Beiträge von Sporus

    Amytis ist frei, dachte sich Sporus. Und sie denkt noch darüber nach? Für ihn kam Freiheit nicht infrage. Er war immer Sklave, er wäre gar nicht fähig alleine zu überleben.

    Das wusste er genau. Er braucht immer eine Hand, die ihn durch Leben führt. Aber Amytis?

    Sporus war noch immer geschockt, aber fasste sich. Er nahm das Kästchen in seine Hände. "Darf ich bei dir bleiben, Yunzi?" fragte er leise. Dann schaute er wieder auf das Kästchen, und hielt es ganz fest. "Ich möchte es behalten. Es ist ein Stück von mir," murmelte er vor sich hin.

    Sporus nahm das Kästchen. Es war ein hübsch gestaltetes Kästchen aus Holz, sogar etwas edel. Sporus öffnete es langsam. Es war schwer zu erkennen, was da eigentlich drin war. Etwas Einbalsamiertes. Sporus schaute genauer hin und erschrak. Er war geschockt. Aulus hatte es geschafft, in seinem Tode Sporus noch extremst zu demütigen und zu verletzten. In dem Kästchen war säuberlich einbalsamiert Sporus`s Gemächt. Sporus schrie auf, "Dieser wahnsinnige Mann", schrie er verzweifelt. "Die Götter mögen ihn verfluchen!" schrie er weiter. Dann beruhigte er sich etwas. "Verzeih mir, Yunzi. Ich bin laut geworden", sagte er leise und verzweifelt. "Verzeih mir....." Er gab das Kästchen Tacitus, damit er auch rein schauen konnte. Dann brach er heulend zusammen.

    Sporus gab den Brief an Tacitus weiter. "Bitte Yunzi, kannst du mir den Brief Vorlesen? Ich habe das nicht gelernt."


    Mein süßer Sporus

    Lass dir diese Zeile vorlesen, weil du selbst ja nicht lesen kannst. Oberhaupt kannst du so gut wie nichts. Meine Entscheidung, aus dir einen Eunuchen zu machen, war meine beste Entscheidung. Deine Vorzüge werden so auf ewig bestehen. Du bist ein hübscher Jüngling, und solltest es auch bleiben. Deine Begabungen als Eromenos sind überwältigend. Aber zu mehr reicht es nicht. Du kannst weder lesen, noch schreiben, geschweige denn musizieren oder singen. Etwas vortanzen, um mich und meine Freunde zu belustigen und zu erregen, das beherrschst du aber auch. Deshalb habe ich mich entschlossen, dich nicht, wie meine anderen Sklaven freizulassen. Du wirst weiter als Sklave und Eromenos arbeiten.

    Das Kästchen ist für dich, mein Sporus. Darin befindet sich etwas, was du seit vielen Jahren vermisst hast.

    Vale, Aulus Aurelius Pinus

    Sporus war leicht erschrocken, dass sein ehemaliger Herr gestorben ist. Leid tat ihm das allerdings nicht. Nach all dem Erlebten unter diesen Tyrannen ist das auch kein Wunder. Sporus schaute auf das Kästchen und den Brief. Er war gespannt darauf, was nun folgen würde.

    Sporus nickte und bedankte sich bei Yunzi. Zur Villa Aurelia gehen zu müssen, gefiel ihm gar nicht. Wer weiß, wie sich Aulus benehmen wird. Der Gedanke ihn gleich wiederzusehen, löste Angst in ihm aus, die er aber nicht zeigte.

    Sporus war komplett überfordert, mit dem was gesagt wurde. Aber was er verstand, machte ihn nachdenklich. Insbesondere die Aussage von Amytis: Manche ertragen Leid, ohne daran zu zerbrechen. Er schaute zu Amytis. "Ich werde versuchen, nicht daran zu zerbrechen," sagte er leise vor sich hin, obwohl seine Seele längst zerbrochen war. Aber war es ihm auch bewusst? Sporus nahm tief Luft und schaute zu Yunzi. Er verbeugte sich und sagte: "Danke für die Zeit, die ich mit dir und Amytis hier verbringen darf." Ein leichtes Schluchzen übermannte ihn.

    Sporus stand etwas verloren daneben. Was der Herr und auch Amytis alles wissen, dachte er sich. Ihm hat man keinerlei Bildung mitgegeben, was ihn etwas traurig machte.

    Er entschloss sich, dem Geschehen weiter zuzuhören. Für ihn war das alles recht spannend.

    Sporus wachte auf, und schaute sich um. Er hatte sehr gut geschlafen, im Bett von Terpander. Er hatte es richtig genossen, weil er sich nah an Terpander fühlte. Doch dann wurde ihm wieder klar, dass er nicht mehr lebte. Schweren Herzens stand er auf, wusch sich kurz mit kaltem Wasser ab und ging zu Yunzi und Amytis, um den Übungen des Herrn ebenfalls zuzusehen.

    Sporus verneigte sich leicht, und dankte dafür, dass Amytis und er hier übernachten durften. Dann schaute er zu Amytis. "In Terpander`s Zimmer, das ist eine große Ehre für mich", sagte er zu ihr Tatsächlich war er stolz darauf, dort schlafen zu dürfen, kannte er sich ja in diesem Haus gut aus, und wusste, dass Terpander`s Zimmer zwar klein, aber ganz gemütlich war.

    Sporus hörte genau zu. Einiges verstand er nicht, aber der Sinn dieser Worte waren ihm klar. Es war eine Genugtuung, diese weisen Worte zu hören, und Sporus nickte zustimmend.

    Er dachte nach, über Aulus, seinem Peiniger und über Sisenna Seius Stilo, seinem eigentlichen Herrn, welcher auch verstorben war. Was wird jetzt aus mir? , dachte sich Sporus. Wie wird es weitergehen? Sporus war wieder geknickt. Jetzt erst wurde ihm klar, dass er für ihn unter Umständen böse enden könnte.....

    Er schaute zu Amytis. Auch sie war betroffen, war sie doch Eigentum von Aulus Aurelius Pinus.

    Sporus zuckte kurz, als Amytis ihre Hand auf seinen Arm legte. Es war eine motorische Reaktion, zu oft wurde er geschlagen und diese kleine Abwehr ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Doch dann ließ er sie gewähren. Er nickte zu dem, was Amytis gesagt hatte. Ihn überraschte der Mut, den sie hatte.

    "Wirklich? Ich werde ihn wiedersehen?" fragte Sporus fast erfreut. "Das tröstet mich", sagte er noch. Er hatte sich vorher nie mit dem Tod beschäftigt, vielleicht weil er noch viel zu jung war, darüber nachzudenken. "Danke, Yunzi," fügte er noch an.

    Sporus kam etwas später auch ins Perystilum, und setzte sich auf den Boden vor Tacitus. "Danke Yunzi, für die Trauerfeier", sagte Sporus mit leicht stockender Stimme. "Ist Terpander jetzt bei den Göttern?", fragte er nach, und schaute Tacitus verzweifelt an. Dann senkte er den Kopf und sagte noch."Die sind bestimmt lieb zu ihm....ganz bestimmt"

    Nachdem Sporus assistiert hatte, und das sehr gefasst überstanden hatte, betete er zu den Göttern. Wie erwähnt, war seine Ausdrucksweise sehr einfach gehalten. "Liebe Götter, die Terpander geliebt hat. Seit gut zu ihm, er ist ein guter Mensch gewesen. Er war lieb zu mir, und ich verehre ihn. Terpander gekannt zu haben, war für mich die Erfüllung meines Lebens. Passt auf ihn auf. Er hat es sich verdient, gut behandelt zu werden." sagte Sporus mit dicken Tränen in den Augen. Dann schritt er ein Stück zurück, um anderen Platz zu machen, wobei er nun wieder heulte, wie ein kleines Kind.

    Sporus tat, wie ihm geheißen und half Tacitus die Toga anzulegen. Er musterte Tacitus in dieser Trauerkleidung und war sichtlich gerührt, dass Terpander noch soviel Aufmerksamkeit bekommen würde. Dann liefen wieder ein paar Tränen über sein Gesicht. Er machte sich etwas Sorgen, ob er die folgenden Minuten gut überstehen würde. Sporus stellte sich gerade hin, und riss sich zusammen in voller Erwartung, was nun kommen wird. Er hatte noch nie einer Trauerfeier beigewohnt.

    "Danke Yunzi, dass du mich fragst.", sagte Sporus und verbeugte sich. "Ich denke, es ist eine sehr gute Idee." fügte er hinzu. Sein Wortschatz war nicht sehr groß. Deshalb auch diese einfach gestrickte Antwort. Kompromiss, dachte er sich noch, was ist das? Aber Sporus war stolz darauf, dass seine Meinung gefragt war. In seinem momentanen Gefühlschaos war dies eine Wohltat für ihn.

    Sporus nickte, während er das Gesagte versuchte zu verarbeiten. Es waren viele Worte, und Sporus war damit etwas überfordert. Noch immer liefen die Tränen, aber er fasste sich etwas wieder. Er konnte nichts sagen. Es war überwältigt von den Gefühlen und der Fürsorge, die ihm entgegengebracht wurde. Auch das, was Tacitus und auch Amytis gesagt hatten, waren weise Worte. Dass Menschen so offen und herzlich zu ihm sprachen, kannte er bis dato nicht. Er fühlte sich, wie einst bei Scato, zum zweiten mal in seinem Leben, geborgen. Dann erinnerte er sich wieder an Terpander und die Zeit, die er mit ihm verbracht hatte.

    "Mein Herr ist auch tot?", fragte Sporus, immer noch mit den Tränen kämpfend, wegen Terpander. Sporus war unerwartet gerade im Peristylium erschienen. "Verzeih mir, Yunzi. Ich habe nicht alles mitbekommen, nur deinen letzten Satz", sagte Sporus, wohl wissend, dass er sich falsch verhalten hatte. Er verbeugte sich tief vor Tacitus, während er um Verzeihung bat. Seine Trauer um Terpander saß sehr tief, so tief, dass sein Mitgefühl für Stilo nicht im Vordergrund stand. Er hatte seinen Herrn sowieso nur kurz gekannt, bevor er von ihm zu Scato geschickt wurde. Sporus erinnerte sich an seine erste Begegnung mit Stilo.