Beiträge von Claudia Aureliana Deandra

    Mit gespielter Entrüstung stemmte ich die Arme in die Taille. Natürlich beschäftige ich Aulus, aber doch nicht Tag und Nacht. ;)


    Dann jedoch widmete ich mich dem Essen. Die Köche verstanden offenbar ihr Handwerk, denn das Fleisch des Stiers war schmackhaft und nicht einmal zäh. Na ja, ein Breifreund war ich auch nie, also blieb mein Beitrag diesbezüglich sparsam.
    Ich blickte auf, als mich Aulus ansprach.


    „Es sieht ganz danach aus, wobei es im Grunde sehr nützlich wäre, wenn du in Mantua bereits erste Vermessungen vornehmen könntest, während ich noch einmal nach Rom reise.“


    Zuvor müsste ich Aulus allerdings erst die Liegenschaften zeigen.

    "Oje, ich bin gerade erst angereist. Gut, die Erfassung des aurelischen Grundbesitzes läuft jetzt nicht weg, aber es ist recht anstrengend, hin und her zu reisen."


    Ich ließ mir die Angelegenheit durch den Kopf gehen. Sicher war es gut, die Beziehungen der Patrizier untereinander zu stärken und solche Anlässe wären geeignet.
    "Machen wir es so. Ich reise im Anschluss an das Fest gleich wieder zurück."


    Sodann wurde dampfendes Fleisch aufgetragen. Auch eine große Portion Daps schafften die Tempeldiener herbei. Mal sehen, wie der Brei Aulus schmecken würde. Während des Essens lugte ich heimlich zu ihm.

    Hm, ich kenne die privaten Hintergründe, aber das kann nicht alles sein. Und es muss mit der ID Iulius Marius zusammenhängen. Maxentius war schon länger nicht aktiv.


    Sehr schade, du warst ein guter Bruder, der Beste von allen.
    Viel Glück, Marius, und glaub mir, irgendwann richtet sich alles.

    Gemeinsam hatten wir die Rostra verlassen. Ich fasste meine Mutter bei der Hand. Ihre Aufregung war zu spüren. Diesmal übertrug sich ihre Anspannung nicht auf mich. ‚Komisch’, dachte ich. ‚Erscheinen alle äußerlich untätig, bin ich aktiviert. Kämpft jemand anderer, überwiegt bei mir die Sorge um denjenigen.’


    Dieses Mitempfinden und die Sorge um den anderen trafen nicht nur auf meine Mutter zu. Bei Sophus war es fast noch schlimmer. Ich dankte den Göttern, dass er sehr beschäftigt war und Prioritäten setzen musste. Es ist leicht, für sich selbst zu entscheiden, ob und wie viel man der Familie zuliebe wagt. Für die Angehörigen allerdings ist es schwierig, derlei Entschlüsse hinzunehmen.


    Ich sehnte die friedvollen Zeiten zurück. Ob sie je wiederkommen würden?


    „Was haltet ihr von einem gemeinsamen Bad. Schwimmen entspannt. Dazu lassen wir uns Musik spielen und uns kulinarisch verwöhnen.“

    Ich entdeckte Senator Flavius Felix in der Menge und ich lauschte seinen Worten. Nein, so recht erstaunt war ich darüber nicht. Ich schmunzelte. Längst hatte der Mann meinen Respekt erworben. Klar, dass er die Dinge von einer gänzlich anderen Seite betrachtete. Niemand konnte die Schmerzen meiner Gens nachvollziehen, denn keinen traf es ähnlich hart. Vielleicht fühlte sich auch niemand derart mit seiner Familie verbunden. Schon möglich.


    „Salve, Felix. Ich habe die weiteren Wirrnisse um Messalina gehört. Hoffen wir, dass die Götter Gutes mit uns allen vorhaben.“


    Mit einem Lächeln nickte ich dem Senator zu, bevor ich den Platz bis auf Weiteres verließ.

    Schmunzelnd hörte ich die schmeichelhaften Worte. Hm, Aulus wusste nicht, dass ich nur adoptiert war. Zwar hatte ich von Geburt an die Erziehung meiner Eltern genossen, war aber nicht ihr leibliches Kind. Meiner Verbundenheit mit der Aurelia gab das keinen Abbruch. Mit Stolz führte ich diesen Namen, auch wenn ich laut Aussage meines Vaters eigentlich eine Blutspatrizierin war. Doch dieses Blut war dünner als die Bande, die zu meinem Elternhaus bestanden. Unser Zusammengehörigkeitsgefühl war durch nichts zu erschüttern.


    Es dauerte geraume Zeit, bis erstes Geschirr aufgetragen wurde. Wer wollte schon halbrohes Fleisch essen? Ein Stier war sicher auch zäh, aber diese Aussicht störte mich keineswegs. Ob Aulus an ihm seine Freude haben würde?

    :)


    Nach dem Ausbluten machte sich einer der Popa daran, das Tier aufzuschneiden, um die Innereien betrachten zu können. Jederzeit würde ich einen weiteren Stier kaufen, falls diese Besichtigung negativ ausfallen würde. Lange betrachte der Priester die einzelnen Organe und Gedärme. Genau prüfte er deren Zustand. Es durfte kein Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit derselben bestehen.


    Schließlich richtete er sich auf und verkündete: „Litatio – das Opfer ist angenommen.“


    Erleichterung lag auf allen Gesichtern. Auf die Frage, was mit dem Fleisch geschehen sollte, entschied ich erstmalig ein Opfermahl abzuhalten. Der Stier wurde zerteilt. Einen Teil bekamen die Priester, einer wurde den Göttern dargereicht und der dritte Teil in Kochtöpfe verteilt. Zur Einrichtung des Tempels gehörten Küchen und Sitzgelegenheiten neben dem eigentlichen „aedes“ mit der „cella“. Dorthin zog sich nun die Opfergemeinschaft zurück. Gemeinsam warteten sie auf die zubereiteten Speisen.


    Ich nutzte die Zeit und stellte Aulus meinen Eltern vor.


    „Das ist Aulus, unser neuer Verwalter. Aulus, das sind meine Eltern, Aurelius Antoninus und Severina.“

    „Salve, Metellus. Schön, dich zu sehen!“


    Letztmalig wandte ich mich an den anderen Mann. Ein weiteres Gespräch mit ihm erschien mir wenig nutzbringend, wir hatten offenbar Verständigungsschwierigkeiten.


    „Die Bruchlandung des Commodus bei den Militärexamen steht ebenso wenig in familiärem Zusammenhang, wie sein Entschluss als Patrizier in einen Verein einzutreten, der sich plebejsch bezeichnet, und kurz daraufhin wieder auszutreten.


    Deine Reden lenken vom eigentlichen Thema ab. Das ist nämlich mitnichten die Familiengeschichte und auch nicht meine Vergangenheit, die ganz sicher unbefleckt ist, es ist die fachliche Befähigung dieses Kandidaten. Wenn du meinst, ein wankelmütiger und des zweitens Examens nicht mächtiger Mann – er hat praktisch nur die Aufnahme in die Militärakademie geschafft - ist gut, einen Posten, wie diesen auszufüllen, dann ist es deine Sache und du kannst ihn ja gerne wählen. Ich hingegen stelle höhere Ansprüche an jemanden, der als Aedilis Curulis kandidiert.“

    Ich strahlte, als überraschend mein Vater auftauchte.



    Die Aufforderung zum Handeln kam und der Popa ließ sein Beil mit der stumpfen Seite auf die Stirn des Stirns sausen. Unter dem mächtigen Schlag knickte das Tier in den Vorderläufen ein, weil ihm die Sinne schwanden. Der Opferleiter, ein weiterer Popa, der bereit stand, führte mit dem Opfermesser sachkundig den Kehlschnitt aus. Ein Helfer fing sogleich das austretende Blut in einer Schale auf. Weitere Helfer hielten den Stier in der aufrechten Knielage und verhinderten, als das Tier auch hinten einbrach, ein Umkippen.


    Es dauerte lange, bis der Stier ausgeblutet war. Andächtig verfolgten die Anwesenden diesen Prozess.

    "Habe ich bisher irgendeine Verfehlung in familiärer Hinsicht angesprochen?"


    Belustigt sah ich den Mann vor mir an.


    "Glaub mir, niemand will, dass ich derlei Dinge auspacke, denn dann würde noch Ehrlosigkeit die Palette seiner Eigenschaften vervollständigen. Bleiben wir doch lieber bei dem, was er in beruflicher Hinsicht geleistet hat und ihn nun befähigen soll, ein solch würdiges Amt auszufüllen. Die Karriere verlief normal bis er durch die Militärexamen fiel. Ich frage euch, wie viele Absolventen haben wohl derart versagt?"

    Interessiert drehte ich mich dem Sprecher zu.


    „Du bringst mich gerade auf einen Gedanken. Bisher habe ich den Aspekt nur aus der Sicht einer Patrizierin gesehen, die zudem leider mit diesem unwürdigen Vertreter ihres Standes auch noch in gewisser Weise verwandt ist. Ich gebe zu, ich schäme mich dessen abgrundtief.


    Dieses rein und wieder raus ist demnach nicht nur Ausdruck seines Unvermögens, richtige Entscheidungen zu treffen, sondern er hat mit seiner Handlungsweise eben jenen angesprochenen Verein gleichzeitig beschämt. Wirft doch seine Vorgehensweise auch auf die Vereinigung Pars Fidelis ein schlechtes Licht.“

    Ich war fast hintenüber gefallen, als ich der Kandidatur des Commodus gewahr wurde. Kopfschüttelnd meldete ich mich zu Wort.


    „Nun, mir ist klar, dass du das Volk nicht mit deinem Lebenslauf langweilen willst. Würdest du ihn weiter ausführen, käme heraus, dass deine militärische Karriere deswegen ein Ende hatte, weil du zweimal durch das Examen Secundum gefallen bist.
    Du verfügst ganz offensichtlich über intellektuelle Schwächen und damit möchtest DU Senator Flavius Felix im Amt ablösen?!“


    Ich musste lachen.


    „Wie willst außerdem DU Rom zu Stabilität verhelfen, wo du doch selbst ein Bilderbuchbeispiel für Wankelmut und Unbeständigkeit bist. Zunächst trittst du als Patrizier diesem Verein "Pars Fidelis" bei, der sich selbst als "plebejscher Amtsadel" bezeichnet - schon allein das ist ein Witz -, dann trittst du wieder aus. Es kann dir kaum verborgen geblieben sein, dass sich edle Patrizier über dich lustig machen. Manche im Stillen, andere öffentlich.


    Ich habe noch mehr Argumente, die dich als schlechtesten Kandidaten der je für dieses Amt kandidiert hat, bloßstellen, aber vorerst bin ich auf deine Antworten gespannt. Und falls du mir nicht antworten möchtest, diese Fragen werden sich auch andere Römer stellen.“

    Ein Popa gab Aulus zu verstehen, eine seitliche Position zum Stier einzunehmen. Mit dem Beil in der Hand trat er zum Kopf des Tieres. Dankbar realisierte ich, dass dieses Mal kein Schlag auf die Hinterbeine erfolgen würde, um die Sehnen zu durchtrennen und den Stier zum Einknicken zuzwingen. Vermutlich war ein Schlag auf den Schädel geplant, um das Tier benommen zu machen oder gar zu betäuben.


    Trotz der von mir initiierten Opferung huschten meine Augen unruhig zwischen Stier und Beil hin und her. Mir fehlte jemand, der meine Hand hielt. Zuletzt in Rom war mein Bruder an meiner Seite gewesen. Mein Mitgefühl mit dem Opfertier konnte ich nie gänzlich abschalten, aber auch bei der letzten Zeremonie hatte die Götter diese Tatsache nicht gestört, das Opfer wurde angenommen.


    Mit kalten Händen und pochendem Herzen harrte ich der weiteren Dinge ...

    Sim-Off:

    Ich stelle dir später Severina vor. Jetzt ist es unpassend.


    „Gut, dann möchte ich, dass du den Stier hältst.“ Ich nickte Aulus zu.


    Sicherheitshalber gab ich einem Tempeldiener die Anweisung, dem Stier etwas Grassilage zu geben. Er sollte sich beruhigt der Zeremonie stellen. Natürlich tat mir das edle Tier wieder leid, aber das Bedürfnis, den Göttern zu danken und weiterhin um ihre Unterstützung zu bitten, überwog. Ein Tibia-Spieler hob an, auf seiner Doppelpfeife zu spielen. Er sollte störende akustische Einflüsse vertreiben, während sich der Opferleiter auf den rituellen Akt konzentrieren würde.


    Leider war kein männliches Mitglied der Aurelia zugegen, um Opferherr zu sein. Sophus weilte in seinem Kastell, ich bedauerte, dass er nicht bei uns war. Antoninus versah seinen Dienst in Rom, Maxentius in Misenum. Von Eugenius hatte ich lange nichts mehr gehört. Ein Popa würde also den entscheidenden Schnitt ausführen. Als Frau durfte ich nur unblutige Opfer darbringen.


    Anwesende Opferhelfer reinigten den Stier mit Mola salza. Willig lässt sich das Tier diese Prozedur über sich ergehen. Währenddessen legte ich mir die Palla auf das Haar und sammelte erneut meine Bitten. Nichts würde ich hinzufügen, alles Relevante war bereits im Tempel gesagt.

    Zustimmend nickte ich. Was ihm wichtig erschien, besaß auch bei mir Priorität. Erfreut und traurig zugleich stellte ich fest, dass ich in Arbiter den zweiten Patrizier außerhalb meiner Familie getroffen hatte, der Wert auf Traditionen legt. Außer Flavius Felix war mir bisher niemand begegnet. Gut, dass es nun noch jemand gab, aber traurig, die geringe Anzahl.


    „Was können wir tun, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?“
    Hoffnungsvoll sah ich Arbiter an. Er war lebenserfahren, sicher auch weise. Ob er eine Lösung hatte?


    Das Rumoren auf dem Forum war auch mir nicht entgangen. Interessiert sah ich zurück, konnte aber nichts ausmachen. Schließlich drang die Kunde über den Austritt zu mir durch.


    Schnell kam ein Schmunzeln auf, was sich umgehend in ein belustigtes Lachen wandelte. Die gerade empfundene Bestürzung, meine Anspannung verschaffte sich freie Bahn. So etwas Lustiges hatte ich schon lange nicht mehr erlebt. Es dauerte bis ich mich beruhigt hatte. Ich versuchte Arbiter zu antworten, doch immer wieder flackerte erneutes Lachen auf.


    „Er macht sich zum Hampelmann und merkt es nicht einmal.“


    Dass er schon wieder den Namen Aurelius mit einer peinlichen Handlungsweise in Zusammenhang brachte, störte mich augenblicklich nicht. Ein leises Kichern drang über meine Lippen, ich hielt die Hand vor den Mund.


    „Ich muss gestehen, mir ist noch nie ein derart unfähiger Mensch über den Weg gelaufen. Was die Götter nicht richten, das schafft er selbst.“


    Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf.


    „Ich glaube an die Macht der Götter", fügte ich wieder ernst geworden an. „Wer sie achtet und ehrt, für den halten sie manch wundervolle Fügungen bereit.“

    Meine Hand und ein liebevolles Lächeln wanderten zu meiner Mutter. Ganz fest drückte ich sie. Die Gedanken hingegen schweiften zu Sophus ab. Eines Tages würden sich seine und meine Wünsche erfüllen. Sie gingen ebenfalls Hand in Hand.


    Nach dem Voropfer traten wir auf den Tempelvorplatz.


    „Aulus, ich hoffe doch, du wirst mir wieder helfen. Schön würde ich es finden, wenn du den Stier hältst. Traust du dir das zu? Das Tier muss Ruhe ausstrahlen, sonst wäre es kein gutes Zeichen für die Annahme des Opfers.“

    Aufmunternd nickte ich Aulus zu, als ich den von ihm gereichten Scheffel Weizen entgegennahm. Am Foculus legte ich ihn nieder. Ich richtete mich auf, wandte mich erneut zu Aulus um und nahm den Scheffel Gerste entgegen. Auch ihn legte ich an den Fuß des Altars. Als letztes stellte ich die Kanne Wein hinzu. Anschließend richtete ich meinen Blick auf den Altar. Ich stand aufrecht und zog mir einen Zipfel meiner Tunika über den Kopf. Unauffällig bedeutete ich Aulus, gleiches zu tun. Ein dankbares Lächeln lag auf meinem Gesicht, Ehrfurcht und der tiefe Glaube an die Kraft, die Güte und die Weisheit der Götter.


    „Vor euch steht ein unbedeutendes Menschenkind, was sich mit Gaben bei euch bedanken will. Stets wusste ich mich durch euch geleitet und beschützt, selbst als das Unglück über meine Gens hereinbrach. Ich bin der sicheren Überzeugung, ihr wolltet uns damals die Unredlichkeit dieses Mannes vor Augen führen, weil wir Menschen blind für seine Verkommenheit waren.


    Ihr hattet es längst gewusst, ihr könnt in die Herzen der Menschen sehen. Ihr wolltet meine Gens auf lange Sicht von der Geisel Commodus befreien. Leider ging das zunächst allein über den Weg der Spaltung meiner Familie.
    Doch ich glaube an eure Weisheit, an eure Führung, die bis jetzt vollbracht hat, was ich noch vor Monaten nicht gewagt habe zu hoffen. Ihr habt die Lichter jener Männer ausgelöscht, die sich des Verrates meinem Pater gegenüber schuldig gemacht haben. Dafür nehmt meine Gaben an, denn ich möchte euch aus tiefem Herzen dafür danken.


    Nehmt zudem meinen innigsten Wunsch entgegen, dass auch noch Commodus – der letzte und schäbigste der Verräter – seiner gerechten Strafe nicht entkommt. Denkt nicht, ich will seinen Tod. Wisset, ich möchte die Rückgabe des Namens „Aurelius“ und die Hergabe der Würde eines Paters, denn er hat beides nicht verdient. Ihr wisst das ebenso wie ich und ich vertraue auf eure Stärke.“