und 13 nachlesen kann. Auch sei darauf hingewiesen, dass nach der Lex Iulia et Papia derjenige seinen Stand im Ordo Senatorius verliert, der mit einer Frau verheiratet ist, die den Eheverboten der Senatoren unterliegt, und dies wissentlich und in arglistiger Täuschung der Öffentlichkeit vorenthält. Ganz grundsätzlich haben auch sämtliche Rechtsgeschäfte in gutem Glauben und ohne arglistige Täuschung zu erfolgen.


    Bereits an dieser Stelle wird dem verständigen Leser klar sein, dass ein Verständnis der Begriffe „Bona Fides“, „Mala Fides“ und „Dolus Malus“ von großer Bedeutung ist. Dieser Kommentar soll dazu dienen, hier Klarheit zu schaffen. Hierzu werde ich in einer mir didaktisch sinnvoll erscheinenden Reihenfolge vorgehen. Zunächst erkläre ich den Dolus Malus, um anschließend die Bona Fides und abschließend die Mala Fides zu erklären. Am Ende werde ich mich zu den Rechtswirkungen dieser Begriffe äußern.



    Dolus Malus


    Bereits der Begriff des Dolus Malus zeigt zwei Merkmale auf, die erfüllt sein müssen. Der Begriff „Dolus“ zeigt, dass man sein Gegenüber täuschen muss. Diese Täuschung kann grundsätzlich in diverser Hinsicht sein. Bei den Rechtsgeschäften geht es hier typischerweise um eine Täuschung bezüglich der Eigenschaften einer Sache. Eine genaue Definition einer Sache würde im Rahmen dieses Kommentars zu weit gehen, daher sei an dieser Stelle auf die Institutiones des Tiberius Valerius Flaccus, Liber Secundus, Subpars I, verwiesen.


    Eigenschaften einer Sache sind in ihr selbst innewohnende Merkmale oder Besonderheiten, die untrennbar damit verbunden sind.


    Beispielsweise sind die Eigenschaften eines Sklaven, dass dieser ein Mensch ist, rechtswirksam versklavt ist und grundsätzlich zur Verrichtung von Arbeiten befähigt ist. Hieraus lässt sich ferner ableiten, dass er gesund sein sollte, aber auch verständig. Darüber hinaus können weitere, spezielle Eigenschaften gefordert sein. So soll ein Sklave, der als Hauslehrer gekauft werden soll, über eine gute Bildung verfügen, während ein Feldsklave vor allem kräftig zu sein hat. Liegt eine der Eigenschaften nicht vor und der Käufer wurde darüber nicht informiert, so liegt Dolus vor.


    Ein anderes Beispiel wäre eine Frau, die eine Mann aus dem Ordo Senatorius heiratet, jedoch diesem verschweigt, dass ihre Eltern Schauspieler sind. Auch hier würde Dolus vorliegen.


    Auch der Abschluss eines Kreditgeschäfts kann dem Dolus unterliegen, wenn der Schuldner falsche Angaben über seine Vermögensverhältnisse macht.


    Sehr viel einfacher sind Beispiele alltäglicher Sachen. So wäre es Dolus, wenn ein Silberlöffel verkauft würde, der aber in Wirklichkeit nur aus versilberter Bronze besteht, sofern auf diese Eigenschaft nicht hingewiesen wurde.


    Dolus liegt also immer dann vor, wenn die geforderten oder berechtigt zu erwartenden Eigenschaften einer Sache nicht den real existierenden Eigenschaften dieser Sache bestehen und die Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde.


    Die Forderung, dass die Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde, ist trivial. Denn wenn die Sache nicht Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde, war sie schon immer im Besitz desjenigen, der sie verwendet. Da man sich über seine eigenen Sachen aber gewiss sein sollte, müsste man sich selbst täuschen. Das kann aber zumindest dann nicht der Fall sein, wenn man der Erschaffer der Sache ist.


    Nun besteht der Dolus Malus aber nicht nur aus dem Begriff des „Dolus“, sondern auch aus dem des „Malus“. Wie der Begriff des „Malus“ klar darstellt, bedarf es bei der arglistigen Täuschung also eines Grades an Bösartigkeit des Täuschenden. Das bedeutet, dass jemand, der sich eines Mangels an Eigenschaften der Sache nicht bewusst ist, auch nicht des Dolus Malus schuldig machen kann.


    Auch hier helfen wieder Beispiele. Nehmen wir den zuvor genannten Sklaven. Angenommen, dieser leide an einer Krankheit, die weder im Alltag, noch durch sorgfältige medizinische Untersuchung feststellbar ist. Dann wäre diese Krankheit zwar ein Mangel, jedoch würde das Bewusstsein über diesen Mangel fehlen. Auch im Beispiel der Ehefrau wird klar, dass sie nicht arglistig täuschen kann, wenn ihr nicht bewusst ist, dass ihre Eltern der Schauspielerei nachgehen. Der Schuldner, der sich bei der Übersicht über seine Vermögensverhältnisse einem Irrtum unterliegt, kann ebenfalls nicht arglistig täuschen. Und auch dann, wenn man nicht wusste, dass der Silberlöffel, den man verkauft, nur versilbert ist, wird einem nur schwerlich eigene Bösartigkeit attestiert werden können.


    Nun könnte man davon ausgehen, dass man durch Unwissen generell davor geschützt wäre, des Dolus Malus schuldig zu sein. Dem ist aber nicht so. Denn es gibt auch die Pflicht, sich über die Eigenschaften seiner Sachen zu informieren. Diese Pflicht ist nicht umfassend, aber zumindest im Bereich des vertretbar Möglichen zu sehen. Bei vorsätzlicher Verletzung der Pflicht handelt man Dolo Malo, bei fahrlässiger Verletzung hingegen nicht.


    Auch hier mögen Beispiele beim Verständnis helfen. Wenn ein Sklave, der als Hauslehrer eingesetzt werden soll, kein Griechisch spricht, sollte das dem Sklavenhändler auffallen. Spricht der Sklavenhändler selbst kein Griechisch, so hat er zumindest einen des Griechischen mächtigen Gutachter anzufordern. Versäumt er dieses, weil er die Kosten des Gutachters scheut, so handelt er Dolo Malo.


    Auch die zuvor genannte Ehefrau sollte wissen, ob ihre Eltern als Schauspieler auftreten. Denn es ist nur schwer vorstellbar, dass heiratsfähige Kinder solche wichtigen Dinge von ihren Eltern nicht erfahren oder wenigstens auf Nachfrage erfahren können. Sie hat also ihre Eltern zu fragen. Antworten die Eltern vorsätzlich falsch, so handeln diese Dolo Malo, nicht jedoch die Ehefrau.


    Ein Schuldner hat seine Vermögensverhältnisse ordentlich zu dokumentieren. Also darf sich ein Mangel in der Darstellung nur auf solche Dinge erstrecken, die nur schwer oder gar nicht bei der Prüfung des Vermögens erkennbar sind. Wird absichtlich nur oberflächlich oder gar nicht geprüft, so liegt Dolus Malus vor.


    Der Maßstab bei der Pflicht, Eigenschaften kennen zu müssen, ist das, was ein durchschnittlicher Römer, der ein ähnliches Rechtsgeschäft abschließt, machen würde, um sich der Eigenschaften einer Sache zu vergewissern. Wie genau dieser Maßstab aussieht, muss im konkreten Einzelfall geklärt werden. Oft gelingt das nur vor den Gerichten.


    Dolus Malus liegt also dann vor, wenn eine Sache Gegenstand eines Rechtsgeschäfts wurde und der Veräußerer der Sache den Erwerber über die Eigenschaften der Sache getäuscht hatte, obwohl er den Mangel kannte oder kennen musste und die Unkenntnis auf Vorsatz beruht.


    Diebesgut und Raubgut gilt nach Tabula VIII, Lex XII Tabularum, nicht ersitzen. Doch liegt dieser Regelung die generelle Regelung des Mos Maiorum zu Grunde, dass Diebes- und Raubgut niemals ehrlich erworben wurde und deshalb stets nur in Dolo Malo veräußert werden kann.



    Bona Fides


    Auch bei der Bona Fides zeigt sich am Begriff, dass zwei grundsätzliche Eigenschaften erfüllt sein müssen. Zunächst ist hier das subjektive Element der „Fides“. Dieses bedeutet, dass man als kein umfassendes Wissen zu einer Sache hat, so dass man sich darauf verlassen muss, dass die Sache bestimmte Eigenschaften hat. Man muss also darauf vertrauen, dass der Mangel an umfassendem eigenem Wissen um Eigenschaften durch das Wissen des Veräußerers ergänzt wird.


    Ein einfaches Beispiel sei der Kauf eines Schiffs. Man geht davon aus, dass dieses seetauglich sei. Jedoch kann man nicht vor dem Kauf eine mehrtägige Probefahrt machen. Stattdessen kann man sich selbst vom Augenschein überzeugen, muss aber bezüglich der restlichen Unsicherheit mangels Probefahrt darauf vertrauen, dass das Schiff auch längere Strecken auf See übersteht. Selbst dann, wenn man eine Probefahrt übernimmt, kann man doch nur die Eigenschaften des Schiffs unter den Bedingungen der Probefahrt erkennen und muss die Eigenschaften unter anderen Bedingungen annehmen oder dem Veräußerer glauben.


    Doch genügt Fides alleine nicht. Vielmehr ist es notwendig, den Aussagen der Veräußerers auch berechtigt glauben zu können. Hier kommt der Begriff „Bona“ ins Spiel. Den „Bona“ bedeutet hier, dass man darauf vertrauen darf, dass der Veräußerer Gutes im Schilde führt. Man darf also berechtigt annehmen, dass kein Dolus Malus in Bezug auf die Sache vorliegt.


    Bona Fides beutet also, dass man darauf vertrauen kann, alle relevanten Informationen zu einer Sache zu erhalten. Ein arglistiges oder fahrlässiges Verschweigen von Mängeln der Sache darf nicht vermutet werden.


    Ganz grundsätzlich wird bei allen Rechtsgeschäften darauf abzustellen sein, dass diese in Bona Fide abgeschlossen werden. Weder muss der Erwerber damit rechnen, dass die Sache nicht über die berechtigt erwartbaren oder explizit geforderten Eigenschaften verfügt, noch muss der Veräußerer damit rechnen, dass man das vereinbarte Entgelt nicht entrichten kann. Hier greift die grundsätzliche Vorstellung der Gemeinschaft als auf ein gemeinsames Vorankommen ausgerichteter Versammlung von Menschen. Diese Vorstellung ist so unmittelbar im Mos Maiorum verwirklicht und auch sämtliche Gesetze zielen auf die Verwirklichung dieser Gemeinschaft ab.



    Mala Fides


    Die Mala Fides lässt sich aus Bona Fides und Dolus Malus ableiten. Sie liegt dann vor, wenn man berechtigt damit rechnen muss, arglistig getäuscht zu werden oder man sich der Existenz eines Mangels bewusst ist.


    Ein sehr einfaches Beispiel liegt im Erwerb von Sachen von einem bekannten Dieb. Dann kann man sich nicht mehr auf Bona Fides berufen, da man ja weiß, dass es sich um einen Dieb handelt. Entsprechend darf man dann auch nicht glauben, dass die Sachen, die der Dieb anbietet, nicht gestohlen sind. Vielmehr muss man mit Diebesgut rechnen. Man kann also nur bösgläubig erwerben.


    Ein etwas weniger einfaches Beispiel liegt vor, wenn man beispielsweise eine Insula erwirbt und erkennt, dass diese baufällig ist. Der Veräußerer handelt prinzipiell Dolo Malo, weil er den Mangel kennen müsste und vorsätzlich verschweigt, könnte aber auch fahrlässig den Mangel nicht kennen. Andererseits weiß man selbst um den Mangel. Dann kann man nur noch bösgläubig erwerben und muss die Konsequenzen des Mangels tragen.



    Rechtsfolgen


    Rechtsgeschäfte werden grundsätzlich gutgläubig (in bona fide) abgeschlossen. Das bedeutet, dass Erwerber und Veräußerer an das Geschäft gebunden sind. Eine Rückabwicklung des Geschäfts ist ebenso ausgeschlossen, wie eine Forderung nach Schadensersatz, so lange Gesetze oder Gerichte nichts anderes festlegen.


    Wenn eine Partei in einem Rechtsgeschäft die andere Partei arglistig täuscht (dolo malo), dann erhält die getäuschte Partei ein Recht auf Ersatz des entstandenen Schadens und kann das Geschäft als nichtig erklären. Nichtigkeit bedeutet, dass einerseits die Sache zurückgegeben wird, andererseits aber auch die gewährte Gegenleistung zurückzugeben ist. Wenn dennoch ein Schaden bleibt, so kann zusätzlich Schadensersatz gefordert werden. Die geschädigte Partei soll nach dem Geschäft nicht schlechter dastehen als zuvor.


    Auch bei fahrlässiger Täuschung entsteht ein recht auf Schadensersatz. Die Nichtigkeit des Geschäfts könnte entfallen, weil man nicht vorsätzlich geschädigt wurde. Allerdings kann es sein, dass der Mangel so gravierend ist, dass ein Gesetz oder Gericht die Nichtigkeit anerkennt.


    Ein Rechtsgeschäft wird aber nicht nichtig, wenn der Erwerber oder sonstwie Begünstigte sich des Mangels bewusst war oder bewusst sein musste. Denn dann hat er bösgläubig (in Mala Fide) erworben. Dadurch entfällt aber der Schutz, den der gutgläubig Erwerbende durch unser Recht erhält. Denn unser Recht setzt auch auf die Verantwortung des Einzelnen für seine Taten. Wenn man sich aber eines Mangels bewusst ist, und dennoch das Rechtsgeschäft abschließt, so ist das eine eigene, bewusste Entscheidung. Diese führt, so lange Gesetze oder Gerichte nichts anderes festlegen, zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.


    Ob Mala Fides vorliegt, wird oft Gegenstand komplexer Untersuchungen vor Gericht und ohne die Anhörung von Zeugen häufig nicht zu klären sein. Im Sinne der Rechtssicherheit wird grundsätzlich immer von Bona Fides ausgegangen werden und Mala Fides durch die Partei, der Täuschung vorgeworfen wird, zu beweisen sein.


    Da hatte Stilo etwas Interessantes gesagt. Ich kaute zu Ende und schluckte den Bissen herunter, den ich bis eben noch im Mund hatte.


    "Wenn du es nicht allzu eilig hast, nach Germanien zu kommen, könnten wir gemeinsam reisen. Ich habe nämlich auch vor, nach Germanien zu reisen. Meine Schwester ist da mehr oder weniger gestrandet und vielleicht benötigt sie meine Hilfe. Wenn nicht sie, dann meine Mutter. Obwohl sie sich immer gut selbst helfen konnte. Bevor ich reisen kann, muss ich aber noch eine Kleinigkeit für meinen Patron erledigen und meine Gerichtsverfahren zu Ende bringen. Das sollte aber nur wenige Wochen benötigen. Nun, was meinst du?"


    Ich hob meinen Becher ebenfalls.

    "Es gibt nichts zu verzeihen. Du sprichst weise, mein lieber Vetter. Wo kein Licht ist, da ist nur Finsternis. Doch wo Licht ist, muss zwingend Schatten sein. Der Schatten gehört zum Licht und lässt uns Konturen erkennen. So auch mit uns Menschen und unserer Gesellschaft. Nur durch die Schatten, die Armut, die Verbrechen, auch die Krankheit, können wir das Licht erkennen. Zivilisation, Ordnung, Recht und Gesetz. Die Kunst der Medizin wäre nur wenig geschätzt, gäbe es keine Krankheit. Wohlstand wäre nicht geschätzt, gäbe es keine Armut. Die Ordnung des Imperiums wäre nicht geschätzt ohne die Barbaren jenseits unserer Grenzen. Nein, du musst nicht um Verzeihung bitten. Deine Gedanken zeigen Weisheit, daran ist nichts falsch."


    Ich lächelte ihm zu. Dann brachte Malorix auch schon das Essen.


    "Malorix, mein Freund, möchtest du mir nicht doch das Geheimnis deiner friesischen Soße verraten?"


    Malorix lachte. "Nein, ganz sicher nicht."


    "Schade."


    An Stilo gewandt, wünschte ich "Guten Appetit."


    Ich riss ein Stück Brot ab, in das der Fisch gelegt war, und tunkte es in die Soße. Dann nahm ich einen Bissen. Die Soße schmeckte herzhaft, scharf, etwas nussig und auch etwas nach Knoblauch. Ich wusste, dass sie Kräuter enthielt, die in Frisien oder Germanien wuchsen. Leider kannte ich die in Germanien heimischen Kräuter nicht. So musste ich mich damit begnügen, die Soße hier zu genießen.


    "Nun, was meinst du, Stilo? So eine Soße habe ich vor meinem ersten Besuch hier noch nicht gekannt. Schmeckt sie dir?"

    Als Stilo das Wort so aussprach, wie es auf dem Krug - falsch - geschrieben stand, kämpfte kurz meine Logik mit meinem Humor, was man mir zweifellos ansah. Schließlich siegte der Humor und ließ mich grinsen. So hob ich dann auch meinen Becher.


    "Danke sehr. Auf den Kaiser, auf die Zivilisation, auf Rom, unsere Ahnen und was auch immer die Götter für uns vorgesehen haben."


    Ich nahm einen Schluck. Der Rotwein war lieblich, aber auch kräftig im Geschmack. Anscheinend hatte Malorix uns einen Wein aus seinem privaten Vorrat bringen lassen.


    "Und, wie gefällt dir Rom bis jetzt?"

    "Es ist lecker hier. Und bezahlbar. Ich bin recht oft hier, wenn ich vom Gericht zurückkomme. Natürlich kann man auch in der Nähe der Basilica Ulpia etwas essen, aber da ist es meistens teurer und nicht unbedingt besser. Abgesehen davon bin ich vielleicht aus deshalb ein 'Lieblingskunde', weil ich Malorix einmal juristisch geholfen habe. Pro bono, weil mich der Fall interessiert hatte."


    Eine Sklavin brachte uns den Wein in einem Tonkrug und dazu tönerne Bechern. Dazu stellte sie noch einen gleich aussehenden Krug mit Wasser. Unterscheiden konnte man dennoch beide, weil in den einen 'VINUM' hineingeritzt war und in den anderen 'ACUA'. Das war zwar falsch geschrieben und ich musste jedes Mal mal mit mir kämpfen, die Kellnerin nicht zu tadeln, aber man konnte zumindest wissen, was es bedeuten sollte. Irgendwann musste ich Malorix einmal fragen, bei welchem Töpfer er die Krüge hatte machen lassen, damit ich dem Handwerker ordentliches Latein beibringen würde. Das würde ich sogar kostenlos machen.

    "Ich werde meine Reise antreten, nur vielleicht ein, zwei Wochen später. Und letztlich kann es, denke ich, ein sehr kurzes Gesetz werden. Man füllt ja lediglich Lücken."


    Und als Lohn würde ich einen Kommentar zum neuen Eherecht schreiben können, der das dann ganz aktuelle Gesetz mit berücksichtigen würde.


    "Das schaffe ich, denke ich, in ein bis zwei Wochen."

    "Nun gut, wenn das dein Wunsch ist."


    Ich würde mich jetzt nicht auf eine Diskussion einlassen, wer das Essen bezahlt. Wenn mich Stilo einladen wollte, dann akzeptierte ich das. Zumal das Thermopolium sehr moderate Preise hatte.


    "Wir setzen uns aber rein, ich möchte nicht wie einer der Tagelöhner gehetzt das Essen verzehren."


    So ging ich voran. Hinter der Theke mit den Vertiefungen, in denen die unterschiedlichen Speisen präsentiert waren, stand ein hoch gewachsener, blonder, bärtiger Mann mit strahlend blauen Augen. Als er mich sah, rief er direkt "Iunius Tacitus, schön dich mal wieder hier zu sehen! Komm nach vorne, du musst nicht in der Schlange stehen!"


    Nach dieser Einladung konnte ich mich mit Stilo ohne Gewissensbisse an der Schlange vorbeidrängeln, auch wenn einige der Wartenden mir böse Blicke zuwarfen.


    "Salve, Malorix, wie geht es dir? Ich war leider ziemlich beschäftigt, aber nun habe ich wieder Zeit, euer Essen zu genießen. Darf ich die meinen Vetter Iunius Stilo vorstellen?"


    Dabei klopfte ich Stilo auf die Schulter.


    "Freut mich, Iunius Stilo. Was möchtet ihr essen?"


    "Der gebratene Fisch sieht gut aus. Den nehme ich im Weizenbrot mit deiner friesischen Soße, deren Rezept du nicht rausrücken willst. Und noch ein paar Bohnen dazu, auch ins Brot."


    "Kommt sofort. Oder soll ich es an einen Tisch bringen lassen?"


    "Bitte an den Tisch. Und verdünnten Wein dazu."


    Während Malorix ein Brot aufschnitt und innen mit einer grünen Soße bestrich, fragte er bereits Stilo "Und was kann ich dem jungen Vetter meines Lieblingskunden anbieten?"

    Ich wusste zwar nicht, ob das Vertrauen in mich gerechtfertigt war, freute mich aber darüber. Die Begeisterung für das Pantheum wiederum konnte ich ohne Vorbehalt teilen.


    "Wir kommen sicher noch in den nächsten Tagen dazu, das Pantheum zu besichtigen," sagte ich mit einem zuversichtlichen Lächeln.


    Als wir die Thermen des Agrippa fast hinter uns hatten, deutete ich nach links.


    "Dort endet die Saepta Iulia und dahinter siehst du das Diribitorium. Früher wurden dort die Stimmtafeln bei Abstimmungen gezählt. Unter Kaiser Titus ist das Dach abgebrannt und konnte seitdem nicht mehr aufgebaut werden. Die große Spannweite macht wohl Probleme."


    Dann wandte ich mich nach rechts und wir gingen auf ein Gebäude zu, das nach einer Insula aussah.


    "Dort ist das Thermopolium, zu dem wir wollen. Malorix und Pelopidas waren die peregrinen Namen der Wirte, als sie noch nicht das Bürgerrecht erworben hatten. Beide hatten meines Wissens in der Classis gedient. Malorix ist aus Frisia und Pelopidas aus Santorini. Und jetzt kochen beide, und das gar nicht mal schlecht."

    "Nun, falls er dir hilft, kann ich ja mal einen Entwurf notieren oder skizzieren, den ich dir dann gebe. Ich weiß, wie schwierig es sein kann, Texte zu verfassen. Um wie viel schwieriger es ist, wenn man Texte nicht für Fachkollegen, sondern die Allgemeinheit verfassen soll. Wie schwierig ein Gesetz zu verfassen ist, kann ich nicht sagen. Doch muss man stets bedenken, dass es im Idealfall alle notwendigen Regeln in klarer, verständlicher und lückenloser Form enthält. Es wäre eine interessante Herausforderung für mich. Und sollte ich daran scheitern, ist es nicht allzu tragisch, weil du den Entwurf als Startpunkt für deinen Entwurf nehmen könntest."


    Was genau hatte mich da gerade geritten, so einen Vorschlag zu machen? Vielleicht die Tatsache, dass ich eigentlich wenig Lust verspürte, in eine Provinzstadt zu reisen? Ich war nun einmal ein Mensch der Großstadt. Oder war es vielleicht eher die Arroganz, die mit den vielen gewonnenen Fällen und einem Kommentar in der Sammlung der Basilica Ulpia langsam von mir Besitz ergriff, wenngleich ich hoffte, dass dies nicht der Fall sei?

    "Ja, ich habe vor, aufzusteigen. Als Eques kann ich mehr bewirken und es wäre eine Verschwendung meiner Ausbildung, wenn sie nicht entsprechend genutzt würde. Ich kann so viel mehr als nur Juristerei."


    Was Stilos Selbsteinschätzung als Krieger anbetraf, zeigte es, dass dieser sich zumindest Gedanken machte.


    "Nicht zu wissen, ob man geeignet ist, und das auch zuzugeben, ist ein Zeichen von Reife. Das ist gut. Letztlich sieht man erst dann, ob einem etwas liegt, wenn man es ausprobiert. Das ging mir als Advocatus genauso. Ehrlicherweise hätte ich noch vor ein, zwei Jahren gedacht, dass ich zwar in der Theorie gut bin, aber für die Praxis nur wenig geeignet. Das war natürlich, bevor ich einen Prozess nach dem anderen gewonnen hatte. Doch zurück zu dir. Solltest du nicht zum Krieger geeignet sein, dann finden wir auch eine gute Verwendung für dich. Die Iunier lassen ihresgleichen nicht im Stich, das wurde mir so beigebracht und ich denke, bei dir ist es auch nicht anders."


    Den Dialog mit dem Händler beobachtete ich aufmerksam, ließ mir aber nicht anmerken, dass ich dem Händler am liebsten für seine Unverschämtheit eine Lektion erteilt hätte. Ich wandte mich an Stilo.


    "Nun, dann gibt es hier eben kein passendes Buch. Keine Sorge, das ist nicht der einzige Buchladen in Rom. Und wenn wir hier gar nicht fündig werden, kann ich einen Brief an die Bibliothek des Museions schreiben und anfragen, ob ich eine Kopie zu Studienzwecken gegen eine Spende erhalte. Ich kenne dort noch den einen oder anderen Philosophen."


    Während wir sprachen, verließen wir die Saepta Iulia und standen auf einem wirklich großen Platz. Ich drehte mich zu Stilo und breitete meine Arme präsentierend aus.


    "Das ist der eigentliche Campus Martius. Genauer gesagt, der Teil, der unbebaut geblieben ist. Das Gebäude rechts mit der großen Kuppel ist das Pantheum, ein Tempel für alle Götter. Dahinter siehst du die Thermen des Nero. Und vor uns siehst du die Thermen des Agrippa, die ältesten der großen Thermen Roms."


    Dabei deutete ich auf die jeweiligen Gebäude, bevor ich mich nach links wandte und zwischen Therma Agrippae und Septa Iulia hindurch ging.

    "Für den Ordo Equester musst du nicht nur hart und diszipliniert arbeiten, du musst auch eine gute Bildung vorweisen, um den Aufgaben eines ritterlichen Beamten oder Soldaten gewachsen zu sein. Und du solltest einen Patron haben, der dich unterstützt."


    Der letzte Punkt war mir wichtig.


    "Weißt du, mein Vater war ein bekannter Jurist und recht vermögend. Klug und gut ausgebildet war er auch. Er erfüllte alle Voraussetzungen, um in den Ordo erhoben zu werden. Doch geschah das nicht. Ihm fehlte ein mächtiger Patron. Tatsächlich hatte mein Vater gar keinen Patron. Er sagte immer, dass ein Jurist unabhängig sein sollte und das sei unvereinbar mit einem Patron. Ich bin da anderer Meinung. Der richtige Patron unterstützt dich auch in deiner Unabhängigkeit als Jurist und fordert nichts von dir, was dich behindert. Im Gegenzug bist du ihm nützlich, ohne dabei deine Fälle zu vernachlässigen. Beispielsweise kannst du deinem Patron eine unabhängige, zweite Meinung bieten. Oder deine Klienten mobilisieren, um deinen Patron im Wahlkampf zu unterstützen. Es gibt viele Möglichkeiten, trotz Unabhängigkeit deinem Patron zu helfen."


    Was wollte ich jetzt noch einmal sagen?


    "Also, was ich meine ist, du solltest dir einen Patron suchen, am besten im Dunstkreis der Legionen. Ein Senator wäre ideal. Ohne die restlichen Voraussetzungen wird dir auch ein Patron nicht in den Ordo Equester helfen können, aber ohne Patron helfen dir auch die restlichen Voraussetzungen nicht."


    Wir kamen an einem Stand vorbei, an dem Bücher angeboten wurden. Ich betrachtete sah mir die Auslage an, während ich weiter sprach.


    "Kämpfen kann man übrigens auch im übertragenen Sinne sehen. Der Kampf mit der Waffe ist ehrenwert und unbedingt zu loben. Ich für meinen Teil bin ein ganz furchtbar schlechter Krieger. Meine Waffe ist das Wort und der Verstand. Ob es reichen wird, um berühmt zu werden, müssen andere beurteilen. Ruhm ist vergänglich, doch wenn ich meinen bescheidenen Beitrag leisten kann, dem Recht zu seiner Entfaltung zu helfen, dann bin ich zufrieden. Wichtiger als Ruhm ist es, unsere Zivilisation zu verbessern. Aber ich freue mich natürlich, dass du mich bewunderst. Ich bewundere dich aber auch, weil du bereit bist, dein Leben in den Dienst des Schutzes unseres Imperiums vor äußeren Feinden zu stellen."


    Ich sah mir währenddessen einen Stapel von Büchern an und deutete schließlich dem Händler an, dass ich Interesse hätte.


    "Sind das alle zehn Volumina der Politeia des Platon?"


    "Ja, Herr," sagte der Händler mit einer sehr angenehmen, ruhigen Stimme.


    "Ich kaufe alle zehn. Bring sie zum Domus Iunia, der Ianitor wird dich bezahlen."


    Der Händler verneigte sich und begann, die Schriftrollen in einen Sack zu packen. Ich wandte mich wieder an Stilo.


    "Möchtest du auch etwas kaufen? Ich schenke dir ein Buch, was auch immer du haben willst."


    Der Stand hatte noch etliche Schriftrollen ausgestellt.

    "Als ich zwölf Jahre alt war, schickte mich mein Vater ans Museion in Alexandreia, um dort zu studieren. Dort blieb ich für zehn Jahre, bis mich die Nachricht vom Tod meines Vaters erreichte und ich nach Beendigung meiner Forschung nach Rom zurückkehrte. Die meiste Zeit meines Studiums beschäftigte ich mich mit Philosophie, Mathematik, und den Gesetzmäßigkeiten der Natur. Erst zum Schluss wechselte mein Interesse zum Funktionieren von Staaten und zur Juristerei."


    Während ich erzählte, gingen wir weiter zur Saepta Iulia.


    "Mein Vater hatte sich darüber gefreut, weil er selbst ein bekannter Jurist war und sich wünschte, dass ich ihm einmal nachfolge. Wir hatten uns häufiger per Brief gestritten. Im Rückblick muss ich sagen, dass meine philosophische Ausbildung mich aber eher zu einem besseren Juristen gemacht hat, als es eine rein rhetorische Ausbildung je vermocht hätte."


    Wir betraten die Saepta, die mit ihren 400 x 60 Metern ein beeindruckendes Gebäude war. Der große Platz war vollständig von einem Säulengang umgeben, der eine Vielzahl von Geschäften beherbergte.


    "Mein Geld verdiene ich als Advocatus. Innerhalb von kurzer Zeit konnte ich mir einen guten Ruf als Jurist, der seine Fälle gewinnt, aufbauen. Damit ist dann auch die Nachfrage nach meinen Diensten stark gestiegen. Ich möchte aber auch weiterhin Abhandlungen verfassen und habe deshalb beschlossen, erst einmal keine neuen Klienten mehr aufzunehmen. Die Zeit habe ich gerade nicht. Doch genug von mir. Welche Pläne hast du in der Legion? Möchtest du einfacher Legionär bleiben oder zu den Principales aufsteigen, vielleicht sogar Centurio werden? Oder sogar in den Ordo Equester aufsteigen und irgendwann einmal eine Ala kommandieren oder als Tribunus Angusticlavius dem Stab einer Legion angehören?"