Spät aber doch traf auch ich auf dem Opferplatz ein. Eine Reise hatte mich länger als nötig aufgehalten. Die Reitervorführungen hatte ich leider komplett verpasst. Die Opferungen jedoch begannen gerade im Moment meines Eintreffens. Ich war froh, diese nicht verpasst zu haben. Sie waren mir wichtig, denn mehr noch als viele Bürger - vor allem Roms - verehrte ich die Götter, lebte nach den alten Gepflogenheiten und hielt viel von den Werten der vergangenen und scheinbar in Vergessenheit geratenen Zeit.
Die Zeremonie begann beeindruckend. Die Ausführenden verstanden ihr Handwerk - jeder Griff saß, jede Handlung erfolgte mit Bedacht, jedes Wort begleitete Ehrfurcht. Es war nicht die erste Opferhandlung, der ich beiwohnte, aber keine erschien mir derartig weihevoll und beeindruckend wie diese.
So etwas gab es eben nur in Mantua, davon war ich überzeugt. In dem Moment war ich froh, mich für diesen Ort entschieden zu haben und Rom den Rücken gewandt zu haben.
Warum fiel mir gerade jetzt die vergangene Factioversammlung ein? Vielleicht, weil das dort behandelte umstrittene Thema der krasse Gegensatz zu dem von mir erstrebten Leben unter Beachtung alter Sitten und Bräuche war? Weil in Rom alles Wertvolle auf einem Opferaltar den Gelüsten neumodischer Römer dargebracht wurde? Weil ich nur hier das wirkliche Rom spürte. Sein Vermächtnis hatte sich auf einen kleinen Fleck inmitten Italiens zurückgezogen, missachtet von großen Teilen der Bevölkerung und missachtet von hochgestellten Persönlichkeiten.
Darum mischte sich Bitterkeit in die Andacht dieser Stunde. Mögen meine Gedanken das Gelingen der Opferungen und das Wohlwollen der Göttin nicht negativ beeinflussen. Möge sie zur Kenntnis nehmen, dass gerade in Mantua noch die ehrfurchtsvollsten Römer leben, denen alles Traditionelle am Herzen lag.